Urteil des OLG Frankfurt vom 27.07.2004
OLG Frankfurt: verkehr, internet, anfang, gewinnerzielungsabsicht, ware, versteigerung, klagebegehren, gebühr, begriff, einwilligung
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Gericht:
OLG Frankfurt 6.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 W 54/04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 14 MarkenG, § 3 UWG
(Markenverletzung: Handeln des Anbieters in einer ebay-
Versteigerung "im geschäftlichen Verkehr")
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird teilweise abgeändert.
Dem Beklagten wird Prozeßkostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt, soweit
sich der Beklagte gegen den zweiten Teil des Klageantrags verteidigt, der darauf
gerichtet ist, dem Beklagten die Bewerbung von Schmuckstücken unter
Bezugnahme auf „X“ auch für den Fall zu untersagen, daß die beworbene Ware in
Datenbeständen oder Registern, insbesondere auch solchen elektronischer Art wie
beispielsweise auf der elektronischen Handelsplattform eBay, unter dem Suchwort
„X“ auffindbar ist.
Zur Wahrnehmung seiner Rechte im ersten Rechtszug wird dem Beklagten
Rechtsanwalt RA1, O1, beigeordnet.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; die
Gebühr nach GKG-KV-Nr. 1956 (a.F.) wird auf 12,50 EUR ermäßigt.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Beklagte bot im Dezember 2002 im Internet auf der elektronischen
Handelsplattform ebay unter seinem ebay-Mitgliedsnamen „...“ einen „Y Ring 0,07
ct Brillanten besetzt“ an. Hierbei stellte er sein Angebot (vgl. Anlage K 2, Bl. 10
d.A.) unter die Rubrik „Uhren & Schmuck: Markenschmuck: X“. Diese Rubrik wählte
der Beklagte auch bei den Angeboten eines „Y Collier 0,145 ct Brillanten besetzt“
(vgl. Anlage K 10, Bl. 84 d.A.) und eines „Y Ring 750/000 GG mit Brillanten wie neu“
(vgl. Anlage K 12) Ende November/Anfang Dezember 2002.
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus § 14 MarkenG und §§ 1, 3 UWG (a.F.) auf
Unterlassung in Anspruch mit dem Antrag, dem Beklagten bei Meidung der
gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu untersagen,
ohne Einwilligung der Klägerin hergestellte und/oder erstmals in den
Verkehr gebrachte Schmuckstücke unter Bezugnahme auf „X“ zu bewerben,
wenn dies mit Wendungen wie „Uhren & Schmuck: Markenschmuck: X“
und/oder dadurch geschieht, daß die beworbene Ware in Datenbeständen oder
Registern, insbesondere auch solchen elektronischer Art wie beispielsweise auf der
elektronischen Handelsplattform eBay, unter dem Suchwort „X“ auffindbar ist.
Das Landgericht hat das Prozeßkostenhilfegesuch des Beklagten mangels
hinreichender Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Insoweit wird auf den
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hinreichender Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Insoweit wird auf den
angefochtenen Beschluß vom 29.12.2003 (Bl. 96 ff. d.A.) und die
Nichtabhilfeentscheidung vom 12.02.2004 (Bl. 195 f. d.A.) Bezug genommen. Mit
seiner Beschwerde wendet der Beklagte im Wesentlichen ein, daß er im
November/Dezember 2002 (noch) nicht im geschäftlichen Verkehr gehandelt
habe.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur zum Teil Erfolg.
Bezüglich des ersten Teils des Klageantrags, der sich auf die Wendung „Uhren &
Schmuck: Markenschmuck: Carier“ bezieht, hat das Landgericht eine hinreichende
Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung des Beklagten mit Recht verneint (§ 114
ZPO).
Insoweit ist das unter Einbeziehung der konkreten Verletzungsform zu würdigende
Klagebegehren ausreichend bestimmt und in der Sache berechtigt, wenngleich es
nahe liegt, zur weiteren Klarstellung auf eine Antragsfassung hinzuwirken, die
deutlicher zum Ausdruck bringt, daß es um die Auswahl einer durch ebay
vorgegebenen Rubrik mit der Wendung „Uhren & Schmuck: Markenschmuck:
Carier“ und nicht um eine von dem Beklagten formulierte sprachliche Wendung
geht.
Der Einwand des Beklagten, er habe nicht im geschäftlichen Verkehr gehandelt, ist
nicht gerechtfertigt.
Der Begriff des Handelns im geschäftlichen Verkehr ist weit auszulegen. Hierunter
fällt jede selbständige, wirtschaftlichen Zwecken dienende Tätigkeit, die nicht ein
rein privates, amtliches oder geschäftsinternes Verhalten ist (vgl. Ingerl/Rohnke,
Markengesetz, 2.Aufl., § 14 Rdnr. 48 ff.; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Einf. Rdnr. 194
ff.). Notwendig ist hierbei weder die Verfolgung eines Erwerbszwecks noch eine
Gewinnerzielungsabsicht (Ingerl/Rohnke, a.a.O., Rdnr. 48; Köhler/Piper, a.a.O.,
Rdnr. 195). Für das Handeln im geschäftlichen Verkehr kommt es auf die
erkennbar nach außen tretende Zielrichtung des Handelnden an (vgl. BGH, GRUR
2002, 622, 624 – shell.de).
Im vorliegenden Fall hat der Beklagte bereits im November/Dezember 2002 durch
seine über die Handelsplattform ebay entfaltete Verkaufstätigkeit im
geschäftlichen Verkehr gehandelt. Dies ergibt sich aus der großen Anzahl von
Verkäufen bzw. Versteigerungen, die sich allein für November und Dezember 2002
auf 86 und in dem Zeitraum 10.11.-10.12.2002 auf über 50 belief (vgl. in diesem
Zusammenhang auch den Beschluß des Senats vom 01.07.2003 – 6 W 82/03).
Der Beklagte tätigte auch erhebliche Umsätze, wie seine Registrierung als
„PowerSeller“ Anfang Januar 2003 belegt. Auch wenn der Beklagte erst am
12.06.2003 seine Tätigkeit als Betreiber eines „Online-Shops“ als Gewerbe
anmeldete (Bl. 210 d.A.) und erst ab Juni 2003 im Internet als „Verkaufsagent“
auftrat (Anlage K 15) sowie auf seiner „Ebay-Homepage“ Geschäftsbedingungen
veröffentlichte (Anlage K 8, Bl. 73 ff. d.A.), so kann daraus nicht gefolgert werden,
daß die vorherige Handelstätigkeit trotz ihres beträchtlichen Umfangs noch dem
rein privaten Bereich zuzuordnen gewesen sei. Das Bestehen eines
Gewerbebetriebs ist keine Voraussetzung für die Ausübung einer geschäftlichen
Tätigkeit. Auch die Absicht der Gewinnerzielung ist, wie bereits ausgeführt, nicht
erforderlich. Es ist daher unschädlich, wenn der Beklagte vor dem 01.06.2003 noch
keine Gewinne erzielt haben sollte und – wie er behauptet – die Erfolgsaussichten
von ebay-Auktionen lediglich „ausloten“ wollte. Angesichts des erheblichen
Umfangs, den die Verkaufstätigkeit des Beklagten dabei annahm, ist Handeln im
geschäftlichen Verkehr anzunehmen.
In Übereinstimmung mit der Einschätzung des Landgerichts können das Angebot
des Y-Rings und die beiden weiteren Angebote unter Verwendung des Wortes „X“
(Anlagen K 10, K 12) nicht als ausnahmsweise private Geschäfte neben der
ansonsten geschäftlichen Tätigkeit des Beklagten eingeordnet werden. Zwar bleibt
bei einer aufgrund des Umfangs als geschäftlich einzustufenden Handelstätigkeit
über ebay ein im Einzelfall als rein privat einzuordnender Verkauf möglich. Hierfür
genügt ein unentgeltlicher „Freundschaftsdienst“, wie ihn der Beklagte unter
Benennung des Zeugen S. behauptet, jedoch nicht. Nach außen hin, gegenüber
den Kaufinteressenten, wurde diese – behauptete – Besonderheit nicht deutlich.
Vielmehr reihte sich dieses Angebot ein in die Vielzahl der Auktionsangebote des
Beklagten, die wiederum in ihrer Gesamtheit sein Bewertungsprofil und damit auch
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Beklagten, die wiederum in ihrer Gesamtheit sein Bewertungsprofil und damit auch
die Grundlage seines geschäftlichen Erfolges beeinflussen. Im übrigen kann von
einer rein privaten Verkaufstätigkeit nicht mehr gesprochen werden, wenn ein
ebay-Mitglied die privaten Verkaufsinteressen einer größeren Anzahl dritter
Personen bündelt und auf diese Weise – mit oder ohne eigene
Gewinnerzielungsabsicht – ein Handelsvolumen erreicht, das ihm auf der
Handelsplattform ebay eine besondere Beachtung verschafft, wie sie einem nur in
dem Rahmen des eigenen privaten Interesses aktiven ebay-Mitglied nicht zuteil
würde.
Erfolgreich ist die Beschwerde des Beklagten hingegen, soweit er sich mit seiner
Rechtsverteidigung gegen den zweiten Teil des Klageantrags wendet, der die
Auffindbarkeit der beworbenen Schmuckstücke in elektronischen Datenbeständen
oder Registern unter dem Suchwort „X“ betrifft.
Unabhängig von der Frage, ob von vornherein jeder Gebrauch des Wortes „X“, der
eine entsprechende, zu einem Warenangebot führende, Suchfunktion auslöst, als
markenrechts- oder wettbewerbswidrig angesehen werden könnte, begegnet der
zweite Teil des Klageantrags schon wegen der von der konkreten Verletzungsform
wegführenden Verallgemeinerung Bedenken. Der gegen den Beklagten gerichtete
Vorwurf bezog sich (in allen drei Fällen) auf die Auswahl der Rubrik „Uhren &
Schmuck: Markenschmuck: X“. Eine Wiederholung dieses konkreten Verstoßes
einschließlich seiner Auswirkungen auf das Suchsystem bei ebay würde bereits
durch einen dem ersten Teil des Klageantrags (inhaltlich) entsprechenden
Urteilsausspruch verboten werden. Der zweite Teil des Klageantrags geht darüber
hinaus.
Die Wiederholungsgefahr bezieht sich zwar nicht nur auf die Wiederholung
derselben Verletzungsform, sondern auch auf die Begehung leicht abgewandelter,
aber in ihrem Kern gleicher Handlungen. Verallgemeinerungen sind zulässig,
sofern darin das Charakteristische der konkreten Verletzungsform aus der
begangenen Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt. Mit der hier gewählten
Antragsfassung strebt die Klägerin aber ein umfassendes Verbot an, das (bei dem
Vorhandensein einer entsprechenden Suchfunktion) die Verwendung des Wortes
„X“ im Rahmen eines elektronisch beworbenen Schmuckangebots schlechthin –
gänzlich unabhängig von dem jeweiligen Kontext – erfaßt.
Es muß in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht entschieden werden, ob
eine so weitgehende Verallgemeinerung zulässig ist oder ob der zweite Teil des
Klageantrags zu weit geht. Das Prozeßkostenhilfeverfahren dient nicht dem Zweck,
über zweifelhafte Rechtsfragen abschließend vorweg zu entscheiden. Die hier
angesprochene Frage hat eine über den vorliegenden Fall hinausgehende
Bedeutung, wie dem Senat aus anhängigen Berufungsverfahren bekannt ist. Eine
(höchst)richterliche Klärung dieser Frage steht noch aus. Bei dieser Sachlage kann
dem Beklagten für seine Rechtsverteidigung gegen den zweiten Teil des
Klageantrags eine hinreichende Aussicht auf Erfolg derzeit nicht abgesprochen
werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 127 Abs. 4 ZPO, Nr. 1956 KV
(a.F.).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 ZPO
liegen, soweit die Beschwerde zurückgewiesen wurde, nicht vor. Soweit die
Beschwerde Erfolg hatte, ist die Entscheidung für die Klägerin bereits nach § 127
Abs.2 Satz 1 ZPO unanfechtbar.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.