Urteil des OLG Frankfurt vom 04.11.2008

OLG Frankfurt: allgemeine geschäftsbedingungen, heizöl, treu und glauben, bundesamt, grundpreis, verbraucher, vertragsschluss, arbeiter, durchschnitt, verbrauchssteuer

Gericht:
OLG Frankfurt 1.
Kartellsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 U 60/07 (Kart)
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 305 BGB, § 307 BGB
Allgemeine Geschäftsbedingungen eines
Gasversorgungsunternehmens: (Un-)Wirksamkeit einer
Klausel, die den Gaspreis an die Preisentwicklung für
leichtes Heizöl koppelt
Leitsatz
Zur Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel für Gaslieferungen, die an die
Entwicklung des Preises für leichtes Heizöl (HEL-Preis) geknüpft wird
Tenor
Auf die Berufung der Kläger zu 1) - 4), 6) -12), 15) - 21), 23) - 25), 27) - 29) und
31) - 42) wird das Urteil der 12. Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 3.8.2007 (Az.: 3-12 O 32/07) teilweise abgeändert und zur
Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass die von der Beklagten gegenüber den Berufungsklägern
in ihren Sonderverträgen für „Gas" verwendete Preisklausel mit dem Wortlaut:
„c) Als Heizölpreis im Sinne von Ziffer 2 des Vertrages gilt das aus 8
Monatswerten gebildete arithmetische Mittel der vom Statistischen Bundesamt
erhobenen und veröffentlichten monatlichen Preisnotierung für extra leichtes
Heizöl in € je 100 Liter frei Verbraucher in Frankfurt bei Tankkraftwagen-
Lieferungen von 40 bis 50 hl pro Auftrag einschließlich Verbrauchssteuer. Der
Arbeitspreis (AP) errechnet sich deshalb nach folgender Formel:
AP (Cent je kWh) = 0,092 HEL
d) Änderungen der Gaspreise aufgrund der Bindung an das Heizöl (HEL) treten
jeweils zum 1.4. und 1.10. eines jeden Jahres ein. Für die Bildung der Gaspreise
wird jeweils der Durchschnitt des veröffentlichten Heizölpreises zugrunde gelegt,
und zwar
am 1. April die Durchschnittspreise für die Monate Juli bis Dezember des Vorjahres
und Januar bis Februar des laufenden Jahres,
am 1. Oktober die Durchschnittspreise der Monate Januar bis August des
laufenden Jahres.“
unwirksam ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Gerichtskosten erster Instanz haben die Beklagte 18/42, die Kläger zu 5),
13), 14), 22), 26) und 30) je 1/42 und die Kläger zu 1) - 4), 6) -12), 15) - 21), 23) -
25), 27) - 29) und 31) - 42) je 1/84 zu tragen. Von den erstinstanzlichen
außergerichtlichen Kosten der Beklagten haben die die Kläger zu 5), 13), 14), 22),
26) und 30) je 1/42 und die Kläger zu 1) - 4), 6) -12), 15) - 21), 23) - 25), 27) - 29)
und 31) - 42) je 1/84 zu tragen. Von den erstinstanzlichen außergerichtlichen
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und 31) - 42) je 1/84 zu tragen. Von den erstinstanzlichen außergerichtlichen
Kosten der Kläger zu 1) - 4), 6) -12), 15) - 21), 23) - 25), 27) - 29) und 31) - 42) hat
die Beklagte die Hälfte zu tragen. Im Übrigen tragen die Parteien ihre
erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagte und die Berufungskläger
je zur Hälfte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Zwangsvollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn
nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des
jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Preisanpassungsklausel in den
Lieferbedingungen der Beklagten.
Die Kläger beziehen auf der Grundlage von Sonderverträgen von der Beklagten
das für sie zum Heizen, Kochen und teilweise zur Warmwasseraufbereitung
erforderliche leitungsgebundene Produkt „Gas".
Es gelten die Bedingungen des Sondervertrages für Gaslieferungen (nachfolgend
Lieferbedingungen), die unter Ziffer III. folgende Preisklausel enthalten:
„a) Der Grundpreis ist abhängig von der Nennwärmeleistung der installierten
GVE und errechnet sich mit Stand 1.10.1989 wie folgt: bis 25 KW = 15,00 € pro
Monat für jedes über 25 KW hinausgehende KW: 0,60 € pro Monat. Verwendet der
Kunde das Gas gleichzeitig zum Kochen, so ermäßigt sich der Grundpreis
monatlich um 2,50 €
b) Als Maßstab für die Lohnkosten im Sinne der Ziffer 2 des Vertrages gilt die
vom Statistischen Bundesamt, Wiesbaden, in „Wirtschaft und Statistik"
vierteljährlich veröffentlichte Lohn-Indexziffer unter Indizes der tariflichen
Stundenlöhne und Monatsgehälter der Arbeiter und Angestellten in der
gewerblichen Wirtschaft und bei Gebietskörperschaften - „Tarifliche Stundenlöhne
der Arbeiter in der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgung". Ändert
sich diese, so ändern sich 50 % des Grundpreises im gleichen Verhältnis. Die dem
jeweils gültigen Grundpreis zugrundeliegende Lohn-Indexziffer (LX) wird von den
Stadtwerken in gleicher Weise wie der Grundpreis öffentlich bekannt gemacht und
dem Kunden auf Verlangen jederzeit mitgeteilt.
c) Als Heizölpreis im Sinne von Ziffer 2 des Vertrages gilt das aus 8
Monatswerten gebildete arithmetische Mittel der vom Statistischen Bundesamt
erhobenen und veröffentlichten monatlichen Preisnotierung für extra leichtes
Heizöl in € je 100 Liter frei Verbraucher in Frankfurt bei Tankkraftwagen-
Lieferungen von 40 bis 50 hl pro Auftrag einschließlich Verbrauchssteuer. Der
Arbeitspreis (AP) errechnet sich deshalb nach folgender Formel: AP (Cent je kWh)
= 0,092 HEL
d) Änderungen der Gaspreise aufgrund der Bindung an das Heizöl (HEL) treten
jeweils zum 1.4. und 1.10. eines jeden Jahres ein. Für die Bildung der Gaspreise
wird jeweils der Durchschnitt des veröffentlichten Heizölpreises zugrunde gelegt,
und zwar - am 1. April die Durchschnittspreise für die Monate Juli bis Dezember
des Vorjahres und Januar bis Februar des laufenden Jahres, - am 1. Oktober die
Durchschnittspreise der Monate Januar bis August des laufenden Jahres.
e) Werden durch gesetzliche oder behördliche Maßnahmen der Bezug oder die
Verteilung von Gas nach Vertragsschluss mit Steuern und Abgaben belastet, trägt
der Kunde diese Belastungen; bei Entlastungen wird entsprechend verfahren."
Wegen des Inhalts der Lieferbedingungen im Übrigen wird auf die Anlage B 2 (Bl.
188 d.A.) Bezug genommen.
Gemäß Ziffer III c) und d) der Lieferbedingungen erhöhte die Beklagte per
1.10.2004 die Arbeitspreise von 2,93 Cent/kWh auf 3,32 Cent/kWh und per
1.4.2005 von 3,32 Cent/kWh auf 3,60 Cent/kWh. Diese Preiserhöhungen wurden
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1.4.2005 von 3,32 Cent/kWh auf 3,60 Cent/kWh. Diese Preiserhöhungen wurden
von den Klägern akzeptiert.
Per 1.10.2005 erhöhte die Beklagte den Arbeitspreis von 3,60 Cent/kWh auf 4,31
Cent/kWh. Per 1.4.2007 senkte die Beklagte den Gaspreis um etwa 6,8 %.
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, der von der Beklagten ab dem
1.10.2005 geforderte Gesamtpreis sei unbillig. Die Erhöhung der Entgelte für Gas
ab 1.10.2005 sei unwirksam gewesen, weil die streitgegenständliche
Preisanpassungsklausel gegen die §§ 305, 307 Abs. 1 BGB verstoße.
Ziffer III c) und d) der Lieferbedingungen verstoße gegen das Transparenzgebot.
Die Beklagte erziele durch willkürliche Bestimmung der Zeitpunkte, ob und wann
gestiegene Heizölpreise umgelegt werden sollten, Gewinne zu Lasten der Kläger.
Bei der Formel bleibe unklar, ob eine Preiserhöhung auch dann vorgenommen
werden dürfe, wenn eine Verteuerung des von der Beklagten bezogenen Gases
durch rückläufige Kosten in einem anderen Bereich ausgeglichen werde, oder wie
hoch eine Preiserhöhung ausfallen dürfe, wenn eine Erhöhung der Bezugskosten
teilweise durch Kostenreduzierungen wettgemacht werde. Preisanpassungen der
Beklagten gegenüber den Klägern würden ausschließlich aufgrund der
Marktbedingungen für Leichtes Heizöl am Standort Frankfurt am Main
vorgenommen, ohne dass dies mit Kostenfaktoren der Beklagten in irgendeinem
Zusammenhang stehe. Damit räume die beanstandete Preisgleitklausel der
Beklagten eine unbegrenzte Preisanhebungsmöglichkeit mit der Möglichkeit zur
Erzielung weiterer Gewinne ein.
Unabhängig hiervon liege eine unangemessene Benachteiligung der Gaskunden
vor, weil die Beklagte ihre Preisänderungen an die HEL-Notierung koppele, obwohl
auch eine Koppelung an den vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
(BAFA) veröffentlichten Erdgasimportpreis möglich wäre.
Das Erhöhungsverlangen der Beklagten zum 1.10.2005 und der so begehrte
Gesamtpreis halte der Überprüfung im Wege der Billigkeitskontrolle nach § 315
Abs. 3 BGB nicht stand.
Die Kläger haben beantragt,
1. festzustellen, dass die durch die Beklagte gegenüber den Klägern in ihren
Sonderverträgen für „Gas" verwendete Preisgleitklausel mit dem Wortlaut:
a) Der Grundpreis ist abhängig von der Nennwärmeleistung der installierten GVE
und errechnet sich mit Stand 1.10.1989 wie folgt: bis 25 KW = 15,00 € pro Monat
für jedes über 25 KW hinausgehende KW: 0,60 € pro Monat. Verwendet der Kunde
das Gas gleichzeitig zum Kochen, so ermäßigt sich der Grundpreis monatlich um
2,50 €
b) Als Maßstab für die Lohnkosten im Sinne der Ziffer 2 des Vertrages gilt die vom
Statistischen Bundesamt, Wiesbaden, in „Wirtschaft und Statistik" vierteljährlich
veröffentlichte Lohn-Indexziffer unter Indizes der tariflichen Stundenlöhne und
Monatsgehälter der Arbeiter und Angestellten in der gewerblichen Wirtschaft und
bei Gebietskörperschaften - „Tarifliche Stundenlöhne der Arbeiter in der
Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgung". Ändert sich diese, so
ändern sich 50 % des Grundpreises im gleichen Verhältnis. Die dem jeweils
gültigen Grundpreis zugrundeliegende Lohn-Indexziffer (LX) wird von den
Stadtwerken in gleicher Weise wie der Grundpreis öffentlich bekannt gemacht und
dem Kunden auf Verlangen jederzeit mitgeteilt.
c) Als Heizölpreis im Sinne von Ziffer 2 des Vertrages gilt das aus 8 Monatswerten
gebildete arithmetische Mittel der vom Statistischen Bundesamt erhobenen und
veröffentlichten monatlichen Preisnotierung für extra leichtes Heizöl in € je 100
Liter frei Verbraucher in Frankfurt bei Tankkraftwagen-Lieferungen von 40 bis 50 hl
pro Auftrag einschließlich Verbrauchssteuer. Der Arbeitspreis (AP) errechnet sich
deshalb nach folgender Formel: AP (Cent je kWh) = 0,092 HEL
d) Änderungen der Gaspreise aufgrund der Bindung an das Heizöl (HEL) treten
jeweils zum 1.4. und 1.10. eines jeden Jahres ein. Für die Bildung der Gaspreise
wird jeweils der Durchschnitt des veröffentlichten Heizölpreises zugrunde gelegt,
und zwar - am 1. April die Durchschnittspreise für die Monate Juli bis Dezember
des Vorjahres und Januar bis Februar des laufenden Jahres, - am 1. Oktober die
Durchschnittspreise der Monate Januar bis August des laufenden Jahres.
e) Werden durch gesetzliche oder behördliche Maßnahmen der Bezug oder die
Verteilung von Gas nach Vertragsschluss mit Steuern und Abgaben belastet, trägt
der Kunde diese Belastungen; bei Entlastungen wird entsprechend verfahren.
unwirksam ist.
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2. festzustellen, dass der durch die Beklagte seit dem 1.10.2005 verlangte
Gesamtbezugspreis für ihr Produkt „Gas" aufgrund der zwischen ihr und dem
jeweiligen Kläger bestehenden Gaslieferungsvertrag unbillig und damit unwirksam
ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die streitgegenständliche Preisanpassungsklausel sei eine
zulässige Kostenelementeklausel, die Grund und Umfang der Preiserhöhung
genau festlege. Auf der Grundlage der in Ziffer III c) und d) der Lieferbedingungen
genannten Kriterien könnten die jeweiligen Gaspreise errechnet werden. Die
Stichtagsregelung (1.4. und 1.10.) sei sachgerecht. Gasvorräte gäbe es bei ihr
nicht.
Nach der Preisanpassungsklausel spiele es für den Gaspreis keine Rolle, ob ihre
Mitarbeiter tariflich oder übertariflich bezahlt würden, wie viele Mitarbeiter sie
beschäftige, wie viel die Instandhaltung der Versorgungseinrichtungen koste oder
welche sonstigen Kosten oder Kosteneinsparungen sie habe. Die
streitgegenständliche Preisanpassungsklausel lasse auch Preissenkungen zu.
Der Wirksamkeit der Preisanpassungsklausel stehe nicht entgegen, dass sie
jeweils einen niedrigeren als den auf der Grundlage der Preisanpassungsklausel
errechneten Gaspreis gegenüber ihren Kunden geltend mache.
Sie selbst kaufe bei ihren Lieferantinnen - A GmbH & Co. KG und B AG -
ölpreisbezogen ein. Der Ölpreis sei ein zulässiges Kostenelement im Hinblick auf
den Gaspreis. Die Bindung des Gaspreises an den Ölpreis sei ein in der
Bundesrepublik Deutschland übliches und zulässiges Verfahren. Für die
Errechnung ihres Gaspreises seien nicht die an ihre Vorlieferanten gezahlten
Bezugskosten für Erdgas maßgebend, sondern der HEL-Preis am Marktort
Frankfurt am Main.
Mit der am 3.8.2007 verkündeten Entscheidung (Bl. 292-308, 308a-308c d.A.), auf
die – auch zur Ergänzung des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien – Bezug
genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die zulässigen
Feststellungsbegehren der Kläger seien nicht begründet. Die Preisanpassung
unterliege nicht der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB. Die
Preisanpassungsklausel halte der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, 2 BGB stand.
Mit der Berufung wenden sich die Kläger zu 1) - 4), 6) -12), 15) - 21), 23) - 25), 27)
- 29) und 31) - 42) gegen die Abweisung des Feststellungsantrags zu 1).
Sie sind der Auffassung, das Landgericht habe die Preisgleitklausel der Beklagten
rechtlich unzutreffend als sog. Kostenelementeklausel bewertet. Die Klausel
knüpfe nicht an Kostenelemente der Beklagten oder Dritter an. Es handele sich
um eine Gleitklausel, die dem Genehmigungsvorbehalt gem. § 2 Abs. 2 PaPkG i. V.
m. der PreisklauselVO unterliege. Die Klausel führe auch zu einer
unangemessenen Benachteiligung der Verbraucher i. S. d. § 307 Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 2 BGB. Sie ermögliche der Beklagten, zusätzliche Gewinne zu erwirtschaften,
wenn der in der Klausel genannte Ölpreisfaktor am Marktort Frankfurt/Main
ansteige, selbst wenn keine entsprechend gleichartigen
Bezugskostensteigerungen bei der Beklagten eintreten.
Unabhängig davon liege eine unangemessene Benachteilung auch deshalb vor,
weil die Beklagte ihre Preisänderungen an die HEL-Notierung koppele, obwohl eine
Koppelung an den von der BAFA veröffentlichten Erdgasimportpreis möglich wäre.
Beim HEL-Preis werde nämlich einschließlich Verbrauchssteuern indexiert, also
einschließlich der Mehrwertsteuer. Steige die Mehrwertsteuer, stiegen auch die
HEL-Notierungen, somit dann die Erdgaspreise, auf welche die erhöhte
Mehrwertsteuer ebenfalls aufgeschlagen werde. So habe sich auch der Abstand
zwischen HEL-Notierung und Erdgasimportpreis alleine in der Zeit von Januar 1999
bis April 2003 kontinuierlich auseinander entwickelt.
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am
Main vom 3.8.2007 – 3-12 O 32/07, zugestellt am 27.9.2007, festzustellen, dass
die durch die Beklagte gegenüber den Klägern in ihren Sonderverträgen für „Gas"
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die durch die Beklagte gegenüber den Klägern in ihren Sonderverträgen für „Gas"
verwendete Preisgleitklausel mit dem Wortlaut: „c) Als Heizölpreis im Sinne von
Ziffer 2 des Vertrages gilt das aus 8 Monatswerten gebildete arithmetische Mittel
der vom Statistischen Bundesamt erhobenen und veröffentlichten monatlichen
Preisnotierung für extra leichtes Heizöl in € je 100 Liter frei Verbraucher in
Frankfurt bei Tankkraftwagen-Lieferungen von 40 bis 50 hl pro Auftrag
einschließlich Verbrauchssteuer. Der Arbeitspreis (AP) errechnet sich deshalb nach
folgender Formel: AP (Cent je kWh) = 0,092 HEL d) Änderungen der Gaspreise
aufgrund der Bindung an das Heizöl (HEL) treten jeweils zum 1.4. und 1.10. eines
jeden Jahres ein. Für die Bildung der Gaspreise wird jeweils der Durchschnitt des
veröffentlichten Heizölpreises zugrunde gelegt, und zwar - am 1. April die
Durchschnittspreise für die Monate Juli bis Dezember des Vorjahres und Januar bis
Februar des laufenden Jahres, - am 1. Oktober die Durchschnittspreise der Monate
Januar bis August des laufenden Jahres.“ unwirksam ist.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen
Vorbringens das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten
Schriftsätze Bezug genommen.
II. Die Berufung ist form- und fristgerecht erhoben und begründet worden, mithin
zulässig. Das Rechtsmittel hat Erfolg, weil die Entscheidung des Landgerichts auf
einem Rechtsfehler beruht (§ 513 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 546 ZPO), denn die
Preisanpassungsklausel in Ziffer III c) und d) der Lieferbedingungen ist gemäß §
307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
Die Feststellungsklage ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, denn die Kläger
haben ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass die
Preisanpassungsklausel unwirksam ist. Die Klage ist auch begründet.
Entgegen der Ansicht der Kläger handelt es sich allerdings nicht um eine
genehmigungsbedürftige Preisklausel. Auf die streitgegenständliche Preisklausel
findet das am 14.9.2007 in Kraft getretene Preisklauselgesetz (PrklG) Anwendung,
weil bis zum 13.9.2007 kein Genehmigungsantrag für diese Klausel gestellt worden
ist (§ 9 Abs. 2 PrklG). Nicht verboten sind nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 PrklG solche
Klauseln, bei denen die in ein Verhältnis zueinander gesetzten Güter oder
Leistungen im wesentlichen gleichartig oder zumindest vergleichbar sind
(Spannungsklauseln). Bei leichtem Heizöl handelt es sich um ein dem Erdgas im
Wesentlichen gleichartiges oder vergleichbares Gut im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2
PrklG, denn beide Güter gehören zu den nicht erneuerbaren Energien und sind
schon insofern vergleichbar, als sie für den Bereich der Wärme- und
Energieerzeugung Konkurrenzprodukte darstellen, die grundsätzlich alternativ
eingesetzt werden können. (ebenso zu dem früher geltenden § 1 PrkV LG
München, Urteil vom 09.08.2007 - 12 O 18199/06, GWF 2008, 15 zitiert nach Juris
Rn. 50 mit Verweis auf OLG Rostock, Urteil vom 23.6.2003 – 3 U 173/01).
Die Preisanpassungsklausel in Ziffer III c) und d) der Lieferbedingungen hält jedoch
einer Inhaltskontrolle nicht stand, weil sie die Vertragspartner der Beklagten
entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
Preisanpassungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von (Gas
)Versorgungsunternehmen unterliegen nach ständiger Rechtsprechung des BGH
der Inhaltskontrolle nach §§ 310 Abs. 2, 307 Abs. 1 und 2 BGB (BGH, Urteil vom
21.09.2005 - VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717; BGH, Urteil vom 13.12.2006 - VIII
ZR 25/06, NJW 2007,1054, 1055, jeweils m.w.N.; BGH, Urteil v. 29.04.2008, KZR
2/07, Erdgassondervertrag, BB 2008, 1360; Büdenbender, NJW 2007, 2945, 2951).
Preisanpassungsklauseln, die eine Preisanpassung wegen und auf der Grundlage
sich verändernder Kosten vorsehen, sind dabei im Grundsatz nicht zu
beanstanden. Sie sind ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung
des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Lieferverträgen. Solche
Klauseln dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation
abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher, ihn belastender
Kostensteigerung zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu
bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich
schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (BGH,
Urteil vom 21.09.2005 - VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717, zitiert nach Juris Rn. 18
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Urteil vom 21.09.2005 - VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717, zitiert nach Juris Rn. 18
m.w.N.; BGH, Urteil vom 13.12.2006, VIII ZR 25/06, NJW 2007,1054).
Eine unangemessene Benachteiligung ergibt sich hier – wie die Kläger im
Berufungsrechtszug selbst einräumen – nicht aus einem Verstoß gegen das
Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Preisanpassungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen so
beschaffen sein, dass der Vertragspartner den Umfang der auf ihn zukommenden
Preissteigerungen bei Vertragsschluss aus der Formulierung der Klausel erkennen
und die Berechtigung einer von dem Verwender vorgenommenen Erhöhung an der
Ermächtigungsklausel selbst messen kann. Das Transparenzgebot soll verhindern,
dass der Verwender durch einen ungenauen Tatbestand oder eine ungenaue
Rechtsfolge ungerechtfertigte Beurteilungsspielräume in Anspruch nehmen kann.
Es bedarf daher einer möglichst konkreten Festlegung der Voraussetzungen, unter
denen das Preisänderungsrecht entsteht (OLG Bremen, Urteil vom 16.11.2007 - 5
U 42/06, ZIP 2008, 28).
Diesen Anforderungen wird die streitgegenständliche Preisanpassungsklausel
gerecht. Sie knüpft nicht an betriebsinterne Faktoren der Beklagten an, sondern
an objektive, nachprüfbare Bezugspunkte. Die Musterrechnungen der Beklagten
zeigen für die Preiserhöhungen zum 1.10.2004 und 1.4.2005 (Seiten 18 bis 20 der
Klageerwiderung vom 7.6.2007- Bl. 172-174 d.A.), dass der (erhöhte) Gaspreis auf
der Grundlage der Preisanpassungsklausel ohne weiteres ausgerechnet werden
kann. Es gelangen nur solche Werte zur Anwendung, die von der Beklagten nicht
beeinflussbar sind. Das gilt für den definierten HEL-Preis, den Äquivalenzfaktor
0,092 sowie die gesetzlich erhobenen Steuern. Die Daten werden veröffentlicht
oder sind öffentlich zugänglich und für den Kunden ermittelbar. Der definierte HEL-
Preis wird monatlich vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht. Der Verbraucher
kann sich die nach der Preisanpassungsklausel ergebende Preisänderung selbst
ausrechnen.
Anders als in der Fallgestaltung, die der Entscheidung des BGH vom 29.04.2008
(KZR 2/07, Erdgassondervertrag, BB 2008, 1360) zugrunde lag, kann die Klausel
hier auch nicht dahin ausgelegt werden, dass die Beklagte zwar berechtigt, nicht
aber verpflichtet ist, zu bestimmten Zeitpunkten auch eine Preisanpassung nach
unten vorzunehmen. Die Änderungen treten unabhängig davon, in welche
Richtung sich der HEL-Preis seit Vertragsschluss oder seit der letzten
Preisanpassung entwickelt hat, in jedem Fall zum 1.4. bzw. zum 1.10. ein.
Die Preisanpassungsklausel in Ziffer III c) und d) der Lieferbedingungen ist jedoch
gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Preisanpassungsklauseln sind nur
zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von
Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente
sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt
werden (BGH, Urteil vom 21.09.2005 - VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717; BGH,
Urteil vom 13.12.2006, VIII ZR 25/06, NJW 2007,1054; BGH, Urteil vom 11.10.2007
- III ZR 63/07, NJW-RR 2008, 134 zitiert nach Juris Rn. 19).
Eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagten ergibt
sich hier zwar nicht aufgrund einer fehlenden Gewichtung einzelner
Kostenelemente im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Kalkulation des Gaspreises
(BGH, Urteil vom 21.09.2005 - VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717, zitiert nach Juris
Rn. 18). Die Preisanpassung für den Arbeitspreis knüpft nämlich ausschließlich an
die Entwicklung des HEL-Preises im örtlichen Marktsegment an.
Die unangemessene Benachteiligung ergibt sich jedoch daraus, dass die Beklagte
eine Preisanpassung nicht von einer Preiserhöhung bzw. –senkung ihrer
Vorlieferanten abhängig macht, sondern nur an die Entwicklung des HEL-Preises
im Referenzzeitraum knüpft unabhängig davon, ob mit dieser Preisentwicklung
tatsächlich Kostensteigerungen für die Beklagte verbunden sind.
Wird die Preisanpassung auf der Grundlage der Entwicklung von Kostenelementen
herbeigeführt, so darf die Regelung nicht zu einer ausschließlichen oder
überwiegenden Wahrung der Verwenderinteressen führen. Die Schranke des § 307
BGB wird nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel es dem Verwender
ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den
zunächst vereinbarten Preis ohne jede Begrenzung anzuheben und so nicht nur
eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu
erzielen (BGH, Urteil vom 21.09.2005 - VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717; BGH,
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erzielen (BGH, Urteil vom 21.09.2005 - VIII ZR 38/05, NJW-RR 2005, 1717; BGH,
Urteil vom 13.12.2006, VIII ZR 25/06, NJW 2007,1054; BGH, Urteil vom 11.10.2007
- III ZR 63/07, NJW-RR 2008, 134 zitiert nach Juris Rn. 19).
Die streitbefangene Preisklausel knüpft die Preisanpassung an die Entwicklung des
Preises für leichtes Heizöl (HEL-Preis). Die Beklagte hat zwar unwidersprochen
vorgetragen, dass die B AG 90% der von ihr bezogenen Erdgasmenge liefert und
der Preis dieser Menge allein auf den HEL-Preis bezogen ist. Die A GmbH & Co. KG
liefert 10% der von der Beklagten bezogenen Erdgasmenge. 20 % davon, also
1/50 der Gesamtmenge, ist an den Preis für schweres Heizöl (HSL-Preis) geknüpft.
Trotz der Bindung von 2% der bezogenen Gasmenge an den HSL-Preis spricht
zwar viel dafür, dass Änderungen des HEL-Preises zu Änderungen des von der
Beklagten zu zahlenden Preises für den Bezug des Erdgases zur Folge haben.
Zwingend ist dies jedoch nicht, denn die Preisanpassungsklausel knüpft nicht an
den konkreten Bezugspreis an. Insbesondere steht nicht fest, dass eine Änderung
der Bezugpreise entsprechend der Entwicklung des HEL-Preises eintritt, weil nicht
zwangsläufig feststeht, ob und in welchem Umfang die Vorlieferanten
Preisänderungen an die Beklagte weitergeben. Dies zeigt auch das eigene
Verhalten der Beklagten, die ihrerseits die nach der Preisanpassungsklausel
möglichen Erhöhungen nicht in vollem Umfang an ihre Kunden weitergegeben hat.
Ob die Klausel darüber hinaus auch unwirksam wäre, weil sie nicht vorsieht, dass
eventuelle Preiserhöhungen durch anderweitige Kosteneinsparungen ausgeglichen
werden müssen, kann dahinstehen. Soweit die Beklagte meint, dass es nach der
streitgegenständlichen Klausel nicht darauf ankommen kann, ob ein Anstieg bei
einem Kostenfaktoren durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen
ausgeglichen wird, weil die Preisanpassung nicht von konkreten Veränderungen
tatsächlicher Kosten abhängt, benachteiligt gerade diese Möglichkeit von
Preiserhöhungen unabhängig von konkreten Kostensteigerungen die Kläger
unangemessen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 100 ZPO. Für die erste Instanz verbleibt
es hinsichtlich der Kläger zu 5), 13), 14), 22) 26) und 30) bei deren Unterliegen in
vollem Umfang. Die übrigen Kläger sind nur hinsichtlich des Feststellungsantrages
zu 2) und damit zur Hälfte unterlegen. Auch in der Berufungsinstanz haben die
Berufungskläger nur zur Hälfte obsiegt. Der Feststellungsantrag zu 2) war in der
Berufungsbegründung angekündigt. Die Beschränkung auf den
Feststellungsantrag zu 1) im Anschluss an die Erörterungen in der mündlichen
Verhandlung wirkt sich auf die Gerichts- und Anwaltsgebühren nicht aus. Die
Beschränkung des Feststellungsantrags zu 1) auf die Buchstaben c) und d) enthält
dagegen keine Teilrücknahme des Antrags, sondern eine Klarstellung, denn die
Kläger haben von Anfang an ausschließlich die Regelungen der
Preisanpassungsklausel unter c) und d) angegriffen. Der Ausspruch über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der Senat hat die
Revision zugelassen, weil die Frage der Wirksamkeit einer Preisanpassungsklausel,
die eine Anpassung des Arbeitspreises für die Belieferung mit Gas unabhängig von
dem konkreten Bezugspreis des Lieferanten allein von der Entwicklung des Preises
für leichtes Heizöl in einem bestimmten Referenzzeitraum abhängig macht,
grundsätzliche Bedeutung hat.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.