Urteil des OLG Frankfurt vom 07.06.2005

OLG Frankfurt: ehevertrag, scheidung, begriff, anweisung, ausschluss, getrenntleben, beurkundung, urkunde, güterstand, meinung

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 328/01
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 39 Abs 3 KostO, § 44 Abs 1
KostO, § 44 Abs 2 Buchst a
KostO, § 156 Abs 5 KostO
(Notarkostenrecht: Notarkostenbeschwerde bei
Anweisung, einen höheren Geschäftswert zu bestimmen.)
Tenor
Der angegriffene Beschluss wird dahin geändert, dass die weitere Beschwerde
statt als unzulässig verworfen als unbegründet zurückgewiesen wird.
Gründe
Der Kostengläubiger hat am ...1996 zu seiner UR-Nr. .../1996 einen Ehevertrag der
Kostenschuldner - der Beteiligten zu 2) und 3) - beurkundet, in dem diese an Stelle
der zuvor geltenden Zugewinngemeinschaft Gütertrennung vereinbarten. Der
Beteiligte zu 3) verpflichtete sich, zum endgültigen Ausgleich des Zugewinns
1.200.000,00 DM an die Beteiligte zu 2) zu zahlen. Unter II des Vertrags wurde der
Versorgungsausgleich mit Ausnahme der Renten oder Rentenanwartschaften aus
der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen. Außerdem trafen die
Beteiligten zu 2) und 3) für den Fall der rechtskräftigen Scheidung ihrer Ehe bzw.
des dauernden Getrenntlebens hinsichtlich des Unterhalts der Beteiligten zu 2)
Vereinbarungen, die u. a. die monatliche Zahlung von 5.000,00 DM nebst Beiträge
für Kranken- und Pflegeversicherung an die Beteiligte zu 2) umfassten. Darüber
hinaus sollte der Beteiligte zu 3) sie von allen Steuern und öffentlichen Abgaben
freistellen. Schließlich vereinbarten die Kostenschuldner einen gegenseitigen
Pflichtteilsverzicht.
In seiner Kostenberechnung vom 13.05.1996 (Bl. 14 d. A.), hat der Notar der
Gebühr nach §§ 141, 36 Abs. 2 KostO für diese Beurkundung einen Geschäftswert
von 2.700.000,00 DM zugrunde gelegt, wobei nach einer Aktennotiz des Notars
das zusammengerechnete Vermögen beider Ehegatten mit 2.400.000,00 DM als
Geschäftswert berücksichtigt wurde und weitere 300.000,00 DM auf den
mitbeurkundeten gegenseitigen Pflichtteilsverzicht entfielen. Diesen Geschäftswert
hat die Dienstaufsichtsbehörde des Notars laut Niederschrift über die
kostenrechtliche Geschäftsprüfung vom 03.04.1997 (Bl. 12 d. A.) als zu niedrig
beanstandet und geltend gemacht, für die Vereinbarungen hinsichtlich des
Versorgungsausgleichs und des Unterhalts seien zusätzliche Werte anzusetzen.
Nachdem der Notar dieser Beanstandung nicht abgeholfen hat, ist er mit
Verfügung vom 08.05.2000 angewiesen worden, nach § 156 Abs. 5 Satz 1 KostO a.
F. die Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen. Mit Schriftsatz vom
16.10.2000 hat der Notar nach § 156 Abs. 1 Satz 3 KostO die Entscheidung des
Landgerichts beantragt und unter Berufung auf eine Entscheidung des
Bayerischen Obersten Landesgericht vom 06.04.1982 (JurBüro 1982, 1060 ff.) im
wesentlichen geltend gemacht, der Einheitlichkeit der beurkundeten
Gesamtregelung entspreche am ehesten eine Pauschalbewertung, wonach der
zusammengerechnete Wert beider Vermögen die Höchstgrenze bilde. Nach
Anhörung der Dienstaufsichtsbehörde, die am 15.02.2001 Stellung genommen hat
(Bl. 20-23 d. A.), und der Kostenschuldner, die sich nicht geäußert haben, hat das
Landgericht mit Beschluss vom 11.06.2001 den Notar angewiesen, den
Geschäftswert seiner Kostenrechnung vom 13.05.1996 zu UR-Nr. .../1996 unter
gesonderter Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs und der
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gesonderter Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs und der
Unterhaltsregelungen neu zu bestimmen und die Kosten gegenüber den
Kostenschuldnern nachzufordern.
Mit seiner weiteren Beschwerde hat der Notar die bereits vor dem Landgericht
vertretene Auffassung zur Bestimmung des Wertes vertieft und erweitert. Er hat
sich für beschwert gehalten schon durch die Anweisung des Landgerichts zu
Handlungen zur Neubestimmung des Geschäftswerts. Für die Feststellung seiner
Beschwer komme es nicht darauf an, ob ihm durch die Entscheidung ein
geldwerter Nachteil entstehe, sondern dass er in seinem grundgesetzlich
geschützten Interesse, sein Amt nach dem Gesetz und nach seinem eigenen
Gewissen auszuüben, beeinträchtigt sei, da er auf höhere Gebühren seiner
Meinung nach keinen Anspruch habe und sich durch deren Anforderung im Fall des
Zutreffens seiner Ansicht strafbar machen würde.
Zur Begründetheit hat der Kostengläubiger vorgetragen, das Landgericht habe
den § 39 Abs. 3 KostO entgegen seinem Wortlaut ausgelegt und gehe von einem
Begriff des Ehevertrages aus, der nicht im Einklang mit dem bürgerlichen Recht
stehe. Dem maßgeblichen weiten Begriff des Ehevertrages, wie ihn auch das
Bundesverfassungsgericht verwende (Urt. vom 06.02.2002 -1 BvR 12/92- NJW
2001/957), entspreche die in der beanstandeten Kostenrechnung verwendete
Pauschalbewertung. Wegen des Vortrags im Einzelnen wird auf die
Beschwerdeschrift vom 03.08.2001 (Bl. 39-60 d. A.) und die ergänzende
Stellungnahme vom 12.11.2001 (Bl. 69-93 d. A.) Bezug genommen.
Der Senat hat die weitere Beschwerde des Kostengläubigers mit Beschluss vom
14.01.2002 mangels Beschwer als unzulässig verworfen. Wegen der Begründung
wird auf Blatt 3 -7 der Entscheidung Bezug genommen.
Die gegen die Senatsentscheidung und den landgerichtlichen Beschluss
eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht gemäß
Beschluss vom 15.04.2002 - 1 BvR 358/02-, den der Kostengläubiger mit seiner
Gegenvorstellung vorgelegt hat, nicht zur Entscheidung angenommen.
In den Gründen der Entscheidung wird jedoch ausgeführt, der Senat habe die
Tragweite der Berufsausübungsfreiheit des Kostengläubigers verkannt, da das
Verfahren nach § 156 Abs. 5 KostO a. F. nicht die Erzielung höherer, sondern die
Festsetzung gesetzmäßiger Gebühren bezwecke. Der Notar sei deshalb in seiner
Berufsausübungsfreiheit betroffen, soweit eine erstinstanzliche Entscheidung ihm
auferlege, entgegen seiner Rechtsauffassung höhere Gebühren zu verlangen.
Auf Grund dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat der Senat
seine bisher vertretene Auffassung, im Fall der Anweisung des Kostengläubigers
zur Erhebung höherer Gebühren sei eine dagegen gerichtete weitere Beschwerde
des Kostengläubigers mangels Beschwer unzulässig, nicht mehr aufrechterhalten
(vgl. Beschlüsse vom 07.02.2005 -20 W 451/02- und vom 20.01.2005 -20 W
455/02-).
Demnach ist die weitere Beschwerde des Kostengläubigers nicht unzulässig, sie ist
aber unbegründet, da der angefochtene Beschluss nicht auf einer Verletzung des
Rechts beruht (§ 156 Abs. 2 Satz 3 KostO).
Zu Recht ist die Kammer davon ausgegangen, dass der in der Urkunde vom
10.05.1996 beurkundete Ausschluss des Versorgungsausgleichs und die
Unterhaltsvereinbarung im Fall der Scheidung bzw. bei dauerndem Getrenntleben
jeweils gegenstandsverschieden im Sinn von § 44 Abs. 2 a KostO zu der außerdem
vereinbarten Änderung des Güterstandes und dem damit gegenstandsgleichen
Zugewinnausgleich sind.
Zwar wird der Begriff "Ehevertrag" in der Kautelarpraxis in einem funktional
erweiterten Begriff verwendet in dem Sinn, dass darunter alle ehebezogenen
familienrechtlichen Vereinbarungen von Verlobten und Ehegatten zur Regelung der
allgemeinen Ehewirkungen, des ehelichen Güterrechts und der Scheidungsfolgen
auf Grund gesetzlich gewährter Dispositionsbefugnis fallen, die nicht auf einen
konkreten Scheidungsfall bezogen sind. Der gesetzliche Begriff des Ehevertrags
nach den §§ 1408 ff. BGB ist aber dadurch gekennzeichnet, dass in der Form
notarieller Beurkundung Verlobte oder Eheleute an Statt des gesetzlichen
Güterstandes der Zugewinngemeinschaft die Wahlgüterstände der Gütertrennung
oder Gütergemeinschaft vereinbaren (genereller Ehevertrag) oder innerhalb der
einzelnen Güterstände vertragliche Modifikationen vornehmen können (spezieller
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einzelnen Güterstände vertragliche Modifikationen vornehmen können (spezieller
Ehevertrag). Auch durch die Einführung des Versorgungsausgleichs wurde nach
allgemeiner Meinung nicht der Regelungsbereich des Ehevertragsrechtes über das
Ehegüterrecht hinaus erweitert, sondern der eigenständige Regelungsbereich des
Versorgungsausgleichs lediglich den Vorschriften des §§ 1410, 1411 BGB
unterworfen (Palandt/Brudermüller: BGB, 64. Aufl., § 1408, Rdnr. 15; Soergel/Gaul:
BGB, 12. Aufl., § 1408, Rdnr. 26; Langenfeld: Handbuch der Eheverträge und
Scheidungsvereinbarungen, 4. Aufl., Seite 1). An dieser Definition des
Ehevertrages laut BGB hat sich auch die kostenrechtliche Behandlung zu
orientieren (KG DNotZ 1995, 788) mit der Folge, dass die
Geschäftswertbestimmung des § 39 Abs. 3 auch nur für den Ehevertrag im
engeren Sinn gilt. Der Beschluss des BayObLG vom 21.04.1982 -3 Z 78/80-
(JurBüro 1982, 1060), auf den sich der Kostengläubiger für seine Auffassung
berufen hat, steht dem nicht entgegen. Wie das Landgericht bereits zutreffend
ausgeführt hat, lag dieser Entscheidung nur der Fall eines speziellen Ehevertrags
im Sinn der oben angeführten Definition zu Grunde, da die Beurkundung nur den
Ausschluss bestimmter Vermögensgegenstände von der Anrechnung als
Anfangsvermögen bei einer künftigen Zugewinnberechnung betraf. Die für diesen
Fall des speziellen Ehevertrags getroffene Aussage, bei einer Bewertung von
Eheverträgen, die nur bestimmte Gegenstände der Ehegatten betreffen, dürfe
grundsätzlich nicht über den Wert des gegenwärtigen Reinvermögens des oder der
betroffenen Ehegatten hinausgegangen werden, kann aber nicht auf einen
Ehevertrag im oben definierten erweiterten Sinn ausgedehnt werden, wie der
Kostengläubiger meint. Dafür bietet die Entscheidung des BayObLG keinen
Anhaltspunkt und da sie einen anderen Sachverhalt als den vorliegend zu
entscheidenden betraf, sind auch die Voraussetzungen für eine Vorlage nach § 28
Abs. 2 FGG an den Bundesgerichtshof nicht gegeben, obwohl diese Möglichkeit seit
der Neufassung des § 156 KostO durch den Verweis in § 156 Abs. 4 Satz 4 KostO
auf die Vorschriften des FGG inzwischen eröffnet ist.
Soweit die Urkunde vom 10.05.1996 die Zahlung des Beteiligten zu 3) zum
Zugewinnausgleich vorsieht, liegt keine Abweichung von der Auffassung des
BayObLG vor, da dafür Gegenstandsgleichheit im Sinn von § 44 Abs. 1 KostO gilt
(Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 16. Aufl., § 44, Rdnr. 50 a). Die
Dienstaufsicht hat auch nicht beanstandet, dass für diesen Punkt der
Vereinbarung kein zusätzlicher Wert angesetzt worden ist.
Berechtigt war aber die Beanstandung, dass für den grundsätzlichen Ausschluss
des Versorgungsausgleichs kein zusätzlicher Wert berücksichtigt wurde. Wie das
Landgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich dabei um eine zur
Abänderung des Güterstandes gegenstandsverschiedene Vereinbarung der
Kostenschuldner. Das folgt daraus, dass der Versorgungsausgleich unabhängig
von einem bestimmten Güterstand besteht und dass die Wirkungen der Regelung
über den Versorgungsausgleich erst nach Auflösung der Ehe durch Scheidung
eintreten, während die Vereinbarungen über den Güterstand das Verhältnis der
Ehegatten zueinander während des Bestandes der Ehe betreffen (Rohs/Wedewer:
KostO, Stand Juli 2002, § 39, Rdnr. 42; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO,
16. Aufl., § 44, Rdnr. 152). Auch die Vereinbarungen über den Unterhalt bei
Scheidung bzw. dauerndem Getrenntleben haben einen anderen Gegenstand als
die Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse
(Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, aaO., § 44, Rdnr. 152), da sie unabhängig
vom Bestehen eines bestimmten Güterstandes sind und deshalb nicht Bestandteil
eines Ehevertrages im engeren gesetzlichen Sinn sind. Außerdem geht es um
vom derzeitigen Vermögen der Ehegatten gesonderte, durch Scheidung bzw.
Getrenntleben bedingte Ansprüche/Verpflichtungen, deren Bewertung sich nicht
nach § 39 Abs. 3 Satz 1 und 2 KostO, sondern nach § 24 KostO richtet.
Weil nach der Vereinbarung der Kostenschuldner außer den 5.000,00 DM
monatlich auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie eine
Freistellung von Steuern und öffentlichen Abgaben geschuldet sind, deren Höhe
dem Gericht nicht bekannt sind, konnte die Kammer keine eigene Bewertung der
Unterhaltsverpflichtung vornehmen. Entsprechendes gilt für die Bewertung der
Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs, da nicht bekannt
ist, welche Ansprüche außer Renten und Rentenanwartschaften aus gesetzlicher
Rentenversicherung davon betroffen sind (s. zur Bewertung Rohs/Wedewer, aaO., §
39, Rdnr. 42). Deshalb galt vorliegend ausnahmsweise die Verpflichtung des
Beschwerdegerichts nicht, die Kostenberechnung selbst vorzunehmen, weil es zur
Bestimmung des Geschäftswertes weiterer Ermittlungen bedarf und diese
effektiver durch den Kostengläubiger durchgeführt werden können (OLG
effektiver durch den Kostengläubiger durchgeführt werden können (OLG
Zweibrücken MittBayNot 1981, 208; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO,
16. Aufl., § 156, Rdnr. 65).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.