Urteil des OLG Frankfurt vom 23.03.2005

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Gericht:
OLG Frankfurt 23.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
23 U 308/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 421 BGB, § 635 BGB
(Gesamtschuldnerische Haftung von Tragwerksplaner und
Bodengutachter bei erkennbaren Fehlern des
Baugrundgutachtens)
Tenor
Die Berufung beider Beklagter gegen das am 08.12.2003 verkündete Grundurteil
des Landgerichts in Gießen wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner zu
tragen.
Gründe
Beide Berufungen sind zulässig, haben in der Sache aber keinen Erfolg. Da die
Rechtssache außerdem keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die
Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern, weist der Senat die Berufung mit
einstimmig gefasstem Beschluss gemäß § 522 II ZPO zurück.
Zur Begründung nimmt der Senat zunächst Bezug auf das angefochtene Urteil,
dem er folgt, sowie auf das Schreiben des Herrn Vorsitzenden vom 10.12.2004.
Ergänzend ist im Hinblick auf die Schriftsätze vom 1.2.2005 und 24.1.2005
Folgendes zu erwähnen:
1. Berufung des Beklagten zu 1)
Der Beklagte zu 1) ist der Auffassung, dass der geltend gemachte Schaden bei
richtiger Bearbeitung der Sache durch den Beklagten zu 2) nicht entstanden wäre.
Dem kann nicht zugestimmt werden. Der Senat hat bereits darauf hingewiesen,
dass bei korrekter Bearbeitung der Sache durch Herrn A Umplanungen und
Änderungen bei der Bauausführung nicht erforderlich gewesen wären und es nicht
zur Verzögerung der Fertigstellung gekommen wäre. Der durchaus gegebene
Verursachungsbeitrag des Beklagten zu 2) führt zur gesamtschuldnerischen
Haftung.
2. Berufung des Beklagten zu 2)
Der Senat bleibt bei seiner Auffassung, dass dem Beklagten zu 2) bei der Lektüre
des Bodengutachtens A hätte auffallen müssen, dass es auf unzureichenden
Untersuchungen basiert. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des
Sachverständigen B. Soweit der Beklagte zu 2) nunmehr die Anhörung dieses
Sachverständigen beantragt, ist darauf hinzuweisen, dass dieses Beweismittel
erschöpft ist. Der Sachverständige wurde bereits vom Landgericht mündlich
angehört und hat sich auch schriftlich ergänzend zu seinem Gutachten geäußert.
Es hat dem Beklagten zu 2) freigestanden, bereits in erster Instanz den
Sachverständigen zu seiner schriftlichen Aussage, dass die zu kurzen Bohrungen
und zu weiten Bohrabstände ihm – dem Beklagten zu 2) - hätten auffallen
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und zu weiten Bohrabstände ihm – dem Beklagten zu 2) - hätten auffallen
müssen, zu befragen. Einer erneuten Anhörung des Sachverständigen in zweiter
Instanz bedarf es nicht, da Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen
insoweit im Sinne des § 529 ZPO aus Sicht des Senats nicht bestehen.
Dass Herr A in einem Telefongespräch am 19.6.1998 von einem Basaltbaugrund
gesprochen haben mag, ändert nichts daran, dass sich aus seinem schriftlichen
Gutachten für einen Statiker hätte ergeben müssen, dass unzureichende
Baugrunduntersuchungen vorlagen.
Es ist auch nicht ausschlaggebend, ob – wie in einer Aktennotiz des Herrn A vom
25.8.1998 (Kopie Bl. 714) festgehalten – eine zusätzliche sechste Bohrung von ihm
veranlasst wurde. Davon ist auch der Sachverständige B ausgegangen, ohne dass
es seine Wertung, es seien zu wenige Bohrungen durchgeführt worden,
beeinflussen konnte. Den Ausführungen dazu auf Seite 17 des angefochtenen
Urteils ist zuzustimmen.
Der Senat hat bei dieser Entscheidung die von dem Beklagten zu 2) vorgelegten
Privatgutachten berücksichtigt. Es ist dem Senat bewusst, dass er hohe
Anforderungen an einen Statiker stellt. Diese hohe Anforderungen erscheinen aber
dem Senat gerechtfertigt. Das Gutachten eines Baugeologen liefert dem Statiker
in Fällen wie dem vorliegenden die Grundlage für seine Planung. Er muss
baugeologische Gutachten verstehen und interpretieren sowie bei Unklarheiten
gezielt nachfragen können. Unter Berücksichtigung der regelmäßig zu
erwartenden sehr erheblichen Schäden bei falscher Planung ist ein Statiker
haftbar, wenn er von ihm zu erkennenden Mängeln eines baugeologischen
Gutachtens nicht nachgeht. Dieses Verschulden mag deutlich geringer als das des
Baugeologen sein, ist aber prinzipiell gegeben.
Der Senat ist nicht der Auffassung, dass in diesem Stadium des Verfahrens noch
das Gutachten eines Statikers zur Frage der Erkennbarkeit der Fehler des
baugeologischen Gutachtens eingeholt werden muss. In Anbetracht der Sachnähe
von baugeologischen und statischen Fragen in Fällen wie dem vorliegenden reichte
es aus, das Gutachten eines Baugeologen einzuholen. Der Senat geht davon aus,
dass ein Sachverständiger für Baugeologie, der ja bei seinen Arbeiten häufig
vorbereitend für Statiker tätig ist, auch beurteilen kann, ob ein baugeologisches
Gutachten auch aus Sicht eines Statikers erkennbare Mängel hat und sich
deswegen eine weitere Aufklärung aufdrängt. Es verbleibt im Übrigen dabei, dass
der Beklagte zu 2) sich zwar erstinstanzlich kritisch mit dem Gutachten des
Sachverständigen B auseinandergesetzt haben mag – aber nicht die Einholung
eines Gutachtens eines Statikers beantragt hat.
Der Beklagte zu 2) meint, dass Nachfragen bei Herrn A auch bezüglich der Wahl
der Untersuchungsmethoden in Anbetracht dessen „hinweisresistenter“
Überzeugung keinen Erfolg gehabt hätten. Anders als das OLG Hamm in seiner zu
den Akten gereichten Entscheidung vom 17.3.2004 (25 U 177/03) sieht sich der
Senat im vorliegenden Fall zu einer solchen ins Spekulative hineinreichenden
Feststellung nicht in der Lage. Wie bereits ausgeführt lässt sich nicht ausschließen,
dass ein Gespräch mit Herrn A – wenn er den mit den Schwachstellen seines
Bodengutachtens konfrontiert worden wäre – dazu geführt hätte, dass eine
korrekte Tragwerksplanung möglich geworden wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf folgenden Erwägungen:
Nach überwiegender Ansicht, der sich der Senat anschließt, sind bei
Zurückweisung einer Berufung gegen ein Grundurteil die ja trennbaren Kosten des
Berufungsverfahrens dem erfolglosen Rechtsmittelkläger aufzuerlegen, da diese
Kostenentscheidung unabhängig davon ist, wie später in der Sache selbst
entschieden wird (BGHZ 54, 21ff., Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 26. Aufl. 2004, §
97 Rn. 6, Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 97 Rn. 2,
Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 63. Aufl. 2005, § 97 Rn. 6; a.A. OLG
Frankfurt NJW-RR 1988, 1213). Dafür sprechen prozessökonomische
Gesichtspunkte. Die Kosten der Berufung sind daher den Beklagten als
Gesamtschuldner (§ 100 IV ZPO) aufzuerlegen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.
die obersten Bundesgerichte erfolgt.