Urteil des OLG Düsseldorf vom 30.11.2006

OLG Düsseldorf: widerklage, anschlussberufung, untermietvertrag, klageerweiterung, vergleich, aufrechnung, erlass, klageänderung, auflage, rücknahme

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-24 U 89/06
Datum:
30.11.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-24 U 89/06
Vorinstanz:
Landgericht Wuppertal, 7 O 258/05
Tenor:
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung im Beschlussverfahren
zurückzuwei-sen. Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, zu den
Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen schriftsätzlich Stellung zu
nehmen.
2. Der für den 12. Dezember 2006 geplante Senatstermin entfällt.
G r ü n d e
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I. Die zulässige Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
Das Landgericht hat die auf Schadensersatz gerichtete Klage (13.420,20 EUR nebst
Zinsen) im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine
günstigere Entscheidung. Über den erstmals im Berufungsrechtszug gestellten
Hilfsantrag (Zahlung von 1.279,11 EUR) ist nicht zu entscheiden. 1. Nachdem im
zweiten Rechtszug nun unstreitig geworden ist, dass die Übernahme des
Leasingvertrags durch den Beklagten im Wege dreiseitiger Vereinbarung an der
erforderlichen Zustimmung der Leasinggeberin gescheitert ist, kommt eine Verletzung
vorvertraglicher oder vertraglicher Pflichten des Beklagten gegenüber der Klägerin
(Leasingnehmerin) unter diesem Aspekt nicht mehr in Frage. 2. Im Ergebnis zu Recht
hat es das Landgericht aber auch abgelehnt, der Klägerin Schadensersatz wegen der
Verletzung einer sonstigen von dem Beklagten zu beachtenden Vertragspflicht
zuzusprechen. Der Beklagte hatte nach der gescheiterten Übernahme des
Leasingvertrags keine Pflichten gegenüber der Klägerin zu beobachten. Ein zunächst
angestrebter Unterleasing- oder Untermietvertrag über das umstrittene Kraftfahrzeug ist
zwischen den Parteien nämlich nicht zustande gekommen. a) In diesem
Zusammenhang kann als wahr unterstellt werden, dass am 19. April 2005 (Freitag) der
Modus der Vertragsverhandlungen verlassen und der Beklagte, wie die Klägerin
behauptet, an diesem Tag fernmündlich ein umfassendes und verbindliches Angebot
zum Abschluss eines solchen Untermietvertrags unterbreitet hatte. Zum Abschluss ist es
aber deshalb nicht gekommen, weil die Klägerin, wie ihrem eigenen Vortrag zu
entnehmen ist, die Annahme des Angebots nicht rechtzeitig erklärt hat. b) Das Angebot
des Beklagten konnte nur bis zum Ablauf des 22. April 2005 (Montag) angenommen
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werden. Zwar hat sich nach dem Vortrag der Klägerin der Beklagte eine Annahmefrist
nicht ausdrücklich ausbedungen. Sie ergibt sich aber aus den Umständen des Falles
(vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., §§ 147f Rn 4). Unter Anwesenden, zu denen
auch die vertretene Klägerin gehört (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO Rn 6), kann ein
Angebot regelmäßig nur sofort angenommen werden (aaO). Kommt es, wie angeblich
im Streitfall geschehen, deshalb nicht zur sofortigen Annahme, weil diese noch
"schriftlich fixiert" werden sollte, dann gilt mangels besonderer Regelung eine
Annahmefrist als vereinbart, die nach den Umständen des Falles notwendig ist, um die
schriftliche Fixierung herbeizuführen (Palandt/Heinrichs, aaO Rn 6; Senat, Beschl. v.
22.9.2005, Az. I-24 U 93/05 n.v.). Da es nach der Behauptung der Klägerin nichts mehr
zu verhandeln gab, hätte die schriftliche Annahmeerklärung, deren Fertigung auch nach
der Darstellung der Klägerin keinerlei Schwierigkeiten bereitete, noch am 19. April 2005
geschrieben und abgesandt werden müssen, so dass sie dem Beklagten spätestens am
22. April 2005 (Montag) zugegangen wäre. Da das nicht geschehen ist, war der
Beklagte mangels längerer Bindung an sein (angebliches) Angebot berechtigt, sich von
jeglichen Vertragspflichten zu distanzieren und die Klägerin zur Rücknahme des
Kraftfahrzeugs aufzufordern. 3. Keiner Vertiefung mehr bedarf die Frage, ob die Klägerin
ohne Zustimmung der Leasinggeberin überhaupt einen Untermietvertrag abschließen
durfte (§ 540 Abs. 1 Satz 1 BGB) und ob sie dem Beklagten überhaupt einredefreien
Besitz an der Leasingsache verschaffen konnte; denn mit einer Genehmigung des
Untermietvertrags durch die Leasinggeberin war nicht zu rechnen, weil der Beklagte als
Daueruntermieter und als der in allen Bereichen wirtschaftlich Verantwortliche auch
ohne Eintragung in den Kraftfahrzeugbrief Halter des Kraftfahrzeugs geworden wäre.
Ferner kann die Frage offen bleiben, ob der Kaskoversicherungsschutz wegen der
beabsichtigten dauerhaften mietweisen Überlassung des Kraftfahrzeugs an den
Beklagten wegen einer damit verbundenen Gefahrerhöhung (§ 2b Nr. 1a AKB)
ungesichert gewesen wäre (vgl. OLG Oldenburg Schaden-Praxis 1999, 207 und LG
Duisburg Schaden-Praxis 2001, 390; Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung,
2. Auflage 2002, § 2b AKB Rn. 17 m.w.N.).
II. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren
liegen vor. Die Rechtssache hat weder eine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522
Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).
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III. Auch der die Klage erweiternde Hilfsantrag gebietet es (unabhängig davon, ob er
Aussicht auf Erfolg hätte) nicht, im Urteilsverfahren zu entscheiden. Hat die Berufung
wie hier keine Aussicht auf Erfolg, werden im Falle der Zurückweisung des
Rechtsmittels im Beschlussverfahren sonstige mit ihm verbundene Rechtsbehelfe
wirkungslos, weshalb über sie sachlich nicht zu entscheiden ist. Gesetzlich positiv ist
das geregelt für die Anschlussberufung, die gemäß § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung
verliert, wenn die Berufung im Beschlussverfahren zurückgewiesen wird. Nichts
anderes gilt aber auch für die Widerklage (vgl. OLG Frankfurt NJW 2004, 165, 167f) oder
die Klageerweiterung (vgl. OLG Rostock NJW 2003, 3211), weil es sonst der
Berufungsführer prozessual in der Hand hätte, mit den genannten Rechtsbehelfen und
entgegen der Beschleunigungsintention des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs 14/ 4722, S. 97)
das Urteilsverfahren zu erzwingen und sich auf diesem Wege im Vergleich zum
Prozessgegner, der in den Fällen der Rechtsschutzerweiterung auf das Instrument der
Anschlussberufung verwiesen ist, Verfahrensvorteile zu verschaffen (so zutreffend
Kammergericht KGR Berlin 2006, 915; vgl. auch Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl.,
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§ 522 Rn 36 aE; Musilak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 522 Rn 28a). Dass es sich so verhält,
belegt im Übrigen § 533 ZPO, der die Zulässigkeit von Klageänderung, Aufrechnung
und Widerklage selbst im Urteilsverfahren u. a. davon abhängig macht, dass über sie
nur auf der Grundlage entweder des bisherigen oder des gemäß § 529 ZPO in
zulässiger Weise erweiterten Tatsachenstoffs entschieden werden kann.
IV. Der Senat weist darauf hin, dass die Berufungsrücknahme vor Erlass einer
Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO kostenrechtlich privilegiert ist.
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Z. T. H.
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Vors. Richter am OLG Richter am OLG Richterin am OLG
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