Urteil des OLG Düsseldorf vom 28.02.2007

OLG Düsseldorf: vergütung, abrechnung, drucksache, anpassung, kaufvertrag, gesetzgebungsverfahren, ausbildung, rückforderung, grundbuch, datum

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-25 Wx 53/06
Datum:
28.02.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
25. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-25 Wx 53/06
Tenor:
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. wird der
Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom
15.05.2006 aufgehoben.
Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung über die sofortige
Beschwerde der Beteiligten zu 1. an das Landgericht Duisburg, das
auch über die Kosten der sofortigen weiteren Beschwerde zu
entscheiden hat, zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 2.581,75 €.
I. Durch Beschluss vom 05.07.2005 hat das Amtsgericht für die Betroffene deren
Tochter, die Beteiligte zu 1., zur Betreuerin mit den Aufgabenkreisen
Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Vermögensangelegenheiten und
Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen bestellt. Durch weiteren
Beschluss vom 15.09.2005 hat es den Beteiligten zu 2. zum Verfahrenspfleger ernannt,
um die Interessen der Betroffenen bei der Veräußerung ihres Grundbesitzes in O., , zu
wahren. Nach Prüfung des beabsichtigten Veräußerungsvertrages durch den
Verfahrenspfleger hat das Amtsgericht die Erklärungen der Betreuerin in der notariellen
Urkunde vom 19.08.2005 am 28.09.2005 genehmigt, die aus der Landeskasse zu
zahlende Vergütung des Beteiligten zu 2. durch Beschluss vom 10.03.2006 auf der
Grundlage eines Gegenstandswertes von 282.000 € auf 2.581,75 € festgesetzt und die
Rückforderung dieses Betrages von der Betroffenen angeordnet.
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Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1. sofortige Beschwerde eingelegt, weil
der Gegenstandswert zu hoch angesetzt sei; der Auftrag des Verfahrenspflegers habe
nur in der rechtlichen Prüfung des Kaufvertrages, nicht jedoch der Finanzierung des
Kaufpreises und der Absicherung im Grundbuch bestanden.
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Das Landgericht hat die Vergütungsentscheidung des Amtsgerichts durch Beschluss
vom 15.05.2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das
Amtsgericht zurückverwiesen. Es ist der Auffassung, der Beteiligte zu 2. könne seine
Tätigkeit als Verfahrenspfleger nicht nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)
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abrechnen, weil der Gesetzgeber in Kenntnis der Rechtsprechung zum früheren
Vergütungsrecht eine Verweisung auf § 1835 Abs. 3 BGB für die Vergütung des
Verfahrenspflegers - anders als in § 4 Abs. 2 VBVG für den Betreuer - nicht vorgesehen
habe. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2..
II. Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. ist zulässig. Das Landgericht
hat sie im Hinblick auf die Frage, ob dem zum Verfahrenspfleger bestellten
Rechtsanwalt die Abrechnung nach den Maßstäben des RVG nach § 67 a FGG
grundsätzlich versagt ist, ausdrücklich zugelassen (§§ 67 a Abs. 5 Satz 2, 56 g Abs. 5
Satz 2 FGG).
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In der Sache führt das Rechtsmittel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung
und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht. Dessen Entscheidung
ist nicht frei von Rechtsfehlern (§ 27 Abs. 1 FGG).
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Entgegen der Auffassung des Landgerichts schließt § 67 a FGG die Abrechnung der
Vergütung des anwaltlichen Verfahrenspflegers nach den Bestimmungen des RVG
nicht schlechterdings aus. Die genannte Vorschrift wurde durch Art. 5 Nr. 6 des Zweiten
Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts vom 21.04.2005 (2. BtÄndG; BGBl. I
S. 1073) mit Wirkung vom 01.07.2005 in das Gesetz eingefügt. Gleichzeitig wurde § 67
Abs. 3 FGG a. F. aufgehoben (Art. 5 Nr. 5 lit. b) 2. BtÄndG). Durch diese Änderungen
sollten die auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
07.06.2000 (FamRZ 2000, 1280 ff.) entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze, wonach
der zum Verfahrenspfleger bestellte Rechtsanwalt seine Leistungen als
Aufwendungsersatz nach der Gebührenordnung abrechnen kann, wenn die zu
erbringenden Dienste derart schwierig und bedeutend waren, dass ein
Verfahrenspfleger ohne volljuristische Ausbildung vernünftigerweise einen
Rechtsanwalt hinzugezogen hätte (vgl. BVerfG FamRZ 2000, 1280, 1282; Senat NJW-
RR 2003, 427), indes nicht geändert werden. Bereits im Gesetzentwurf des Bundesrates
vom 19.12.2003 (Bundestags-Drucksache 15/2494) heißt es zu § 67 Abs. 3 FGG, der im
Entwurf - ebenso wie § 67 Abs. 3 FGG a. F. - § 1835 Abs. 3 BGB noch ausdrücklich von
der Verweisung ausnahm, dass es hinsichtlich des Aufwendungsersatzes und der
Vergütung bei der bisherigen Regelung sowohl für den beruflich als auch für den nicht
beruflich tätigen Verfahrenspfleger ver-bleiben solle. Aufgrund der materiellrechtlichen
Änderungen sei eine Neufassung des § 67 Abs. 3 Satz 2 FGG geboten, die jedoch
keine sachliche Änderung zum bisherigen Rechtszustand bezwecke (Bundestags-
Drucksache 15/2494 S. 41). In der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom
16.02.2005 (Bundestags-Drucksache 15/4874), die der Fassung des 2. BtÄndG
entspricht, wird auf Seite 28 zu § 67 a FGG ausgeführt, die neue Vorschrift entspreche
"im Wesentlichen der bisherigen Rechtslage unter Anpassung an das VBVG" (Gesetz
über die Vergütung von Vormündern und Betreuern - Vormünder- und
Betreuervergütungsgesetz -, Art. 8 des 2. BtÄndG). Die Argumentation des Landgerichts,
der Gesetzgeber habe in Kenntnis der früheren Rechtsprechung für die Vergütung des
Verfahrenspflegers bewusst von einer Verweisung auf § 1835 Abs. 3 BGB abgesehen,
um ihm - im Gegensatz zum Berufsbetreuer (§ 4 Abs. 2 Satz 2 VBVG) - in jedem Fall
eine Abrechnung nach dem RVG zu versagen, findet damit im Gesetzgebungsverfahren
keine Stütze. Im Gegenteil ergibt sich daraus, dass die früheren
Rechtsprechungsgrundsätze fortgelten.
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Auf dieser Grundlage kann dem Beteiligten zu 2. eine Abrechnung seiner Vergütung
nach den Bestimmungen des RVG, die auch die Beteiligte zu 1. grundsätzlich nicht
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beanstandet hat, nicht versagt werden. Die Dienste des Beteiligten zu 2. fielen in seinen
beruflichen Bereich. Er war als Rechtsanwalt zum Verfahrenspfleger bestellt worden,
um den beabsichtigten notariellen Kaufvertrag rechtlich zu prüfen und die Interessen der
Betroffenen zu wahren. Seine Tätigkeit, deren Ergebnis er im Bericht vom 23.09.2005
zusammengefasst hat, war damit so bedeutsam und schwierig, dass ein nicht juristisch
vorgebildeter Verfahrenspfleger, dem eine eigenverantwortliche Prüfung oblag, hierfür
einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte. Das Amtsgericht hat deshalb im Grundsatz zu
Recht die Abrechnungsweise des Beteiligten zu 2. akzeptiert, so dass die Entscheidung
des Landgerichts aufzuheben und das Verfahren zur Entscheidung über die
Einwendungen der Beteiligten zu 1., insbesondere die Frage des Gegenstandswertes,
sowie über die Kosten beider Beschwerderechtszüge an das Landgericht
zurückzuverweisen ist.