Urteil des OLG Dresden vom 03.03.2005

OLG Dresden: ergänzung, konkretisierung, erbengemeinschaft, sicherheit, ausnahmefall, verfahrenskosten, einziehung, aufklärungspflicht, strafurteil, besitz

Oberlandesgericht Dresden
Az.: 1 Reha Ws 1/05
Leitsatz:
Bei der Aufhebung einer Vermögenseinziehung im Wege der Re-
habilitierung sind für die Konkretisierung der tatsächlich
eingezogenen Vermögenswerte regelmäßig die Vermögensämter
(und nicht die Rehabilitierungsgerichte) zuständig. Ein An-
spruch
auf
Konkretisierung
in
der
Beschlussformel
der
Rehabilitierungsentscheidung besteht nicht.
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Oberlandesgericht
Dresden
Beschwerdesenat für
Rehabilitierungssachen
Aktenzeichen: 1 Reha Ws 1/05
BSRH 13.178-80/02 LG Leipzig
33 Reha 64/03 GenStA Dresden
Beschluss
vom 03. März 2005
in der Rehabilitierungssache der
L . . . . . . . . ,
geboren am ... ...... .... in .......,
verstorben am ... .... ....
. . . . . . . . . ,
geboren am ... ....... .... in ......,
verstorben am ... .... ....
L . . . . . . . . ,
geboren am ... ..... .... in .......,
verstorben am ... ........ ....
- Betroffene -
Antragsteller: W....... L........,
verstorben im .... ....
Beschwerdeführer: Erbengemeinschaft L........
Verfahrensbevollmächtigter:
Rechtsanwalt .................,
............. .., ..... ......
Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den
Beschluss
des
Landgerichts
Leipzig
vom
10. April 2003 (BSRH 13178-80/02) wird mit der
Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der An-
trag auf Ergänzung als unbegründet zurückgewie-
sen wird.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht er-
hoben.
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G r ü n d e :
I.
Mit Beschluss vom 20. Oktober 1992 (BSK 25/92) hat der
1. Senat für Kassationssachen des Bezirksgerichts Leipzig
das
Urteil
des
Landgerichts
Zwickau
vom
29. Juli (richtig: Juni) 1949 in Verbindung mit dem Urteil
des Oberlandesgerichts Dresden vom 05. Juli 1950 wegen
Verbrechens nach Kontrollratsdirektive Nr. 38 und anderem
mit den sonstigen Rechtsfolgen, sowie bezüglich der im ob-
jektiven Verfahren angeordneten Vermögenseinziehung betref-
fend den Betroffenen C... L........ aufgehoben, die Betrof-
fenen O... L........ und C...-.... L........ freigesprochen
sowie die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Ausla-
gen der Staatskasse auferlegt. Das Landgericht Leipzig hat
mit Beschluss vom 10. April 2003 den Antrag des mittlerwei-
le verstorbenen W....... L........, den vorgenannten Be-
schluss dahingehend zu ergänzen, dass die im Strafurteil
angeordnete und im Kassationsbeschluss aufgehobene Vermö-
genseinziehung sämtliche zum Zeitpunkt 1945 im Besitz be-
findlichen oder 1945 sequestrierten Vermögenswerte bzw.
Grundstücke betrifft, als unzulässig zurückgewiesen. Gegen
diesen Beschluss hat die Erbengemeinschaft L........ form-
und fristgerecht Beschwerde eingelegt. Die Generalstaatsan-
waltschaft Dresden hat beantragt, diese als unbegründet zu
verwerfen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der angefochtene Beschluss ist zunächst nicht deshalb
unwirksam oder auf die Beschwerde hin aufzuheben, weil
der Antragsteller zum Zeitpunkt der Beschlussfassung be-
reits verstorben war. Soweit er trotzdem noch im Rubrum
des Beschlusses erscheint, hat dies keinerlei Auswirkun-
gen auf den Inhalt der Entscheidung.
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2. Den Antrag auf Ergänzung des Kassationsbeschlusses vom
20. Oktober 1992 hat die Rehabilitierungskammer zu Recht
zurückgewiesen.
Zwar ist entgegen der im angefochtenen Beschluss geäu-
ßerten Ansicht der Rehabilitierungskammer eine entspre-
chende Ergänzung nicht von vornherein völlig ausge-
schlossen. Indes besteht aufgrund des Gesetzeswortlautes
der §§ 3 Abs. 2 und 12 Abs. 2 StrRehaG kein Anspruch, im
Falle der Aufhebung einer Vermögenseinziehung im Wege
der Rehabilitierung die daraufhin tatsächlich eingezoge-
nen Vermögenswerte in den Tenor des Rehabilitierungsbe-
schlusses aufzunehmen. Insbesondere besteht eine Nach-
forschungspflicht des Rehabilitierungsgerichts hinsicht-
lich eingezogener Vermögenswerte nicht. Denn die Aufklä-
rungspflicht gemäß § 10 Abs. 1 StrRehaG richtet sich,
dem Grundsatz in § 244 Abs. 2 StPO folgend, nur auf sol-
che Tatsachen, die für die Sachentscheidung des Gerichts
erheblich sind. Diese erstreckt sich jedoch lediglich
auf die angegriffene Entscheidung und ist mit den aus
deren Aufhebung folgenden Ansprüchen nur nach Maßgabe
von § 12 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 StrRehaG (Feststellung der
Dauer der zu Unrecht verbüßten Freiheitsentziehung, des
Betrags der Geldstrafe und die Erstattungsfähigkeit von
Verfahrenskosten und notwendigen Auslagen) befasst. Im
Übrigen ist das Gericht der häufig zeitaufwändigen Prü-
fung und Entscheidung hinsichtlich der Folgeansprüche,
insbesondere eingezogener Vermögenswerte, entbunden. Et-
was anderes ergibt sich auch nicht aus den von den Be-
schwerdeführern zitierten Entscheidungen des Bundesver-
waltungsgerichts und Verwaltungsgerichts Berlin, die zu
der allein maßgeblichen Frage der Auslegung des straf-
rechtlichen Rehabilitierungsgesetzes keine Aussage tref-
fen.
Zwar hat der mittlerweile aufgelöste 4. Strafsenat mit
Beschluss vom 05. Februar 2003 (4 Ws 142/02) entschie-
den, dass ausnahmsweise das Rehabilitierungsgericht dann
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nicht gehindert ist, die eingezogenen Vermögenswerte, so
sie sich denn mit hinreichender Sicherheit feststellen
lassen, im Tenor zu konkretisieren und so die Arbeit der
Vermögensämter, welche über die Folgeansprüche bei Ein-
ziehung von Vermögenswerte zu entscheiden haben, zu er-
leichtern. Dies gilt jedoch ausschließlich dann, wenn
sich die Vermögenswerte und Vermögensverhältnisse ein-
deutig und ohne weitere Ermittlungen bzw. Aktenstudium
aus dem aufgehobenen Urteil ergeben.
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Denn we-
der werden im Tenor des aufgehobenen Urteils die von der
Vermögenseinziehung betroffenen Vermögenswerte explizit
bezeichnet. Noch ergeben sich diese aus den Urteilsgrün-
den.
Danach war für die von den Beschwerdeführern begehrte
Ergänzung
des
Kassationsbeschlusses
vorliegend
kein
Raum.
Da es im Übrigen unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten
nicht sachgerecht erscheint, dass die Fassung des Ur-
teils über eine mögliche Ergänzung entscheidet, auf die
nach obigen Ausführungen ohnehin ein Anspruch nicht be-
steht, neigt der Senat dazu, zukünftig grundsätzlich von
entsprechenden Ergänzungen abzusehen und die Konkreti-
sierung den hierfür zuständigen Vermögensämtern zu über-
lassen.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht
auf § 14 StrRehaG.
Schnaars Schröder Kubista
Vorsitzener Richter Richterin am Richter am
am Oberlandesgericht Oberlandesgericht Oberlandesgericht