Urteil des OLG Celle vom 25.08.2010

OLG Celle: veröffentlichung, öffentliches interesse, recht am eigenen bild, staatsanwalt, gefahr im verzug, einwilligung, verbreitung, kunstfreiheit, körperliche unversehrtheit, beschlagnahme

Gericht:
OLG Celle, 01. Strafsenat
Typ, AZ:
Urteil, 31 Ss 30/10
Datum:
25.08.2010
Sachgebiet:
Normen:
KUG § 22, KUG § 23 Abs 1 Nr 1, KUG § 23 Abs 1 Nr 3, KUG § 23 Abs 1 Nr 4
Leitsatz:
1. Polizeibeamte und Staatsanwälte stellen im Rahmen ihrer üblichen beruflichen Tätigkeit keine
relativen Personen der Zeitgeschichte dar. Dies gilt auch im Zusammenhang mit Strafverfahren, wenn
diese kein besonderes öffentliches Interesse begründen.
2. Die Veröffentlichung eines nicht verunstaltenden oder herabsetzenden Portraitgemäldes einer mit
ihrer Abbildung nicht einverstandenen Person zu ausschließlich künstlerischen Zwecken dient einem
höheren Interesse der Kunst im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG und geht dem davon betroffenen
allgemeinen Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person grundsätzlich vor. Eine gleichzeitig mit der
Veröffentlichung beabsichtigte Verfolgung wirtschaftlicher Interessen steht dem nicht entgegen.
3. Täter einer verbotenen Mitteilung von Gerichtsverhandlungen nach § 353d Nr. 3 StGB kann auch
der von einer Durchsuchung im Rahmen eines Strafverfahrens Beschuldigte sein, wenn er den
Durchsuchungsbeschluss im Internet quasi wie eine Fotokopie veröffentlicht und dadurch die
Unvoreingenommenheit von Zeugen oder Laienrichtern besonders nachhaltig in Frage gestellt werden
kann.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
31 Ss 30/10
406 Js 3653/08 StA Bückeburg
In der Strafsache
gegen T. S.,
geboren am 30. März 1982 in D.,
wohnhaft K.straße, H. (S.)
wegen unbefugter Verbreitung eines Bildnisses u.a.
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Revision des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft
gegen das Urteil der IV. kleinen Strafkammer
des Landgerichts Bückeburg vom 16. Februar 2010 in der Sitzung vom 25. August 2010, an der teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht xxxxxxxxxx
als Vorsitzender,
Richter am Oberlandesgericht xxxxxxxxxxxxxxx,
Richter am Oberlandesgericht xxxxxxxxxx
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin xxxxxxxxx
als Beamtin der Generalstaatsanwaltschaft,
Rechtsanwalt v. A., H.,
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor D.
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
I.
Auf die Revision des Angeklagten wird das angefochtene Urteil mit den Feststellungen, soweit der Angeklagte
wegen verbotener Mitteilung von Gerichtsverhandlungen verurteilt worden ist, und im Gesamtrechtsfolgenausspruch
aufgehoben. Seine Revision wird im Übrigen mit der Maßgabe verworfen, dass er der unbefugten Verbreitung eines
Bildnisses in vier rechtlich zusammen treffenden Fällen schuldig ist.
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft wird als unbegründet verworfen.
III.
Der Angeklagte ist für die seit dem 14. Oktober 2008 erfolgte Beschlagnahme des Portraitgemäldes mit dem Titel
„Staatsanwalt L.“ zu entschädigen.
IV.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der
Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bückeburg zurückverwiesen.
G r ü n d e :
I.
Das Amtsgericht Rinteln – Strafrichter – hatte den Angeklagten mit Urteil vom 31. März 2009 wegen verbotener
Mitteilung über Gerichtsverhandlungen verwarnt und eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von fünf Tagessätzen zu
je 10 € vorbehalten. Vom Vorwurf zweier Verstöße gegen das Kunsturhebergesetz hatte es den Angeklagten
freigesprochen. Hiergegen hatte die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, die sie hinsichtlich des erfolgten
Schuldspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte. Unter Verwerfung der Berufung im Übrigen hat die IV.
kleine Strafkammer des Landgerichts Bückeburg das Urteil des Amtsgerichts teilweise abgeändert und zur
Klarstellung in der Form neu gefasst, dass der Angeklagte „der verbotenen Mitteilung über Gerichtsverhandlungen
und eines Verstoßes gegen §§ 22, 33 des Kunsturhebergesetzes schuldig“ ist. Die Kammer hat den Angeklagten zu
einer Gesamtgeldstrafe von 25 Tagessätzen - Einzelstrafen: 10 und 20 Tagessätze - zu je 15 € unter Gewährung
von Ratenzahlung verurteilt.
Gegen den bestehen gebliebenen Teilfreispruch richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft. Der ebenfalls
Revision führende Angeklagte wendet sich gegen den erfolgten Schuldspruch bezüglich des Verstoßes gegen das
Kunsturhebergesetz sowie den Rechtsfolgenausspruch im Übrigen.
1. Nach den getroffenen Feststellungen im angefochtenen Urteil ist der Angeklagte als freischaffender Künstler in R.
tätig. Er verfügt über kein festes Einkommen, da er als Künstler und Kunsthändler von den Erlösen seiner
freischaffenden Tätigkeit abhängig ist. Überwiegend handelt er mit Kunstwerken über das Internet.
a) Am 5. April 2008 fand anlässlich des Verdachts der Kunstfälschung eine Durchsuchung des von dem
Angeklagten bewohnten Hauses in R. statt, an der die Polizeibeamten B., S., St. und W. sowie Staatsanwalt L.
beteiligt waren. Die Durchsuchung erfolgte ohne richterlichen Beschluss aufgrund von Gefahr im Verzug. Dabei
wurden mehrere Kunstwerke beschlagnahmt. Der Angeklagte teilte den Beamten mit, die Durchsuchung und die
Beschlagnahme mit seiner Videokamera zu Beweiszwecken filmen zu wollen, um das Videomaterial gegebenenfalls
seinem Verteidiger vorlegen zu können. Damit zeigten sich die Beamten einverstanden, wiesen den Angeklagten
aber darauf hin, dass die Aufnahmen nicht veröffentlicht werden dürfen. Aus Verärgerung über die Art und Weise der
Durchsuchung stellte der Angeklagte den ca. 30minütigen Film, der die an der Durchsuchung beteiligten
Polizeibeamte zeigte, unter Beifügen schriftlicher Kommentare zum Vorgehen der Beamten, auf der Internetplattform
„google“ ein, wo er für die Allgemeinheit zugänglich war. Die vier Polizeibeamten haben form und fristgerecht
Strafantrag gestellt.
b) Da die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und die Beschlagnahme seiner Werke fortdauerten, fertigte der
Angeklagte aus Verärgerung über diese Maßnahme fünf Monate nach der Durchsuchung anhand eines Standbildes
seiner Videoaufnahme aus der Hausdurchsuchung ein Portraitgemälde des Staatsanwalts L. in Mischtechnik in der
Größe 80 x 60 cm mit dem Titel „Staatsanwalt L.“ an. Das Bild zeigt den Staatsanwalt im Halbprofil mit Jacke und
einer Akte vor der Brust. Es ist mit grober Pinselführung gefertigt, aber nicht entstellend. Das Bild bot der
Angeklagte seinem Plan entsprechend unter der Internetadresse, die der Angeklagte auch für seine sonstigen
Verkäufe nutzte, für 11.067 $ zum Verkauf an. Um gegen die Beschlagnahme seiner sonstigen Bilder mit den Mitteln
der Kunst zu protestieren, bot der Angeklagte dieses Bild als einziges Gemälde in seinem Shop an. Noch niemals
zuvor hatte der Angeklagte ein Bild für einen annähernd ähnlichen Preis verkauft. Staatsanwalt L. hat wegen der
Veröffentlichung des Bildes form und fristgerecht Strafantrag gestellt.
c) Hinsichtlich des Vorwurfs der verbotenen Mitteilung über Gerichtsverhandlungen hat die Kammer aufgrund der
Beschränkung der Berufung der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch die Feststellungen im Urteil des
Amtsgerichts Rinteln für bindend erachtet und insoweit Bezug genommen. Danach fand aufgrund des oben
erwähnten Strafantrags des Staatsanwalts L. ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten statt, in
dessen Verlauf die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht Bückeburg am 7. Oktober 2008 einen
Durchsuchungsbeschluss für das von dem Angeklagten bewohnte Haus in R. erwirkte. Auf der Grundlage dieses
Beschlusses wurde das vom Angeklagten gefertigte Portraitbild des Staatsanwalts L. am 14. Oktober 2008 beim
Angeklagten beschlagnahmt. Wieder aus Protest veröffentlichte der Angeklagte den Beschluss am selben Tag im
Internet über seine Internetseite tomsack.com und zwar in der Weise, dass er den gesamten Beschluss gleichsam
wie eine Fotokopie wiedergab.
Die Kammer ist zu diesen Feststellungen aufgrund einer entsprechenden Einlassung des Angeklagten sowie der
Inaugenscheinnahme des Videos und des Gemäldes gelangt.
2. Rechtlich hat die Kammer das festgestellte Geschehen wie folgt gewürdigt:
a) Die Veröffentlichung des Videos stelle einen Verstoß gegen § 33 KUG dar. Der Angeklagte sei hierzu nicht nach §
23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berechtigt gewesen, weil die Öffentlichkeit kein gesteigertes Informationsinteresse bezüglich
der Durchsuchung im Haus des Angeklagten hatte und es sich deshalb bei den dargestellten Beamten nicht um
Personen aus dem Bereich der relativen Zeitgeschichte handele. Die Ausübung gewöhnlicher Diensthandlungen von
Polizeibeamten und Staatsanwälten würde nur dann eine andere Beurteilung rechtfertigen, wenn die betroffenen
Beamten an spektakulären Prozessen beteiligt wären, an denen die Öffentlichkeit ein erhebliches Interesse habe.
Ein Medieninteresse an den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sei aber erst nach Vollendung der Tat geweckt
worden.
b) Die Veröffentlichung des Bildnisses des Staatsanwalts L. sei hingegen durch § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG gedeckt. In
verfassungskonformer Auslegung im Lichte des Art. 5 Abs. 3 GG dürfe zwischen guter und schlechter Kunst nicht
differenziert werden, weshalb das Bildnis einem höheren Interesse der Kunst diene. Dass der Angeklagte mit dem
Bildnis eine kommerzielle Verwertung erstrebt habe, stehe dem nicht entgegen. Diese müssten nämlich ebenfalls
gestattet sein, um einem Künstler die Lebensgrundlage und damit seine künstlerische Existenzgrundlage zu
gewährleisten. Durch die Veröffentlichung seien auch keine berechtigten Interessen des Staatsanwaltes im Sinne
des § 23 Abs. 2 KUG verletzt. Das Bildnis sei weder kompromittierend noch verunstaltend angefertigt.
c) Bezüglich der Veröffentlichung der Ablichtung des Durchsuchungsbeschlusses nimmt die Kammer wegen der
vermeintlichen Bindungswirkung auf das Urteil des Amtsgerichts Rinteln Bezug. Dort heißt es, dass der
Strafvorschrift nicht entgegensteht, dass das Bild bereits beschlagnahmt worden sei, als der Angeklagte den
Beschluss veröffentlicht hatte. Zwar habe das Verhalten die Ermittlungen und das ganze Verfahren nicht
beeinträchtigen können, die Tat stelle aber einen Formalverstoß dar, der durch § 353d Nr. 3 StGB unter Strafe
gestellt sei.
3. Gegen dieses Urteil wenden sich sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft mit ihren Revisionen.
a) Der Angeklagte wendet sich mit seiner allgemein erhobenen Sachrüge gegen die Verurteilung wegen der
Veröffentlichung des Videobandes einerseits und gegen die festgesetzte Rechtsfolge, soweit er wegen verbotener
Mitteilung über Gerichtsverhandlungen verurteilt worden ist. Bezüglich des Verstoßes gegen das KUG läge sowohl
der Befugnistatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG als auch der des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG vor. Hinsichtlich der
Verurteilung nach § 353d Nr. 3 StGB habe die Kammer verkannt, dass der Angeklagte nicht Täter sein kann, weil er
als allein von dem Beschluss Betroffener nicht zugleich Opfer und Täter sein könne.
b) Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer erhobenen Sachrüge gegen den Teilfreispruch. Die Befugnis zur
Veröffentlichung des Bildnisses ergebe sich weder aus § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG noch § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG und
verletze auch berechtigte Interessen des Abgebildeten im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG.
4. Die Revision der Staatsanwaltschaft wird von der Generalstaatsanwaltschaft vertreten. Hinsichtlich der erfolgten
Verurteilung wegen Veröffentlichung des Videos hat sie Antrag auf Verwerfung der Revision des Angeklagten als
offensichtlich unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO gestellt. Im Übrigen vertritt sie die Auffassung, dass der
Angeklagte vom Vorwurf der verbotenen Mitteilung von Gerichtsverhandlungen aus den Gründen des
Revisionsvorbringens des Angeklagten freizusprechen sei.
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen, die des Angeklagten teilweise Erfolg.
1. Soweit sich der Angeklagte mit seiner Revision gegen die Verurteilung wegen Verstoßes gegen das
Kunsturhebergesetz durch die Veröffentlichung des Videos im Internet wendet, deckt die Sachrüge keinen
durchgreifenden Rechtsfehler auf. Insoweit verwirft der Senat die Revision auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft
nach § 349 Abs. 2 StPO.
a) Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch, der allerdings aus Klarstellungsgründen sowohl in der
Formulierung als auch in rechtlicher Hinsicht anzupassen war. Fehlen für die Bezeichnung des Schuldspruchs nach
§ 260 Abs. 4 StPO nämlich gesetzliche Überschriften, soll die Tat mit einer anschaulichen und verständlichen
Wortbezeichnung so genau wie möglich bezeichnet werden (vgl. MeyerGoßner, § 260 StPO Rn. 23). Nur notfalls
sollen auch die Paragraphen der verletzten Bestimmungen genannt werden (vgl. LRGollwitzer, § 260 StPO Rn. 55).
Zwar enthält § 33 KUG keine amtliche Überschrift. Mit der Bezeichnung als „unbefugter Verbreitung von Bildnissen“
ließ sich der Tatvorwurf jedoch genügend präzise beschreiben, ohne dass es eines Rückgriffs auf die Benennung der
Paragraphen bedurfte. Im Übrigen war der Schuldspruch auch in rechtlicher Hinsicht zu ergänzen, da diesem bislang
nicht entnommen werden konnte, dass die Tat des Angeklagten die rechtlichen Interessen von vier Personen am
eigenen Bild verletzt hat.
b) Die Veröffentlichung des Videos mit den darauf zu erkennenden Beamten stellt eine Verbreitung eines Bildnisses
ohne die erforderliche Einwilligung der Betroffenen dar (§§ 22, 23 KUG). Ein Bildnis im Sinne des § 22 KUG liegt bei
Wiedergabe des äußeren Erscheinungsbildes einer natürlichen Person in ihrer dem Leben nachgebildeten äußeren
Erscheinung in einer für Dritte erkennbaren Weise vor. Auf die Art der Darstellung kommt es nicht an. Auch Filme
sind hiervon erfasst (vgl. zu alledem Erbs/KohlhaasKaiser, Strafrechtliche Nebengesetze, § 33 KUG, Rn. 4 m.w.N.).
Ein Verbreiten liegt immer dann vor, wenn einem Dritten die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Original oder
ein Vervielfältigungsstück des Bildnisses in körperlicher oder auch in digitaler Form verschafft wird (Kaiser a.a.O.,
Rn. 8). Die vier auf dem Video zu erkennenden Beamten haben in die Verbreitung auch nicht eingewilligt. Da eine
Einwilligung räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt erteilt werden kann (vgl. Moehring/NicoliniGass,
Urheberrechtsgesetz, § 22 KUG Rn. 23. Kaiser a.a.O., Rn. 15), haben die Beamten mit der von ihnen abgegebenen
Erklärung, sich zwar der Anfertigung des Videos nicht widersetzen zu wollen, mit einer Veröffentlichung aber nicht
einverstanden zu sein, ihre Einwilligung für eine Verbreitung mit für den Betroffenen bindender Wirkung versagt.
c) Die Einwilligung nach § 22 KUG war auch nicht nach § 23 Abs. 1 KUG entbehrlich.
aa) Die Auffassung der Kammer, dass es sich bei den die Durchsuchung durchführenden Beamten nicht um
sogenannte Personen der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG handelt, trifft auf der Grundlage der
Feststellungen des Urteils zu. Zur Zeitgeschichte gehören nämlich nur Ereignisse im Leben der Gegenwart, die von
der Öffentlichkeit beachtet werden, bei ihr Aufmerksamkeit finden und Gegenstand der Teilnahme oder Wissbegier
weiter Kreise sind (vgl. grundlegend RGZ 125, 80 (82)). Da bei einer Veröffentlichung des Abgebildeten stets sein
durch Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG geschütztes allgemeines Persönlichkeitsrecht betroffen ist, erfordert die
Ausfüllung des Begriffs der Person der Zeitgeschichte zudem eine einzelfallbezogene Abwägung (vgl. BVerfG GRUR
2008, 539 (545). 2007, 899 (900)). Für diese Abwägung ist wesentlich, in welchem Ausmaß die Veröffentlichung
einen Beitrag für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung erbringen kann (vgl. Wandtke/BullingerFricke,
Praxiskommentar zum Urheberrecht, § 23 KUG, Rn. 6). Die sich daran orientierende Unterscheidung der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwischen absoluten Personen der Zeitgeschichte, die unabhängig von
einem bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignis aufgrund ihres Status oder ihrer Bedeutung allgemein öffentliche
Aufmerksamkeit finden, und relativen Personen der Zeitgeschichte, bei denen das Informationsinteresse der
Öffentlichkeit nicht generell, sondern nur in Zusammenhang mit einem bestimmten zeitgeschichtlichen Vorgang
anerkannt ist (vgl. Kaiser, a.a.O., Rn. 22 m.w.N.), führt vorliegend zum Vorrang des Anonymitätsrechts der
betroffenen Beamten vor dem Berichtsinteresse des Angeklagten. Zwar können auch Strafverfahren Ereignisse der
Zeitgeschichte darstellen (vgl. Fricke a.a.O., Rn. 15 ff). Bereits die Tätigkeit von Richtern, Staatsanwälten oder
Verteidigern bei ihrer normalen Berufsausübung begründet aber regelmäßig kein solches nachvollziehbares
öffentliches Interesse (vgl. Dreier/SchulzeDreier, Kommentar zum Urheberrechtsgesetz, § 23 KUG Rn. 9. OLG
Celle, AfP 1984, 236), sondern nur, wenn es sich um Verfahren von besonderem öffentlichen Interesse handelt (vgl.
Kaiser, a.a.O., § 33 KUG, Rn. 27). Dies gilt auch regelmäßig für Polizeibeamte, die nicht allein aufgrund ihres
Einsatzes zu relativen Personen der Zeitgeschichte werden (vgl. OLG Karlsruhe, AfP 1980, 64), sondern allenfalls,
wenn sie an besonderen Ereignissen oder Handlungen, wie etwa der Festnahme eines Straftäters, der selbst zur
Person der Zeitgeschichte geworden ist (vgl. dazu OLG Hamburg, NJWRR 1994, 1439), teilnehmen (vgl. Fricke,
a.a.O. Rn. 18). Derartige Feststellungen sind nicht getroffen worden. Insbesondere reichte die lokale
Berichterstattung über einen Zivilprozess nicht aus, ein gesteigertes Medieninteresse am Angeklagten zu
begründen. Dieses ist zeitlich erst nach der Veröffentlichung des Videos geweckt worden. Wird das Interesse der
Öffentlichkeit aber erst durch eine entsprechende Veröffentlichung auf eine bestimmte Person gelenkt, wird die
Veröffentlichung selbst nicht von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG erfasst (vgl. OLG München, AfP 1992, 78).
Soweit der Angeklagte sich auf die Pressefreiheit beruft, deren Aufgabe auch die Offenlegung von Neuigkeiten und
die Unterrichtung der Öffentlichkeit sei, stellen §§ 22, 23 KUG ein allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 1
Satz 2 GG dar, welches die Pressefreiheit in zulässiger Weise auch im konkreten Fall beschränkt. Selbst wenn ein
Öffentlichkeitsinteresse an der Durchsuchung etwa zur Aufdeckung von Missständen bestanden hätte, hätte dieses
auch durch eine Verfremdung der abgebildeten Personen befriedigt werden können (vgl. auch OLG Celle, NJWRR
2001, 335). Im Übrigen ist den Feststellungen auch nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte in Ausübung seines
Grundrechts auf Pressefreiheit gehandelt hat. Vielmehr lag seinem Handeln Verärgerung über die Durchsuchung als
Motiv zugrunde. Soweit der Angeklagte mit seinen Ausführungen zur allgemeinen Sachrüge hiervon abweichend
weitere Beweggründe geltend macht, entfernt er sich in unzulässiger Weise von den Urteilsgründen und kann mit
diesem Vorbringen nicht gehört werden. Der danach allein im Raum stehende Anspruch des Angeklagten auf
Meinungsäußerungsfreiheit, dessen Geltendmachung er durch das Beifügen von Kommentaren in das Video
unterstrichen hat, hatte nach der gebotenen Abwägung, bei der die besondere Bedeutung des Grundrechts der freien
Meinungsäußerung für den freiheitlichen demokratischen Staat im Sinne einer Wechselwirkung mit den die
Meinungsfreiheit einschränkenden allgemeinen Gesetzen zu erfolgen hatte (vgl. grundlegend BVerfGE 7, 198 -
„Lüth“), gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Beamten ebenso zurückzustehen. Zwar
ist die Meinungsfreiheit nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt, bei dem das
Grundrecht gleichsam treuhänderisch für das demokratisch verfasste Gemeinwesen durch den Grundrechtsträger
ausgeübt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 2010, 1 BvR 2477/08). Es bedurfte jedoch für den
Angeklagten auch insoweit nicht der Zurschaustellung der abgebildeten Personen, um seine Meinung äußern zu
können. Eine verfremdete Abbildung der Beamten hätte für die Ausübung dieses Grundrechts nur eine geringfügige
Beschränkung bedeutet, die die Meinungsäußerung als solche weder unterdrückt noch verändert und zugleich dem
Recht der abgebildeten Personen am eigenen Bild Rechnung getragen hätte.
bb) Die Einwilligung der im Video abgebildeten Beamten war auch nicht nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG entbehrlich.
Danach sind auch ohne Einwilligung Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die
dargestellten Personen teilgenommen haben, verwertbar. Hiervon werden alle Ansammlungen von Menschen, die
den kollektiven Willen haben, etwas gemeinsam zu tun, soweit diese in der Öffentlichkeit stattfinden und von dieser
wahrgenommen werden können, erfasst. Eine solche Ansammlung lag erkennbar nicht vor. Aus der beispielhaften
Aufzählung in § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG ergibt sich nämlich, dass die „ähnlichen Vorgänge“ wenigstens in ihren
Grundeigenschaften denen von Versammlungen und Aufzügen gleichen müssen. Neben dem kollektiven Willen der
beteiligten Personen, etwas gemeinsam zu tun muss daher auch der Wille vorhanden sein, von Dritten
wahrgenommen zu werden. Würde von dieser Anforderung abgesehen, wäre die als Ausnahme konzipierte Vorschrift
uferlos (vgl. OLG München, NJW 1988, 915 (916)). Die von vier Polizeibeamten und einem Staatsanwalt
durchgeführte Durchsuchung einer Räumlichkeit, die von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen wird, erfüllt daher
den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG nicht, zumal auch die Zahl der an der Durchsuchung beteiligten
Personen - anders als bei einer Versammlung oder einem Aufzug - nicht so groß war, dass sich der einzelne Beamte
nicht mehr aus der Menschenmenge hervorhob (vgl. dazu LoewenheimSchertz, Handbuch des Urheberrechts, § 18
Rn. 44).
cc) Schließlich ist dem Angeklagten auch das Berufen auf die Befugnis aus § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG versagt. Diese
Vorschrift erlaubt die Verbreitung eines Bildnisses, wenn sie einem höheren Interesse der Kunst dient. Das ins
Internet eingestellte Video stellte jedoch schon kein Kunstwerk dar, weil es weder einem formellen Werktypen
entspricht noch nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils in künstlerischer Absicht erstellt worden ist.
Dass der Angeklagte die Veröffentlichung des Videos aus Verärgerung gegen die Beschlagnahme von Kunstwerken
unternahm, eröffnet noch nicht den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift. Denn selbst wenn es sich um
Kunstwerke des Angeklagten gehandelt haben sollte, betrifft die Verhaltensweise des Angeklagten weder die
künstlerische Betätigung selbst noch Darbietung, Verbreitung oder Werbung. Sie unterliegt also weder dem Werk
noch dem Wirkbereich des Künstlers (vgl. dazu grundlegend BVerfGE 30, 173 (189, 191) „Mephisto“), eröffnet mithin
nicht den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG und kann daher auch nicht als ein dem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Polizeibeamten gegenüber höherwertiges Rechtsgut bewertet werden.
d) Die für den Verstoß gegen § 22 KUG festgesetzte Einzelstrafe von 20 Tagessätzen ist rechtsfehlerfrei erfolgt. Die
Kammer hat die für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände sachgerecht abgewogen.
2. Soweit sich der Angeklagte gegen die Verurteilung wegen verbotener Mitteilung von Gerichtsverhandlungen
wendet, hat die Revision (vorläufigen) Erfolg und führt zur Teilaufhebung des angefochtenen Urteils und
Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
a) Die Verurteilung wegen Verstoßes gegen § 353d Nr. 3 StGB konnte auf der Grundlage der getroffenen
Feststellungen keinen Bestand haben. Zwar hat der Angeklagte seine Revision insoweit auf den
Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Diese Beschränkung ist aber unwirksam, weil das angefochtene Urteil keine
hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bildet (vgl. dazu MeyerGoßner, § 318 StPO,
Rn. 16 m.w.N.). Das Landgericht hat keine eigenen Feststellungen getroffen, sondern sich allein auf die im
amtsgerichtlichen Urteil getroffenen bezogen. Trotz der von der Staatsanwaltschaft geltend gemachten
Beschränkung ihrer Berufung hätte die Kammer aber eine vollständige Überprüfung auch des Schuldspruchs
vornehmen müssen. Denn bereits die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen reichen für eine Verurteilung
wegen verbotener Mitteilung von Gerichtsverhandlungen nicht aus.
b) § 353d Nr. 3 StGB stellt die öffentliche Mitteilung eines amtlichen Schriftstücks eines Strafverfahrens vor
Erörterung in öffentlicher Verhandlung oder Abschluss des Verfahrens unter Strafe. Diese Voraussetzungen sind bei
einer Veröffentlichung eines gerichtlichen Durchsuchungsbeschlusses im Internet in der Form, dass der Beschluss
wie eine Fotokopie wiedergegeben wird, erfüllt. Dass die Vorschrift im 30. Abschnitt des StGB („Straftaten im Amt“)
verankert ist, steht einer Begehung der Tat durch Nichtamtsträger nicht entgegen (vgl. Schönke/SchröderHeine,
Vorb. §§ 331 ff StGB, Rn. 1). In verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift (vgl. BVerfGE 71, 216) muss aber
die Veröffentlichung ohne oder gegen den Willen des von der Berichterstattung Betroffenen erfolgen. Da den
Feststellungen nach die Veröffentlichung aber gerade durch den von dem Beschluss in erster Linie betroffenen
Angeklagten selbst erfolgt ist, konnte die auf dieser Grundlage erfolgte Verurteilung keinen Bestand haben.
Gleichwohl kam auch ein Freispruch durch den Senat nach § 354 Abs. 1 StPO nicht in Betracht. Denn von § 353d
Nr. 3 StGB geschütztes Rechtsgut ist nicht nur der Beschuldigte des Strafverfahrens, sondern auch die
Unbefangenheit und die Persönlichkeitsrechte von Verfahrensbeteiligten, namentlich von Laienrichtern und Zeugen
(vgl. Fischer, § 353d StGB, Rn. 1 m.w.N.). Verhindert werden soll, dass die Schriftstücke eines Strafverfahrens
durch gezielte öffentliche Bekanntgabe vorzeitig zum Gegenstand öffentlicher Diskussion oder gar zum Anlass
gezielter Beeinflussungen werden, welche die Unvoreingenommenheit der Verfahrensbeteiligten besonders
nachhaltig in Frage stellen könnte (vgl. Schönke/SchröderLenckner/Perron, § 353d StGB Rn. 40). Inwieweit eine
solche Betroffenheit durch die Veröffentlichung des Durchsuchungsbeschlusses stattgefunden hat, konnte den
getroffenen Feststellungen nicht entnommen werden. Weder ist der genaue Inhalt des Beschlusses wiedergegeben
noch eine Bezugnahme auf das Bildnis nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO im Urteil erfolgt. Der Senat konnte daher
nicht ausschließen, dass dem Durchsuchungsbeschluss insbesondere die Nennung von Zeugen zu entnehmen ist,
die durch die Veröffentlichung des Beschlusses in ihrer Unbefangenheit beeinträchtigt sein könnten. Für diesen Fall
wäre es im Übrigen für die Erfüllung des Tatbestandes unerheblich, dass der Beschluss erst nach seiner Vollziehung
vom Angeklagten veröffentlicht worden ist. Eine mögliche Beeinträchtigung des Strafverfahrens fordert § 353d Nr. 3
StGB nämlich nicht als Tatbestandsvoraussetzung. Dieser Umstand vermag allenfalls bei der Strafzumessung eine -
wesentliche - Rolle zu spielen.
3. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen den freisprechenden Teil des Urteils war unbegründet. Die erhobene
Sachrüge deckt keine durchgreifenden Fehler auf.
a) Die Veröffentlichung des Bildnisses von Staatsanwalt L. durch den Angeklagten erfolgte zwar ohne Einwilligung
des Abgebildeten. Die Einwilligung war jedoch auf der Grundlage der mit der Revision nicht angegriffenen
Feststellungen entbehrlich.
aa) Die Veröffentlichung war dabei indessen nicht nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG gerechtfertigt. Bei dem
veröffentlichten Bildnis von Staatsanwalt L. handelt es sich nämlich nicht um ein Bildnis aus dem Bereich der
Zeitgeschichte. Zwar steht ein Staatsanwalt in einem laufenden Ermittlungsverfahren als hierfür verantwortliche
Person regelmäßig eher im Licht der Öffentlichkeit als ein zur Durchführung der Ermittlungen eingesetzter
Polizeibeamter. Gleichwohl gilt auch für einen Staatsanwalt die bereits oben erwähnte Einschränkung, dass nicht
allein die Berufsausübung als solche ihn zu einer relativen Person der Zeitgeschichte macht. Hinzu tritt, dass die
Abbildungsfreiheit von relativen Personen der Zeitgeschichte ihren Grund im legitimen und vorrangigen
Informationsinteresse der Öffentlichkeit hat. Sie ist daher räumlich, thematisch und zeitlich durch das Ereignis
beschränkt, das den Betroffenen in Zusammenhang mit dem betreffenden zeitgeschichtlichen Ereignis bringt. Ein
solcher Zusammenhang ist jedoch für die Öffentlichkeit durch die Zurschaustellung eines Portraits des
Staatsanwaltes L. überhaupt nicht erkennbar. Weder aus dem Bild selbst noch aus den ihm beigefügten Begleittext
oder aus der Art und Weise der Veröffentlichung lässt sich ein Bezug zu dem betreffenden Ermittlungsverfahren
gegen den bzw. der erfolgten Durchsuchung bei dem Angeklagten herleiten.
bb) Die Entbehrlichkeit der Einwilligung folgt jedoch aus § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG. Die Verbreitung des Bildnisses dient
einem höheren Interesse der Kunst. Für diese Beurteilung war dabei nicht maßgeblich, ob dem Bildnis eine
höherwertige Qualität zukam. Denn eine Niveaukontrolle, also eine Differenzierung zwischen höherer und niedriger
Kunst, liefe auf eine verfassungsrechtlich unstatthafte Kontrolle hinaus (vgl. BVerfG NJW 1987, 2661). Vielmehr
kam es für die Anwendung der Norm allein darauf an, ob die Veröffentlichung des Gemäldes vom
verfassungsrechtlichen Kunstbegriff überhaupt erfasst wird und wenn ja, ob diese Kunstausübung ein höherwertiges
Rechtsgut darstellt als das hiervon betroffene Rechtsgut der abgebildeten Person. Insoweit handelt es sich bei der
Norm, die im Zusammenspiel mit § 23 Abs. 2 KUG zu betrachten ist, nämlich um eine einfachgesetzliche Regelung
der Gemengelage von Kunstfreiheit und Persönlichkeitsrecht (vgl. LoewenheimSchertz, a.a.O., § 18, Rn. 50.
Schertz, GRUR 2007, 562). Nur diese Auslegung der Norm wird der verfassungsrechtlichen Vorgabe, wonach der
soziale Wert und Achtungsanspruch des Einzelnen ebenso wenig der Kunstfreiheit übergeordnet ist wie sich die
Kunst ohne Weiteres über den allgemeinen Achtungsanspruch des Menschen hinwegsetzen darf (vgl. BVerfGE 30,
173 (195)), gerecht.
(a) Das veröffentlichte Bildnis von Staatsanwalt L. stellt schon nach dem formalen typologischen Ansatz des
Bundesverfassungsgerichts ein Kunstwerk dar, weil es die Gattungsanforderungen eines bestimmten Werktyps, wie
z.B. Malerei, Bildhauen, Dichten, erfüllt (vgl. BVerfG NJW 1985, 261).
(b) Die zwischen dem Anspruch des Angeklagten auf Kunstfreiheit und dem Anspruch des Staatsanwalts L. auf
Wahrung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) vorzunehmende
Abwägung führt auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen zu einem Vorrang der Kunstfreiheit. Mit Fertigung
des Portraits hat der Angeklagte eine Abbildung des Antlitzes von Staatsanwalt L. geschaffen, die dessen Recht am
eigenen Bild in hinzunehmender Art beschränkt. Auch wenn nachvollziehbar ist, dass Staatsanwalt L. ein Interesse
daran hat, nicht ohne seine Einwilligung auf öffentlich verbreiteten Bildnissen wiedergegeben und dadurch
gegebenenfalls auch in den Mittelpunkt einer öffentlichen Auseinandersetzung gestellt zu werden, muss dieses
Interesse aber gegenüber dem überragenden Rechtsgut der Freiheit der Kunst, die wie kaum ein anderes Grundrecht
die einer staatlichen Kontrolle entzogenen Freiheiten der einzelnen Bürger in einer demokratisch strukturierten
Gesellschaft repräsentiert, zurücktreten, soweit dadurch nicht die Menschenwürde des Abgebildeten berührt (vgl.
BVerfGE 75, 369 (380)) oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht in mehr als geringfügiger Weise betroffen (vgl.
BVerfGE 67, 213 (228). auch BVerfGE 119, 1 (27)) ist. Dies wäre etwa der Fall, wenn das Bild einen Eingriff in die
Geheim, Intim oder Privatsphäre darstellen würde, beleidigenden oder entwürdigenden Inhalt hätte oder - soweit die
künstlerische Darstellung den Anspruch auf Realitätsabbildung erhebt (vgl. hierzu BGH GRUR 2005, 788 „Esra“) -
eine Wahrheitsverletzung beinhalten würde (vgl. Schertz, GRUR 2007, 564). Das gefertigte Bildnis zeigt jedoch das
Antlitz des Staatsanwaltes L. weder in herabwürdigender noch in entstellender Art und Weise. Es gibt vielmehr eine
auf einem realen Bild beruhende Darstellung des Staatsanwaltes wieder, der auch durch die Umstände ihrer
Veröffentlichung keine beleidigenden oder unzulässige Schmähkritik beinhaltende Äußerungen beikommen. Den
Feststellungen des angefochtenen Urteils ist auch kein besonderes Geheimhaltungsinteresse an der Person des
Staatsanwaltes, der etwa durch die Veröffentlichung seines Bildnisses der Gefahr eines Angriffs auf sein Leben oder
seine körperliche Unversehrtheit ausgesetzt sein könnte, zu entnehmen. Eine solche Gefahr lag auch nicht nahe,
weshalb mangels entsprechender Aufklärungsrüge die getroffenen Feststellungen für den Senat bindend sind. Die
von der Kammer damit zutreffend zugunsten der Kunstfreiheit des Angeklagten vorgenommene Abwägung hält auch
unter Berücksichtigung der insoweit festgestellten Motivation des Angeklagten, das Bild zu veröffentlichen, stand.
Zwar ist nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG nicht das künstlerische Bildnis schlechthin, sondern nur dessen Verbreitung
oder Zurschaustellung zu Zwecken der Kunst privilegiert, so dass die Regelung nicht eingreift, wenn mit der
Veröffentlichung gleichzeitig oder allein ein nichtkünstlerischer Zweck verfolgt wird (vgl. Dreier/Schulze - Dreier,
Kommentar zum Urheberrechtsgesetz, § 23 KUG, Rn. 22. VerfGH Berl, in NJWRR 2007, 1686). Solche Zwecke sind
indessen nicht festgestellt worden. Dass der Angeklagte das Bildnis zu Verkaufszwecken veröffentlicht hat, stellt
ein Verhalten dar, was notwendigerweise mit der Ausübung der Kunstfreiheit verbunden ist. Auch wenn der
vorkonstitutionelle Gesetzgeber bei Schaffung der Vorschrift namentlich bloß die Veröffentlichung von Bildnisstudien
ermöglichen wollte, bei welchen eine Verhandlung wegen der Erteilung der Einwilligung des Abgebildeten der Sache
nach ausgeschlossen zu sein pflegte, eine Verwertung für gewerbliche Zwecke hingegen von der Vorschrift nicht
erfasst wissen wollte (vgl. RTVerhandl. 11II 1905/06 Nr. 30, 1526, 1540), kann diese Einschränkung der Freiheit auf
den rein künstlerischen Bereich unter der Geltung von Art. 5 Abs. 3 GG nicht mehr aufrecht erhalten werden. Denn
ein Künstler ist, um überhaupt (weitere) Kunstwerke schaffen zu können, maßgeblich auf die Vermarktung seiner
Werke angewiesen (vgl. Kaiser, a.a.O., § 33 KUG Rn. 35). Auch dass der Angeklagte das Bildnis aus Verärgerung
über die durchgeführte Durchsuchung seines Hauses und die fortdauernde Beschlagnahme gefertigt hat, stellt keinen
wesentlichen Umstand dar. Seit jeher wird Kunst nämlich unter anderem dazu genutzt, auf Missstände aufmerksam
zu machen und zu protestieren. Genau diese Motivation hat die Kammer auf der Grundlage der Einlassung des
Angeklagten festgestellt. Dass dem Verhalten andere kunstfremde Motive zugrunde lagen, ist dem angefochtenen
Urteil nicht zu entnehmen. Zwar liegt es nahe anzunehmen, dass der Angeklagte mit der Veröffentlichung zugleich -
wenn nicht sogar vordergründig - die Absicht verfolgte, Staatsanwalt L. zu verärgern. Hierfür spricht nämlich, dass
der Angeklagte das Bild zu einem von seinen üblichen Preisvorstellungen abweichenden Betrag und exponiert als
einziges von ihm angebotenes Bild auf einer allgemein zugänglichen Internetplattform anpries. Dass die Kammer
sich hiermit nicht auseinander gesetzt hat, stellte jedoch keinen zur Aufhebung des Urteils führenden
Darstellungsmangel dar. Auch gewisse Provokationen sind nämlich zur Wahrung der Kunstfreiheit hinzunehmen.
Dass das Verhalten des Angeklagten darüber hinaus etwa durch Rachegelüste motiviert war, die der Angeklagte
bloß unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit befriedigen wollte und die dazu geführt hätten, dass das Grundrecht auf
Kunstfreiheit hinter dem Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person zurückzutreten hätte, musste sich der
Kammer nicht ohne Weiteres aufdrängen. Insoweit hätte es einer mit der Revision geltend zu machenden
Aufklärungsrüge bedurft, um die von der Kammer festgestellte Motivation des Angeklagten anzugreifen. Eine solche
Rüge ist indessen nicht erhoben worden.
b) Der Freispruch der Kammer wies somit keinen mit der Revision gerügten Rechtsfehler auf. Die Revision der
Staatsanwaltschaft war daher als unbegründet zu verwerfen. Darüber hinaus war dem Angeklagten für die erlittene
Beschlagnahme des Portraitgemäldes nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. Abs. 1 StrEG Entschädigung aus der
Staatskasse zuzusprechen. Hierfür war der Senat nach § 8 Abs. 1 StrEG zuständig, weil er die das Verfahren
abschließende Entscheidung getroffen hat (vgl. BGH StraFo 2008, 266. NJW 1990, 2073). Weitere, vom Tatrichter
zu treffende Feststellungen sind nicht mehr erforderlich. Umstände, die zum Ausschluss oder der Versagung der
Entschädigung Anlass geben könnten, liegen nicht vor.
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