Urteil des OLG Celle vom 08.02.2001
OLG Celle: unterbrechung der verjährung, abtretung, abnahme des werkes, handelsregister, befreiung, komplementär, gesellschafter, verjährungsfrist, geschäftsführer, vertrauensschutz
Gericht:
OLG Celle, 22. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 22 U 157/99
Datum:
08.02.2001
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 181, BGB § 209, HGB § 15 Abs. 1
Leitsatz:
Keine Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung, wenn der Anspruchsteller zwar vor Ablauf
der Vejährungsfrist nach der materiellen Rechtslage Inhaber der Klageforderung geworden ist, die
Abtretung aber wegen fehlender Eintragung der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB
ins Handelsregister dem Anspruchsgegner nicht wirksam entgegengehalten werden kann.
Volltext:
22 U 157/99
3 O 393/98 LG Hildesheim
Verkündet am
8. Februar 2001
#######
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhand-lung
vom 23. Januar 2001 durch die Richter am Oberlandesgericht #######, #######
und #######r für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 22. Juni 1999 verkündete Urteil der
3. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 15.600 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Voll-streckung Sicherheit
in gleicher Höhe leistet.
Die Parteien dürfen Sicherheit durch unwiderrufliche, unbedingte, unbe-fristete,
schriftliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank, die einem anerkannten
Einlagensicherungsfonds angehört, oder einer öffentlichen Sparkasse erbringen.
Beschwer der Klägerin: 183.454,90 DM.
T a t b e s t a n d
Die Klägerin begehrt restlichen Werklohn für Leistungen, die die ####### jetzt
######, im Folgenden als Auftragnehmerin bezeichnet - im Auftrag der Beklagten
für das Bauvorhaben Kläranlage ####### erbracht hat.
Im Handelsregister des Amtsgerichts ####### ist die Klägerin zu ####### und
ihre Komplementär GmbH zu ####### eingetragen. Beide Handelsregisterakten lagen
vor und waren informatorisch Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Gemäß § 6
des Gesellschaftsvertrages vom 2. Dezember 1995 für die Komplemen-tär GmbH
der Klägerin, ausweislich dessen Vorspann (Sonderband Bl 1 zu ####### AG #######)
die Gesellschafter #######, ####### und ####### zu Ge-schäftsführern bestellt
worden sind, kann einem Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschafter,
zu denen außerdem ####### gehört, gestattet werden, Rechts-geschäfte mit sich
im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten vorzuneh-men (Sonderband
Bl. 4). Die Geschäftsführer ####### und ####### sind durch Schreiben vom 29. Dezember 1997
und 8. Januar 1998 (Sonderband Bl. 16 und 17) als solche zurückgetreten. Ein
Beschluss der Gesellschafter, ####### In-sich-Geschäfte zu gestatten, ist im
Handelsregister nicht eingetragen.
Unter dem 20. Oktober 1994 / 3. Januar 1995 beauftragte die Beklagte die Auf-tragnehmerin
mit den Beton- und Maurerarbeiten für die Erweiterung der Kläran-lage #######
zu einer Auftragssumme von 1.024.793,33 DM (Bl. 4 d. A. und Anla-ge B 1 im
Anlagenband), wobei der Auftrag unter Zugrundelegung der VOB erteilt und dem
Auftrag das Hauptangebot sowie das Nebenangebot 3 der Auftragneh-merin abzüglich
eines Nachlasses von 2 % zu Grunde gelegt wurden (Anlagen B 2 bis 4 im Anlagenband).
Zum nicht vorgelegten, aber im Auftrag erwähnten Schrei-ben der Auftragnehmerin
vom 3. Januar 1995 erwiderte das Planungsbüro ####### mit Schreiben vom 5.
Januar 1995 (Anlage B 5). Für die Arbeiten der Auftragneh-merin führte das
Planungsbüro ####### den Abnahmetermin vom 21. August 1996 durch. Die dabei
erstellte Abnahmeniederschrift (Anlage B 6 im Anlagenband ein-schließlich Anwesenheitsliste
sowie Bl. 5 d. A.) enthält u. a. folgende Angaben:
‘Am heutigen Tage wurden folgende Leistung abgenommen:
Bauarbeiten Vorreinigung-Pufferbecken’.
‘2. Die Bauarbeiten sind nach Absprache fertig gestellt worden.’ Die handschrift-lich
aufgelisteten Mängel sollen ‘unverzüglich, spätestens bis zum 30. Septem-
ber 1996’ beseitigt werden.
‘5. Die nach Bauvertrag festgelegte Gewährleistung (Garantiefrist) des Auftrag-nehmers
beginnt am heutigen Tage und ist vertragsgemäß am 20. August 1998 beendet’.
‘6. Die Arbeiten gelten nach behobenen Beanstandungen (siehe Punkt 4) als abgenommen.’
Mit Schlussrechnung vom 15. November 1996 (Bl. 6 d. A.) verlangte die Auftrag-nehmerin
vom ‘Wasserverband #######’ einen Restbetrag in Höhe von
172.403,40 DM. Die Beklagte ließ das Prüfungsbüro ####### die Schlussrechnung
überprüfen, wie aus den Anlagen B 7 und B 10 im Anlagenband ersichtlich:
Verlangte Bruttovergütung 1.047.956,13 DM
Abzüglich Kürzungsbetrag 100.688,18 DM
Zwischensumme 947.267,95 DM
abzüglich 2 % Nachlass laut Auftrag 18.945,36 DM
Zwischensumme 928.322,59 DM
abzüglich geleisteter Zahlung 901.000,00 DM
Restwerklohn 27.322,59 DM
Zur Aufrechnung gestellte Ersatzvornahmekosten 12.577,67 DM
Restbetrag 14.744,92 DM,
der von der Beklagten aber nicht gezahlt wurde.
Mit Rechnung vom 26. November 1997 (Bl. 218 d. A.) verlangte die Auftragneh-merin
von der Beklagten weitere Zahlung in Höhe von 9.610 DM netto (=155 Stunden
x 62 DM pro Stunde), als Zulage zur Pos. 6.3.027, brutto also 11.051,50 DM
= 9.610 DM + 15 % Mwst).
Mit der Klage vom 22. August 1998, beim Landgericht Hildesheim am 24. August
1998 eingegangen und der Beklagten am 9. Dezember 1998 zugestellt, hat die
Klägerin aus abgetretenem Recht den Restbetrag aus der Schlussrechnung vom
15. November 1996 und den Betrag aus der Rechnung vom 26. November 1997 in
Höhe von insgesamt 183.454,90 DM (= 172.403,40 DM + 11.051,50 DM) nebst 7,5 %
Zinsen seit dem 21. Juni 1997 geltend gemacht. Mit dem am 9. Febru-
ar 1999 verkündeten Versäumnisurteil, der Klägerin zugestellt am 15. Februar
1999, hat das Landgericht die Klage abgewiesen, wogegen die Klägerin mit Schriftsatz
vom 26. Februar 1999, beim Landgericht eingegangen am 1. März 1999, Einspruch
eingelegt hat. Mit dem am 22. Juni 1999 verkündeten Urteil, auf das wegen der
Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 126 bis
128 d. A.), hat das Landgericht das Versäumnisurteil vom 9. Februar 1999 aufrecht
erhalten und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin ihre
Aktivlegitimation nicht ausreichend dargetan habe, denn aus der von der Klägerin
vorgelegten Abtretungserklärung vom 1. Oktober 1997 (Bl. 109 d. A.) ergebe
sich, dass die Auftragnehmerin die streitgegenständlichen Ansprüche nicht an
die Klägerin, sondern an die Geschäftsführerin der Komplementär GmbH #######
abgetreten habe. Die mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 17. Juni
1999 vorgelegte Abtretungserklärung vom 10. Juli 1998 (Bl. 124 d. A.) sei gemäß
§ 296 a ZPO unbeachtlich und habe der Kammer keinen Anlass gegeben, nochmals
in die mündliche Verhandlung einzutreten (§ 156 ZPO).
Mit der Berufung wendet die Klägerin ein,
sie sei aktiv legitimiert. Mit der Abtretungsvereinbarung vom 1. Oktober 1997
(Bl. 109 d. A.) habe die Auftragnehmerin ihre Forderung gegen den Wasserver-band
####### aus dem ‘#######, Auftragnummer####### an’ ####### abgetreten, die
diese Abtretung angenommen habe. Durch Beschluss ihrer Gesellschafter vom 19. Januar 1998
(Bl. 199 d. A.) habe sie, die Klägerin, die Geschäftsführerin ####### von den
Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Mit Abtretungserklärung vom 10. Juli 1998
(im Original vorgelegt auf Bl. 184 d. A.) habe #######, die Ge-schäftsführerin
der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin, die in der Abtretungserklärung
vom 1. Oktober 1997 genannte Forderung an sie, die Klä-gerin, abgetreten, die
diese Abtretung angenommen habe. Den Abtretungen habe zugrunde gelegen, dass
#######z der Auftragnehmerin Darlehen in Höhe von ins-gesamt 2.000.000 DM zur
Verfügung gestellt und 1997 die Gewährung eines Dar-lehens Zug um Zug gegen
Abtretung der Ansprüche der Auftragnehmerin gegen-über der Beklagten zugesagt
habe, sodass auf die Abtretung vom 1. Oktober 1997 die Auszahlung des Darlehens
erfolgt sei. Nachdem 1998 das Konkursverfahren über das Vermögen der Auftragnehmerin
eröffnet worden sei, seien die Darle-hensverbindlichkeiten der Auftragnehmerin
gegenüber ####### von ihr, der Klä-gerin, teilweise abgelöst worden, wobei
im Gegenzuge ####### die Forderung ge-gen die Beklagte an sie, die Klägerin,
am 10. Juli 1998 (Bl. 184 d. A.) abgetreten habe. Aufmaß- und Abrechnung der
Schlussrechnung seien zutreffend. Der Vortrag der Beklagten zu Ersatzvornahmekosten
sei nicht einlassungsfähig. Mängel seien nicht mehr vorhanden.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Versäumnisurteils
vom 9. Februar 1999 zu verurteilen, an sie 183.454,90 DM nebst 7,5 % Zinsen
seit dem 21. Juni 1997 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erhebt die Einrede der Verjährung und trägt vor,
die Abtretungserklärung vom 10. Juli 1998 sei auf einen Zeitpunkt vor Klageerhe-bung
zurückdatiert worden und beziehe sich nicht auf Ansprüche gegen sie, die Beklagte,
sondern gegen den Wasserverband #######. Auf die Befreiung der Ge-schäftsführerin
ihrer Komplementär GmbH, #######, von den Beschränkungen des § 181 BGB durch
den vorgelegten Gesellschafterbeschluss, der nicht vor dem Jahre 2000 gefasst
worden sei, könne sich die Klägerin nicht berufen, da die Be-freiung nicht
ins Handelregister eingetragen sei.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet.
I.
Die Beklagte ist wegen Vollendung der Verjährung gemäß § 222 Abs. 1 BGB berechtigt,
die begehrte Zahlung zu verweigern.
1. Die Verjährungsfrist für die von der Klägerin mit der Klage geltend gemach-ten
Werklohnforderung in Höhe von 183.454,90 DM (= 172.403,40 DM + 11.051,50 DM)
beträgt nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB 2 Jahre, die gemäß § 198, § 201 BGB mit
dem Schluss des Jahres zu laufen begonnen hat, in dem der Anspruch entstanden
ist.
2. Die zweijährige Verjährungsfrist hat erst mit dem Schluss des Jahres 1997
zu laufen begonnen, da der Zahlungsanspruch im Jahr 1997 fällig geworden ist
(§ 198, § 201 BGB).
a) Die Abnahme des Werkes ist am 21. August 1996 erfolgt. Zwar ist in Zif-fer 6
der Abnahmeniederschrift vom 21. August 1996 (Bl. 5 d. A.) der vorgedruckte
Text ‘sind hiermit abgenommen’ durchgestrichen, sodass Ziffer 6 lautet:
‘Die Arbeiten gelten nach behobenen Beanstandungen (siehe Punkt 4) als abgenommen.’
Doch rechtfertigen die Beanstandungen aus Ziffer 4 der Abnahmeniederschrift,
die bis zum 30. September 1996 behoben werden sollten, nicht die Annahme einer
Abnahmeverweigerung, da auf Seite 1 der Abnahmeniederschrift aufgeführt ist:
‘Am heutigen Tage wurde folgende Leistung abgenommen:
Bauarbeiten, Vorreinigung/Pufferbecken’
Dementsprechend ist in Ziffer 5 der Abnahmeniederschrift vereinbart, dass die
nach Bauvertrag festgelegte Gewährleistung (Garantiefrist) des Auftragnehmers
am heutigen Tage beginnt und vertragsgemäß am 20. August 1998 beendet ist.
b) Eine prüffähige Schlussrechnung im Sinne des § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB-B hat
die Auftragnehmerin am 15. November 1996 erteilt, die am 20. November 1996
beim Planungsbüro ####### eingegangen ist (Anlage B 7), dessen Prüfungsver-merk
aber erst vom 15. Dezember 1998 stammt (Seite 3 der Anlage B 7).
c) Damit ist die Fälligkeit erst 2 Monate nach Einreichung der Schlussrech-nung
vom 15. November 1996 im Jahre 1997 eingetreten. Die Verjährung hat erst mit
dem Schluss des Jahres 1997 zu laufen begonnen, denn nach § 16 Nr. 3
Abs. 1 VOB-B ist die Schlusszahlung alsbald nach Prüfung und Feststellung der
vom Auftragnehmer vorgelegten Schlussrechnung zu leisten, spätestens innerhalb
von 2 Monaten nach Zugang, sodass der Verjährungsbeginn in der Regel erst 2
Monate nach Einreichung der Schlussrechnung erfolgt (BGH Baurecht 1997, S.
354 bis 356).
d) Ein früherer Eintritt der Fälligkeit, der ausnahmsweise vor Ablauf dieser
2 Monate angenommen werden kann, wenn der Auftraggeber die Prüfung und Feststellung
der Schlussrechnung bereits zuvor abschließend beendet, den aus seiner Sicht
berechtigten Rechnungsbetrag festgestellt und diesen dem Auftrag-nehmer mitgeteilt
hat (Ingenstau/Korbion VOB 12. Aufl., B § 16 Rdnr. 116 mit wei-teren Nachweisen),
bereits im Jahr 1996 kann nicht festgestellt werden, da der Prüfungsvermerk
des Planungsbüros ####### auf Seite 3 der Anlage B 7 erst vom 15. Dezember
1998 stammt.
3. Eine Hemmung oder Unterbrechung der 2-jährigen Verjährungsfrist vor ihrem
Ablauf am Ende des Jahres 1999 kann nicht festgestellt werden. Die Zustellung
der Klage an die Beklagte am 9. Dezember 1998 hat nicht nach § 209 Abs. 1 BGB
zur Unterbrechung der Verjährung geführt. Denn die Klägerin hat die Klage nicht
als ‘Berechtigte’ im Sinne dieser Vorschrift erhoben.
Zwar hat sie inzwischen durch Vorlage der Abtretungen vom 1. Oktober 1997 (Bl. 109
d. A.) und vom 10. Juli 1998 (Bl. 184 d. A.) nachgewiesen, dass die Auftragnehmerin
ihre Ansprüche aus dem ‘#######, ####### an #######’ und ####### die Forderung
‘gegen den Wasserverband ####### aus dem Bauvorhaben Kläranlage #######, Auftrag
#######’ an die Klägerin abgetreten hat und dass die Abtretung vom 10. Juli 1998
(Bl. 184 d. A.), bei der auf beiden Seiten die Willenserklärung allein von
####### abgegeben worden ist, wegen der Befreiung für ####### von den Beschränkungen
des § 181 BGB durch den Gesellschafte-beschluss vom 19. Januar 1998 (Bl. 199
d. A.) wirksam ist, sodass die Klägerin nach der materiellen Rechtslage bereits
vor Ablauf der Verjährungsfrist Inhaberin der Klagforderung geworden ist, wobei
der Wirksamkeit der Abtretung vom 1. Ok-tober 1997 nicht entgegen steht, dass
in der Erklärung als Anspruchsgegner nicht die Beklagte, sondern der Wasserverband
####### genannt ist, den das Planungs-büro ####### in der Abnahmeniederschrift
vom 21. August 1996 (Bl. 5 d. A.) als Träger der Baumaßnahme angegeben hatte.
Denn für die Auslegung eines Abtre-tungsvertrages gelten die §§ 133, 157 BGB,
wobei die abgetretene Forderung, wie jeder Gegenstand einer Verfügung, bestimmt
oder bestimmbar sein muss (Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 398 Rdnr. 14
mit Verweis auf BGH NJW 1995 S. 1669). Der Abtretungserklärung lässt sich aber
eindeutig die Auftrags-nummer 94/175 für das Bauvorhaben Kläranlage #######
entnehmen, die mit der von der Beklagten angegebenen Auftragsnummer in dem
Vertrag vom 20. Okto-ber 1994 / 3. Januar 1995 (Bl. 4 d. A.) übereinstimmt,
sodass eindeutig mit der Abtretung die Klagforderung gemeint war.
Doch kann die Klägerin der Beklagten gemäß § 15 Abs. 1 HGB nicht entgegen halten,
dass ####### von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit und damit die Abtretung
vom 10. Juli 1998 wirksam war. Denn nach dieser Vorschrift kann eine in das
Handelsregister einzutragende Tatsache, solange sie nicht eingetra-gen und
bekannt gemacht ist, von demjenigen, in dessen Angelegenheiten sie einzutragen
war, einem Dritten nicht entgegen gesetzt werden, es sei denn, dass sie diesem
bekannt war.
a) Die Befreiung der Geschäftsführerin ####### vom Verbot des Selbstontra-hierens
war für die Wirksamkeit der Abtretung erforderlich.
Zwar ist § 181 BGB nach seinem Normzweck unanwendbar, wenn das In-sich-Geschäft
dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt, da hier ein Interessenwiderstreit
ausgeschlossen ist und Belange Dritter nicht entgegen-stehen (Palandt-Heinrichs,
BGB, 60. Aufl., § 181 Rdn. 9 m. w. N.).
Doch hat die darlegungs- und beweispflichtige Klägerin nicht mit Substanz darge-legt,
dass ihr die Abtretung lediglich einen rechtlichen Vorteil gebracht hat. Denn
insoweit hat sie im Schriftsatz vom 16. November 2000 (Bl. 203 d. A.) nur vorge-tragen,
dass die Darlehensverbindlichkeiten der ####### gegenüber der Geschäftsführerin
####### von der Klägerin abgelöst wurden und im Gegenzuge #######z die Forderung
gegen die Beklagte an die Klägerin abgetreten hat, die die Abtre-tung angenommen
hat. Die Abtretung stand also im Zusammenhang mit der Ablö-sung von Darlehensverbindlichkeiten
und war insoweit für die Klägerin nicht ledig-lich vorteilhaft.
b) Die Befreiung der Geschäftsführerin ####### von den Beschränkungen des § 181 BGB
ist eine in das Handelregister einzutragende Tatsache.
Aus § 10 Abs. 1 Satz 2 GmbHG, wonach einzutragen ist, welche Vertretungsbe-fugnis
die Geschäftsführer haben, folgt, dass die Gestattung des Selbstkontrahie-rens
eine eintragungspflichtige Tatsache ist (BGHZ 87, S. 59 (61) und Palandt-Heinrichs,
BGB, 60. Aufl., § 181 Rdn. 21), soweit sie sich nicht nur auf ein konkretes
Einzelgeschäft bezieht (Scholz-Winter, GmbHG, 9. Aufl., § 10 Rdn. 13 und Baumbach-Zöllner,
GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rdn. 75), wobei die Eintragungs-pflicht auch für eine
GmbH & Co. KG hinsichtlich der Geschäftsführer ihrer Kom-plementär-GmbH gilt
(BayObLG NJW-RR 2000, S. 562). Jeder, der Geschäftsver-bindungen zu Gesellschaften
zu knüpfen gedenkt, soll sich unschwer Kenntnis über die Befugnisse der mit
der Vertretung betrauten Personen verschaffen kön-nen. Dazu gehört auch die
Erweiterung der organschaftlichen Vertretungsmacht und die Befugnis, In-sich-Geschäfte
abzuschließen. Der § 181 BGB schützt nicht nur die Interessen der Gesellschaft,
sondern auch den Rechtsverkehr und damit zugleich die Gläubiger der Gesellschaft
(BGH a. a. O.). Die Gestattung des Selbst-kontrahierens durch den Beschluss
vom 19. Januar 1998 (Bl. 199 d. A.) bezog sich nicht nur auf ein konkretes
Einzelgeschäft, sondern ####### wurde insgesamt von den Beschränkungen des
§ 181 BGB befreit.
c) Eine Eintragung dieser Befreiung im Handelsregister ist nicht erfolgt.
d) Diese Tatsache war für die Angelegenheiten der Klägerin ins Handelsre-gister
einzutragen. Denn die Klägerin wird organschaftlich durch die Geschäfts-führer
ihrer Komplementär GmbH vertreten und sie will der Beklagten entgegen-halten,
dass die Geschäftsführerin ####### ihrer Komplementär GmbH vom Verbot des Selbstkontrahierens
befreit ist, sodass es insoweit nicht von Bedeutung ist, dass es sich bei der
Komplementär GmbH um eine von der Klägerin verschiedene Rechtspersönlichkeit
handelt (vgl. auch BayObLG NJW-RR 2000, S. 562).
e) Die Beklagte ist Dritte im Sinne des § 15 Abs. 1 HGB. Denn die Klägerin
will der Beklagten entgegenhalten, dass die Abtretung vom 10. Juli 1998 aufgrund
der Befreiung von § 181 BGB zulasten der Beklagten wirksam war. Als Dritter
im Sin-ne dieser Vorschrift kommt jede Person in Betracht, die von der einzutragenden
Tatsache nicht selbst als Kaufmann betroffen wird und nicht Gesellschafter
oder Organmitglied einer betroffenen Gesellschaft ist (Sonnenschein-Weitemeyer
in Sammlung Guttentag, HGB, 2. Aufl., § 15 Rdn. 11).
f) Für die Anwendung des § 15 Abs. 1 HGB ist es nicht erforderlich, dass der
Dritte das Handelsregister eingesehen hat oder gar eine Kausalität der Handelsre-gistereintragung
für das Handeln oder Unterlassen des Dritten besteht (MünchKomm.-Lieb, HGB,
§ 15 Rdn. 31). § 15 Abs. 1 HGB schützt zwar im Ausgangspunkt das Vertrauen
auf die Richtigkeit der in Form des Handels-registers geschaffenen öffentlichen
Informationsgrundlage über die Verhältnisse einer Handelsfirma. Dieser Vertrauensschutz
setzt jedoch nicht voraus, dass derjenige, der sich auf das Handelsregister
beruft, es tatsächlich eingesehen hat; vielmehr lässt das Gesetz bereits die
dem Geschäftsverkehr ganz allgemein gegebene Möglichkeit, sich anhand des Registers
zu informieren, als Grundlage für den erwähnten Vertrauensschutz ausreichen.
Deshalb ist es aber auch nicht möglich, die in § 15 Abs. 1 HGB gezogenen Grenzen,
innerhalb deren das Han-delsregister eine Schutzwirkung entfalten soll, enger
oder weiter zu ziehen, als sie dort tatbestandsmäßig normiert sind (BGHZ 65,
S. 309 (311)). Es handelt sich also um einen abstrakten bzw. typisierten Vertrauensschutz,
bei dem Kennt-nisnahme vom Registerinhalt und Kausalität unwiderleglich vermutet
werden, soweit lediglich die Möglichkeit bestand, dass der Dritte im Vertrauen
auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage gehandelt haben konnte (MünchKomm.-Wieb,
a. a. O.). Ob die Tatsache das Verhalten des Dritten tatsächlich beeinflusst
hat, ist gleichgültig (Brüggemann-Würdinger, HGB, 3. Aufl., § 15 Rdn. 12 und
Staub-Hüffer, HGB, 4. Aufl., § 15 Rdn. 24). Eine solche Möglichkeit war für
die Beklagte gegeben.
Zum einen hätte die Beklagte den Vertrauensschutz des § 15 Abs. 1 HGB benö-tigt,
wenn sie trotz Kenntnis der Abtretung vom 10. Juli 1998 im Vertrauen auf den
Registerinhalt und das Verbot des Selbstkontrahierens an den bisherigen Forde-rungsinhaber
gezahlt hätte.
Zum anderen konnte die Beklagte aufgrund des Registerinhalts i. V. m. mit dem
Verbot des Selbstkontrahierens seit Ablauf des Jahres 1999 davon ausgehen,
dass die Zahlungsklage nicht vom Berechtigten im Sinne des § 209 Abs. 1 BGB
erhoben ist und daher mangels anderer Hemmungs- oder Unterbrechungstatbe-stände
die Vollendung der Verjährung eingetreten ist und sie über ihre Finanzmit-tel
für die Begleichung der Werklohnforderung nunmehr anderweitig verfügen kann.
Der Tatbestand des § 15 Abs. 1 HGB ist erfüllt. Eine engere Auslegung ist nicht
möglich (BGH a. a. O.).
g) Auch handelt es sich nicht um den sog. ‘Unrechtsverkehr’, sondern um rechtsgeschäftlichen
Verkehr, der unter den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 HGB fällt.
h) Die Anwendung des § 15 Abs. 1 HGB führt dazu, dass die Klägerin wegen schwebender
Unwirksamkeit der Abtretung vom 10. Juli 1998 nicht Berechtigte im Sinne des
§ 209 Abs. 1 BGB ist. Denn die Rechtsfolge des § 15 Abs. 1 HGB be-steht darin,
dass die eintragungspflichtige, aber nicht im Handelsregister eingetra-gene
Tatsache dem Dritten nicht entgegengesetzt werden kann, sodass die Rechtslage
für den Dritten so zu beurteilen ist, als wenn die Tatsache nicht eingetreten
ist (Sonnenschein-Weitemeyer, a. a. O., Rdn. 13), die Geschäfts-führerin #######
also nicht vom Verbot des Selbstkontrahierens befreit war und daher die Abtretung
vom 10. Juli 1998 gemäß § 177 BGB schwebend unwirksam ist (vgl. zur Rechtsfolge
des § 181 BGB Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 181 Rdn. 15). Eine rechtzeitige,
vor Ablauf der Verjährung erfolgte Genehmigung der Abtretung ist nicht vorgetragen
und nicht ersichtlich. Eine nach Ablauf der Verjäh-rung erfolgte Genehmigung
konnte nicht mehr zur Unterbrechung der Verjährung führen (Palandt-Heinrichs,
a. a. O., § 209 Rdn. 11).
i) Auch hinsichtlich der Rechnung vom 26. November 1997 in Höhe von 9.610 DM
netto richtet sich die Verjährung nach der Fälligkeit der Schlussrechnung vom
15. November 1996, da zu diesem Zeitpunkt nicht nur solche Forderungen fällig
werden, die in der Schlussrechnung enthalten sind, sondern auch solche, die
in der Schlussrechnung - sei es bewusst, sei es aus Vergesslichkeit - nicht
aufge-nommen worden sind. (Ingenstau/Korbion, am angebenden Ort, § 16 Rdnr.
104 mit weiteren Nachweisen). In der Rechnung vom 26. November 1997 hatte die
Auftragnehmerin selbst angegeben, dass es sich um eine ‘Ergänzung zur Schlussrechnung’
handelt (Bl. 218 d. A.).
II.
Die Nebenentscheidungen folgen aus § 97 Abs. 1, § 108 Abs. 1 Satz 1, § 546
Abs. 2 Satz 1, § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.
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