Urteil des OLG Brandenburg vom 30.07.2008
OLG Brandenburg: einstellung des verfahrens, gesetzlicher vertreter, abtretung einer forderung, höchstpersönliches recht, strafbare handlung, gesetzliche vertretung, strafanzeige, verletzter, verein
1
2
3
4
Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 Ws 111/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 171 StPO, § 172 Abs 1 S 1
StPO, § 266 Abs 1 StGB
Klageerzwingungsverfahren: Betroffenheit eines Vereins bei
Einstellung eines Ermittlungsverfahrens; Verletzteneigenschaft
einer „Aktionsgemeinschaft“; Antragsbefugnis aus
abgetretenem Recht
Tenor
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der
Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg vom 5. Dezember 2007 wird als
unzulässig verworfen.
Gründe
I.
27. Juli 2006
Staatsanwaltschaft Potsdam Strafanzeige - zunächst gegen Unbekannt - wegen des
Verdachts der Untreue zu Lasten unbekannter so genannter Neusiedlererben bzw. zu
Lasten des so genannten Entschädigungsfonds. Konkret heißt es in der Strafanzeige:
.
Der Antragsteller ist ein so genanntes „Aktionsbündnis“, ein Zusammenschluss von „14
Aktionsgruppen in den Bundesländern“. Mitglied dieses Dachverbandes ist u.a. der
„Bund der N.“. Aufgrund der vereinsrechtlichen Aufgabenstellung nimmt der
Antragsteller in Geschäftsbesorgung u.a. für den „Bund der N.“ die Interessen der dort
zusammengeschlossenen ca. 1.000 Mitglieder bzw. Neusiedlererben wahr. Zu den
weiteren Aufgaben des Antragstellers gehört auch die Wahrnehmung der Interessen
anonymer Erben im Wirkungskreis der Bestimmungen über die gesetzliche Vertretung
gem. § 2 Abs. 3 Art. 233 EGBGB im Zusammenhang mit dem Anspruch des
Landesfiskus auf Auflassung von Bodenreformflächen gem. §§ 11 Abs. 3, 12 ff. Art. 233
EGBGB. Hierbei geht es insbesondere darum, dass das Land Brandenburg im Rahmen
der Überführung der Liegenschaft in das Eigentum des Landes aufgrund unzureichender
Erbenermittlung u.a. nicht habe überprüfen können, ob möglicherweise die
Voraussetzungen für eine Besserberechtigung gem. § 12 Abs. 3 Art. 233 EGBGB für
einen unbekannt gebliebenen Erben vorgelegen habe.
Erklärter Hintergrund der Strafanzeige ist der Beschluss des Brandenburgischen
Oberlandesgerichts vom 3. August 2004 (8 Wx 28/04), das auf die weitere Beschwerde
der Antragstellerin in diesem Verfahren, W. W., das Amtsgericht – Grundbuchamt –
angewiesen hatte, gegen die am 15. April 2003 erfolgte Eigentumsübertragung an das
Land Brandenburg zu Gunsten der Antragstellerin W. W. von Amts wegen einen
Widerspruch einzutragen. In dieser Entscheidung hatte das Brandenburgische
Oberlandesgericht die Praxis des Landes Brandenburg (Grundstücksfonds Brandenburg),
vertreten durch das Ministerium der Finanzen, dieses Vertreten durch das Grundstücks-
und Vermögensamt Brandenburg, sich zur Sicherung von Auflassungsansprüchen als
gesetzliche Vertreter im Sinne von § 2 Abs. 3 Art. 233 EGBGB bestellen zu lassen und
unter gleichzeitiger Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens gem. § 181 BGB (§ 2
Abs. 3 Satz 3 Art. 233 EGBGB) die Auflassung und Grundstücksübertragung zu
betreiben, als unwirksam bezeichnet, da die nach § 7 GBBerG erforderliche Erlaubnis des
Vormundschaftsgerichts gefehlt habe.
Nachdem der Antragsteller die für das vorliegende Klageerzwingungsverfahren
4
5
6
7
8
9
10
Nachdem der Antragsteller die für das vorliegende Klageerzwingungsverfahren
maßgebliche Strafanzeige vom 27. Juli 2006 angebracht hatte, hat das
Brandenburgische Oberlandesgericht in einer weiteren, zeitlich erst danach ergangenen
Entscheidung vom 11. Januar 2007 (5 U 41/06) im Berufungsverfahren der dortigen
Kläger H. und E. N. gegen das beklagte Land Brandenburg, eine weitere
Grundstücksübertragung als unwirksam angesehen. Zwar sei die Vertreterbestellung für
unbekannt gebliebene Neusiedlererben nach Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB unter Befreiung
der Beschränkungen des § 181 BGB gültig gewesen, und ein Missbrauch der
Vertretungsmacht habe nicht vorgelegen, jedoch sei die Auflassung unwirksam, da die
erforderliche Erlaubnis des Vormundschaftsgerichts nicht vorgelegen habe. Auf die
Revision des Landes Brandenburg hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 7.
Dezember 2007 (V ZR 65/07) entschieden, dass die Erklärung eines nach Art. 233 § 2
Abs. 3 EGBGB vom Vertreter unbekannten Eigentümers eines Grundstücks aus der
Bodenreform bestellten Landes, das Grundstück an sich selbst aufzulassen, wegen
Missbrauchs der verliehenen Vertretungsmacht sittenwidrig und nichtig sei, wenn das
Bestehen eines Anspruchs auf Auflassung nicht geprüft wurde.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Klageerzwingung) vom 4. Juni 2008 richtet sich
gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg vom 22.
Mai 2008, durch den diese dem Anzeigeerstatter mit näheren Ausführungen mitgeteilt
hat, dass sie keinen Anlass sehe, in Abänderung des angefochtenen
Einstellungsbescheids der Staatsanwaltschaft Potsdam vom 10. März 2008 die
Wiederaufnahme der Ermittlungen und die Erhebung der öffentlichen Klage anzuordnen.
Mit dem Antrag vom 4. Juni 2008 überreichte der Antragsteller eine „Abtretungs- und
Ermächtigungsvereinbarung“ vom selben Tag, wonach die Erben des verstorbenen Ri.
N., H. N.l und E. N., dem Antragsteller Nutzungsentgeltansprüche für
Bodenreformgrundstücke
in einer Höhe von bis zu 1.000 € abtreten und darüber hinaus den
Antragsteller ermächtigen,
Ebenfalls im Klageerzwingungsantrag hat der Antragsteller den ursprünglich gegen
Unbekannt gestellten Strafantrag konkretisiert und nunmehr erstmalig
sowie
darüber hinaus mit Schriftsatz vom 23. Juni 2008 Herrn B. - als Tatverdächtige benannt.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist bereits unzulässig, weil der Antragsteller nicht
Verletzter im Sinne von § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO ist.
1. Dem Antragsteller steht die Beschwerde an den Generalstaatsanwalt gegen den
Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft nur zu, wenn er zugleich Verletzter ist (§
172 Abs. 1 Satz 1 StPO). Infolgedessen setzt auch der Antrag auf gerichtliche
Entscheidung nach § 172 Abs. 2 S. 1 StPO voraus, dass der Antragsteller durch die den –
erstmals im Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 4. Juni 2008 namentlich
benannten – Beschuldigten zur Last gelegte Straftat verletzt worden ist. Dies jedoch ist
nicht der Fall, weil der Anzeigeerstatter – wie die Generalstaatsanwaltschaft des Landes
Brandenburg ihrer Stellungnahme vom 20. Juni 2008 zutreffend ausführt – durch das den
Beschuldigten zur Last gelegte Vergehen der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB nicht
unmittelbar in seinen eigenen Rechten betroffen ist, so dass ihm ein Antragsrecht nach
§ 172 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht zusteht.
a) Das Klageerzwingungsverfahren sichert das Legalitätsprinzip, hat seinen Ursprung
jedoch im Begriff des Verletzten und dessen Interessen, wie die Entstehungsgeschichte
verdeutlicht. Das Institut der Klageerzwingung ist das Ergebnis eines Kompromisses
zwischen der Regelung des im Jahr 1874 vom damaligen Bundesrat eingebrachten
Entwurfs, der – abgesehen von den Privatklagedelikten – bei Einstellung des Verfahrens
nur die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft, und zwar
durch den Verletzten, vorsah, und der Forderung der Reichstagskommission, jedem
Anzeigeerstatter die Erzwingung der öffentlichen Klage zu ermöglichen. Dem
Kompromiss war eine scharfe Auseinandersetzung zwischen den Regierungsvertretern
und dem Reichstag vorausgegangen, die im Hinblick auf die Frage der Notwendigkeit
einer Kontrolle der Entscheidungen durch die Staatsanwaltschaft durch eine
unabhängige Instanz überhaupt grundsätzlichen Charakter angenommen hatte (siehe §
146 Abs. 2 des Entwurfs einerseits und § 148 der Kommissions-Fassung andererseits,
11
12
13
14
146 Abs. 2 des Entwurfs einerseits und § 148 der Kommissions-Fassung andererseits,
Hahn, Materialien II, 2. Aufl. 1886, S. 2216 f.; vgl. auch v. Liszt, Strafrechtliche Aufsätze
und Vorträge I, 1905, S. 30 ff.).
Durch die Verankerung prozessförmiger Verfahren erfüllt der Staat nicht nur Bedürfnisse
der Allgemeinheit wie vorliegend die Gewährung des Legalitätsprinzips, sondern zugleich
auch – durch Justizgewährung – gewisse Individualinteressen. Nur insoweit diese konkret
unterstützend zu den öffentlichen Interessen hinzutreten, wird das
Klageerzwingungsverfahren zulässig (vgl. Frisch JZ 1974, S. 7, 9; Maiwald GA 1970, S. 33,
52; Hefendehl GA 1999, S. 584, 587). Das Verhältnis zum oben angeführten Zweck des
Klageerzwingungsverfahrens, der Sicherung des Legalitätsprinzips, ist dahin zu
konkretisieren, dass es nicht um die Gewährleistung des § 152 Abs. 2 StPO als eines
objektiven Rechtsprinzips geht, sondern das Klageerzwingungsverfahren den Schutz des
Verletzten bezweckt, soweit dieser durch die Einstellung des Verfahrens beschwert
erscheint; erst insoweit dient das Klageerzwingungsverfahren dem Legalitätsprinzip (vgl.
OLG Stuttgart NJW 2001, S. 840; OLG Düsseldorf VRS 98, S. 136; OLG Düsseldorf NStZ
1995, S. 49; OLG Düsseldorf NJW 1992, S. 2370; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2001, S. 112;
OLG Koblenz NJW 1985, S. 1409; OLG Bremen NStZ-RR 2000, S. 270; OLG Hamm NJW
1972, S. 1874; OLG Köln NJW 1972, S. 1338; Frisch JZ 1974, S. 7, 9 f.; Krehl in:
Heidelberger Kommentar, StPO, 2. Aufl. 1999, § 172 Rdnr. 1; KK-Schmid, StPO, 5. Aufl.
2003, § 172 Rdnr. 1, 18; Pfeiffer, StPO, 5. Aufl. 2005, S. 172 Rdnr. 1; Roxin,
Strafverfahrensrecht, 25. Aufl. 1998, § 39 Rdnr. 2; Beulke, Strafprozeßrecht, 7. Aufl.
2004, Rdnr. 344; Maiwald GA 1970, S. 33, 52; Hefendehl GA 1999, S. 584, 587;
Karlsbach, Die gerichtliche Nachprüfung von Maßnahmen der Staatsanwaltschaft im
Strafverfahren, 1967, S. 82). Der Gesetzgeber hat durch das „limitierende Prinzip“
(Frisch aaO.) - das Erfordernis der Verletzung - darauf verzichtet, der Sicherung und
Durchsetzung des Legalitätsprinzips uneingeschränkte Priorität einzuräumen.
b)Der Begriff des Verletzten hat dabei noch keine einheitliche Definition erfahren. Die
früher vertretene Auslegung, wonach als verletzt anzusehen sei, wer durch die
behauptete strafbare Handlung in seinen berechtigten Interessen so beeinträchtigt ist,
dass sein Verlangen nach Strafverfolgung einem als berechtigt anzusehenden
Vergeltungsbedürfnis entspringe (Eb. Schmidt, Lehrkommentar 1957, § 171 Rdnr. 12, §
172 Rdnr. 15; vgl. auch OLG Braunschweig, NdsRPfl 1965, S. 17; OLG Celle NdsRPfl 1954,
S. 209; OLG Bremen NJW 1950, S. 960) ist zwischenzeitlich als zu verschwommen und zu
weitgehend kritisiert und als nicht brauchbar verworfen worden (vgl. Ostendorf, Recht
und Politik, 1980, S. 200, 201). Die höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung
charakterisiert als Verletzten im Sinne von § 172 Abs. 1 S. 1 StPO denjenigen, der durch
die schädigende Handlung – ihre Begehung unterstellt – unmittelbar in seinen Rechten,
Rechtsgütern oder rechtlich anerkannten Interessen beeinträchtigt ist, und rückt damit
den Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm in den Mittelpunkt der Diskussion (vgl.
BGHSt 18, S. 283, 284 ff.; OLG Stuttgart NJW 2001, S. 840; OLG Düsseldorf VRS 98, S.
136; OLG Frankfurt NStZ-RR 1998, S. 279; OLG München NJW 1985, S. 2430; OLG
Düsseldorf NStZ 1995, S. 49; OLG Karlsruhe NJW 1986, S. 1277; OLG Koblenz NJW 1985,
S. 1409; OLG Hamm NStZ 1986, S. 327; OLG Hamm NJW 1972, S. 1874; OLG Köln NJW
1972, S. 1338; vgl. auch Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl. 2007, § 172 Rdnr. 9; Frisch JZ
1974, S. 7 f.; Bloy JR 1980, S. 480 f.).
Diese Abgrenzung ist zwar nicht „absolut sicher“ (KK- Schmid, StPO, 5. Aufl. 2003, § 172
Rdnr. 19), gibt aber bei Orientierung an den Wertentscheidungen des geltenden Rechts
eine brauchbare Richtlinie. Bei der Auslegung ist zu beachten, dass jemand durch eine
Tat nur dann verletzt sein kann, wenn die übertretene Norm – jedenfalls auch – die
Rechte dieser Person unmittelbar schützen will (BGHSt 18, 283, 284).
c)Privatrechtliche Vereinigungen und Verbände sind nur dann unmittelbar verletzt, wenn
sich die Straftat gegen die ihnen zugeordneten Rechtsgüter (Hausrecht, Eigentum,
Vermögen) richtet (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1987, S. 1835; OLG Karlsruhe NStZ 1997, S.
254). Sie werden aber grundsätzlich nicht schon dadurch zu Verletzten im Sinne der §§
171, 172 StPO, dass zu ihrem satzungsmäßigen Ziel die Pflege
gemeinschaftsbezogener Rechtsgüter oder fremder Vermögensinteressen gehört. Dies
würde auf die Anerkennung einer vom Gesetzgeber nicht gewollten und der
Strafprozessordnung fremden Popularklageerzwingung hinauslaufen (vgl. Graalmann-
Scheerer in: LR, StPO, 26. Aufl. 2008; § 172 Rdnr. 61). Nicht „Verletzter“ im Sinne der §§
171, 172 StPO ist beispielsweise der Kinderschutzbund bei Kindesmisshandlungen oder
Verstößen gegen die Jugendschutzbestimmungen oder ein Verband zur Förderung
gewerblicher Interessen bei Vermögensstraftaten gegen seine Mitglieder (vgl. OLG
Braunschweig MDR 1971, S. 1028; ausf. Graalmann-Scheerer, a.a.O.). Die
Verletzteneigenschaft privatrechtlicher Vereinigungen und Verbände wird dagegen dann
zu bejahen sein, soweit die Vertretung rechtlich geschützter Interessen nicht nur zu
15
16
17
18
19
zu bejahen sein, soweit die Vertretung rechtlich geschützter Interessen nicht nur zu
ihrem satzungsmäßigen Ziel gehört, sondern darüber hinaus durch die Rechtsordnung
deren Geltendmachung ausdrücklich zugewiesen worden ist, sei es ausschließlich oder
neben dem individuellen Betroffenen. Verletzt sein können daher beispielsweise nach
dem Urheberrechtsgesetz gebildete Verwertungsgesellschaften bei Straftaten gegen
das Urheberrecht (vgl. § 54h UrhG), Verbraucherschutzverbände bei Verstößen gegen
verbraucherschützende Vorschriften (vgl. früher § 13 Abs. 2 AGBG, zum 1. Januar 2000
außer Kraft getreten) oder Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen bei
Straftaten des gewerblichen Rechtsschutzes (vgl. § 8 Abs. 3 UWG).
d) Der Antragsteller, ein eingetragener Verein, ist durch die schädigende Handlung – ihre
Begehung vorausgesetzt – nicht unmittelbar in seinen Rechten, Rechtsgütern oder
rechtlich anerkannten Interessen beeinträchtigt, sondern allenfalls mittelbar dadurch,
dass zu seinem satzungsmäßigen Ziel die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen
gehören mag. Auch ist dem Verein die Vertretung rechtlich geschützter Interessen nicht
durch die Rechtsordnung zugewiesen. In seiner Eigenschaft als Dachverband handelt der
Antragsteller allein in Wahrnehmung der Interessen seiner Mitglieder und ist deshalb von
der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nicht oder jedenfalls nur mittelbar betroffen
(vgl. hierzu OLG Stuttgart NJW 2001, S. 840; OLG Düsseldorf VRS 98, S. 136; OLG
Düsseldorf NStZ 1995, S. 49; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2001, S. 112; OLG Karlsruhe NJW
1986, S. 1276; OLG Koblenz NJW 1985, S. 1409; Senatsbeschluss vom 15. Mai 2006 – 1
Ws 75, 76/06 – ).
2. Der Antragsteller kann seine Antragsbefugnis auch nicht aus der erst mit dem
Klageerzwingungsantrag vorgelegten „Abtretungs- und Ermächtigungsvereinbarung“
vom 4. Juni 2008 herleiten.
a) Dies gilt zunächst in Bezug auf die darin enthaltene Abtretung von Schadensersatz-
und Nutzungsentgeltansprüchen durch die Kläger, H. N. und E. N., des vom
Bundesgerichtshof durch Urteil vom 7. Dezember 2007 (V ZR 65/07) entschiedenen
Rechtsstreits an den Antragsteller. Insoweit ist ein Übergang vermögensrechtlicher
Ansprüche im Wege der Abtretung im Ergebnis nicht anders zu beurteilen als ein Erbfall.
Diesbezüglich aber ist anerkannt, dass die nur mittelbar geschädigten Erben nicht zu
den Verletzten im Sinne des § 172 Abs. 1 StPO gehören, und dass das
höchstpersönliche Antragsrecht gem. § 172 StPO nicht durch Erbfall oder
Rechtsgeschäft übergehen kann (vgl. OLG Düsseldorf, wistra 1994, S. 155; OLG
Düsseldorf NJW 1992, S. 2370; OLG Stuttgart NJW 1986, S. 3153; OLG Karlsruhe, Die
Justiz, 1985, S. 361; OLG Braunschweig NdsRpfl 1954, S. 91; OLG Celle NStZ 1988, S.
568; OLG Hamm NStZ 1986, S. 327; OLG Koblenz NJW 1985, S. 1409; Graalmann-
Scheerer in: LR, StPO, 26. Aufl. 2008; § 172 Rdnr. 44; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl.
2007, § 172 Rdnr. 12; KMR-Plöd, StPO, Loseblatt 1998 ff., § 172 StPO Rdnr. 40).
Hinsichtlich der nachträglichen Abtretung einer Forderung kann nichts anderes gelten;
auch der Abtretungsempfänger ist nicht Verletzter im Sinne von §§171, 172 StPO, er ist
allenfalls mittelbar geschädigt und daher nicht antragsbefugt. Denn anderenfalls würde
das vom Gesetzgeber als höchstpersönliches Recht ausgestaltete Antragsrecht im
Klageerzwingungsverfahren unterlaufen werden, und dieses Antragrecht zudem durch
die Möglichkeit einer Forderungsabtretung gleichsam käuflich gestellt.
b) Wirkungslos ist die mit dem Klageerzwingungsantrag vorgelegte „Abtretungs- und
Ermächtigungsvereinbarung“ vom 4. Juni 2008 auch insoweit, als darin der Antragsteller,
ermächtigt wird,
, und die Abtretenden ferner erklärt haben, dass sie sich
anschließen.
Dies gilt bereits deshalb, weil in der Strafanzeige vom 27. Juli 2006 auf den die Verletzten
H. N. und E. N. betreffenden Sachverhalt nicht Bezug genommen wurde und zu diesem
Zeitpunkt das Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 8. März 2007 auch
noch nicht ergangen war. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 StPO
kann nur stellen, wer selbst die Strafanzeige erstattet und auch (Vorschalt-) Beschwerde
eingelegt hat (vgl. OLG Braunschweig NJW 1965, S. 598, KK-Schmid, StPO, 5. Aufl. 2003,
§ 172 Rdnr. 17). Die bloße Erklärung nach erfolgter Einstellung des Verfahrens und
abgeschlossener Vorschaltbeschwerde, sich einem Klageerzwingungsantrag anschließen
zu wollen, begründet eine Antragsbefugnis nicht. Dies gilt hier umso mehr, als sich die
der Klageerzwingung zu Grunde liegende Strafanzeige vom 27. Juli 2006 – wie oben
dargelegt – ursprünglich auf einen anderen Sachverhalt bezog und das der genannten
Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7. Dezember 2007 zugrunde liegende
20
Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7. Dezember 2007 zugrunde liegende
Geschehen erst später auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Potsdam in die
Sachprüfung mit einbezogen worden ist. Dementsprechend geht die zu Gunsten des
Antragstellers erst jetzt erteilte Vollmacht der Zedenten zur Wahrnehmung ihrer
Interessen im Klageerzwingungsverfahren – ungeachtet der überdies bestehenden
Problematik des Verletztenbegriffs – ins Leere.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da der Antrag aus formellen Gründen als
unzulässig zu verwerfen war. In diesem Fall fällt keine Gerichtsgebühr an, und der
Antragsteller hat seine notwendigen Auslagen ohnehin selbst zu tragen.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum