Urteil des OLG Brandenburg vom 10.08.2007

OLG Brandenburg: beratung, mieter, einbau, wand, beweisverfahren, umbau, belastung, mangel, haftpflichtversicherung, analyse

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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht
12. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 180/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 15 Abs 2 Nr 1 AIHonO, § 635
BGB, § 635aF BGB
Architektenvertrag: Pflichten bei Umbau, Modernisierung und
Instandsetzung eines Gebäudes
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10. August 2007 verkündete Urteil der 12.
Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 12 O 124/06,
teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 4.067,64 € nebst Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.632,19 € seit dem 30. April 2006 und
aus weiteren 435,45 € seit dem 14. Juni 2007 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch die weiteren
Kosten zu ersetzen, die in Zukunft durch die Beseitigung der Feuchteschäden am
Nordgiebel ihres Hauses auf dem Grundstück B. Str. 5 a, Flurstück 556 in M. entstehen
können.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 47 % und der
Beklagte 53 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 35
% und der Beklagte zu 65 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache teilweise Erfolg.
1. Die Klage ist in Höhe von insgesamt 4.760,10 € sowie hinsichtlich des
Feststellungsbegehrens begründet, im Übrigen ist sie unbegründet. Der Klägerin steht
gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 635 BGB a. F. in Höhe von
weiteren 4.067,64 € zu. Da der zwischen den Parteien geschlossene Architektenvertrag
am 13.08.2001/14.08.2001, also vor dem 01.01.2002, geschlossen wurde, ist nach Art.
229 § 5 S. 1 EGBGB das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Schuldrecht anwendbar.
Dieser Vertrag umfasste die Erbringung der Leistungsphasen 1 - 8 betreffend die
Leistungen bei Gebäuden und raumausbildenden Ausbauten sowie die
Tragwerksplanung. Die insoweit geschuldete Werkleistung hat der Beklagte nicht
mangelfrei erbracht, denn der Salz- und Feuchteschaden im Erdgeschoss der
Mietwohnung der Mieter K. im Eckbereich des Nordgiebels, und zwar im Bereich des
Außenwandanschlusses zum neuen Mauerwerk, beruht auf einer mangelhaften
Architektenleistung des Beklagten.
a) Ein Planungsfehler liegt aufgrund mangelhafter Grundlagenermittlung vor, weil der
Beklagte gegen seine Bestandserkundungspflicht und die damit verbundene Aufklärung
und Beratung der Klägerin verstoßen hat. Aufgrund des zwischen den Parteien
geschlossenen Architektenvertrages schuldete der Beklagte auch die
Grundlagenermittlung i.S.v. § 15 HOAI Ziffer 1. Diese beinhaltet das Ermitteln der
Voraussetzungen zur Lösung der Bauaufgabe durch die Planung. Das bedeutet im
Allgemeinen die sachgerechte Beratung des Aufraggebers, bevor überhaupt mit der
eigentlichen planerischen Arbeit des Architekten i.S.d. Lösung architektonischer Fragen
begonnen wird (Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 6. Aufl., § 15 Rn. 32). Bei Umbauten,
Modernisierungen und Instandsetzungen sind die aufgrund der Gegebenheiten
notwendigen Maßnahmen zu klären. Hierzu gehört auch die Bestandsaufnahme, die
notwendigen Maßnahmen zu klären. Hierzu gehört auch die Bestandsaufnahme, die
konstruktive und sonstige Bauschäden erfasst (Locher, HOAI, 9. Aufl., § 15 Rn. 16). Nur
eine sorgfältige Bestandserkundung kann die Beurteilungsgrundlage schaffen, ob und
inwieweit das vorhandene Altgebäude umgebaut werden kann. Dazu gehört die Prüfung,
inwieweit sich die Bausubstanz hinsichtlich der vorhandenen Baustoffe, der Bauart und
des altersbedingten Abnutzungsgrades für einen Umbau eignet (Jochem, BauR 2007,
281). Vorrangig ist die Beurteilung der Bauqualität, so dass festgestellt werden muss,
welche Baumängel vorliegen. Die Bauwerkserkundungspflicht wird umso intensiver, je
stärker in den Bestand des Gebäudes eingegriffen werden soll. Bei Umbauten und
Modernisierungen eines Gebäudes ist nicht nur eine intensivere Bauaufsicht als bei
Neubauten (BGH NJW 2000, 1500 f), sondern auch eine entsprechende Planung
gefordert. Werden insoweit notwendige Erkundungen nicht angestellt und unterlaufen bei
der Beurteilung der vorhandenen Bauqualität dem Architekten Fehler, ist damit die
Ursache späterer Haftung gesetzt (OLG Düsseldorf NZV 2005, 406 ff; OLG Rostock BauR
2006, 2092 f; OLG Koblenz Urt. v. 21.02.2006, 4 U 276/05). Dabei kann dahingestellt
bleiben, ob bereits aufgrund des Alters eines umzubauenden Gebäudes ohne weitere
Anhaltspunkte für eine spätere Schädigung eine Substanzerkundungspflicht gegeben ist,
weil etwa bei einem 100 Jahre alten Haus damit gerechnet werden müsse, dass die
Isolierung nicht vorhanden und nicht mehr einwandfrei sei (OLG Düsseldorf, a.a.O.) oder
dass bei Sanierungsarbeiten an einem Altbau auch ohne Anhaltspunkte für den Befall
mit Hausschwamm vor Durchführung der Sanierungsarbeiten der Architekt sich selbst
ein Bild vom Zustand der Bausubstanz zu verschaffen und deswegen diese auf
Hausschwammbefall zu überprüfen habe (OLG Rostock, a.a.O.), denn ausweislich der
vom Beklagten bereits vor Vertragsbeginn gefertigten Zustandsanalyse vom 05.10.2000
war diesem bekannt, dass der gesamte Gebäudekomplex Vorschädigungen aufwies. Die
Ist-Zustandsanalyse bezog sich auch auf sämtliche Gebäudekomplexe einschließlich des
später umgebauten so genannten Obstlagerhauses. Danach war das vorhandene
Mauerwerk im gesamten Bereich stark angegriffen. Die Fugen wiesen zum Teil
Auswaschungen von mehr als 5 cm auf. Das Mauerwerk war stark mit Salpeter behaftet
und ein nicht unerheblicher Teil wies Schwammbefall auf. Mittels dieser Zustandsanalyse
wurde auch der Antrag auf Abbruchgenehmigung des kompletten Lagerhauses
einschließlich des Nordgiebels begründet, welche mit Bescheid vom 05.04.2001 durch
den Landkreis M. - Untere Bauaufsichtsbehörde - bewilligt wurde. Die im Rahmen der
Zustandsanalyse gewonnenen Kenntnisse über die Bausubstanz, das Alter des
Gebäudes von damals 66 Jahren bei Vertragsbeginn, sowie die Kenntnis der vorherigen
Nutzung des Gebäudes durch eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft waren
auch ohne konkrete Kenntnis der Tatsache der Lagerung von Düngemitteln im späteren
Schadensbereich Anlass zur weiteren Untersuchung und insbesondere Information und
Aufklärung der Klägerin. Der Beklagte konnte sich nicht darauf verlassen, dass das
umzubauende Gebäude ein Obstlagerhaus gewesen sei, weswegen mit einer
Salzkontamination aus Düngemittellagerung nicht zu rechnen gewesen sei, denn die
Bestandserkundungspflicht bestand unabhängig davon aufgrund der zuvor genannten
Umstände. Eine Differenzierung zwischen Salzbelastung mit Salpeter und anderen
Salzen, mit denen nicht zu rechnen war, ist nicht durch die Feststellungen des
Sachverständigen A. gedeckt. Dieser hat zwar festgestellt, dass man augenscheinlich
die Salzbelastung in der Nordgiebelwand nicht sehe. Dies ist jedoch auf den
Begutachtungszeitpunkt bezogen, zu dem er an der Nordgiebelwand nur zwei kleine
Bereiche freigelegt hatte. Dass Ausblühungen wie bei einer Belastung mit Salpeter dabei
nicht auftreten würden und dass eine übliche stichprobenartige Analyse der
Nordgiebelwand nicht zum Erkennen der Belastung geführt hätte, weil die Kontamination
sich nur auf einen kleinen Teil der Wand bezogen habe, hat er nicht festgestellt. Der
Sachverständige hat vielmehr in seinem ersten Ergänzungsgutachten nur ausgeführt,
dass er rückwirkend mit 100%iger Sicherheit nicht mehr beurteilen könne, ob im
Sanierungs- und Planungszeitraum allein schon optisch eine wahrnehmbare erhöhte
Belastung aus der Altlast erkennbar war und dass eine allumfassende chemische
Analyse des gesamten Giebelmauerwerks eine erhöhte Salzbelastung hätte feststellen
können, eine übliche stichprobenartige Untersuchung diese Feststellung bei nur partiell
stark belasteter Wandfläche u. U. nicht mit Sicherheit ermöglicht hätte. Daraus folgt
jedoch gerade, dass eine stichprobenartige Untersuchung üblich gewesen wäre, was
ohne weiteres nachvollziehbar erscheint, zumal der Sachverständige, wie auch vom
Beklagten selbst besonders betont wurde, ungewöhnlich hohe Messwerte festgestellt
hat, denen, selbst wenn sie zunächst nicht erklärbar gewesen sein sollten, hätte
nachgegangen werden müssen. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass eine solche
Nachforschung erfolglos gewesen wäre. Im Übrigen hat der Sachverständige zu der
Frage, ob Ausblühungen wie bei Salpeter bei Düngemittelkontamination entstehen,
keine Feststellungen getroffen. Aus seiner mündlichen Erläuterung vom 06.10.2006 folgt
jedoch, dass jedenfalls zum Begutachtungszeitpunkt am Übergang zwischen altem und
neuem Mauerwerk weiße Ausblühungen erkennbar waren. Dies spricht dafür, dass es
auch bei einer Salzbelastung durch Düngemittel zu Ausblühungen wie bei „sonstigen
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auch bei einer Salzbelastung durch Düngemittel zu Ausblühungen wie bei „sonstigen
Salpeter“ kommen kann. Dabei ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass Salpeter
lediglich der Name einiger häufig vorkommender Nitrate ist und die Salze der
Salpetersäure bezeichnet. Auch Düngemittel enthalten Nitrationen, die durch
Feuchtigkeit freigesetzt werden können. Aus alledem folgt, dass die dem Beklagten
bekannten Salpeterausblühungen Anlass hätten sein müssen, die Klägerin darüber
aufzuklären, welche Risiken damit verbunden sein können und eine weitere
Untersuchung anzuraten. Fehlte ihm dafür die Sachkunde, hätte er um fachkundige
Unterstützung bitten müssen. Dann wiederum hätte die Klägerin nach entsprechender
Beratung und Aufklärung, wie es sich auch aus Pkt. 3.7 des Ingenieurvertrages ergibt,
die Mitwirkungspflicht zur Beauftragung geeigneter Sonderfachleute gehabt. Etwas
anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Beklagten in Bezug genommene Urteil des
Kammergerichts vom 13.09.2005 (IBR 2006, 454). In dem der Entscheidung zugrunde
liegenden Fall war der Architekt anders als hier mit der Grundlagenermittlung gerade
nicht beauftragt worden, sondern mit dem Aufmaß des Bestandes einschließlich Keller
und Dach, Erstellen von Bestandsplänen und technischer Bestandaufnahme als
Besondere Leistung, bei der nach dem Angebot zudem ausdrücklich die Fachplanungs-
und Fachberatungsleistungen wie Erstellung von Holzschutzgutachten nicht enthalten
waren. Im Übrigen geht auch das Kammergericht grundsätzlich davon aus, dass bei
einer vertraglich vereinbarten Grundlagenermittlung die Feststellungs- und
Aufklärungspflichten zu den Schadensbildern bei der Bestandsaufnahme umfangreicher
anzusetzen wären.
b) Demgegenüber ist die Schimmelpilzbelastung an der Trockenbauvorsatzschale der
Nordgiebelwand im Schlafzimmer der Erdgeschosswohnung der Mieter ist nicht durch
eine objektiv mangelhafte Erfüllung des Architektenvertrages verursacht worden. Die
Klägerin ist beweisfällig dafür, dass insoweit ein Planungsfehler des Beklagten ursächlich
ist. Eine weitere Beweiserhebung durch Einholung eines neuen
Sachverständigengutachtens (§ 412 ZPO) ist insoweit nicht geboten. Die
Schimmelpilzbelastung beruht nach den Feststellungen des Sachverständigen A. nicht
auf einem bauphysikalischen Mangel der Trockenbauwand oder der Dämmung der
Außenwand, sondern ausschließlich auf Mieterverhalten wegen zu dicht stehender
Möblierung. Die von der Klägerin vorgebrachte andere Ursache für die
Schimmelpilzbildung, die behauptete Wärmebrücke zwischen Estrich und Rohdecke, hat
der Sachverständige im Rahmen seiner mündlichen Erläuterung nicht bestätigen
können. Dem ist die Klägerin weder erstinstanzlich noch im Rahmen ihrer
Berufungsbegründung substanziell entgegengetreten. Die unstreitige Übernahme der
Kosten der Innensanierung durch die Haftpflichtversicherung des Baubetriebes lässt
auch nicht zwingend den Schluss zu, dass eine Wärmebrücke existierte, welche für die
Schimmelbildung ursächlich war, auch wenn nach der Innensanierung kein weiterer
Schimmel im fraglichen Wohnungsbereich aufgetreten ist. Anhaltspunkte dafür, dass die
mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen A. ohne fachliche Substanz seien, sind
nicht ersichtlich.
c) Es kann dahinstehen, ob ein weiterer Planungsfehler des Beklagten darin begründet
ist, dass dieser hinsichtlich des stehen gebliebenen Mauerwerks des alten Nordgiebels
eine fachlich richtige, vollständige und dauerhafte Abdichtung des Bauwerks
entsprechend der DIN-Vorschrift 18195 hätte planen müssen, weil entweder keine alte
Horizontalsperre vorhanden oder diese nicht mehr funktionstüchtig ist. Eine weitere
Beweisaufnahme konnte jedenfalls deshalb unterbleiben, weil die von der Klägerin von ihr
bereits verauslagten Kosten für die Einbringung einer Horizontalsperre in Höhe von
1.019,13 € Sowieso-Kosten darstellen, so dass im Ergebnis kein
Schadensersatzanspruch besteht.
Aus den Feststellungen des Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren sowie
im Rahmen der mündlichen Erläuterung im Hauptprozess folgt, dass dieser lediglich
untersucht hat, ob in dem neu errichteten Mauerwerk eine ordnungsgemäße horizontale
Sperrung gegen Bodenfeuchtigkeit sowohl vorhanden als auch entsprechend den Regeln
ordnungsgemäß seitens des Beklagten geplant worden sei, was der Sachverständige
auch bejaht hat. Ferner hat der Sachverständige festgestellt, dass eine vertikale
Sperrung zwischen „altem Mauerwerk Anschlussgiebel Nordwand und
Anschlussübergang neuem Mauerwerk“ nicht vorhanden ist. Aus dem zweiten
Ergänzungsgutachten vom 08.02.2006 und seiner mündlichen Erläuterung lässt sich
jedoch schließen, dass er nicht untersucht hat, ob außer der von der Klägerin selbst im
Jahre 2003 unstreitig eingebrachten Horizontalsperre eine weitere alte und
funktionstüchtige Horizontalsperre vorhanden ist. Damit ist diese Frage des
selbständigen Beweisverfahrens trotz entsprechender Nachfrage der Klägerin
unbeantwortet geblieben. Dies hätte auch grundsätzlich nicht ungeklärt bleiben dürfen.
Die Planung eines Architekten muss nämlich zu einer fachlich richtigen, vollständigen
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Die Planung eines Architekten muss nämlich zu einer fachlich richtigen, vollständigen
und dauerhaften Abdichtung des Bauwerks führen. Eine nicht den DIN-Vorschrift (DIN
1895) entsprechende Abdichtung ist mangelhaft, da der Schaden bereits darin liegt. Es
muss nicht bereits zu einem Feuchtigkeitseintritt gekommen sein (OLG Köln Urt. v.
30.04.2003, 13 U 207/01). Unabhängig von einer einschlägigen DIN ist für Wohnräume
eine wirksame Abdichtung gegen Bodenfeuchtigkeit erforderlich. Daraus ergibt sich eine
Pflicht des Architekten, das Vorhandensein und die Wirksamkeit der Isolierung zu
untersuchen, ggf. Abdichtungsmaßnahmen zu empfehlen und ihren ordnungsgemäßen
Einbau zu beaufsichtigen (OLG Düsseldorf NZBau 2005, 406, 408; OLG Rostock BauR
2006, 2092 f). Im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht durfte die Klägerin den
Einbau einer Horizontalsperre im Jahre 2003 nur dann als geboten ansehen, wenn in
dem alten Mauerwerk des Nordgiebels tatsächlich keine alte funktionstüchtige
Horizontalsperre mehr vorhanden gewesen ist. Dies konnte entgegen der Würdigung des
Landgerichts auch nicht bereits deshalb dahin stehen, weil das Einbringen einer
Horizontalsperre weder schadensmindernd noch schadensvermeidend gewesen wäre.
Zwar konnte eine nachträglich eingebaute Horizontalsperre nicht das Eindringen des
Salzes aus Düngemitteln verhindern, soweit die Einlagerung tatsächlich oberhalb einer
Sperre stattgefunden hatte, wie der Sachverständige angenommen hat. Die Örtlichkeit
der Einlagerung ist jedoch nur aufgrund der Aussagen der Mieter im Ortstermin des
Sachverständigen lokalisiert worden und beruhte nicht auf einer entsprechenden
chemischen Untersuchung des Mauerwerks durch den Sachverständigen. Zum anderen
folgt bereits aus den Erläuterungen des Sachverständigen selbst, dass aufgrund der
hygroskopischen Wasseraufnahme der Salze die Feuchtigkeit aus der Umgebung
gebunden wird und das Mauerwerk durchnässt wird. Es bedarf also einer
Feuchtigkeitszufuhr, damit dieser Prozess in Gang gesetzt wird. Insofern erscheint
folgerichtig, wenn die Klägerin behauptet, dass diese Feuchtigkeitszufuhr gerade im als
Baugrund mit hohem Grundwasserspiegel bekannten Oderbruch durch Aufsteigen im
Kellermauerwerk jedenfalls bis zum Einbau der Sperre im Oktober 2003 ungehindert
erfolgte, wenn eine alte Horizontalsperre nicht vorhanden oder nicht mehr
funktionstüchtig war. Dementsprechend hat auch der Sachverständige nach Vorlage von
Fotos der Klägerin, wonach augenscheinlich die von der Klägerin eingebrachte
Horizontalsperre zu einer Trocknung der Wand geführt hat, anerkannt, dass diese zu
einer Verbesserung des Feuchtigkeitsbildes geführt hat. Einer abschließende Klärung
bedarf es insoweit jedoch nicht. Auch wenn die klägerische Behauptung zuträfe und der
Einbau einer nachträglichen Horizontalsperre geboten war, wäre der entsprechende
Schadensersatzanspruch um die Kosten zu kürzen, um die die Bauleistung bei einer
ordnungsgemäßen Ausführung von vornherein teurer gewesen wäre (Sowieso-Kosten;
BGH BauR 1984, 510; BauR 1990, 84; BauR 1990, 360; BauR 2002, 86). Bei der
Ermittlung der Sowieso-Kosten ist von der zur Bauzeit üblichen, aus damaliger Sicht
sicher zum Erfolg führenden Arbeitsweise auszugehen. Anhaltspunkte dafür, dass die
Kosten niedriger gewesen wären, wenn sie ein Jahr zuvor angefallen wären, sind nicht
ersichtlich.
d) Ob ein weiterer Planungsfehler des Beklagten darin liegt, dass er entgegen des
behaupteten Bauwunsches der Klägerin oder entgegen einer entsprechenden
Vereinbarung der Parteien den Nordgiebel nicht abreißen ließ, bedarf im Hinblick auf die
Feststellungen zu a) ebenfalls keiner Entscheidung, wobei durchgreifende Bedenken
gegen die Würdigung des Landgerichts insoweit nicht bestehen.
e) Einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung bedurfte es gem. § 634 Abs. 2 BGB a. F.
nicht, da sich der festgestellte Planungsmangel hinsichtlich der fehlerhaften
Grundlagenermittlung bereits im Bauwerk verkörpert hat und durch Nachbesserung der
Planung nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BGHZ 43, 227, 232).
f) Für die Sanierung der Nordwand sind Kosten in Höhe von 2.420,92 € zu
berücksichtigen.
Die unstreitige Salzbelastung des Nordgiebels und die mangelnde Vertikalabdichtung
zwischen altem und neuem Mauerwerk hat nach den Feststellungen des
Sachverständigen A. dazu geführt, dass ein weiterer Durchfeuchtungsprozess auch zum
neuen Mauerwerk ausgelöst worden ist. Gleichzeitig hat sich die Verdunstungsfläche
weiter vergrößert und die Versalzung schreitet fort. Wegen der Volumenvergrößerung bei
Salzbildung wird das Porengefüge der Bausubstanz von Mauerwerk, Putz und Anstrichen
durch treibende Kräfte beim Durchfeuchtungs- und Trocknungswechsel allmählich
zerstört. Zwar bezieht sich die Gefahr der Zerstörung der Bausubstanz nur auf die
Oberflächenstruktur und nicht auf die Stabilität und Tragfähigkeit der Mauern im Ganzen.
Auch unter Berücksichtigung, dass das Mauerwerk jedoch jetzt trocken wäre, sind die
vom Sachverständigen vorgeschlagenen Maßnahmen der Mauerwerksinjektion als
nachträgliche vertikale Abdichtung und der Anbringung von Sanierputz nach Abschlagen
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nachträgliche vertikale Abdichtung und der Anbringung von Sanierputz nach Abschlagen
des Putzes im Eckbereich und der Wandtrocknung erforderlich.
Die Klägerin kann auch von dem Beklagten die vom Sachverständigen geschätzten
Beseitigungskosten in Höhe von 3.400,00 € netto (3.944,00 € brutto) abzüglich 1.523,08
€ (Erstattung Haftpflichtversicherung), insgesamt 2.420,92 € als Mehrkosten verlangen.
Bei ordnungsgemäß vorgenommener Bestandserkundung und entsprechender
Aufklärung und Beratung der Klägerin hätte diese entscheiden können, ob das
Bauvorhaben überhaupt ausgeführt werden soll und weitere Untersuchungen zu
beauftragen wären, oder die Nordgiebelwand im Hinblick auf die Risiken hätte abgerissen
werden sollen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin ungeachtet einer
pflichtgemäßen Aufklärung das Bauvorhaben unverändert weitergeführt hätte. Da der
Senat mit dem Landgericht und dem Beklagten davon ausgeht, dass jedenfalls eine
Wand stehen bleiben musste, damit der Umbau genehmigungsfähig blieb, hätte eine
andere Wand, etwa der Südgiebel, stehen bleiben müssen. Dann stellen jedoch die
Abbruch- und Neuherstellungskosten für die Nordgiebelwand keine Sowieso-Kosten dar,
weil im Ergebnis nicht mehr Abbruch- und Neuherstellungskosten entstanden wären.
Soweit weitere Schimmelbeseitigungskosten in Bezug auf die Trockenbauwand in Höhe
von 250,00 € netto geltend gemacht worden sind, beruhen diese nicht auf einem
Planungsfehler des Beklagten und können deshalb von der Klägerin nicht beansprucht
werden.
Des Weiteren stellen die von der Klägerin aufgewandten Kosten für die Beratung durch
den Architekten J. in Höhe von 511,27 € und 435,45 € einen ersatzfähigen Schaden dar.
Grundsätzlich sind im Rahmen von § 635 BGB a. F. die Mangelschäden ersetzbar, die
dem Werk unmittelbar anhaften, weil es infolge des Mangels unbrauchbar, wertlos oder
minderwertig ist (BGHZ 35, 130). Sonstige Schäden, so genannte Mangelfolgeschäden,
sind ersetzbar, wenn sie eng und unmittelbar mit dem Mangel zusammenhängen. Dazu
zählen Kosten wie die Einholung eines Privatgutachtens (BGH NJW-RR 1998, 1049), wie
auch der entgangene Gewinn in Form von Miet- und Nutzungsausfällen (BGH BauR 1995,
692) oder auch Detektivkosten (BGH NJW 1990, 2060, 2061). Aufwendungen, die dem
Geschädigten aus von sich aus unternommenen Schritten zur Beseitigung der Störung
entstehen, wie Kosten für Porto, Telefon, Reisen oder Zeitaufwand, sind nur zu ersetzen,
wenn sie aus der Sicht eines verständigen Menschen in der Lage des Geschädigten
erforderlich erscheinen (BGH NJW 1990, 2060, 2061). Die Klägerin hat den Architekten J.
in Anspruch genommen, damit dieser ihr die Gutachten im Rahmen des selbständigen
Beweisverfahrens wie auch den Ablauf des Ortstermins erläutert. Ferner hat dieser ihr
zwei schriftliche Stellungnahmen zur komplexen Genehmigungsklage gefertigt. Auch
wenn die Klägerin stets anwaltlich vertreten war, konnte sie sich einen fachlichen Rat in
technischer Hinsicht durch Beauftragung eines Architekten zur Klärung von
Schadensursache und -beseitigung einholen.
Schließlich stellen die Reise- und Übernachtungskosten der Klägerin für zwei Reisen von
K., ihrem Wohnort aus, bis zu ihrem Grundstück in M. in der Zeit vom 19.05. bis
21.05.2003 und 23.03. - 25.03.2004 in Höhe von insgesamt 700,00 € ersatzfähige
Schadenspositionen dar. Anlass beider Reisen waren Ortstermine, die Herr M. vom Büro
des Beklagten durchführte, weil sich die Mieter über Feuchteschäden im Bereich des
Nordgiebels beschwert hatten. Beide Termine fanden vor Durchführung des
selbständigen Beweisverfahrens statt, so dass noch nicht bekannt war, dass die
Schimmelpilzbelastung und der Feuchteschaden im Eckbereich nicht dieselbe Ursache
hatten. Darauf, dass Anlass beider Reisen auch die nicht auf dem Planungsfehler
beruhende Schimmelpilzbelastung war, kommt es nicht entscheidend an, weil diese
nicht alleiniger Anlass war. Die Höhe der Übernachtungskosten hat die Klägerin mittels
Vorlage der Quittung der Zimmervermietung in M. substanziiert über je 31,00 € pro
Übernachtung dargelegt. Dies gilt desgleichen für die geltend gemachten Zeiträume.
Für beide Reisen kann sie daher Übernachtungskosten in Höhe von jeweils 2 x anteiligen
25,00 € beanspruchen. Des Weiteren steht ihr Ersatz für die von ihr aufgewandten
Fahrtkosten in Höhe von jeweils 1.500 km x 0,20 €, insgesamt jeweils 300,00 € zu. Die
von der Klägerin angesetzten 0,30 €/km sind insofern überhöht (vgl. Palandt-Heinrichs,
BGB, 67. Aufl., § 249, Rn. 9). Die von der Klägerin für beide Reisen beanspruchten
Spesen für drei Tage in Höhe von 72,00 € (24,00 € x 3) können hingegen im Rahmen des
Schadensersatzanspruches gem. § 249 Abs. 1 BGB nicht pauschaliert geltend gemacht
werden. Trotz entsprechenden Hinweises des Landgerichts hat die Klägerin dazu nicht
genauer vorgetragen. Sie sind nicht in Ansatz zu bringen. Hinsichtlich des von der
Klägerin begehrten Schadensersatzes für die Kosten der von ihr durchgeführten Reisen
nach M. in der Zeit vom 21. - 24.09.2003, 05.07. - 07.07.2004 und 27. - 29.09.2006 fehlt
es auf das Bestreiten des Beklagten und den Hinweis des Landgerichts vom 02.08.2006
an genauerem Vortrag im Hinblick auf ihre Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB.
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an genauerem Vortrag im Hinblick auf ihre Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB.
Die mit der Klageerweiterung geltend gemachten Kosten für die Reise vom 27. -
29.09.2006 sind im Übrigen bereits hinsichtlich der Übernachtungskosten mangels
Vorlage einer entsprechenden Quittung nicht ausreichend substanziiert dargelegt. Die
mit Schriftsatz vom 11.02.2008 nachgereichten Quittungen beziehen sich auf
Übernachtungen vom 22. bis 23.06.2006 und 03. bis 06.08.2006. Die Klägerin hat ferner
die Erforderlichkeit ihrer Anwesenheit bei der Durchführung von ersten
Sanierungsarbeiten nicht ausreichend dargelegt. Entsprechendes gilt für die beiden
anderen genannten Zeiträume. Die Kosten für die Informationsreise zum
Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 05. - 07.04.2005 nach Frankfurt sowie die
Anreise zum und Teilnahme am Sachverständigenortstermin vom 20.06. - 22.06.2005
sind im Rahmen der Kostenfestsetzung geltend zu machen. Die Reisekosen der Partei
zur einmaligen, ersten Information ihres nicht an ihrem Wohnort befindlichen
Rechtsanwaltes sind als Kosten des Rechtsstreits erstattungsfähig (OLG Düsseldorf NJW-
RR 1997, 128; OLG Hamm AnwBl. 1987, 48). Auch die Teilnahme am Ortstermin im
selbständigen Beweisverfahren ist wie die Teilnahme am Beweistermin (OLG Frankfurt
AnwBl. 1986, 539) neben dem Prozessbevollmächtigten regelmäßig sachdienlich.
Hinsichtlich des beanspruchten Ersatzes für Materialkosten für die Zusatzdämmung im
Kriechkeller in Höhe von 50,00 € ist bereits nicht ersichtlich, dass diese im kausalen
Zusammenhang mit der mangelhaften Architektenleistung des Beklagten stehen.
Desgleichen stellt der Ersatz der monatlich von den Mietern einbehaltenen Miete in
Höhe von 25,00 € bis einschließlich November 2006, insgesamt 250,00 €, keinen
ersatzfähigen Schaden dar, weil die Klägerin entgegen der landgerichtlichen Auflage vom
02.08.2006 nicht klargestellt hat, für welche Feuchtestellen die Mietminderung des
Mieters K. von ihr anerkannt worden ist, was wegen der mangelnden Zurechenbarkeit
des Mangels der Schimmelbelastung an der Trockenbauwand erforderlich gewesen wäre.
Der Zinsanspruch ist gem. §§ 291, 288 Abs. 1 BGB begründet.
2. Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO
erforderliche Feststellungsinteresse ist auch nach Klageänderung gegeben. Die genauen
Mängelbeseitigungskosten stehen auch nach dem selbständigen Beweisverfahren noch
nicht fest, der Sanierungsaufwand für die Beseitigung der Feuchteschäden an der
Nordwand ist vom Sachverständigen nur geschätzt worden. Auch ist nicht
ausgeschlossen, dass aufgrund der Versalzung der Durchfeuchtungsprozess noch weiter
fortschreitet und auch auf anderes Mauerwerk übergreift. Des Weiteren ist nicht
ausgeschlossen, dass die vom Sachverständigen vorgeschlagenen
Sanierungsmaßnahmen zunächst nicht den gewünschten Erfolg bringen, was eine
erneute Sanierputzauftragung erforderlich machen würde.
3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3, 708
Nr. 10, 713 ZPO.
Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 21.02.2008, 25.02.2008 und
04.03.2008 bieten keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 156 ZPO
wiederzueröffnen.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Der
Rechtsstreit ist weder von grundsätzlicher Bedeutung, noch weicht der Senat bei seiner
Entscheidung von bestehender höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung ab, so
dass weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht
erfordern. Vielmehr kommt es gerade in Bezug auf die Erkundungs- und
Aufklärungspflichten auf die Bewertung der Umstände des zu planenden Objekts im
Einzelfall an.
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 3 ZPO i.V.m. § 47 Abs. 1
S. 1 GKG auf 13.939,77 € (8.939,77 € + 5.000,00 €) festgesetzt.
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