Urteil des OLG Brandenburg vom 02.01.2002
OLG Brandenburg: funktionelle zuständigkeit, eherecht, miteigentümer, link, quelle, sammlung, billigkeit, einfamilienhaus, bindungswirkung, rechtshängigkeit
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Gericht:
Brandenburgisches
Oberlandesgericht 9.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 AR 3/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 741 BGB, § 1361b Abs 3 S 2
BGB vom 02.01.2002, § 621 Abs
1 Nr 7 ZPO, § 23b Abs 1 Nr 8
GVG
Ausschließliche Zuständigkeit des Familiengerichts: Streit um
Nutzungsentschädigung für eine von einem getrennten
Ehegatten allein bewohnte Ehewohnung
Tenor
Zum zuständigen Gericht wird das Amtsgericht – Familiengericht – Königs Wusterhausen
bestimmt.
Gründe
Das Brandenburgische Oberlandesgericht ist gemäß §§ 36 Abs. 1 Nr. 6, 37 ZPO für die
Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit berufen. Diese Vorschriften finden bei den
die sachliche und funktionelle Zuständigkeit der Gerichte betreffenden negativen
Kompetenzkonflikten entsprechende Anwendung (vgl. nur Zöller/Vollkommer, ZPO, 25.
Aufl., § 36 Rn. 2 a). Dies gilt insbesondere auch im Verhältnis zwischen dem
Familiengericht und der allgemeinen Prozessabteilung eines Amtsgerichts (BGH NJW
1978, 1531; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 36 Rn. 29).
Der zu treffenden Entscheidung steht auch nicht entgegen, dass die Klage der Beklagten
bisher nicht zugestellt worden ist, da die Vorschrift auch im Prozesskostenhilfeverfahren
gilt, sodass eine Entscheidung regelmäßig auch vor einer Rechtshängigkeit der Klage in
Betracht kommen kann (BGH NJW-RR 1991, 1342; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 36 Rn. 2).
Darüber hinaus bedurfte es auch keiner Verweisungsbeschlüsse der jeweiligen
Abteilungen des Amtsgerichts, da das tatsächliche Leugnen der
Zuständigkeitskompetenz im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 36 Abs. 1
Nr. 6 ZPO auf Grund der insoweit fehlenden Bindungswirkung von
Verweisungsbeschlüssen (BGH NJW 1978, 1531; Zöller/Gummer, a.a.O., § 23 b GVG Rn.
6, 7) ausreichend ist, soweit diese Verfügungen – wie hier – den Parteien bekannt
gemacht worden sind (BGH NJW-RR 1992, 579; Zöller/Vollkommer, a.a.O.,
§ 36 Rn. 25 a. E. m. w. N.).
Die Qualifizierung eines Rechtsstreits als zivilprozessual oder dem Familienrecht
zugehörig, richtet sich nach der Begründung des geltend gemachten Anspruchs (BGH
FamRZ 1980, 988).
Der Kläger begehrt die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für das in seinem
hälftigen Miteigentum stehende und von der Beklagten nunmehr allein, zuvor
gemeinsam als Ehewohnung genutzte Einfamilienhaus. Alleinige Anspruchsgrundlage ist
nach der Änderung des § 1361 b BGB a. F. durch das Gewaltschutzgesetz vom 11.
Dezember 2001 (BGBl. I, 3513) während der Zeit des Getrenntlebens § 1361 b Abs. 3
Satz 2 BGB n. F.
Die einschränkende Regelung des § 1361 b BGB a. F., wonach als Voraussetzung für die
Gewährung einer Nutzungsvergütung nach dieser Vorschrift die Zuweisung der
Ehewohnung oder das Vorliegen der Zuweisungsvoraussetzungen erforderlich waren, ist
durch die Neuregelung des § 1361 b Abs. 3 Satz 2 BGB n. F. entfallen. Vielmehr ist
nunmehr ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung immer dann gegeben, wenn einem
Ehegatten die Wohnung ganz oder zum Teil überlassen wurde und dies der Billigkeit
entspricht, ohne dass es auf die Gründe bzw. Umstände des Auszuges ankommen
würde. Da es somit eines Rückgriffes auf § 745 Abs. 2 BGB oder einer analogen
Anwendung des § 1361 b Abs. 2 BGB a. F. für den Fall des (bis dahin nicht geregelten)
freiwilligen Auszuges aus der Ehewohnung nicht mehr bedarf, bildet § 1361 b Abs. 3 Satz
2 BGB n. F. als lex spezialis auch gegenüber den allgemeinen Regelungen für
Miteigentümer die alleinige Anspruchsgrundlage (im Ergebnis wohl auch BGH Urteil vom
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Miteigentümer die alleinige Anspruchsgrundlage (im Ergebnis wohl auch BGH Urteil vom
15. Februar 2006 – XII ZR 202/03; OLG Jena NJW 2006, 703; OLG Dresden NJW 2005,
3151; Palandt/Brudermüller, BGB, 65. Aufl., § 1361 b Rn. 20;
Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Aufl., § 1361 b Rn. 33; a. A.: Wever FF
2005, 23).
Da ein Anspruch nach § 1361 b BGB die Regelung über die Ehewohnung betrifft, besteht
gemäß §§ 621 Abs. 1 Nr. 7 ZPO, 23 b Abs. 1 Nr. 8 GVG somit nunmehr die
ausschließliche Zuständigkeit des Familiengerichts.
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