Urteil des LSG Sachsen vom 24.01.2002

LSG Fss: anerkennung, arbeitsunfähigkeit, wiedervereinigung, kauf, gleichbehandlung, willkür, widerspruchsverfahren, rehabilitation, rente, kassation

Sächsisches Landessozialgericht
Beschluss vom 24.01.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 11 RJ 601/99
Sächsisches Landessozialgericht L 5 RJ 110/01
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. Februar 2001 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten im Rahmen einer Kontenklärung.
Auf den am 25. Juni 1998 gestellten Kontenklärungsantrag des am ... geborenen Klägers stellte die Beklagte mit
Bescheid vom 21. Januar 1999 die gemäß § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)
versicherungsrelevanten Daten fest. Hierbei wurden folgende Zeiten nicht berücksichtigt bzw. abgelehnt:
Haftzeiten: 11. Oktober 1974 - 14. April 1976 15. Juni 1977 - 14. September 1977 17. November 1978 - 14. Juli 1980
28. Juli 1980 - 30. September 1982
Krankheitstage: 11. Oktober 1982 - 09. Februar 1983
Den am 31. Januar 1999 erhobenen Widerspruch, in welcher der Kläger das Fehlen der Zeiten des Strafvollzugs
beanstandete und die Berücksichtigung der fachärztlichen Heilbehandlungszeit vom 11. Oktober 1982 bis zum 09.
Februar 1983 begehrte, wies die Beklagte, nach Aufklärungsschreiben vom 23. Februar 1999, mit Bescheid vom 07.
Juni 1999 zurück. Die während der Verbüßung der Haftstrafe im Beitrittsgebiet geleisteten Arbeitsjahre könnten nicht
als Beitragszeit gemäß §§ 55, 248 Abs. 3 SGB VI angerechnet werden, da keine Rentenversicherungs- oder
Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien. Die Vertrauensschutzregelung des Art. 2 § 19 Abs. 2 Ziffer 13
Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) finde, da seine Rente erst nach dem 31. Dezember 1996 beginne, keine
Anwendung. Eine auf Rehabilitation oder Kassation erkennende Entscheidung liege nicht vor, so dass eine
Anerkennung der Haftzeiten gemäß § 250 Abs. 1 Ziffer 5a SGB VI nicht erfolgen könne. Die Anerkennung der
fachärztlichen Behandlungszeit vom 11. Oktober 1982 bis zum 09. Februar 1983 als Anrechnungszeit wegen
Arbeitsunfähigkeit gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI sei ebenfalls nicht möglich, da dadurch keine
versicherungspflichtige Beschäftigung unterbrochen worden sei.
Die am 07. Juli 1999 erhobene Klage, in welcher der Kläger sich begründend auf seine Ausführungen im
Widerspruchsverfahren bezog und zusätzlich anführte, die Nichtberücksichtigung von Haftzeiten bei einem
Rentenbeginn nach dem 31. Dezember 1996 stelle eine willkürliche Ungleichbehandlung dar, hat das Sozialgericht
Chemnitz mit Urteil vom 13. Februar 2001 abgewiesen. Die vom Kläger verbüßten Haftzeiten seien keine originären
Beitragszeiten im Sinne des SGB VI und diesen, wegen fehlender Entrichtung von Pflichtbeiträgen, auch nicht
gleichgestellt. Die Anerkennung der Zeiten der fachärztlichen Behandlung vom 11. Oktober 1982 bis zum 09. Februar
1983 als Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI sei ebenfalls nicht möglich, da
sie nicht an eine Zeit der Pflichtversicherung anknüpften und die von der Rechtsprechung anerkannten
Überbrückungszeiten nicht vorlägen.
Der Kläger macht mit der am 27. April 2001 bei dem Sächsischen Landessozialgericht fristgerecht eingelegten
Berufung weiterhin die im sozialgerichtlichen Verfahren begehrten Zeiten geltend.
Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 13. Februar 2001 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des
Bescheides vom 21. Januar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juni 1999 zu verurteilen,
folgende Zeiten als Anrechnungszeit im Versicherungsverlauf festzustellen:
11.10.1974 - 14.04.1976 15.06.1977 - 14.09.1977 17.11.1978 - 14.07.1980 28.07.1980 - 30.09.1982 und 11.10.1982 -
09.02.1983.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil und ihren Vortrag im
erstinstanzlichen Verfahren.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 08. Januar 2001 darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung des
Rechtsstreits nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss beabsichtigt ist und Gelegenheit zur
Stellungnahme gewährt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die
beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen und verwiesen.
II.
Der Senat kann gemäß § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Beschluss ohne mündliche
Verhandlung (§ 124 Abs. 3 SGG) und ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter (§ 12 Abs. 1 Satz 2, § 33 Satz 2 SGG)
entscheiden, weil er einstimmig die Berufung für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich
hält. Die Beteiligten wurden vorher gehört (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG) und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Chemnitz (SG) die Klage abgewiesen, weil dem Kläger ein Anspruch auf die
Berücksichtigung der geltend gemachten Haft- und Krankheitszeiten im Rahmen der Kontenklärung (gegenwärtig)
nicht zusteht.
Der Senat schließt sich nach Überprüfung vollumfänglich den Feststellungen und rechtlich zutreffenden Ausführen
des SG an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen darauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Vortrag des
Kläger, es liege eine Ungleichbehandlung, mithin eine Verletzung des Art. 3 Grundgesetz (GG) vor, greift nicht durch.
Mit dem Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) hat der Gesetzgeber eine befristete Übergangsregelung geschaffen, da zum
Zeitpunkt der Wiedervereinigung die in den neuen Bundesländern auf Grund der dort geltenden Rentenverordnung vom
23. November 1979 teilweise divergierenden gesetzlichen Rentenregelungen nicht gleichzeitig angepasst werden
konnten. Durch das RÜG hat der Gesetzgeber Ungleichheiten in der Rentenberechnung zwischen den alten und neuen
Bundesländern - zugunsten der Versicherten in den neuen Bundesländern - bis zum 31. Dezember 1996 in Kauf
genommen. Es liegt daher keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 GG vor, sondern durch den
Wegfall des RÜG wurde lediglich die Gleichbehandlung der Versicherten in den alten und neuen Bundesländern
vollzogen (vgl. BSG, Urteil vom 08. Mai 1999, Az.: B 8 KN 10/98 R). Da der Gesetzgeber im Rahmen seiner Tätigkeit
Übergangsreglungen frei bestimmen kann, ist eine Willkür nicht ersichtlich. Dem Kläger bleibt es unbenommen, nach
erfolgreichem Abschluss des Rehabilitationsverfahrens bei der Beklagten einen Überprüfungsantrag gemäß § 44
Zehntes Buch Sozialgesetzbuch zu stellen.
Die Anwendung der §§ 54 Abs. 1 Nr. 1, 55 Abs. 1, 58 Abs. 1 und 2, 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI a. F. resultiert aus der
Antragstellung vom 25. Juni 1998 (§ 300 Abs. 2 SGB VI). Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG
nicht vorliegen.