Urteil des LSG Sachsen vom 13.12.2000
LSG Fss: psychiatrisches gutachten, verschlechterung des gesundheitszustandes, neurotische fehlentwicklung, degenerative veränderung, rente, erwerbsunfähigkeit, vergleich, berufsunfähigkeit, wechsel
Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 13.12.2000 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 9 RA 44/97
Sächsisches Landessozialgericht L 4 RA 72/98
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17. April 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht
zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am ... geborene Klägerin erlernte vom 01.09.1978 bis 15.07.1980 den Beruf einer Friseuse
(Facharbeiterabschluss) und arbeitete im erlernten Beruf bis zum 31.08.1990. Die erlernte Tätigkeit gab sie aus
gesundheitlichen Gründen auf. Vom 13.04.1991 bis 31.05.1992 war sie als Kassiererin und Verkäuferin tätig. Seitdem
ist sie arbeitslos; nahm vom 01.03.1993 bis 08.10.1993 an einer beruflichen Reintegrationsmaßnahme teil.
Am 16.03.1994 beantragte sie wegen ständiger Rückenschmerzen die Gewährung einer Rente wegen Berufs-
/Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte holte im Verwaltungsverfahren ein neurologisch/psychiatrisches Gutachten von Dr.
L ... vom 04.11.1994, ein orthopädisches Gutachten von Dr. L ... vom 10.11.1994 und ein internistisches Gutachten
von Dr. S ... vom 11.01.1995 ein.
Nach Auswertung der Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 26.04.1995 ab.
Ärztlicherseits seien Wirbelsäulenbeschwerden ohne gravierende Funktionsausfälle sowie Adipositas festgestellt
worden. Unter Berücksichtigung dieser Beschwerden sei sie jedoch noch in der Lage vollschichtig als Buchhalterin,
Rechnungsprüferin, Registraturkraft oder Lohnbuchhalterin tätig zu sein.
Auf den Widerspruch der Klägerin holte die Beklagte einen Befundbericht der praktischen Ärztin Dipl.-Med. I ... vom
20.01.1996 sowie ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. S ... vom 16.04.1996 ein. Der
Gutachter bescheinigte der Klägerin ein aufgehobenes Leistungsvermögen im erlernten Beruf der Friseuse und ein
halb- bis untervollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeit im Wechsel zwischen Gehen und
Stehen. Eine Gewichtsreduktion sei dringend erforderlich. Im Vergleich mit den Vorbefunden des allgemeinen und
neurologischen Status ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte. Sichere Hinweise auf eine neurotische
Fehlentwicklung hätten sich nicht feststellen lassen, obwohl das Unvermögen bestimmte Tätigkeiten auszuführen,
demonstrativ dargestellt worden sei.
Nach Auswertung durch den beratungsärztlichen Dienstes wies die Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom
06.01.1997 zurück. Die zusätzlich durchgeführte neurologisch-psychiatrische Fachbegutachtung und der eingeholte
Befundbericht hätten keine weitere Einschränkung des festgestellten Leistungsvermögens ergeben.
Mit der am 24.01.1997 vor dem Sozialgericht Chemnitz erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren zur
Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit weiter. Mit den bestehenden gesundheitlichen
Einschränkungen könne sie einer geregelten Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen.
Das Sozialgericht holte zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts Befundberichte der Dres. L ..., I ..., E ..., F ...
und G ... sowie ein nach Aktenlage erstelltes Gutachten des Arbeitsamtes Zwickau vom 30.03.1995 ein.
Ferner zog es ein orthopädisches Fachgutachten, erstattet am 09.10.1997 vom Orthopäden Dr. F ..., bei. Der
Sachverständige stellte bei der Klägerin
- ein diffuses Cervikalsyndrom ohne degenerative Veränderung der Halswirbelsäule, - eine Segmentlockerung der
Lendenwirbelsäule mit Wurzelirritation insbesondere rechtes Bein ohne segmentaler Einordnung bei Spondylolisthesis
L 5 über S 1, Meyerding I. sowie - Adipositas per magma
fest. Eine Minderung des Leistungsvermögens um 2/3 gegenüber einem geistig und körperlich gesunden Versicherten
im gleichen Alter und in gleicher Berufsausübung liege nicht vor. Einsatzbeschränkungen ergäbe sich nur aus den
Störungen im Achsenorgan. Die Klägerin könne leichte körperliche Arbeiten unter Vermeidung von Heben und Tragen,
länger andauerndem Sitzen von mehr als einer bis 1 1/2 Stunden oder Überkopfarbeit oder Arbeiten in vorgebeugter
Haltung vollschichtig verrichten. Arbeiten als Friseuse seien nicht zu empfehlen. Als Kassiererin an einer
Sammelkasse mit der Möglichkeit des Aufstehens und Umherlaufens nach ca. 1 bis 1 1/2 Stunden sowie als
Sachbearbeiterin oder Bürokraft mit der Möglichkeit wechselnder Körperhaltungen sei die Klägerin vollschichtig
einsatzfähig. Eine Einschränkung hinsichtlich des Arbeitsweges bestehe nicht. Die Einschränkung der
Belastungsfähigkeit für die genannten Negativkriterien bestünde seit ca. 1990/1991.
Die Beklagte ging nach dem Gutachten des Orthopäden Dr. F ... davon aus, dass dieser der Klägerin ein
vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bescheinigt habe. Die Klägerin sei daher
zumutbar auf die Tätigkeit einer Rezeptionistin oder auf einfache kaufmännische Tätigkeiten zu verweisen.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 17.04.1998 ab. Der angegriffene Bescheid vom 26.04.1995 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 06.01.1997 sei rechtmäßig, denn die Klägerin sei weder berufs- noch
erwerbsunfähig im Sinne der §§ 43 und 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Bisheriger Beruf der Klägerin
im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI sei der Beruf der Friseuse. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme
im Klage- und im Vorverfahren könne die Klägerin diesen Beruf gesundheitsbedingt nicht mehr verrichten. Sie sei aber
nach den Feststellungen des orthopädischen Sachverständigen Dr. F ... trotz der bestehenden und im Gutachten
beschriebenen Einschränkungen am Achsorgan in der Lage sowohl Tätigkeiten leichter körperlicher Natur auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt als auch Arbeiten als Kassiererin an einer Sammelkasse oder als Sachbearbeiterin mit der
Möglichkeit wechselnder Körperhaltungen vollschichtig zu verrichten. Eine entfernungsmäßige und zeitliche
Einschränkung des Weges zu und von der Arbeitsstelle bestünde nicht. Eine weitergehende Leistungsminderung sei
auch nach dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten des Dr. S ... vom 16.04.1996 nicht gegeben. Der Neurologe
habe ausdrücklich bekundet, dass der allgemeinärztliche und neurologische Status im Vergleich mit den
Voruntersuchungen keine neuen Gesichtspunkte ergeben hätte. Sensorische oder motorische Ausfälle seien von Dr.
S ... nicht festgestellt und auch von den weiteren medizinischen Sachverständigen nicht mitgeteilt worden. Der
Umstand, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage sei, ihren Beruf als Friseuse auszuüben, genüge aber nicht, um ihr
eine Rentenleistung zu gewähren, denn sie könne zumutbar auf die Tätigkeit einer Rezeptionistin in einem
Friseursalon verwiesen werden.
Die Tätigkeit einer Rezeptionistin zeichne sich durch leichte körperliche Arbeit, welche überwiegend gehend oder
stehend verrichtet werde, und kein schweres Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten bedinge, aus. Zu den täglichen
Verrichtungen gehörten das Vereinbaren von Terminen im persönlichen und telefonischen Gespräch, die Planung der
Arbeitseinteilung, die Pflege der Fremdkundschaft, die Betreuung der Kundenkartei, die Erledigung einfacher
kaufmännischer Aufgaben sowie das Kassieren. Diese körperlichen Anforderungen entsprächen dem von Dr. F ...
attestierten Leistungsvermögen und berücksichtigten die sich aufgrund des Gesundheitszustandes der Klägerin
ergebenden Negativkriterien. Die Tätigkeit einer Rezeptionistin sei im Vergütungstarifvertrag für das Friseurhandwerk
Sachsen in der Vergütungsgruppe VI aufgeführt. Die Entlohnung erfolge nach den Vergütungsgruppen I, II oder III und
damit entsprechend der Tätigkeit einer Friseuse. Es bestünden keine Bedenken, dass die Klägerin nicht in der Lage
sein sollte, die Tätigkeit einer Rezeptionistin in drei Monaten vollwertig zu erlernen und auszuüben. Mangels einer
Berufsunfähigkeit besteht auch kein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gem. § 44 SGB VI.
Gegen das der Klägerin mit Einschreiben vom 08.05.1998 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 02.06.1998 eingelegte
Berufung. Die Klägerin geht weiterhin davon aus, dass sie nicht in der Lage sei, regelmäßig einer Erwerbstätigkeit
nachzugehen. Schließlich sei sie nach wie vor ärztlich bestätigt arbeitsunfähig. Da sich ihr Gesundheitszustand
verschlechtert habe, sei die Ausübung einer zumutbaren Verweisungstätigkeit nicht mehr möglich.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17.08.1998 sowie den Bescheid vom 26.04.1995 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 06.01.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr seit dem 01.03.1994 Rente
wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts ein orthopädisches Gutachten, erstattet unter dem
14.08.2000 von Prof. Dr. D ..., eingeholt. Der Sachverständige diagnostizierte
- lokales bis pseudoradikuläres vertebragenes zervikales Schmerzsyndrom bei geringen degenerativen Veränderungen
der unteren Halswirbelsäule, - Lumbales vertebragenes pseudoradikuläres Schmerzsyndrom bei Spondylolisthesis L
5/S 1 mit sekundärer Osteochondrose und Spondylosis deformans.
5/S 1 mit sekundärer Osteochondrose und Spondylosis deformans.
Die Klägerin sei aufgrund dieser Einschränkungen nicht mehr in der Lage, als Friseuse zu arbeiten. Als Rezeptionistin
in einem Friseursalon wäre sie ohne Einschränkungen einsetzbar. Ebenso käme mit dem bestehenden
Restleistungsvermögen ein Einsatz als Kassierein an einer Sammelkasse oder als Verkäuferin für Haar-, Haut- und
Körperpflegepräparate in Betracht soweit ein durchgängiges 8-stündiges Sitzen bzw. Stehen und Gehen nicht
erforderlich sei. Ebenso sei die Klägerin als Bürohilfskraft ohne Einschränkungen leistungsfähig. Schweres Heben und
Tragen sowie fixierte Körperhaltung seien zu vermeiden. Einschränkungen der Wegefähigkeit bestünden nicht.
Ferner hat der Senat einen Befundbericht des Neurologen Dipl.-Med. Z ... vom 27.11.2000 beigezogen. Danach
besteht bei der Klägerin ein lumboradikuläres Schmerzsyndrom L 5/S 1 bei Verdacht auf Bandscheibenvorfall im
genannten Segment. Seit der ersten Vorstellung der Klägerin 1999 sei keine grundlegende Befundänderung
eingetreten. Die Klägerin habe jedoch eine Schmerzzunahme angegeben. Am 13.11.2000 wurde ein CT der
Lendenwirbelsäule durchgeführt.
Im Termin der mündlichen Verhandlung legte die Klägerin den Arztbrief der Radiologischen Praxis Dr. P ... vom
24.11.2000 zur Auswertung der am 13.11.2000 erfolgten CT-Untersuchung vor. Bei den Segmenten L 3/L 4 sowie L
4/L 5 sei ein Vorfall nicht nachweisbar; bei L 4/L 5 bestehe eine Einengung des Spinalkanals. Im Segment L 5/S 1
bestehe eine massive Osteochrondrose und geringfügige Listesis. Die Kriterien eines Vorfalls mediorechtsseitig seien
gegeben, allerdings nur sehr flachbogig bei Protrusion. Es bestehe eine massiv aufgetriebene Nervenwurzel bei
relativer spinaler Enge im Bereich L 5/S 1 durch bestehende Bandscheibenverhältnisse. In Vergleich zum Vor-CT von
1999 seien keine gravierenden Neuigkeiten erkennbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen
und auf die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Mit Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auch nach dem vom Senat aufgrund der von der Klägerin
angegebenen Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingeholten orthopädischen Gutachten vom 14.08.2000
ist die Klägerin weder berufs- noch erwerbsunfähig.
Zutreffend hat das Sozialgericht die hier einschlägigen gesetzlichen Regelungen der §§ 43 und 44 SGB VI nebst
ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dargestellt. Der Senat nimmt darauf Bezug (§ 153 Abs. 2
Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Unstreitig zwischen den Beteiligten ist die Klägerin in ihrem erlernten Beruf als Friseuse nicht mehr einsatzfähig. Dies
führt jedoch nicht automatisch zu einem Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente. Vielmehr ist unter Zugrundelegung
des vom BSG entwickelten Mehrstufenschemas zu prüfen, ob die Klägerin ausgehend von ihrem
Restleistungsvermögen unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten eine zumutbare
Verweisungstätigkeit vollschichtig verrichten kann.
Dies ist bei der Klägerin wie bereits das Sozialgericht zutreffend dargestellt hat der Fall, denn auch das im
Berufungsverfahren eingeholte orthopädische Gutachten schließt aus medizinischer Sicht die Möglichkeit einer
vollschichtigen Tätigkeit als Rezeptionistin in größeren Friseursalons nicht aus.
Wie sich aus dem vom Senat in das Verfahren eingeführten, in einem anderen Verfahren erstellten berufskundlichen
Gutachten der Diplom- Verwaltungswirtin S. H ... vom 24.04.1998 ergibt, ist die Tätigkeit als Rezepzionistin in einem
Friseursalon als körperlich leicht zu bezeichnen; sie umfasst im wesentlichen die Vereinbarung von Terminen im
persönlichen Gespräch mit den Kunden, die Planung der Arbeitseinteilung, den Empfang der Kunden, das Bemühen
um den Aufbau und die Pflege einer Stammkundschaft, die Betreuung der Kundenkartei, die Erledigung einfacher
kaufmännischer Aufgaben, das Kassieren und ggf. eine Verkaufsabrechnung, Beratung und Verkauf von
Haarpflegemitteln und Kosmetikartikeln sowie die Entgegennahme und Weiterleitung von Reklamationen. Diese
Tätigkeit kann im Wechsel der Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichtet werden. Überwiegend
einseitige Körperhaltungen oder häufige Überkopfarbeiten fallen nicht an. Für eine gelernte Friseurin, die unter
orthopädischen Einschränkungen leidet, ist die Tätigkeit einer Rezeptionistin als gesundheitlich zumutbare Alternative
anzusehen. Davon geht auch Prof. Dr. D ... in dem orthopädischen Gutachten vom 14.08.2000 aus. Nach den vom
Sachverständigen erhobenen Befunden sieht der Senat keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Leistungsbeurteilung.
Eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes gegenüber dem im erstinstanzlichen Verfahren
eingeholten orthopädischen Gutachten des Dr. F ... vom 09.10.1997 ist nicht belegt. Das vom Sachverständigen Prof.
Dr. D ... festgestellte Restleistungsvermögen wird auch nicht durch den Arztbrief der Radiologischen Praxis Dr. P
...vom 24.11.2000 erschüttert, denn in der medizinischen Beurteilung der am 13.11.2000 durchgeführten CT-
Untersuchung ergaben sich im Vergleich zum Vor-CT keine wesentlichen Veränderungen. Der Senat geht insoweit
davon aus, dass der Sachverständige Prof. Dr. D ... die zuvor vorliegenden Befunde, für die eine Verschlechterung
nicht belegt ist, in seine Bewertung mit einbezogen hat.
Die Tätigkeit einer Rezeptionistin ist nach dem berufskundlichen Gutachten sowohl im Vergütungstarifvertrag für das
Friseurhandwerk in Sachsen als auch in Bayern ausgewiesen. Danach werden Rezeptionistinnen, die eine
abgeschlossene Berufsausbildung im Friseurhandwerk vorweisen, in der gleichen Lohngruppe vergütet wie
Friseurinnen, so dass sich ein finanzieller Abstieg nicht ergibt. Dem berufskundlichen Gutachten ist weiter zu
entnehmen, dass im ganzen Bundesgebiet für das Berufsbild einer Rezeptionistin in großen Friseursalons eine
ausreichende Anzahl an vollwertigen Vollzeitarbeitsplätzen vorhanden ist. Insoweit kommt es, entgegen der Ansicht
des orthopädischen Sachverständigen Prof. Dr. D ..., nach dem eindeutigen Wortlaut des § 43 Abs. 2 Satz 4 2.
Halbsatz SGB VI auf die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht an, denn die Klägerin ist unter Zugrundelegung ihres
Restleistungsvermögens zumutbar auf eine vollschichtige Ausübung der Tätigkeit als Rezeptionistin zu verweisen.
Die Klägerin ist nach dem orthopädischen Gutachten aber auch zumutbar auf Bürotätigkeiten z.B. als Mitarbeiterin
einer Registratur oder einer Poststelle zu verweisen. Auch derartige Tätigkeiten ist sie in der Lage vollschichtig
auszuüben. Es ist eine Tatsache, dass Büroarbeiten zu den leichtesten Tätigkeiten in der Realität der Arbeitswelt
gehören. Büroarbeiten werden zwar überwiegend sitzend am Schreibtisch verrichtet; durch den organisatorischen
Arbeitsablauf bieten sich durchaus individuelle Möglichkeiten zu einem Wechsel der Körperhaltung zwischen Gehen,
Stehen und Sitzen. Arbeitsplätze dieser Art sind sowohl im öffentlichen Dienst als auch in der privaten Wirtschaft
vorhanden. Sie werden im öffentliche Dienst nach den Vergütungsgruppen BAT VIII bis X und in der privaten
Wirtschaft in den Gehaltsgruppen 1 oder 2 des jeweils geltenden Tarifvertrages vergütet. Für Bürotätigkeiten der
genannten Art wird kein anerkannter Ausbildungsabschluss vorausgesetzt. Diese Tätigkeiten können auch von
Berufsfremden innerhalb einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten ausgeübt werden.
Da unter Zugrundelegung der gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin sozial zumutbare
Verweisungstätigkeiten vorhanden sind, die sie nach den medizinischen Feststellungen vollschichtig verrichten kann,
liegt Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI nicht vor. Damit besteht erst recht kein Anspruch auf Rente
wegen Erwerbsunfähigkeit nach der strengeren Vorschrift des § 44 Abs. 2 SGB VI. Auch Invalidität im Sinne der
Übergangsvorschrift des Art. 2 § 7 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) liegt bei der Klägerin bei vollschichtiger
Einsatzmöglichkeit nicht vor.
Aus den genannten Gründen war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).