Urteil des LSG Sachsen vom 18.10.2001

LSG Fss: rente, arbeitsmarkt, bluthochdruck, wechsel, erwerbsfähigkeit, arbeitsamt, hypertonie, adipositas, persönlichkeit, rückenbeschwerden

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 18.10.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 14 RJ 679/00
Sächsisches Landessozialgericht L 6 RJ 131/01
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 10. Mai 2001 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die
Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist erneut streitig, ob dem Kläger eine Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) bzw.
Erwerbsunfähigkeit (EU) zu gewähren ist.
Der am ... geborene Kläger absolvierte von 1979 bis 1981 eine Schlosserlehre und war von 1982 bis 1987 als
Montageschlosser tätig. Von August 1988 bis Oktober 1989 und April 1990 bis Juni 1990 war der Kläger als
Transportarbeiter beschäftigt. Seitdem bezieht der Kläger abwechselnd Leistungen aus der gesetzlichen
Krankenversicherung bzw. aus der Arbeitslosenversicherung.
Erstmals am 15.04.1992 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen EU/BU wegen
starker Rückenschmerzen. Mit Bescheid vom 14.08.1993 lehnte die Beklagte die Gewährung einer derartigen Leistung
ab. Widerspruch, Klage und Berufung hiergegen blieben erfolglos, ebenso wie ein am 05.10.1995 gestellter Neuantrag,
welchen die Beklagte mit Bescheid vom 26.08.1996 abwies. Dieser Bescheid wurde Gegenstand des damals unter
dem Aktenzeichen L 5 Ar 20/95 anhängigen Berufungsverfahrens. In dem Urteil vom 07.02.1997 hatte das
Landessozialgericht (LSG) zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger als Transportarbeiter angelernter Arbeiter im
unteren Bereich sei. Zwar habe es in der früheren DDR bis 1985 den Ausbildungsberuf "Transport- und
Lagerfacharbeiter" gegeben. Eine derartige Ausbildung habe der Kläger jedoch nicht durchlaufen. Er habe sich in den
kurzzeitigen Arbeitsverhältnissen auch nicht die Kenntnisse und Fähigkeiten eines gelernten Facharbeiters aneignen
können. Die letzte Tätigkeit könne er nach dem von Prof. Dr. Sch ... geschilderten Leistungsvermögen weiterhin
verrichten. Daneben sei er jedoch nach seinem Berufswerdegang auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarktes zumutbar verweisbar. Die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen schlössen einen
vollschichtigen Arbeitseinsatz für leichte bis mittelschwere Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 40 kg
nicht aus. Zwar bestünden verschleißbedingte Veränderungen der letzten Lendenbandscheiben sowie erste Zeichen
eines Verschleißleidens an beiden Hüftgelenken, doch seien die erhobenen Befunde verhältnismäßig gering. Die
weiteren beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen (Bluthochdruck, Schilddrüsenvergrößerung) schränkten die
Erwerbsfähigkeit des Klägers ebenfalls nicht ein. Auch auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet hätten keine
ernsthaften Gesundheitsstörungen festgestellt werden können.
Bereits am 21.02.1997 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf EU-Rente wegen Wirbelsäulenbeschwerden, welchen
die Beklagte mit Bescheid vom 06.03.1998 abwies, da der Kläger weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig sei. Auch
die hiergegen eingelegten Rechtsmittel (Widerspruchsbescheid vom 03.08.1998, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts
Chemnitz vom 28.10.1998, Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts - Az. L 5 RJ 171/98 - vom 22.09.1999)
blieben erfolglos. Nach den Ausführungen des Sächsischen LSG in dem Urteil vom 22.09.1999 war dem Kläger zwar
die Tätigkeit des Transportarbeiters nicht mehr zumutbar, doch bestand ein vollschichtiges Leistungsvermögen für die
Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf welchen der Kläger zumutbar verwiesen werden könnte. Denkbar
seien Tätigkeiten als Bürohilfskraft, in der Registratur oder in der Poststelle oder als Pförtner. Die beim Kläger
bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen (Schuppenflechte an den Kniegelenken, haltungs- und
belastungsabhängige Rückenschmerzen, verstärkte Infektneigung, erhöhter Blutdruck sowie abnorme reizbare
Persönlichkeit) führten nicht zu einer Minderung des zeitlichen Leistungsvermögens des Klägers.
Den letzten und streitgegenständlichen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit unter
Verweis auf starke Rückenschmerzen, Bluthochdruck und Neigung zu Grippeinfekten stellte der Kläger am
18.10.1999. Die Beklagte zog daraufhin einen Befundbericht des Orthopäden Dr. G ... vom 25.11.1999 bei. Dieser
teilte mit, dass der Kläger seit vier Jahren nicht mehr in Behandlung gewesen sei und die erneute Vorstellung im
Zusammenhang mit dem vorgelegten Rentenantrag erfolgte. Dr. G ... diagnostizierte ein lokal-lumbales
Schmerzsyndrom bei degenerativen LWS-Veränderungen, lumbosakrale Übergangsstörung und Bogenschlussstörung
S2/S3/S4. Körperlich schwere und gehäuft mittelschwere Tätigkeiten seien für den Kläger ungeeignet. Für körperlich
leichte Tätigkeiten mit wiederkehrenden mittelschweren Hebe- und Trageanforderungen sei der Kläger einsetzbar. Des
Weiteren lag der Beklagten ein Befundbericht der Internistin Dipl.-Med. V ... vom 01.10.1999 vor. Hier wurden die
Diagnosen einer arteriellen Hypertonie WHO I und einer geringen Hepatose, Verdacht auf Steatosis hepatis gestellt.
Ferner lagen zur Bescheiderteilung vor eine Epikrise des Klinikums C ... vom 29.07.1997, Arztbriefe der
radiologischen Gemeinschaftspraxis Dr. H ... vom 09.02.1999 und 02.04.1998 und ein Gutachten von Dr. Sch ...
aufgrund ambulanter Untersuchung vom 03.03.2000. Dr. Sch ... votierte für ein vollschichtiges Einsatzvermögen für
leichte bis mittlere körperliche Tätigkeit. Funktionseinschränkungen bestünden hinsichtlich Tätigkeiten mit Zeitdruck
und überwiegend einseitiger Körperhaltung. Ferner sollte keine besondere geistige und konzentrative Anforderung
bestehen. Mit Bescheid vom 13.04.2000 wies die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen
EU zurück. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könnten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten
vollschichtig ausgeübt werden. Den Widerspruch des Klägers vom 03.05.2000, in dem dieser wiederum auf seine
Rückenbeschwerden und seinen Bluthochdruck hinwies, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
27.07.2000 zurück.
Mit der Klage vom 02.08.2000 verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Er leide unter starken Rückenschmerzen
und fühle sich deshalb sehr krank. Er habe auch Bluthochdruck und müsse Tabletten einnehmen. Außerdem sei er oft
erkältet und seine Schilddrüse sei vergrößert.
Das Sozialgericht hat zur Beweiserhebung Unterlagen beigezogen vom Arbeitsamt Chemnitz sowie von der AOK
Chemnitz. Ferner lagen dem Gericht vor der Entlassungsbericht des Klinikums C ... vom 27.10.2000 über den akuten
Hörsturz, den der Kläger am 11.10.2000 erlitten hatte, sowie ein Befundbericht von Frau Dr. L ... vom 16.11.2000 mit
weiteren Facharztbefunden.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.05.2001 hat das Sozialgericht sodann die Klage abgewiesen. Weder habe der Kläger
einen Anspruch auf Gewährung einer EU-Rente noch auf Gewährung einer BU-Rente gemäß §§ 43, 44 Sechstes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung. Der Kläger sei nicht berufsunfähig, weil
seine Leistungsfähigkeit nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen eines vergleichbaren gesunden Versicherten
herabgesunken sei. Im Falle des Klägers sei als bisheriger Beruf der des Transportarbeiters zugrunde zu legen. Diese
Tätigkeit könne der Kläger aufgrund der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen, insbesondere auf
orthopädischem Fachgebiet, nicht mehr verrichten, da bei dieser Tätigkeit auch schwere körperliche Arbeiten nicht
auszuschließen seien. Dennoch sei der Kläger nicht berufsunfähig, da er zumutbar auf andere Tätigkeiten verwiesen
werden könne. Nach dem vom Bundessozialgericht entwickelten Mehr-Stufen-Schema sei der Kläger der Gruppe der
Angelernten des unteren Bereiches zuzuordnen. Dies ergebe sich aus der Arbeitgeberauskunft, welche in dem
Verfahren mit dem Aktenzeichen S 11 Ar 43/94 eingeholt worden ist. Hiernach habe die Ausbildungszeit für
Transportarbeiter mit Berechtigungsnachweisen zum Führen von Transportmitteln bei etwa zwei Jahren gelegen.
Aufgrund der kurzen Tätigkeit des Klägers als Transportarbeiter und der Art der verrichteten Tätigkeiten gehe das
Gericht davon aus, dass der Kläger als Angelernter im unteren Bereich einzustufen sei. Damit sei der Kläger
zumutbar auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Für eine Tätigkeit auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe nach Auffassung des Gerichts für den Kläger auch ein vollschichtiges
Leistungsvermögen. Die Leistungsfähigkeit werde im Wesentlichen durch die psychische Erkrankung und die
Wirbelsäulenerkrankung eingeschränkt. Unter Würdigung der in früheren Verwaltungs- und Gerichtsverfahren
eingeholten Befundberichte und Gutachten bestünden beim Kläger folgende gesundheitliche Einschränkungen: -
haltungs- und belastungsabhängiges Schmerzsyndrom im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS), - abnorme reizbare
Persönlichkeit mit Neigung zu Verhaltens störungen, - erhöhter Bluthochdruck sowie erhöhter Blutfett- und Harnsäu
respiegel, - verstärkte Infektneigung, - Schuppenflechte in den Kniegelenken und - Struma parenchymatosa et nodosa
Stadium I. Eine wesentliche Änderung läge nach dem aktuellen Befundbericht der behandelnden Hausärztin nicht vor.
Eine Verschlimmerung sei vom Kläger auch nicht geltend gemacht worden. Auch der akute Hörsturz vom Oktober
2000 führe zu keiner anderen Beurteilung des Leistungsvermögens, da es ausweislich des Entlassungsberichtes des
Krankenhauses zu einer Vollremission des Hörvermögens kam. Die genannten gesundheitlichen Einschränkungen
hätten aber keine Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht zur Folge. Nach dem Gutachten
von Dipl.-Med. R ... sei davon auszugehen, dass die psychischen Erkrankungen die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit
des Klägers lediglich in einer von ihm selbst mit zumutbarer Willensanstrengung überwindbaren Art und Weise
beeinträchtigen würden. Auch die auf orthopädischem Fachgebiet bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen
würden zu keiner quantitativen Leistungseinschränkung führen. Der Kläger sei in der Lage, körperlich leichte bis
teilweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ohne Zeitdruck, ohne
häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten, ohne mechanische Hilfsmittel
zu verrichten. Mit diesem vollschichtigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei der Kläger nicht
berufsunfähig. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder ein sonstiger Katalogfall nach der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG - Urteil vom 25.06.1986, SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 137) liege beim
Kläger nicht vor. Insbesondere sei er nicht am Zurücklegen des Arbeitsweges gehindert. Damit müsse keine konkrete
Verweisungstätigkeit benannt werden. Der Kläger könne jedoch beispielsweise als Mitarbeiter in einer Poststelle tätig
werden. Dabei handele es sich um eine leichte körperliche Tätigkeit, bei welcher das Heben und Tragen schwerer
Lasten nicht anfalle. Die Tätigkeit werde überwiegend im Sitzen verrichtet, biete jedoch auch die Möglichkeit zum
Haltungswechsel. Es handele sich dabei um einfache und routinemäßige Bürohilfstätigkeiten, die nach Anweisung
oder vorgegebenem Schema auch von Berufsfremden innerhalb einer Einarbeitungsphase von maximal drei Monaten
ausgeübt werden könnten. Nachdem der Kläger nicht berufsunfähig sei, habe er erst recht keinen Anspruch auf
Gewährung einer Rente wegen EU nach den strengeren Voraussetzung des § 44 SGB VI in der Fassung des
Gesetzes bis 31.12.2000. Ebenso wenig bestehe in Anbetracht des vollschichtigen Leistungsvermögens ein Anspruch
auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI in der Fassung des Gesetzes vom
20.12.2000 oder eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI.
Mit der am 18.05.2001 beim Sozialgericht Chemnitz eingegangenen Berufung verfolgte der Kläger sein Begehren unter
Wiederholung der bereits im sozialgerichtlichen Verfahren genannten Gründe weiter.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 10.05.2001 und den Bescheid der Beklagten vom 13.04.2000
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger
eine Rente wegen EU, hilfsweise BU ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angegriffene Entscheidung für rechtmäßig.
Zur Ermittlung des Sachverhalts wurde von der AOK Sachsen ein MDK-Gutachten vom 22.05.2001 über den Kläger
beigezogen. Nach diesem Gutachten besteht beim Kläger ein lokales lumbales Schmerzsyndrom bei degenerativen
LWS-Veränderungen sowie eine Hypertonie, Struma cervicalis und eine Adipositas. Der Kläger sei für folgendes
Leistungsbild einsetzbar: leichte körperliche Tätigkeit vollschichtig im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen,
ohne schweres Heben und Tragen bzw. Körpervorhalte einschließlich Leitern und Gerüsten. Ferner wurde ein
Arbeitsamtsgutachten vom 29.03.2000 beigezogen. Hiernach ist der Kläger vollschichtig einsetzbar für überwiegend
leichte Arbeit bis zeitweise mittelschwere Arbeit. Zu vermeiden sind Zeitdruck, Zwangshaltungen und häufiges Heben
und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel. Eine wesentliche Änderung im Beschwerde- und Leistungsbild zum
Vorgutachten vom April 1998 wurde verneint. Bei der Begutachtung im März 2000 hatte der Kläger angegeben, dass
er sich noch eine leichte Pförtnertätigkeit zutrauen würde. Außerdem wurde von Frau Dipl.-Med. L ... ein
Befundbericht beigezogen. In dem Befundbericht vom 01.08.2001 teilte sie mit, dass aufgrund der bekannten
orthopädischen Vorbefunde dem Kläger wiederholt Bescheinigungen zur Vorlage beim Arbeitsamt ausgestellt worden
sind mit dem Wortlaut "Wegen rezidivierender Rückenbeschwerden und vorliegender Befunde ist oben genannter
Patient für schwere körperliche Arbeit nicht vermittelbar". Sie diagnostizierte Hypertonie, Adipositas und lokales
rezidivierendes lumbales Schmerzsyndrom bei degenerativer LWS-Veränderung. Bezüglich der bekannten
orthopädischen Befunde mit aktueller Befundkontrolle im Mai 2001 seien keine Veränderungen nachweisbar. Unter
regelmäßiger medikamentöser Therapie sei es inzwischen zu einer deutlich gebesserten Blutdruckeinstellung
gekommen. Weitere Leiden seien nicht hinzugekommen. Dem Befundbericht beigefügt war ein radiologischer Bericht
vom 28.02.2001, ein internistischer Befund der Dipl.-Med. V ... vom 01.10.1999 sowie ein ausführlicher orthopädischer
Befund vom 15.05.2001 von Dr. G ... Nach dessen Einschätzung kann der Kläger leichte und zeitweilig mittelschwere
Arbeiten im freien Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen vollschichtig ausführen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen sowie auf die
Verfahrensakten L 5 RJ 171/98 und L 5 Ar 20/95 und die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der
mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und auch im Übrigen zulässig, erweist sich
jedoch als unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Chemnitz die Klage abgewiesen. Der Kläger ist weder berufs- noch erwerbsunfähig (§§
43 Abs. 2 Satz 1, 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung). Insofern wird Bezug
genommen auf die zutreffende Begründung des Sozialgerichts und von einer weiteren Darstellung der
Entscheidungsgründe abgesehen, § 153 Abs. 2 SGG.
Insbesondere hat das Sozialgericht zutreffend den bisherigen Beruf des Klägers, der der Prüfung einer Rente wegen
BU zugrunde zu legen ist, ermittelt. Wie das Sächsische Landessozialgericht (LSG) bereits in den Verfahren L 5 Ar
20/95 und L 5 RJ 171/98 festgestellt hat, ist der Kläger als Transportarbeiter der Gruppe der angelernten Arbeiter im
unteren Bereich zuzuordnen. Gegen diese Eingruppierung hat sich der Kläger auch nicht gewandt. Neue Tatsachen,
die eine andere Einstufung nahe legen würden, sind nicht ersichtlich.
Die Tätigkeit eines Transportarbeiters kann der Kläger, wie auch das Sozialgericht festgestellt hat, nicht mehr
verrichten, doch ist er als Angelernter im unteren Bereich breit verweisbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Die
Feststellung des Sozialgerichts, dass für eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein vollschichtiges
Leistungsvermögen besteht, ist nicht zu beanstanden. Die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgebrachten
Gesundheitseinschränkungen waren bereits im Klageverfahren bekannt und sind ausreichend gewürdigt worden. Das
Sozialgericht hat unter Würdigung aller vorliegenden Befunde zutreffend festgestellt, dass eine quantitative
Einschränkung des Leistungsvermögens durch die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers nicht bedingt wird.
Eine weitere Gesundheitsverschlechterung ergibt sich nach der Berufungsschrift nicht. Der Kläger wiederholt die
Gesundheitsstörungen, die bereits Anlass für das erste Rentenverfahren waren. Hinzugekommen ist lediglich ein
akuter Hörsturz, den der Kläger im Oktober 2000 erlitten hat. Bleibende Funktionsstörungen sind hieraus jedoch nicht
erwachsen. Nach dem Entlassungsbericht des Klinikums C ... vom 27.10.2000 ist es zu einer Vollremission des
Hörvermögens gekommen.
Auch nach den im Berufungsverfahren eingeholten medizinischen Unterlagen muss davon ausgegangen werden, dass
beim Kläger ein vollschichtiges Leistungsvermögen für mindestens leichte körperliche Tätigkeiten besteht. Diese
Überzeugung gründet sich auf das aktuelle Gutachten des MDK vom 22.05.2001 sowie auf den Befundbericht des
behandelnden Orthopäden vom 15.05.2001. Der MDK-Gutachter Dr. Ki ... votierte für eine leichte körperliche Tätigkeit
vollschichtig im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen ohne schweres Heben und Tragen bzw. Körpervorhalte
einschließlich Leitern und Gerüsten. Dr. G ... hält zeitweilig auch mittelschwere Arbeiten für zumutbar. Die qualitativen
Einschränkungen des Leistungsvermögens sind Ausdruck der Veränderungen im LWS-Bereich des Klägers.
Keinesfalls sind die hier erhobenen Befunde so gravierend, dass sie das Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht
einschränken könnten. Nach den erhobenen Befunden besteht lediglich eine endgradige LWS-
Beweglichkeitsminderung ohne neurologische Ausfälle. Es steht im Einklang mit der Literatur zur rentenrechtlichen
Begutachtung, dass ein lokales lumbales Schmerzsyndrom regelmäßig nicht geeignet ist, ein unter vollschichtiges
Leistungsvermögen zu begründen (vgl. Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, 5.
Aufl.,1995, S. 151).
Die übrigen beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen sind ebenfalls nicht geeignet, das Leistungsvermögen
des Klägers in zeitlicher Hinsicht einzuschränken. Der seit langem beim Kläger bestehende Bluthochdruck konnte
nach dem Bericht der Hausärztin vom 01.08.2001 unter medikamentöser Therapie zwischenzeitlich gebessert werden.
Leistungseinschränkungen gehen mit dieser Erkrankung nicht einher. Ebenso wenig führen die
Schilddrüsenvergrößerung und die Neigung zu Erkältungskrankheiten zu einer dauerhaften Einschränkung des
Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Dementsprechend hatte die Hausärztin dem Kläger gegenüber dem
Arbeitsamt auch lediglich bescheinigt, dass er für schwere körperliche Arbeit nicht vermittelbar sei.
Mit dem vollschichtigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist der Kläger nicht berufsunfähig. Bei
einem auf das allgemeine Arbeitsfeld verweisbaren Versicherten bedarf es nach dem Urteil des Bundessozialgerichts
vom 01.03.1984 (Az. 4 RJ 43/83) nur dann der konkreten Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit, wenn der
Kläger selbst leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch mit vielfältigen und/oder erheblichen
gesundheitlichen Einschränkungen ausführen kann. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Eine Summierung
ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine sonstige schwerwiegende Behinderung, die es dem Kläger auch
bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit unmöglich macht, eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen (sog.
"Katalogfälle"), liegt nicht vor. Insbesondere besteht keine schwere spezifische Leistungseinschränkung auf
neurologisch-psychiatrischem Gebiet. Nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen besteht beim Kläger eine
Intelligenz im unteren Normbereich. Insofern ist auch die notwendige Umstellungsfähigkeit beim Kläger gegeben. Hier
ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger bei der Begutachtung durch das Arbeitsamt im März 2000, also
zeitgleich zur Rentenantragstellung im streitigen Verfahren, angab, dass er sich noch eine leichte Pförtnertätigkeit
zutrauen würde.
Nachdem der Kläger nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI (a.F.) ist, hat er erst recht keinen
Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen EU nach den strengeren Voraussetzungen des § 44 SGB VI (a.F.).
Bei einem vollschichtigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind auch die Voraussetzungen zur
Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI (i.d.F. des Gesetzes
ab 01.01.2001) nicht erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revison sind nicht ersichtlich, § 160 Abs. 2 SGG).