Urteil des LSG Sachsen vom 09.10.2001

LSG Fss: psychiatrisches gutachten, rente, facharzt, erwerbsfähigkeit, arbeitsmarkt, wechsel, neurologie, psychiatrie, chefarzt, erwerbsunfähigkeit

Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 09.10.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 8 RJ 185/97
Sächsisches Landessozialgericht L 5 RJ 160/00
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17.04.2000 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin über den 30. April 1996 hinaus Rente wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit zu zahlen ist.
Die am ... geborene Klägerin hat eine Ausbildung im Teilgebiet des Ausbildungsberufes Chemiefacharbeiter zum
Anlagenfahrer erfolgreich durchlaufen. Anschließend arbeitete sie als Anlagenfahrerin, Darmbearbeiterin,
Lagerarbeiterin, Produktionsarbeiterin, Küchenhilfe und Säckerin. In der Zeit vom 13. Juli 1987 bis 31. Dezember 1995
war sie als Tablettiererin in einem Pharmaunternehmen tätig. Diese Tätigkeit erforderte ca. ein halbes Jahr
Einarbeitung. Die Entlohnung entsprach der von Angelernten.
Auf den von ihr am 02. Mai 1994 gestellten Antrag hin gewährte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 08. Dezember
1995 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit, beginnend am 17. November 1993 bis zum 30. April 1996.
Am 19. Dezember 1995 beantragte die Klägerin Weiterzahlung der Rente über den 30. April 1996 hinaus.
Die Beklagte zog folgende Unterlagen bei:
- Befundbericht von Dr. L ..., Facharzt für Orthopädie vom 14. Februar 1996 nebst Fremdbefunden. Danach leidet die
Klägerin an Postlaminektomiesyndrom L 5/S 1 rechts, Zustand nach Myom-Operation und Morbus Crohn. Eine
Befundänderung in den letzten zwölf Monaten wird nicht angegeben.
- Gutachten von Prof. Dr. R ..., Chefarzt der neurologischen Abteilung der P ... Klinik Z ..., vom 03. April 1996.
Am 24. Mai 1996 erließ die Beklagte den Bescheid, dass über den Wegfallzeitpunkt hinaus weder Berufs- noch
Erwerbsunfähigkeit noch Invalitität vorliege, da die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeiten vollschichtig
verrichten könne. Auf den Widerspruch der Klägerin zog die Beklagte das für das Arbeitsamt Zwickau erstellte
Gutachten von Dipl.-med. Kr ... vom 31. Januar 1995 bei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei als
angelernte Arbeiterin auf alle ungelernten Tätigkeiten im Bereich des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verweisen, ohne
dass eine konkrete Benennung zumutbarer Tätigkeiten erforderlich sei. Sie sei in der Lage, vollschichtig leichte bis
mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechsel der Köperhaltung, ohne häufiges Bücken,
Klettern oder Steigen, nicht überwiegend im Freien und ohne Gefährdung durch Zugluft, starke
Temperaturunterschiede oder Nässe, nicht an laufenden Maschinen, ohne besonderen Zeitdruck und ohne häufiges
Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten zu verrichten.
Hiergegen hat die Klägerin das Sozialgericht Chemnitz (SG) angerufen. Dieses hat den Entlassungsbericht der
Rehaklinik D ... H ... Sch ... vom 04. November 1999 über die Zeit vom 22. September 1999 bis 09. Oktober 1999 und
Befundberichte von Dr. L ..., Facharzt für Orthopädie, vom 24. September 1997, Dr. M ..., Facharzt für
Anästhesiologie/Chirotherapie, vom 2. Oktober 1997 und vom 17. Dezember 1998, Dr. M ..., Fachärztin für
Allgemeinmedizin vom 30. November 1997 und einen Befundbericht der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie
Weinberger vom 15. November 1998 beigezogen. Im Auftrag des Gerichts hat am 24. Januar 2000 Prof. Dr. R ...,
Chefarzt der Neurologischen Abteilung der P ... Klinik Z ..., ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erstellt.
Mit Urteil vom 17. April 2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Erwerbsunfähig sei die Klägerin nicht, da sie noch
vollschichtig eine Tätigkeit ausüben könne. Berufsunfähig sei sie nicht, weil es sich bei der als Hauptberuf zu
qualifizierenden Tablettiererin um eine Tätigkeit im unteren Bereich der angelernten Tätigkeiten handle. Eine konkrete
Verweisungstätigkeit brauche nicht benannt zu werden. Invalide sei die Klägerin nicht, da ihr Leistungsvermögen nicht
um mindestens zwei Drittel desjenigen von geistig und körperlich gesunden Versicherten im Beitrittsgebiet gemindert
sei.
Hiergegen richtet sich die am 20. Juni 2000 eingegangene Berufung der Klägerin. Die vorausgegangenen
Begutachtungen seien nicht zutreffend; die Schmerzsymptomatik sei nicht ausreichend berücksichtigt.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17. April 2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des
Bescheides vom 24. Mai 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.Februar 1997 zu verurteilen, der
Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Berufsunfähigkeit über den 30. April 1996 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat Befundberichte von Dipl. med. Z ..., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 30. Oktober 2000,
Dr. R ..., Chefarzt der Schmerzambulanz des DRK-Krankenhauses C ...-R ..., vom 10. November 2000 und Dr. St ...,
Facharzt für Anästhesiologie, vom 21. Dezember 2000 und ein Gutachten von Dr. G ..., Facharzt für Neurologie/
Psychiatrie, und von Dr. W ..., Fachpsychologin, eingeholt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die
Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, weil der Klägerin kein Anspruch auf
Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit über den 30. April 1996 hinaus zusteht.
Die Klägerin ist weder berufs- noch erwerbsunfähig (§§ 43 Abs. 2 Satz 1, 44 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch
Sozialgesetzbuch -SGB VI- in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.).
Berufsunfähigkeit im Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. liegt nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit der Klägerin wegen
Krankheit oder Behinderung noch nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich, geistig oder seelisch
gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.
Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen
Verdienst Gesundheitszustand und nach ihrem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG SozR Nr.
24 zu § 1246 RVO). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, kommt es auf
den bisherigen Beruf an (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). In der Regel ist dies die letzte
versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung die vollwertig oder nachhaltig verrichtet worden ist (vgl. BSG
SozR 2200 § 1246 Nr. 130, 164). Letzte Beschäftigung in diesem Sinne ist die Tätigkeit als Tablettieserin, welche die
Klägerin vollwertig, bewusst und gewollt von 1987 bis Dezember 1995 zur dauerhaften Einkommenserzielung
ausgeübt hat.
Ob die Klägerin noch in der Lage ist, diesen zuletzt ausgeübten Beruf vollwertig zu verrichten, kann dahingestellt
bleiben, da die Klägerin jedenfalls zumutbar auf andere Tätigkeiten verweisbar ist, bei welchen sie mehr als die Hälfte
des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann.
Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeit eine leistungsgeminderte Versicherte zumutbar verwiesen werden kann, hat
das Bundessozialgericht (BSG) ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es
gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG SozR Nr. 103
zu § 1246). Später hat das BSG zu diesen drei Gruppen noch eine weitere Gruppe der Facharbeiter mit
Vorgesetztenfunktion hinzugefügt (vgl. BSGE 43, 243) zu welcher auch besonders hoch qualifizierte Facharbeiter
gehören (vgl. BSGE 45, 276). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter gliedert sich in
einen oberen und einen unteren Bereich (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 109, 132, 143). Dem unteren Bereich
unterfallen alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von 3 bis 12
Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- und Anlernzeit von über 12
Monaten bis zu 24 Monaten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 45). Jeder Versicherte kann auf Tätigkeiten
zumutbar verwiesen werden, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht. Ein
Facharbeiter kann daher auf Anlerntätigkeiten, ein angelernter Arbeiter im oberen Bereich auf angelernte und ein
solcher im unteren Bereich auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 143
m.w.N.).
In Übereinstimmung mit der sozialgerichtlichen Entscheidung ist die Klägerin der Gruppe mit dem Leitberuf des
angelernten Arbeiters des unteren Bereiches zuzuordnen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin für die Tätigkeit
einer Tabletttiererin eine Ausbildung von mehr als einem Jahr absolviert hat. Die Tätigkeit kann vielmehr in einer sehr
geringen Anlernzeit erlernt werden, die höchstens ein Jahr beträgt.
Als angelernte Arbeiterin des unteren Bereiches ist eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht
erforderlich, sie kann vielmehr auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden (vgl. BSGE 59, 201).
In Zusammenschau aller eingeholten medizinischen Unterlagen und Gutachten ist die Klägerin in der Lage,
vollschichtig körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen in geschlossenen Räumen
ohne monotone statodynamische Belastungen zu verrichten. Zu vermeiden sind Arbeiten mit häufigem Bücken, am
Fließband, auf Leitern und Gerüsten sowie Heben und Tragen schwerer bzw. mittelschwerer Lasten. Die Arbeiten sind
ohne besonderen Zeitdruck, ohne Wechselschicht, ohne hohe nervliche Belastung, ohne hohe Anforderung an die
Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, ohne hohe Stressbelastung, und ohne gehobene Verantwortung zu verrichten.
Damit ist zwar gegenüber dem Gutachten von Prof. Dr. R ... vom April 1996 auf neurologisch/psychatrischem,
psychologischem Gebiet eine Verschlechterung eingetreten. Prof. Dr. R ... hatte in seinem Gutachten somatoforme
Störungen (Schmerzzustände) im Rahmen einer primären neurotischen Fehlentwicklung festgestellt. Die körperliche
und neurologische Untersuchung hatte keine Auffälligkeiten, insbesondere keinen Hinweis auf eine radikuläre
Symptomatik erbracht. Psychisch waren keine Hinweise für eine depressive Verstimmung oder eine andere
psychische Erkrankung festzustellen. Es hatte sich kein pathologischer Befund ergeben, die psychologischen Tests
zeigten eine durchschnittliche intellektuale Ausstattung und keine Hinweise auf Hirnleistungsabbau. Die Klägerin war
in der Lage, durch Willensanstrengung ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern. Ernsthafte, auch stationäre
Psychotherapieversuche, hatte es dahin nicht gegeben. Bei dem Alter der Klägerin sei eine psychische Stabilisierung
und damit auch eine Befindensverbesserung durch psychotherapeutische Maßnahmen durchaus erfolgversprechend.
Die Klägerin wurde für fähig gehalten, vollschichtig leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten, mittelschwere
Arbeiten halb bis unter vollschichtig, Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Heben, Tragen oder
Bewegen von Lasten, ohne längere Anmarschwege (zumutbar 800 m), ohne überwiegend einseitige Körperhaltung,
ohne häufiges Klettern oder Steigen, nicht überwiegend im Freien und nicht an laufenden Maschinen, sowie ohne
Gefährdung durch Zugluft, starke Temperaturunterschiede und Nässe zu verrichten.
Das zuvor von Dipl.-Med. K ... für das Arbeitsamt Zwickau erstattete Gutachten vom 31. Januar 1995 hatte ebenfalls
ein vollschichtiges Leistungsvermögen ergeben. Danach waren bei der Klägerin Ischiasreizung rechts nach
zweimaliger Bandscheibenoperation bei eher schwach entwickelter Muskulatur und graziler Statur sowie Neigung zu
niedrigem Blutdruck festzustellen. Die Klägerin konnte vollschichtig leichte Arbeiten in Werkhallen, geschlossenen
Räumen, temperierten Räumen im Wechsel der Haltungsarten ohne Zeitdruck, ohne Nässe, Kälte, Zugluft,
Temperaturschwankungen, Hitzearbeiten ohne erhöhte Verletzungsgefahr, häufiges Bücken, Zwangshaltungen, Heben
und Tragen von über fünf Kilogramm verrichten. Empfohlen wurde eine abwechslungsreiche Beschäftigung teils
sitzend, teils stehend - gehend ohne anhaltend statische Momente. Auch in seinem für Gutachten vom 24. Januar
2000, das Prof. Dr. R ..., auf Grund der Untersuchung vom 18. Januar 2000 erstattet hat, ergibt sich nichts Anderes.
Er stellt fest, dass bei der Klägerin somatoforme Störungen (pseudoradikuläre Schmerzzustände) im Rahmen einer
primären Fehlentwicklung vorliegen. Die Klägerin könne seit 1996 für Tätigkeiten leichter Natur auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt vollschichtig, ohne häufiges Bücken, ohne Zeitdruck, Arbeiten am Fließband, Leitern und Gerüsten
sowie ohne Tragen und Heben schwerer Lasten ausüben. Ihr Leistungsvermögen war nicht um mindestens zwei Drittel
desjenigen von körperlich und geistigen gesunden Versicherten gemindert und wurde im Übrigen als durch stationäre
psychotherapeutische Heilbehandlung innerhalb weniger (etwa drei) Monate verbesserbar dargestellt.
Auch die Begutachtung durch Dr. W ... auf psychologischem und Dr. G ... auf neurologisch/psychiatrischem
Fachgebiet hat kein unter vollschichtiges Leistungsvermögen ergeben. Dr. W ... berichtet in ihrem Gutachten vom 11.
April 2001 zur körperlichen Situation, dass die Testanforderungen im Sitzen kontinuierlich absolviert worden seien und
das Angebot, ab und zu im Stehen fortzufahren, nicht in Anspruch genommen worden sei.
In Auswertung des Gutachtens von Dr. W ... hat Dr. G ... am 28. April 2001 aufgrund der Untersuchungen am 12. April
2001 somatoforme Störungen auf der Grundlage einer primären neurotischen Fehlentwicklung diagnostiziert.
Diagnostisch besteht Übereinstimmung mit den neurologisch-psychiatrischen Vorgutachten vom 4. April 1996 und 24.
Januar 2000. Die Untersuchungen sind in der Zeit von 7.30 Uhr bis 12.00 Uhr erfolgt, nachdem die Klägerin bereits
eine längere Anreise nach Dresden zurückgelegt hatte. Während und nach Abschluss der Untersuchung sind
körperliche oder psychische Ermüdungs- oder Erschöpfungszeichen nicht festgestellt worden. Die Klägerin war bereits
um drei Uhr morgens aufgestanden. Eine ängstlich-depressive Symptomatik, wie sie im Befundbericht von Dr. Z ...
beschrieben wurde, war nicht nachweisbar, wäre aber unter den somatoformen Störungen, die Dr. G ... diagnostiziert
hat, zwangslos einzuordnen. In Zusammenschau der gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist das Leistungsbild
qualitativ, aber nicht quantitativ limitiert.
Das Argument der Klägerin, die Schmerzsymptomatik sei in den Gutachten nicht ausreichend berücksichtigt, trägt
nicht. Den Gutachtern lagen im SG-Verfahren die Berufundberichte der behandelnden Ärzte nebst entsprechenden
Fremdbefunden wie auch der Entlassungsbericht der Reha-Klinik D ... H ...-Sch ... vor. In diesem Bericht werden
neurotische Depressionen mit Suizidversuch am 09. Oktober 1999, Medikamentenabhängigkeit, chronische Lumbalgie
bei Zustand nach Bandscheibenoperation L4/5 rechts und L5 rechts 1994, Hemilaminektomie
(Postnucleolomiesyndrom), Ulcusleiden, Morbus Crohn als Diagnosen festgehalten. Die Klägerin wird jedoch für
körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Haltung und ohne Zeitdruck als vollschichtig einsatzfähig erachtet und
Dr. L ... berichtet über multiple-vertiprogene Schmerzen mit Gefühlsstörungen in Armen und Beinen, diagnostiziert ein
chronifiziertes Schmerzsyndrom, Postlaminektomiesyndrom und Vervico-Myalgien. Dr. M ... weist auf ein
Postlaminektomiesyndrom sowie ein Psychosyndrom, ohne hierzu näheres auszuführen. Als Beschwerden der
Klägerin werden seit den Operationen Schmerzen in der Lendenwirbelsäule und dem rechten Bein festgehalten. Dr. M
... hält als Diagnosen fest: lumbales Schmerzsyndrom bei Zustand nach perforiertem Ulcusventrikulie und Zustand
nach Morbus Crohn. Die Klägerin äußerte starkes Schmerzempfinden im Bereich der Lendenwirbelsäule,
rezitivierende Magenschmerzen und Schlafstörungen. Den Gutachtern im Berufungsverfahren lagen darüber hinaus
die Befundberichte von Dipl. Med. Z ..., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Dr. R ..., Chefarzt der
Schmerzambulanz des DRK-Krankenhauses C ...-R ... und Dr. St ..., Gemeinschaftspraxis Dr. M .../St ..., Fachärzte
für Anästhesiologie vor. Nach Dipl.-Med. Z ... spielt bei der Klägerin eine depressiv ängstliche Symptomatik eine
erhebliche Rolle. Diagnostisch handle es sich um ein lumbales Schmerzsyndrom bei Zustand nach Operation eines
lumbalen Bandscheibenvorfalles 1994 und ein depressiv ängstliches Syndrom neurotischer Genese. Dr. R ...
diagnostiziert ein Postdiskotomiesyndrom und Zustand nach Magenperforation 1996. Am 03. November 2000 habe die
Klägerin, die seit 14. September 2000 in dortiger Behandlung sei, eine zufriedenstellende Schmerzreduktion
angegeben. Dr. St ... berichtet über anamnestische starke Schmerzen der gesamten Lendenwirbelsäule, krampfartig,
mit Ausstrahlung in beide Oberschenkel und hält ein Postlaminektomiesyndrom sowie realktiv Depression als
Diagnose fest. All diese Unterlagen haben demnach in den Gutachten Berücksichtigung gefungen.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen liegt keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder
eine weitergehende, schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die es der Klägerin auch bei vollschichtiger
Leistungsfähigkeit unmöglich machen würde, eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sog. "Katalogfälle" (vgl.
BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 137). Insbesondere ist die Klägerin auch nicht am Zurücklegen des Arbeitsweges,
also des Weges von ihrer Wohnung bis zu einer etwaigen Arbeitsstätte (vgl. BSG SozR 2-2200 § 1247 RVO Nr. 10),
gehindert. Betriebsunübliche Pausen (vgl. BSG SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 43) muss sie während der Arbeitszeit
nicht einhalten.
In jedem Fall ist die Klägerin noch in der Lage, als Pförtnerin an einer Nebenpforte vollschichtig tätig zu sein. Bei
dieser Tätigkeit, die überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit des Haltungswechsel verrichtet wird, handelt es sich
um eine generell körperlich leichte Tätigkeit, die keine hohen Anforderung an die Umstellungsfähigkeit stellt. Zwar hat
Dr. G ... hinsichtlich der Umstellungsfähigkeit der Klägerin feststellt, dass diese dann als eingeschränkt anzusehen
sei, wenn sie sich ständig auf neue Arbeitsinhalte umzustellen hätte. Dies ist bei der Tätigkeit des Pförtners an der
Nebenpforte nicht gegeben, die zum Hauptinhalt hat, bekannte Firmenfahrzeuge und Mitarbeiter passieren zu lassen
(vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1996 - 13 RJ 35/95).
Der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen passenden Arbeitsplatz zu
finden, und nicht in der Lage ist, ist kein Grund zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn bei
vollschichtiger Einsatzmöglichkeit ist der Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen,
es kommt auf die Zahl der vorhandenen, nicht auf die Zahl der gerade freien Arbeitsplätze an (vgl. BSGE 80, 24).
Nachdem die Klägerin nicht berufsunfähig im Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VI (a.F.) ist, hat sie erst recht keinen
Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den strengeren Vorschriften des § 44 SGB
VI (a.F. oder einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI in der Fassung ab
01. Januar 2001 - BGBl. I 2000, Seite 1827).
Die Anwendung der §§ 43, 44 SGB VI a.F. resultiert aus der Rentenantragstellung im Dezember 1995 (§ 300 Abs. 2
SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision, § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.