Urteil des LSG Sachsen vom 05.12.2001
LSG Fss: ddr, altersrente, invalidenrente, zukunft, rücknahme, verwaltungsakt, invalidität, bekanntgabe, betrug, anfang
Sächsisches Landessozialgericht
Urteil vom 05.12.2001 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Chemnitz S 8 RA 511/97
Sächsisches Landessozialgericht L 4 RA 144/98
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 24. August 1998 sowie der
Bescheid der Beklagten vom 05.12.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.05.1997 aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten. III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wehrt sich gegen die teilweise Rücknahme des zum 1.1.1992 ergangenen Umwertungsbescheides.
Die am ... geborene Klägerin heiratete am ... Im Februar 1944 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Ihr Ehemann
starb im November 1944. Von der Sozialversicherungsanstalt Sachsen erhielt sie eine Witwenrente (Bescheid vom
19.8.1947); zudem wurde ihr eine Invalidenrente bewilligt ab dem 22.11.1945 (Bescheide vom 22.2.1946 und
9.5.1946). Vom 1.1.1959 bis 30.9.1962 war die Klägerin als Heimarbeiterin beschäftigt für eine Strumpffabrik, wobei
sie Verdienste zwischen 1.230 Mark bis rund 1.530 Mark pro Jahr erzielte. Anschließend arbeitete sie als
Reinigungskraft für einen HO-Betrieb in Z ... vom 1.2.1974 bis 28.2.1985 bei Jahresverdiensten von rund 880 Mark bis
1.700 Mark.
Die Sozialversicherung der DDR wertete die Invalidenrente der Klägerin in eine Invalidenaltersrente um und leistete
diese ab März 1985. Ihrer Berechnung zugrunde gelegt hatte sie 21 Jahre an versicherungspflichtiger Tätigkeit sowie
19 Jahre an Zurechnungszeiten wegen Invalidität. Bei einem beitragspflichtigen Gesamtverdienst von 14.070 Mark in
124 Monaten für die letzten 20 Kalenderjahre ergebe sich ein monatlich erzielter beitragspflichtiger
Durchschnittsverdienst von 114 Mark. Multipliziert mit einem Steigerungssatz von 40 Prozent zuzüglich eines
Festbetrages von 110 Mark resultiere daraus eine errechnete Rente von 155,60 Mark. Diese müsse jedoch auf die
Mindestrente von 360 Mark monatlich erhöht werden, da die Klägerin 40 Arbeits- und Zurechnungsjahre vorweisen
könne. Weil ihre Invalidenrente zuletzt bei 361 Mark monatlich gelegen habe, sei diese als günstigere Leistung
weiterzuzahlen. Der Datenträger der Sozialversicherung von Dezember 1989 enthält allerdings einen Monats-
Durchschnittsverdienst von 150 Mark, ebenso der von Dezember 1990, Januar und Juli 1991.
Mit Bescheid vom 17.11.1991 wertete die Beklagte die Altersrente der Klägerin um und passte sie an. Vom 1.1.1992
an betrug die monatliche Rente 1.165,59 DM bei 44,2832 Entgeltpunkten (Ost). Bei der Berechnung hatte sie einen
monatlichen Durchschnittsverdienst von 150 DM und das Ende des 20-Jahres-Zeitraums auf 1944 festgelegt. Ferner
war die Beklagte davon ausgegangen, dass die Klägerin 9 Jahre versicherungspflichtig tätig gewesen sei und bei
einem Rentenbeginn am 1.12.1945 bis zur Vollendung ihres 55. Lebensjahres insgesamt 34 Zurechnungsjahre zu
berücksichtigen seien. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den Fall, dass die der Umwertung
zugrunde gelegten Daten nicht der Sach- und Rechtslage entsprächen. Sollte sich bei einer Überprüfung eine
Rentenminderung ergeben, werde diese nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen.
Unter dem 19.4.1996 vermerkte die Beklagte in ihrer Akte, die maschinelle Umwertung der Rente der Klägerin sei zum
1.1.1992 auf der Basis der im Rechenzentrum Leipzig vorhandenen Daten erfolgt, welche aber nicht plausibel seien.
Ausgehend vom vollendeten 14. Lebensjahr der Klägerin ergebe sich unter Berücksichtigung der Anzahl der
Arbeitsjahre und der Zurechnungsjahre ein Zeitpunkt nach Vollendung des 55. Lebensjahres. Die Umwertung sei daher
auf der Basis der zutreffenden Daten für die Zeit ab dem 1.1.1992 zu wiederholen.
Mit Schreiben vom 24.7.1996 hörte die Beklagte die Klägerin an. Die Beklagte erläuterte, die maschinelle Umwertung
der Rente zum 1.1.1992 sei fehlerhaft erfolgt. Anstelle von 6 Arbeitsjahren seien 9 Arbeitsjahre zugrunde gelegt
worden. Der Umwertungsbescheid solle zurückgenommen werden mit Wirkung für die Zukunft, der überzahlte Betrag
von 1.857,86 DM allerdings der Klägerin verbleiben. Nachdem die Klägerin der Beklagten ihre sämtlichen
Versicherungsausweise übermittelt hatte, errechnete diese einen monatlichen Durchschnittsverdienst von 114 Mark
bei 21 Arbeitsjahren, 24 Zurechnungsjahren und einem 1984 endenden 20-Jahres-Zeitraum.
Die Beklagte hörte die Klägerin daraufhin nochmals an mit Schreiben vom 17.10.1996. Bei der Umwertung sei das
Gesamtdurchschnittseinkommen des Jahres 1944 anstelle des zutreffenden Jahres 1984 zugrunde gelegt worden;
anstelle von 34 Zurechnungsjahren hätten es lediglich 24 Jahre sein dürfen; anstelle von 9 Arbeitsjahren müssten es
nach Ansicht der Beklagten 21 Arbeitsjahre sein und das zutreffende Durchschnittseinkommen belaufe sich auf 114
DM statt 150 DM. Es sei beabsichtigt, den Umwertungsbescheid zurückzunehmen und die niedrigere, richtig
berechnete Rente zu zahlen. Die Überzahlung von 20.160,94 DM werde nicht zurückgefordert. Weiterhin bat die
Beklagte um eine nachvollziehbare Aufstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin, um überprüfen zu
können, ob eine Rücknahme die Klägerin unbillig hart treffen würde.
Die Klägerin entgegnete darauf, sie sei seit Anfang 1946 Invalidenrentnerin und die bescheinigten Verdienste hätten
teilweise deutlich unter 400 Mark monatlich gelegen. Zudem handele es sich dabei gemäß § 248 Abs.3 Nr.2 SGB VI
nicht um Beitragszeiten, so dass der Umwertung nicht 21 Arbeitsjahre zugrunde gelegt werden dürften. Über ihre
wirtschaftlichen Verhältnisse erklärte sie sich nicht.
Mit Bescheid vom 5.12.1996 stellte die Beklagte die Regelaltersrente der Klägerin zum 1.2.1997 neu fest, wobei sie
wie angekündigt von einem monatlichen beitragspflichtigen Durchschnittsverdienst von 114 DM, einem 1984
endenden 20-Jahres-Zeitraum, 21 Arbeitsjahren und 24 Zurechnungsjahren wegen Invalidität ausging. Die monatliche
Bruttorente betrug nur noch 1.239,97 DM bei 12,0450 Entgeltpunkten anstelle der zuletzt bezogenen 1.776,68 DM. Die
Beklagte erläuterte, bei der Umwertung der Rente 1991 sei das Ende des Zeitraums, der anhand der maschinell
verfügbaren Daten zur Ermittlung des beitragspflichtigen Durchschnittseinkommens herangezogen worden sei, auf
1944 gelegt worden, obwohl die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit im Februar 1985 geendet habe. Deshalb
müsse zur Ermittlung des beitragspflichtigen Durchschnittseinkommens das Ende des Jahres 1984 angesetzt
werden. Zudem seien anhand der maschinell verfügbaren Daten 34 Zurechnungsjahre wegen Invalidität angerechnet
worden, obwohl von Januar 1946 bis Oktober 1962 tatsächlich nur 24 Zurechnungsjahre bis zur Vollendung des 55.
Lebensjahres zu berücksichtigen seien. Ebenfalls aufgrund der vorhandenen Daten seien 9 Arbeitsjahre anstelle der
zutreffenden 21 Arbeitsjahre herangezogen worden; ebenso sei ein falsches beitragspflichtiges
Durchschnittseinkommen von 150 DM anstatt 114 DM festgesetzt worden. Die nunmehr auf der Grundlage der
richtigen Daten zum 1.1.1992 vorgenommene maschinelle Umwertung führe zu einer vergleichsweise geringeren
Rente. Weil der Umwertungsbescheid von 1991 mit einem zulässigen Widerrufsvorbehalt versehen gewesen sei, habe
die Beklagte diesen mit Wirkung für die Zukunft zurücknehmen dürfen. Die Klägerin habe auf die Anhörung keine
Tatsachen vorgetragen, die darauf schließen ließen, sie habe auf den ungeschmälerten Weiterbezug der Rente
vertraut. Deshalb überwiege das öffentliche Interesse an der Rücknahme, da sich fortlaufende Überzahlungen
dauerhaft zu Lasten der Versichertengemeinschaft auswirkten. Der Gesetzgeber habe im Zuge der Wiedervereinigung
zunächst sicherstellen wollen, dass die vier Millionen Bestandsrentner trotz der Umstellung des
Rentenversicherungsrechts reibungslos weiterhin ihre Zahlungen erhielten. Keinesfalls sei jedoch beabsichtigt
gewesen, Überzahlungen für alle Zukunft festzuschreiben.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein am 23.12.1996. Ihre versicherungspflichtige Beschäftigung habe 1944
geendet. Später habe sie beitragsfrei gearbeitet. Die Eintragungen von versicherungspflichtigen Entgelten im Ausweis
für Arbeit und Sozialversicherung seien daher ausgenommen die Jahre 1975 und 1976 falsch. Für die Zeit vom
1.1.1974 bis 31.10.1979 seien für die Klägerin keine Beiträge zur Sozialversicherung (DDR) abgeführt worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück mit Widerspruchsbescheid vom 29.5.1997. Die Rente sei nunmehr auf der
Grundlage der richtigen Daten umgewertet worden. Nach § 76 Abs. 2 der 1. Rentenverordnung (RTVO) vom
23.11.1979 sei die Altersrente unter Berücksichtigung einer versicherungspflichtigen Tätigkeit neu zu berechnen
gewesen, sofern die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Altersrente während des Bezuges einer Invalidenrente
erfüllt worden seien und der Rentner während dieser Zeit wie nach Ansicht der Beklagten im Falle der Klägerin
versicherungspflichtig tätig gewesen ist. Die Tätigkeit der Klägerin sei versicherungspflichtig gewesen aufgrund des §
2 der VO zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 17.11.1977 (SVO) in Verbindung mit § 2
Abs. 2 d RTVO.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 18.6.1997 vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobenen Klage. Sie
wies nochmals darauf hin, dass ihre Beschäftigung in der Sozialversicherung beitragsfrei gewesen sei aufgrund des §
15 Abs. 1 a SVO. Seitens der Sozialversicherung sei die Rente in derartigen Fällen nicht neu berechnet worden;
lediglich wenn Bezieher von Blinden- oder Sonderpflegegeld daneben Arbeitsentgelt erzielt hätten, wäre nach Ansicht
der Klägerin aufgrund des § 18 der 1. DB 1. RTVO eine Neuberechnung erfolgt. Das Ende des 20-Jahres-Zeitraums
sei somit auf 1944 zu legen, da später keine beitragspflichtigen Verdienste erzielt worden seien.
Das SG hat die Klage abgewiesen durch Urteil vom 24.8.1998. Die Beklagte habe gemäß § 307 a Abs. 8 Satz 6 SGB
VI von Amts wegen überprüfen dürfen, ob die der zum 1.1.1992 umgewerteten Rente zugrunde gelegten Daten der
Sach- und Rechtslage entsprächen. Ob dies der Fall sei, richte sich nach den bis zum 31.12.1991 gültigen
Vorschriften des Rentenrechts der ehemaligen DDR. Nach § 76 Abs.2 RTVO sei die Altersrente der Klägerin neu zu
berechnen gewesen, da sie mit Vollendung des 60. Lebensjahres eine versicherungspflichtige Tätigkeit von
mindestens 15 Jahren neben dem Invalidenrentenbezug ausgeübt habe. Auch wenn sie als Invalidenrentnerin von der
Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen befreit gewesen sei, sei sie doch dem Grunde nach versicherungspflichtig
gewesen. Bei der Berechnung der Altersrente wären 21 Arbeitsjahre und ein 1984 endender 20-Jahres-Zeitraum
zugrunde zu legen gewesen. Damit habe der Umwertungsbescheid 1991 auf falschen Daten basiert, so dass dieser
rechtswidrig begünstigend im Sinne des § 45 Abs.1 SGB X gewesen sei. Weil die Beklagte den Bescheid aber mit
einem zulässigen Widerrufsvorbehalt versehen habe, habe sie diesen gemäß § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB X bis
zum Ablauf von zehn Jahren zurücknehmen dürfen. Das öffentliche Interesse an der Rücknahme überwiege das
Interesse der Klägerin am weiteren Bezug der überhöhten Rente, da sie keine Tatsachen zu ihren wirtschaftlichen
Verhältnissen vorgetragen habe, die auf einen Verbrauch der Leistung oder getroffene Vermögensdispositionen
schließen ließen.
Gegen das ihr am 14.9.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht
eingelegt am 13.10.1998. Sie bezieht sich auf ihre erstinstanzlich vorgetragenen Argumente und ergänzt, § 307 a
Abs. 2 Nr. 2 SGB VI sei dahin zu verstehen, dass bei der Ermittlung des Gesamtdurchschnittseinkommens stets der
20-Jahres-Zeitraum für die Berechnung der Invalidenrente heranzuziehen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 24.8.1998 und den Bescheid der Beklagten vom 5.12.1996 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.5.1997 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene
Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144 151 Abs. 1 SGG) erweist sich als begründet.
Die Beklagte durfte den Bescheid vom 17.11.1991 nicht mehr zurücknehmen, weil sie dies nicht innerhalb einer Frist
von zwei Jahren seit seiner Bekanntgabe getan hat.
Zutreffend haben das SG und die Beklagte den § 45 SGB X als Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Bescheides
vom 17.11.1991 herangezogen. Zwar eröffnet § 307 a Abs. 8 Satz 6 SGB VI den Rentenversicherungsträgern die
Möglichkeit, die von der Sozialversicherung der DDR übernommenen Daten von Amts wegen zu überprüfen. Damit ist
allerdings der Regelungsgehalt dieser Vorschrift erschöpft, so dass im Übrigen die §§ 44 ff. SGB X heranzuziehen
sind (vgl. für die Anwendung des § 44 SGB X: Diehl in Hauck/Haines, SGB X, Stand: Mai 2000, § 307 Rdnr. 196).
Demnach darf ein begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den
Voraussetzungen der Absätze 2-4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit
zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X).
Der Umwertungsbescheid war rechtswidrig begünstigend, wie das SG festgestellt hat, da die von der Beklagten nach
§ 307 a Abs. 8 Satz 1 SGB VI von der Sozialversicherung der DDR übernommenen Daten nicht mit der Sach- und
Rechtslage übereinstimmten. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug
genommen (§ 153 Abs.2 SGB VI). Insbesondere war das Ende des 20-Jahres-Zeitraums auf das Jahr 1984 zu legen.
Denn mit dem Ende des der bisherigen Rentenberechnung zugrunde liegenden 20-Jahres- Zeitraums" ist nicht die
faktisch durch die Sozialversicherung der DDR vorgenommene Rentenberechnung gemeint, sondern die nach
früherem DDR-Recht an sich gebotene Rentenberechnung. Allerdings hatte die Sozialversicherung der DDR zunächst
entsprechend dem DDR-Rentenrecht entschieden, die Altersrente der Klägerin in Höhe der Invalidenrente aufgrund
des § 76 Abs. 3 der 1. RTVO (361 Mark monatlich) weiter zu zahlen und schließlich als Invalidenaltersrente zu
verschlüsseln. Denn die Berechnung der Altersrente der Klägerin hatte einen monatlichen Zahlbetrag von 360 Mark
ergeben. Dabei hatte die Sozialversicherung 21 Arbeitsjahre ermittelt aufgrund versicherungspflichtiger Tätigkeit der
Klägerin. Daraus folgt zugleich, dass die Sozialversicherung selbst von einem 1984 endenden 20-Jahres-Zeitraum
ausgegangen war. Schließlich war auch der beitragspflichtige Gesamtdurchschnittsverdienst der letzten 20 Jahre mit
114 Mark monatlich richtig berechnet worden. Die späteren Fehler in den Datenträgern ab 1989 hängen offensichtlich
damit zusammen, dass Daten, auf denen die zuvor bezogene Invalidenrente basierte, dort eingestellt worden waren,
weil der Zahlbetrag der Invalidenrente weitergewährt wurde. Dass die Tätigkeit der Klägerin als Raumpflegerin bis
Anfang 1985 auch versicherungspflichtig gewesen ist trotz der Beitragsfreiheit als Invalidenrentnerin - hat das SG
zutreffend dargestellt und bedarf keiner Wiederholung (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Ansicht des Thüringer LSG (U.v. 25.11.1999 L 2 RA 505/98), wonach nach dem Günstigkeitsprinzip der 20-
Jahres-Zeitraum entweder der Invaliden- oder der später bezogenen Altersrente herangezogen werden darf, ist nicht
zu folgen. Denn § 76 Abs. 3 der 1. RTVO bezieht sich nicht auf den 20-Jahres-Zeitraum, sondern allein auf den
Vergleich der Höhe der neuen und bisher bezogenen Rente. Dem Versicherten sollte aufgrund der neu bewilligten
Rente hinsichtlich des Zahlbetrages kein Nachteil entstehen. Über die Berechnungsweise der jeweiligen Rente besagt
diese Vorschrift nichts.
Der Bescheid vom 17.11.1991 konnte allerdings nicht mehr zurückgenommen werden, da die Zweijahresfrist nach
seiner Bekanntgabe (§ 45 Abs. 3 SGB X) bereits verstrichen gewesen war, als die Beklagte den fehlerhaften
Datenbestand der Rente der Klägerin am 19.4.1996 erkannte. Im Gegensatz zur Ansicht des SG war die Frist des §
45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB X, der hier allein in Betracht kommt, nicht eröffnet: Danach kann ein rechtswidriger
begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe
zurückgenommen werden, wenn er mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde. Der
Widerrufsvorbehalt im Bescheid vom 17.11.1991 war jedoch unzulässig.
Nach § 32 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, auf den wie hier ein Anspruch besteht, nur dann mit einer
Nebenbestimmung versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll,
dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. In diesem Fall ist keine gesetzliche
Ermächtigung zum Erlass einer Nebenbestimmung ersichtlich. Auch die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 2. Alt.
SGB X liegen nicht vor. Mit dieser soll die Behörde über § 42 SGB I hinaus die Möglichkeit haben, einen
begünstigenden Verwaltungsakt schon dann zu erlassen, wenn zwar wesentliche, aber noch nicht alle
tatbestandlichen Voraussetzungen der Anspruchsnorm erfüllt oder nachgewiesen sind, also noch nicht einmal
endgültig feststeht, ob der Anspruch dem Grunde nach besteht. Die Vorschrift darf grundsätzlich nur dazu
herangezogen werden, um die Erfüllung geringfügiger tatbestandlicher Voraussetzungen eines Verwaltungsakts
sicherzustellen (Schroeder-Printzen, SGB X, 6. Aufl. 1996, § 32 Rdnr. 8; Hauck/Haines, Stand: 9/2001, § 32 SGB I
Rdnr. 8, 12).
In Bezug auf die Klägerin stand allerdings unzweifelhaft fest, dass sie einen Anspruch auf Altersrente gegen die
Beklagte hatte. Die Beklagte war lediglich unsicher, ob die von der Sozialversicherung der DDR übernommenen Daten
korrekt sein würden. Ein solcher Sachverhalt ermächtigt allerdings nicht dazu, einen Rentenbescheid, auf dessen
Erteilung ein gebundener Anspruch besteht, mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen. Die Beklagte war deshalb
wegen Fristablaufs daran gehindert, den Bescheid vom 17.11.1991 zurückzunehmen.
Die Berufung war somit erfolgreich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG, die Zulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.