Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 22.11.2001

LSG NRW: wiedereinsetzung in den vorigen stand, altersrente, subjektives recht, rkg, hinweispflicht, altes recht, zahl, versicherungsträger, wechsel, rentner

Landessozialgericht NRW, L 2 KN 53/98
Datum:
22.11.2001
Gericht:
Landessozialgericht NRW
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
L 2 KN 53/98
Vorinstanz:
Sozialgericht Gelsenkirchen, S 18 Kn 54/97
Nachinstanz:
Bundessozialgericht, B 2 U 25/00 R
Sachgebiet:
Rentenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts
Gelsenkirchen vom 18. Februar 1998 geändert und die Klage
abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die
Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
1
Streitig ist der Beginn der Regelaltersrente.
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Der am ... 1927 geborene Kläger war von April 1942 bis Juni 1946 (unterbrochen durch
den Wehrdienst) sowie von August 1947 bis September 1949 als Landarbeiter
erwerbstätig. Von Juli 1946 bis Juli 1947 sowie von Oktober 1949 bis April 1970 war er
im Bergbau - zuletzt als Lehrhauer - beschäftigt. Nach seiner Abkehr war er - von
gelegentlichen Beschäftigungen als Hilfsarbeiter abgesehen - arbeitslos. Ab Februar
1976 bezog er Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit (Bescheid vom 11. Mai
1976, 131 ff. VA). Auf seinen Antrag vom Juni 1987 wandelte die Beklagte diese
Rentenleistung mit Wirkung zum 01.10.1987 in flexibles Knappschaftsruhegeld wegen
Vollendung des 60. Lebensjahres und anerkannter Schwerbehinderung (§ 48 Abs. 1
Ziffer 1 Reichsknappschaftsgesetz (RKG); sog. Leistungsart - LEAT - 62) um (Bescheid
vom 25. November 1987). In den Rentenakten befinden sich Rentenmitteilungen über
die jährlichen Anpassungen der Rente zum 01. Juli der Jahre 1988 bis 1992. Bei
Gelegenheit der letzteren Anpassung wurde die Rente rückwirkend zum 01. Januar
1992 umgewertet und als Altersrente für Schwerbehinderte weiter geleistet. Aufgrund
der durch das Rentenreformgesetz (RRG) 1992 angeordneten Berechnung der Rente
nach Mindesteinkommen für die Jahre 1973 bis 1991 (Art. 82 RRG) erhöhte die
Beklagte im Jahre 1996 die Rente nachträglich für die Zeit ab dem 01. Januar 1992
(Bescheide vom 12. und 13. Juni 1996).
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Im August 1996 überprüfte die Beklagte im Rahmen einer größer angelegten Aktion u.a.
auch den Rentenvorgang des Klägers daraufhin, ob sich bei Inanspruchnahme der
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Regelaltersrente ein höherer Rentenzahlbetrag ergäbe. Da dies der Fall war, richtete sie
an den Kläger ein Schreiben mit der Überschrift "Service leistung der
Bundesknappschaft", worin sie auf den ermittelten Sachverhalt hinwies und eine
Antragstellung des Klägers anregte, da die - höhere - Regelaltersrente nicht von Amts
wegen gewährt werden könne (Schreiben vom 08.11.1996). Mit dem diesem
beigefügten Vordruck beantragte der Kläger im November 1996 die Gewährung der
Regelaltersrente, die die Beklagte daraufhin ab dem 01. November 1996 (Monat der
Antragstellung) gewährte; der Zahlbetrag lag um monatlich 35,08 DM über der zuvor
bezogenen Altersrente für Schwerbehinderte (Bescheid vom 27.11.1996). Mit seinem
Widerspruch begehrte der Kläger die höhere Regelaltersrente bereits ab Oktober 1992.
Er meinte, die Beklagte hätte ihn darauf hinweisen müssen, dass ein entsprechender
Antrag gestellt werden konnte. Die verspätete Antragstellung könne nicht zu Lasten des
Versicherten gehen. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: Sie sei nicht befugt
gewesen, von Amts wegen die Regelaltersrente festzustellen. Eine Verpflichtung, den
Kläger auf die erforderliche Antragstellung hinzuweisen, habe nicht bestanden.
Hinweisen müsse sie nur auf solche Gestaltungsmöglichkeiten, die klar zu Tage lägen,
und deren Wahrnehmung offenbar so zweckmäßig sei, dass jeder verständige
Versicherte sie mutmaßlich nutzen würde. Ein solcher Vorgang sei hier nicht gegeben,
weil komplizierte Überlegungen und schwierige rechtliche Zuordnungen vorzunehmen
gewesen seien. (Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 1997, zugestellt am 13. März
1997).
Mit seiner am 21.03.1997 erhobenen Klage hat der Kläger die Zahlung der
Regelaltersrente bereits ab Oktober 1992 begehrt. Er habe den Antrag nur deshalb
verspätet gestellt, weil die Beklagte ihrer Mitteilungs- und Aufklärungspflicht nicht
nachgekommen sei.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 27.11.1996 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 18.02.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
ihm das Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres ab 01.10.1992 unter
Anrechnung des aufgrund des Bescheides vom 25.11.1987 gezahlten Altersruhegeldes
nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat ihre Entscheidung für zutreffend gehalten.
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Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Es habe ein
subjektives Recht des Klägers auf Erteilung eines Hinweises nach § 115 Abs. 6 SGB VI
zur Beantragung der Regelaltersrente anlässlich der Vollendung des 65. Lebensjahres
bestanden. Weil die Beklagte diesen Hinweis pflichtwidrig nicht erteilt habe, sei der
Kläger im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches so zu stellen, als habe
er den Antrag rechtzeitig gestellt (Urteil vom 18. Februar 1998).
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Mit ihrer am 06. März 1998 eingegangenen Berufung hat die Beklagte sich gegen diese
Verurteilung gewandt und gemeint, ein geeigneter Fall im Sinne des § 115 Abs. 6 SGB
VI, bei dem sie zu einem Hinweis verpflichtet sei, sei nur bei einer typischen
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Fallgestaltung gegeben, bei der ein finanzieller Vorteil für den Versicherten ganz
offensichtlich auf der Hand liege und ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand erkannt
werden könne. Beim Kläger sei aber nur unter Vorgabe konkreter Suchmerkmale und
Einsatz spezieller Programme erkennbar gewesen, ob ein solcher Vorteil vorliege.
Außerdem seien zur Zeit des Inkrafttretens des RRG 1992 die Probleme, die sich aus
der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten ergeben hätten, vorrangig
gewesen. Aufgrund dieser Sachzwänge habe sie erst 1995 wieder begonnen,
geeignete Fälle herauszufiltern, in denen sie auf die Beantragung einer
Regelaltersrente hinweisen wollte. Erst Anfang August 1996 habe sie über die
technischen Möglichkeiten verfügt, die erforderlichen individuellen Probeberechnungen
durchzuführen. Sie habe dann insgesamt 38.196 Fälle herausgefiltert, in denen
zwischen dem 02. Dezember 1926 und dem 31.08.1996 geborene Versicherte eine -
vorgezogene - Altersrente nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht
bezogen. Wegen der zahlreichen zum 01. Januar 1992 in Kraft getretenen, für die
Berechnung der Altersrente heranzuziehenden neuen Vorschriften, die sowohl zu einer
höheren als auch zu einer niedrigeren Regelaltersrente führen konnten, sei nur aufgrund
einer Probeberechnung im Einzelfall festzustellen gewesen, ob sich bei
Inanspruchnahme der Regelaltersrente ein höherer Rentenzahlbetrag ergab.
Der Regelaltersrente des Klägers lägen 17,3549 persönliche Entgeltpunkte (pEP) aus
der Rentenversicherung der Arbeiter und 26,0536 pEP aus der knappschaftlichen
Rentenversicherung zugrunde; letztere hätten sich im Vergleich zur zuvor bezogenen
Altersrente für Schwerbehinderte um 0,1128 pEP reduziert, während erstere sich um
0,9635 erhöht hätten. Der sich daraus per Saldo ergebende höhere Rentenzahlbetrag
beruhe auf der neuen Gesamtleistungsbewertung nach dem SGB VI (§ 70 Abs. 3 SGB
VI a.F.). Eine solche Begünstigung habe sich nicht in der überwiegenden Zahl der Fälle
ergeben. Vielmehr habe sich bei der Aktion von 1996, die die Wiederaufnahme einer
bereits vor 1992 praktizierten, indes vorübergehend eingestellten
Versichertenbetreuung darstelle, ergeben, dass sich in 86 % der 38.196 Fällen nach
dem neuen Recht kein höherer Rentenzahlbetrag ergeben habe.
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Aus einer etwaigen Verletzung des § 13 Sozialgesetzbuch 1. Buch - SGB I - könne der
einzelne Versicherte keine Rechte herleiten. Im Übrigen habe sie im Kompass, ihrem
amtlichen Mitteilungsblatt - im Februar 1993 durch den Aufsatz Altersrenten können
wechseln von Wolfgang Störmann auf die Problematik hingewiesen. Soweit in
Einzelfällen der Vordruck 22614 versandt worden sei oder zwei kleinere Dienststellen
bereits 1992 die von ihnen betreuten Versicherten auf die Möglichkeit, Regelaltersrente
zu beantragen, hingewiesen hätten, lägen hierfür keine generellen Dienstanweisungen
vor. Soweit solche Anregungen erfolgt seien, ohne dass zuvor eine Probeberechnung
erstellt worden sei, hätten die beteiligten Dienststellen sogar gegen bestehende
Dienstanweisungen verstoßen.
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Auf den Jahrgang des Klägers 1927 entfielen von den 38.196 Fällen 12.743. Hiervon
seien 1953 (= 15,33 %) begünstigt gewesen. Betrachte man aus diesem Jahrgang
diejenigen, die vorgezogenes Knappschaftsruhegeld wegen Schwerbehinderung
bezogen haben (LEAT 62), ergebe sich, dass von 5.495 Betroffenen (davon 1.751 wie
der Kläger vor Vollendung des 55. Lebensjahres berufs- oder erwerbsunfähig) am
31.12.1997 noch 2260 (702) weiterhin die bereits vor dem 01.01.1992 erhaltene
Altersrente bezogen. Unter Mitberücksichtigung von 863 (386) Bestandsrentnern, die
zwischenzeitlich eine Regelaltersrente beziehen, ohne dass sich ein höherer
Zahlbetrag ergeben habe, seien damit für die Zeit vom 01.01.1992 bis 31.08.1996
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maximal 23,26 % (25,81 %) und für die folgende Zeit bis zum 31.12.1997 maximal 25,94
% (16,24 %) der betroffenen Versicherten begünstigt. Damit ergebe sich bei diesen
Versichertengruppen keine Begünstigung in der überwiegenden Zahl der Fälle, wie sie
vom BSG gefordert werde. Betrachte man nur die Bezieher der LEAT 62 ohne
Differenzierung nach Geburtsjahrgängen, ergebe sich für den erstgenannten Zeitraum
eine maximale Begünstigung von 24,36 % (24,04 %), für den zweitgenannten eine
solche von 18,78 % (11,05 %). Der abweichenden neueren Rechtsprechung des 4.
Senats des BSG sei nicht zu folgen, da durch sie die Systematik des SGB VI
durchbrochen und das in den §§ 99 Abs. 1, 115 Abs. 1 SGB VI verankerte
Antragsprinzip beseitigt werde.
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18. Februar 1998 zu ändern und die
Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, die Beklagte hätte bei
Anwendung der erforderlichen Sorgfalt bereits zum 01. Januar 1992 erkennen können,
dass sich in seinem Falle bei Inanspruchnahme der Regelaltersrente ein höherer
Rentenzahlbetrag ergab.
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Wegen der Darstellung der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf
den Inhalt der Gerichtsakten sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der
Beklagten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr
Einverständnis mit dieser Verfahrensweise erklärt haben, § 124 Abs. 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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Die Berufung ist begründet.
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Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 27. November 1996 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 1997. Hierin hat die Beklagte
Regelaltersrente auf unbestimmte Zeit bewilligt und den monatlichen Wert dieser Rente
auf zunächst DM 2247,60 (Nettozahlbetrag) festgestellt. Diese Verfügungssätze
entsprechen in vollem Umfange dem Antragsbegehren des Klägers und sind, da der
Kläger sie nicht angefochten hat, in Bestandskraft erwachsen. Widerspruch und Klage
richten sich allein gegen die - weitere - Feststellung der Beklagten, die Regelaltersrente
beginne erst ab dem 01. November 1996. Nur über die Rechtmäßigkeit dieses
Verfügungssatzes ist vorliegend zu befinden, wobei sich allerdings bei einem früheren
Beginn auch der monatliche Wert der Rente ändern kann (vgl. BSGE 81, 251, 254f =
SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 2).
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Entgegen der Auffassung des SG ist der Kläger durch die genannten Bescheide
insoweit nicht beschwert, weil die Feststellung des Rentenbeginns nicht rechtswidrig ist,
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§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Beklagte hat den Rentenbeginn zu Recht auf den 01.
November 1996 festgelegt, § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI. Nach dieser Vorschrift wird eine
Rente, wenn sie - wie hier - nicht bis zum Ende des 3. Kalendermonats nach Ablauf des
Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, von dem
Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird. Ein früherer
Rentenbeginn - und damit ein Anspruch auf Zahlung der höheren Regelaltersrente ab
einem früheren Zeitpunkt - ergibt sich weder unmittelbar aus den Vorschriften des SGB
VI ("Primärebene", im Folgenden 1.) noch aus einer Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand oder nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
("Sekundärebene", im Folgenden 2.).
1. Das vom Kläger ab dem 01. August 1988 bezogene Knappschaftsruhegeld (KnRG)
gegen Vollendung des 60. Lebensjahres und anerkannter Schwerbehinderung (§ 48
Abs. 1 Nr.1 RKG) war mit dem Inkrafttreten des SGB VI am 01. Januar 1992 nach § 300
Abs. 4 Satz 1 SGB VI in unveränderter Höhe als Altersrente für Schwerbehinderte
weiterzuzahlen, §§ 300 Abs. 4 Satz 2, 33 Abs. 2 Nr. 4, 37 SGB VI. Allein wegen dieser
Rechtsänderung war eine Neufeststellung der Rente nicht vorzunehmen, §§ 300 Abs. 1,
5, 306 Abs. 1 SGB VI. Es musste lediglich eine Umwertung der Rente dahingehend
vorgenommen werden, dass auf der Grundlage des Rentenbescheids nach dem RKG
nunmehr pEP ermittelt wurden. So ist die Beklagte auch vorgegangen. Die Altersrente
wegen Erwerbsunfähigkeit wurde zum 01. Juli der Jahre 1988-1992 lediglich angepasst
und 1992 auf der Basis der ermittelten pEP umgewertet, ohne dass die Rentenakten
dabei von Hand bearbeitet wurden (vgl. dazu BSGE 81, 251, 254f = SozR 3-2600 § 115
SGB VI Nr. 2).
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Eine Feststellung der Rente nach den neuen, zum 01. Januar 1992 in Kraft getretenen
Berechnungsvorschriften des SGB VI mit einer entsprechenden neuen Ermittlung der
pEP nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Rentenantragstellung war erst nach Zugang
des Antrags auf Regelaltersrente im November 1996 zulässig, § 300 Abs. 1 und 3 in
Verbindung mit § 88 Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Denn das neue Recht kennt einen Wechsel
von der einen zur andern Art der Altersrente, während ein solcher Wechsel nach der vor
dem 01. Januar 1992 bestehenden Rechtslage nicht möglich war (vgl. BSG SozR 3-
2600 § 115 SGB VI Nr. 3). Die verschiedenen Renten wegen Alters (vgl. § 33 Abs. 2
SGB VI) sind nach dem Aufbau des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGB VI eigenständige Renten
(im Sinne der besitzgeschützten "bisherigen Rente" und den neu festzustellenden
"späteren Rente"), so dass bei aufeinanderfolgenden Altersrenten nicht § 306 Abs. 1
SGB VI gilt, sondern eine Neufeststellung vorliegt, bei der die pEP auf der Basis des
Rechts, das zur Zeit des Rentenbeginns, der wiederum vom Rentenantrag abhängt, gilt,
neu zu ermitteln sind. Denn mit der Einführung des SGB VI wurde das
"Versicherungsfallprinzip" durch das "Rentenbeginnprinzip" ersetzt. Dieses hat den
Vorteil, dass nicht ständig zu prüfen ist, ob altes Recht noch weiter anzuwenden ist (vgl.
BT-Drucksache 11/4124, Seite 206 zu § 291 des SGB VI-Entwurf = § 300 SGB VI). Die
Ausnahmevorschrift des § 302 Abs. 1 SGB VI, wonach Versicherten, die zur Zeit des
Inkrafttretens des SGB VI das 65. Lebensjahr vollendet hatten, die Rente stets als
Regelaltersrente zu leisten ist, bestätigt die Regel, dass die noch nicht 65-jährigen die
Vorteile der abgestuften Rentenfälle nach dem neuen Recht (auf Antrag) in Anspruch
nehmen können (vgl. BSGE 81, 251, 253 = SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 2).
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Auch wenn die Anspruchsvoraussetzungen für die Regelaltersrente beim Kläger bereits
mit Vollendung des 65. Lebensjahres am ... 1992 erfüllt waren, und damit das
Stammrecht auf Regelaltersrente entstanden war, können nach § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB
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VI die Feststellung der Regelaltersrente und die Aufnahme der darauf beruhenden
Zahlungen erst ab dem Kalendermonat erfolgen, in dem die Rente beantragt wird (oder
als beantragt gilt). Ein Rentenbeginn, wie er vom Kläger begehrt wird, scheidet aus, weil
der Antrag nicht innerhalb der Frist von 3 Monaten, die am 31. Dezember 1992 endete,
gestellt worden ist (vgl. BSG a.a.O.).
Soweit sich der Kläger demgegenüber auf die davon abweichende Rechtsprechung des
BSG vom 02. August 2000 (BSG SozR 3-2600 § 100 Nr.1; ebenso wohl: Mey. Zur
Hinweispflicht gem. § 115 Abs. 6 SGB VI oder: (Neue) Dogmatik der Altersrenten. In:
Die Angestelltenversicherung (Zeitschrift) 2001, 142ff) beruft, vermag der erkennende
Senat dem nicht zu folgen. Soweit der 4. Senat nämlich mit dieser Entscheidung das
Rechtskonzept, wie es vor Inkrafttreten des SGB VI bestand (vgl. dazu BSG SozR 3-
2200 § 1248 RVO Nr. 2 mit weiteren Nachweisen), über den dortigen Fall hinaus auch
für das SGB VI fortführen will (BSG SozR 3-2600 § 100 Nr.1), ist ihm nicht beizutreten.
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Der 4. Senat des BSG meint in der erwähnten Entscheidung, es gebe nur einen
Versicherungsfall wegen Alters und deshalb auch nur eine Altersrente im SGB VI. Dies
führte bei konsequenter Anwendung des § 306 Abs. 1 SGB VI zu dem Ergebnis, dass es
für Bestandsrentner bei der Rentenhöhe vor Inkrafttreten des SGB VI verbliebe, soweit
sich nicht eine abweichende spezialgesetzliche Regelung findet, an der es hier gerade
mangelt. § 306 Abs. 1 SGB VI enthält den Grundsatz, dass aus Anlass einer
Rechtsänderung die einer Rente zugrundegelegten pEP nicht neu bestimmt werden,
wenn vor dem Zeitpunkt einer solchen Änderung ein Anspruch auf Leistung einer Rente
bestand, soweit nicht in den nachfolgenden Spezialregelungen etwas anderes bestimmt
ist. Der Grundsatz des § 306 Abs. 1 SGB VI bedeutet, dass allein die Änderung von
Rechtsvorschriften keine wesentliche Änderung im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X ist
(vgl. BSG SozR 3-2600 § 300 SGB VI Nr. 7; BSG SozR 3-2600 § 306 SGB VI Nr. 1 mit
weiteren Nachweisen). Entgegen der Auffassung des BSG im genannten Urteil vom 02.
August 2000 (BSG SozR 3-2600 § 100 Nr.1) enthält § 100 SGB VI eine solche
Spezialregelung nicht. Denn nicht § 100 SGB VI, sondern die §§ 300 ff. SGB VI und
etwaige weitere Spezialregelungen bestimmen abschließend, ob und inwieweit
Bestandsrentner in Gesetzesänderungen einbezogen werden. Zu Recht ist deshalb die
höchstrichterliche Rechtsprechung in einem anderen Fall (vgl. BSG SozR 3-2600 § 88
SGB VI Nr. 2) davon ausgegangen, dass bei Fortbezug einer Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit aufgrund eines Versicherungsfalles vom 30.09.1982 allein das
Inkrafttreten des SGB VI keine Rentenerhöhung wegen Kindererziehungszeiten bewirkt.
Zwar schränken die §§ 57, 259 SGB VI nicht die Berücksichtigung von
Kindererziehungszeiten - wie das alte Recht, vgl. §§ 2a, 28a AVG a.F. - auf
Versicherungsfälle nach dem 30. Oktober 1985 ein, jedoch erlaubt diese zum
01.01.1992 erfolgte Rechtsänderung für sich allein keine neue Bestimmung der pEP, §
306 Abs. 1 SGB VI. Fallgruppen, in denen aus anderen Gründen das Recht des SGB VI
für eine vollständige Neubestimmung der pEP zugrunde zu legen ist (vgl. dazu BSG
a.a.O.), liegen beim Kläger aber nicht vor.
31
Die Auffassung des BSG, es gebe nach dem Recht des SGB VI nur eine einheitliche
Rente wegen Alters (BSG SozR 3-2600 § 100 Nr.1) überzeugt auch aus anderen
Gründen nicht. Sie steht auch nicht in Einklang mit den Vorschriften über das
Zusammentreffen mehrerer Renten (§ 89 SGB VI), den Bestandsschutz (§ 88 SGB VI)
sowie den Rentenbeginn und die Antragstellung (§§ 99, 115 SGB VI).
32
§ 89 Abs. 1 SGB VI bezeichnet in Satz 2 Nrn. 1 - 6 sechs Arten der Altersrente und
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bestimmt deren Rangfolge für den Fall gleich hoher Zahlungsansprüche. Es handelt
sich dabei um einen Spezialfall von § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, der voraussetzt, dass für
den selben Zeitraum Anspruch auf mehrere Renten aus eigener Versicherung besteht.
Nachvollziehbar hat die höchst richterliche Rechtsprechung hierzu ausgeführt, der
Hinweis, diese Vorschrift kenne nur eine Regelaltersrente, sei nicht verständlich;
zutreffend habe daher das LSG darauf abgestellt, dass die Beklagte LVA B. der Klägerin
lediglich statt einer "Beitrittsgebietsrente" wegen Alters ... ab dem 01. Januar 1992 ein
Recht auf Regelaltersrente nach dem SGB VI gewährt habe. Im Falle der Klägerin greife
also gerade § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB VI ein, weil für denselben Zeitraum ab Januar 1992
zwei (gleichartige) Rechte auf Regelaltersrente aus eigener Versicherung bestünden
(BSG SozR 3-2600 § 307a SGB VI Nr. 8). Rechtssystematisch kann § 89 Abs. 1 SGB VI
aber nicht auf derartige Fälle reduziert werden (so wohl: BSG SozR 3-2600 § 100 Nr.1).
Der Gesetzgeber hat die Norm nämlich mit Bedacht in das 2. Kapitel des SGB VI
("Leistungen") und nicht in das 5. Kapitel ("Sonderregelungen") aufgenommen.
Begrifflich kennt das SGB VI in § 33 Abs. 2 denn auch 6 verschiedene Arten der
Altersrente. Dass sich die Überschrift zu § 33 SGB VI - "Rentenarten" - nur auf Abs. 1,
nicht aber auf die weiteren Absätze der Norm bezieht, kann weder dem Wortlaut noch
der Systematik entnommen werden. Dementsprechend trägt § 34 Abs. 4 SGB VI der
Möglichkeit verschiedener Arten der Rente wegen Alters Rechnung, indem er vorsieht,
dass ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder
Erziehungsrente nicht besteht nach bindender Bewilligung "einer Rente wegen Alters"
..., anstatt nach Bewilligung der Rente wegen Alters.
34
Nichts anderes zeigt die Besitzschutzregelung des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGB VI: Hat ein
Versicherter eine Rente wegen Alters bezogen, werden für eine spätere Rente
mindestens die bisherigen pEP zugrunde gelegt. Sie bildet damit die Grundlage dafür,
dass beim Wechsel von der einen zur anderen Altersrente mindestens die bisherigen
pEP zugrunde zu legen sind (vgl. z. B. Niesel in Kassler Kommentar, § 88 SGB VI Rdnr.
3 f.; Schulin in: Handbuch des Sozialversicherungsrechts 1999, § 38 Rdnr. 304 mit
weiteren Nachweisen sowie Rdnr. 305; Verbandskommentar § 88 SGB VI Anmerkung
3.1).
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Zu Recht hat die höchstrichterliche Rechtsprechung in dieses Regelungssystem auch
die Bestimmungen über den Rentenbeginn und die Antragstellung einbezogen (BSGE
81, 251, 253f = SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 2; SozR 3-2600 § 99 SGB VI Nr. 3; BSG
Urteil vom 22.10.1998, Az. B 5 RJ 56/97 R). Danach ist der Beginn der Regelaltersrente
von der Antragstellung abhängig, §§ 99 Abs. 1, 115 Abs. 1 SGB VI. Mit Inkrafttreten des
SGB VI gelte anstelle des Versicherungsfallprinzips der RVO das Rentenbeginnprinzip
(BSGE 79, 168, 169f = SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 1; kritisch BSG SozR 3-2600 §
100 Nr. 1 und BSG SozR 3-2600 § 99 Nr.5). Die Systematik des SGB VI ist für alle
Rentenarten auf den Rentenbeginn, dessen Regelung vereinheitlicht werden sollte,
ausgerichtet worden (vgl. Begründung zum RRG 1992, Bundestagsdruck sache
11/4124, S.175 zu § 98 Entwurf). Anstelle der Möglichkeit, den Zahlungsbeginn einer
Rente durch die Verschiebung des Versicherungsfalls zu beeinflussen (vgl. zum
früheren Recht etwa § 1248 Abs. 6 RVO a.F.), haben die Versicherten im Recht des
SGB VI nunmehr Einfluss auf Beginn und Höhe der Rente durch die Wahl des
Antragszeitpunkts (vgl. §§ 75, 77 SGB VI). Dabei hat der Gesetzgeber auch bewusst die
Folgen einer späteren Antragstellung geregelt (vgl. Niederschrift über die 521. Sitzung
des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung am 07.04.1989, S.29, zitiert nach
BSGE 79, 168, 170 = SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr.1 m.w.N. zur
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Hinterbliebenenrente). Insgesamt zeigen daher Wortlaut, Gesetzesmaterialien (vgl. im
übrigen auch BT-Drucksache 11/4124 zum Entwurf der §§ 32, 87, 88, 98 und 114,
S.161ff), Regelungssystem (zum Zusammenhang zwischen Regelung des
Zahlungsanspruchs in § 89 SGB VI, dem Antragserfordernis für jede Rentenart, der
Beratungspflicht und ggf. dem Rentenbeginn, vgl. auch Niesel, a. a. O. § 89 SGB VI
Rdnr.5-7 m. w. N.) sowie der damit zum Ausdruck kommende Sinn und Zweck, dass das
SGB VI sich bewusst von Versicherungsfallprinzip ab- und dem Rentenantragprinzip
zugewandt hat.
2. Der Kläger ist weder aufgrund einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (im
Folgenden a.) noch nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen
Herstellungsanspruchs (im Folgenden b.) so zu stellen, als hätte er den Antrag auf
Regelaltersrente rechtzeitig, nämlich spätestens im Dezember 1992 (§ 99 Abs.1 Satz 1
SGB VI), gestellt.
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a. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist des § 99
Abs. 1 Satz 1 SGB VI kommt nicht in Betracht, § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Zwar ist eine
Wiedereinsetzung grundsätzlich auch bei Versäumung einer Frist des materiellen
Sozialrechts zulässig, wenn die betreffende Regelung dies ausdrücklich bestimmt oder
ihre Auslegung dies ergibt (BSG SozR 3-5070 § 21 WGSVG mit weiteren Nachweisen;
BSGE 79, 168, 171 = SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 1). Ob danach eine
Wiedereinsetzung bei Versäumung der Dreimonatsfrist des § 99 Abs. 1 SGB VI
grundsätzlich zulässig ist, kann hier offen bleiben. Der Kläger war nämlich nicht ohne
sein Verschulden gehindert, diese Frist einzuhalten, § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Dass
dem Kläger die Regelung des § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI mit der Folge des
Anspruchsverlustes (bei Erhebung des Antragseinwands durch die Beklagte) bei
Versäumung dieser Frist nicht bekannt gewesen ist, wie er sinngemäß vorträgt, stellt
keinen Wiedereinsetzungsgrund dar. Denn nach dem Grundsatz der formellen Publizität
gelten alle Gesetze mit ihrer Verkündung im Bundesgesetzblatt den Normadressaten als
bekannt, ohne Rücksicht darauf, ob und wann diese tatsächlich davon Kenntnis
erlangen. Eine Unkenntnis solcher Rechte, deren befristete Ausübung im Gesetz selbst
ausdrücklich geregelt ist, kann deshalb eine Wiedereinsetzung nicht rechtfertigen (BSG
Urteil vom 22.10.1998, Az. B 5 RJ 56/97 R).
38
b. Entgegen der Auffassung des SG ist der Kläger auch nicht aufgrund eines
sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu behandeln, als hätte er den
Rentenantrag spätestens im Dezember 1992 gestellt. Das von der Rechtsprechung
entwickelte Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ist auf die
Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung desjenigen sozialrechtlichen Zustands
gerichtet, der bestünde, wenn der Versicherungsträger (oder ein für diesen handelnder
Dritter) die ihm aufgrund eines Gesetzes oder konkreten Sozialrechts verhältnisses dem
Versicherten gegenüber auferlegten Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur
Auskunft und zur Beratung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte. Demnach kommt es
insbesondere auf das Vorliegen der folgenden Voraussetzungen (vgl. dazu BSG SozR
3-2600 § 58 SGB VI Nr. 2) an: Die verletzte Pflicht muss dem Träger gerade gegenüber
dem Versicherten obliegen, die zugrundeliegende Norm letzterem also ein
entsprechendes subjektives Recht einräumen. Die objektiv rechtswidrige
Pflichtverletzung muss im Sinne einer wesentlichen Bedingung einen Nachteil des
Versicherten bewirkt haben. Schließlich muss die verletzte Pflicht darauf gerichtet
gewesen sein, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren
(zu diesem sogenannten Schutzzweckzusammenhang vgl. BSG SozR 3-2600 § 115
39
SGB VI Nr. 5).
aa. Aus einer - hier möglicherweise anzunehmenden - unter bliebenen oder
ungenügenden Aufklärung der Allgemeinheit, zu der ein Versicherungsträger gemäß §
13 SGB I verpflichtet ist, kann allerdings kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
resultieren (BSGE 79, 168, 172 = SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 1). Etwas anderes gilt
nur bei einer unrichtigen oder missverständlichen Information durch den
Versicherungsträger. Der Aufsatz von Störmann im Kompass (2/93, Seiten 81 und 84)
enthält eine solche Fehlinformation nicht. Nach Wiedergabe des Wortlauts von § 115
Abs. 6 Satz 1 SGB VI heißt es dort nämlich, dieser Verpflichtung komme die
Bundesknappschaft nach. Einen Verstoß gegen § 115 Abs. 6 Satz 1 SGB VI vermag der
Senat aber vorliegend gerade nicht festzustellen, vgl. unten cc ...
40
bb. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ergibt sich auch nicht aus einer
Verletzung der Beratungs- und Auskunftspflicht nach § 14 f. SGB I.
41
Voraussetzung für das Entstehen einer Beratungspflicht nach § 14 SGB I ist ein
Beratungsbegehren oder ein (sonstiger) konkreter Anlass zur Beratung (vgl. BSG a. a.
O.). Fehlt es - wie hier - an einem Beratungsbegehren, wird eine Verletzung von
Beratungs- und Auskunftspflichten mit der Folge des sozialrechtlichen
Herstellungsanspruchs (insbesondere in Fällen einer erforderlichen Spontanberatung)
vom BSG in ständiger Rechtsprechung nur dann anerkannt, wenn sich im Rahmen
eines Verwaltungsverfahrens ein konkreter Anlass ergibt, den Versicherten spontan auf
klar zu Tage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als
zweckmäßig aufdrängen und die jeder Verständige mutmaßlich nutzen würde (BSGE
81, 251, 254 = SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 2). Die Annahme eines konkreten
Anlasses für eine Beratung setzt im Allgemeinen voraus, dass zumindest tatsächlich
eine Sachbearbeitung durch einen Mitarbeiter der Beklagten von Hand und nicht nur
eine EDV-gestützte, massenhafte Bearbeitung von Rentenfällen stattgefunden hat (BSG
a. a. O.). Allein eine solche EDV-gestützte, massenhafte Bearbeitung von Rentenfällen
lag indes den von ihr 1992 (und auch bereits früher) jeweils zum 01.07. übersandten
Anpassungsmitteilungen zugrunde, wobei diejenige zum 01.07.92 zugleich eine
Mitteilung über die Umwertung nach § 307 Abs. 1 SGB VI enthielt. Für einen konkreten
Anlass zur (Spontan-)Beratung ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte.
42
Eine andere Beurteilung ergibt sich hier für die Zeit von Juni bis Oktober 1996 auch
nicht aus der Besonderheit, dass die Beklagte im Juni 1996 nach Prüfung der
Voraussetzungen des Art. 82 RRG neue Bescheide erteilt hat, mit denen sie die
umgewertete alte Rente des Klägers geringfügig erhöht hat.
43
Denn ein konkreter Beratungsanlass ergab sich auch hierbei nicht.
44
Es ist bereits zweifelhaft, ob überhaupt eine individuelle Bearbeitung "von Hand" erfolgt
ist oder ob es sich - wie bei der jährlichen Rentenanpassung - lediglich um eine EDV-
gestützte schematische Bearbeitung handelte, deren Ergebnisse lediglich in der Akte
abgeheftet worden sind. Auch im ersteren Fall fehlte es aber an dem - nach dem
Schutzzweck der §§ 14, 15 SGB I regelmäßig erforderlichen - Kontakt zwischen
Versichertem und Leistungsträger (vgl. BSG 79, 279, 172= SozR 3-2600 § 115 Nr. 1).
Selbst wenn ein einseitig von Amts wegen durchgeführtes Verfahren in Ausnahmefällen
einen konkreten Beratungsanlass darstellen könnte, kann sich dabei eine Pflicht zur
Spontanberatung nach § 14 SGB I nur ergeben, wenn es sich um eine
45
Gestaltungsmöglichkeit handelte, deren begünstigender Charakter offensichtlich ist.
Allein die - für jeden der betroffenen Bestandsrentner gleichermaßen bestehende -
Möglichkeit, bei Beantragung der Regelaltersrente einen höheren Rentenzahlbetrag zu
erhalten, genügt dazu nicht.
cc. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch wegen Verletzung der aus § 115 Abs. 6
SGB VI resultierenden Hinweispflicht auf einen Rentenantrag, der grundsätzlich in
Betracht kommt (vgl. BSGE 81, 251, 255 = SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 2; BSG-
Urteile vom 13. Mai 1998 - B 8 KN 15/97 R und B 8 KN 16/97 R; BSG SozR 3-2600 § 88
SGB VI Nr. 2; BSG SozR 3-2600 § 115 Nr.4 mit weite ren Nachweisen; BSG SozR 3-
2600 § 115 Nr.5), besteht im Ergebnis ebenfalls nicht.
46
Unerheblich ist zunächst, dass seinerzeit gemeinsame Richtlinien der
Rentenversicherungsträger (vgl. dazu jetzt: Die Angestelltenversicherung 1998, Seite
449) nicht bestanden haben (vgl. BSG a. a. O.). Nach § 115 Abs. 6 Satz 1 SGB VI sollen
die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf
hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Die
Rentenversicherungsträger können in gemeinsamen Richtlinien bestimmen, unter
welchen Voraussetzungen solche Hinweise erfolgen sollen (Satz 2). Zwar handelt es
sich bei den Tatbestandsmerkmal "in geeigneten Fällen" um einen unbestimmten
Rechtsbegriff, dieser ist jedoch - wie die zitierten Entscheidungen des BSG zeigen - im
Wege der Auslegung bestimmbar. Die Richtlinien im Sinne von § 115 Abs. 6 Satz 2
SGB VI dienen insofern im Wesentlichen zur Sicherstellung einer einheitlichen
Umsetzung des Rechts (vgl. BSG SozR 3-2600 § 115 Nr.5). Während sich für den
Leistungsträger eine Pflicht zur Auskunft und Beratung im Sinne der §§ 14 und 15 SGB I
nur bei konkretem Anlass ergibt, ist die allgemeine Hinweispflicht der Träger der
Rentenversicherung nach § 115 Abs. 6 SGB VI auf geeignete Fälle beschränkt. Die
Geeignetheit einer Fallgruppe richtet sich im Wesentlichen nach folgenden Merkmalen:
Für den Versicherungsträger muss ohne einzelfallbezogene Sachaufklärung erkennbar
sein, dass ein abgrenzbarer Kreis von Berechtigten die Anspruchsvoraussetzungen für
eine Leistung erfüllt, die von solchen Personen im Regelfall in Anspruch genommen
wird. Die Frage, inwieweit darüber hinaus aus der Sicht des Versicherungsträgers bei
den Betroffenen ein Informationsbedürfnis bestehen muss, haben der 5. und 8. Senat
des BSG dahingehend beantwortet, dass für den Versicherungsträger erkennbar sein
muss, dass die Angehörigen einer abgrenzbaren Gruppe von Versicherten den
Rentenantrag aus Unwissenheit nicht stellen. Eine Hinweispflicht ergibt sich danach
jedenfalls bei solchen Gestaltungsmöglichkeiten, die versteckt und nur Kennern der
Materie geläufig sind (BSGE 81, 251, 256 = SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 2; BSG,
Urteil vom 22.10.1998, Az. B 5 RJ 56/97 R). Der 13. Senat folgt im Ansatz der
Auffassung, dass eine Hinweispflicht nach § 115 Abs. 6 SGB VI nur in den Fällen
besteht, in denen der Rentenversicherungsträger davon ausgehen muss, dass die
Berechtigten einen Rentenantrag aus Unkenntnis (noch) nicht gestellt haben. Soweit es
die erstmalige Inanspruchnahme von Altersrente betrifft, berücksichtigt er, dass
diesbezüglich Anträge regelmäßig einige Zeit vor der absehbaren Erfüllung der
Anspruchsvoraussetzung (insbesondere vor dem Erreichen einer bestimmten
Altersgrenze) gestellt werden, um einen zeitgerechten Beginn der Rentenzahlung
sicherzustellen. Gehört jemand zu einer abgrenzbaren Gruppe von Versicherten, die
eine solche Rente im allgemeinen vom frühestmöglichen Zeitpunkt an beziehen, so
lässt das Fehlen eines Rentenantrages im Monat der Erfüllung der
Anspruchsvoraussetzung nach seiner Auffassung grundsätzlich den Schluss zu, dass
dies auf Unkenntnis des betreffenden Versicherten beruht. Er sieht sich insoweit in
47
Übereinstimmung mit § 1 der inzwischen erlassenen gemeinsamen Richtlinien der
Rentenversicherungsträger (vgl. BSG SozR 3-2600 § 115 Nr.5). Im Grundsatz besteht
danach in der höchstrichterlichen Rechtsprechung Einigkeit, dass in Erweiterung und
Ergänzung zur spontanen Hinweispflicht bei einem konkreten Anlass nach § 14 SGB I
eine Hinweispflicht im Sinne des § 115 Abs. 6 SGB VI auch ohne konkreten Anlass bei
typischen Sachverhalten gegenüber einer - z.B. mit Mitteln der EDV - abgrenzbaren
Gruppe von Versicherten besteht, sobald es dem Versicherungsträger möglich ist zu
erkennen, dass ihre Angehörigen den Rentenantrag aus Unwissenheit nicht stellen, die
Antragstellung in der Regel jedoch zu höheren Leistungen führt (BSGE 81, 251, 256 =
SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 2). Nach den genannten Kriterien ist die
höchstrichterliche Rechtsprechung davon ausgegangen, dass zu den typischen
Sachverhalten der Erstbezug einer Regelaltersrente mit Vollendung des 65.
Lebensjahres bei Erfüllung der Wartezeit, der Erstbezug einer Hinterbliebenenrente
(BSG SozR 3-2600 § 88 Nr. 2) und der Erstbezug einer Altersrente für langjährig
Versicherte bei Erfüllung der Wartezeitvoraussetzungen durch freiwillige
Beitragszahlungen gehören (BSG SozR 3-2600 § 115 Nr.5). Um solche Fallgruppen
geht es vorwiegend jedoch nicht.
Darüber hinaus kann aber auch ein geeigneter Fall im Sinne von § 115 Abs. 6 Satz 1
SGB VI dann in Betracht kommen, wenn eine abgrenzbare Gruppe von Versicherten
bereits eine Rente bezieht, und der Wechsel von der einen zur andern Art der Rente in
der Regel zu höheren Leistungen führt (BSGE 81, 251, 256f = SozR 3-2600 § 115 SGB
VI Nr. 2; Urteile vom 13.05.1998, B 8 Kn 15/97 und 16/97 R; BSG SozR 3-2600 § 99
Nr.3). Ein solcher Wechsel von der einen zur anderen Art der Altersrente war - wie
dargelegt - nach der vor dem 01. Januar 1992 geltenden Rechtslage nicht möglich.
Damit gegenüber den Mitgliedern der Gruppe der Bezieher einer vorgezogenen
Altersrente nach altem Recht aufgrund des SGB VI eine Hinweispflicht entsteht, muss
sich die anzuregende Antragstellung in der überwiegenden Zahl der Fälle günstig
auswirken, ohne dass im Einzelfall eine Probeberechnung erforderlich wäre;
Verwaltungsverfahren um ihrer selbst Willen müssen nicht initiiert werden, auch wenn §
88 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sicherstellt, dass dem Versicherten keine Nachteile erwachsen
können (BSG, a.a.O.). Maßgeblich ist damit, ob unter den Bestandsrentner der
Beklagten die Gruppe der Bezieher von Knappschaftsruhegeld wegen Vollendung des
60. Lebensjahres und anerkannter Schwerbehinderung, die nach dem 01.01.1992 das
65. Lebensjahr vollendet haben, durch die Stellung eines Antrags auf Regelaltersrente
nach dem SGB VI typischerweise einen messbaren finanziellen Vorteil auf Dauer
erhalten.
48
Dies ist nach den von der Beklagten vorgelegten und zugrunde zulegenden Zahlen
nicht der Fall. Allerdings sind die von ihr in den Anlagen zu den Schriftsätzen vom
11.04. und 26.06.2000 ausgewiesenen Prozentsätze über die "maximale Anzahl der
begünstigten Fälle" nicht maßgeblich. Denn die Werte beziehen sich auf zwei
Teilmengen, nämlich zum einen auf die vom 01.01.1992 bis 31.08.1996, zum anderen
auf die vom 01.09.1996 bis 31.12.1997 ermittelten Begünstigten. Entscheidend ist
demgegen über das Verhältnis der Gesamtzahl der Begünstigten zu der Gesamtzahl der
Rentner (ggf. differenziert nach Leistungsarten und Jahrgängen). Dabei ergibt sich die
Zahl der Begünstigten (B) aus der Differenz zwischen dem (Ausgangs-) Bestand (AB)
vom 31.12.1991 und bereinigtem Bestand (BB), nämlich dem (End-) Bestand (EB) vom
31.12.1997 zuzüglich der Besitzschutzfälle (BSF), also der Rentenfälle, bei dem die
erfolgte Umwandlung in die Regelaltersrente nicht zu einem höheren Zahlbetrag geführt
hat.
49
Für die LEAT 62 ergibt sich danach Folgendes:
50
LEAT 62 - Schwerbehinderte oder EU/BU - § 48 Abs. 1 Nr. 1 RKG
51
a) Gesamt
52
AB 28345
53
BB 17414
54
B 10931
55
B 38,56 %
56
b) nicht EU/BU vor 55
57
AB 18873
58
BB 11014
59
B 7859
60
B 41,64 %
61
c) EU/BU vor 55
62
AB 9472
63
BB 6400
64
B 3072
65
B 32,43 %
66
Die ermittelten Prozentzahlen sind zu mindern, weil bei der Berechnung unterstellt
worden ist, dass alle verstorbenen Rentner zum begünstigten Personenkreis gehören,
obwohl anzunehmen ist, dass auch diese nur zu einem Teil eine höhere
Regelaltersrente hätten beanspruchen können. Eine weitere Minderung kann sich dann
ergeben, wenn man auf einen "messbaren finanziellen" bzw. einen "ins Gewicht
fallenden" Vorteil abstellt (vgl. BSGE 81, 251, 254f = SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 2).
Ermittlungen hierzu bedarf es nicht, da bereits bei Zugrundelegung der für die
Versicherten günstigen Ausgangswerte die maßgebliche Schwelle von 50 % (deutlich)
unterschritten wird.
67
Ein anderes Bild ergibt sich auch nicht, wenn die Gesamtheit der Bezieher von
Knappschaftsruhegeld wegen Vollendung des 60. Lebensjahres zugrundegelegt wird.
Dies zeigen folgende Berechnungen.
68
LEAT 17 - Arbeitslosigkeit - § 48 Abs. 2 RKG
69
a) Gesamt
70
AB 39588
71
BB 24362
72
B 15226
73
B 38,46 %
74
b) nicht EU/BU vor 55
75
AB 36423
76
BB 22209
77
B 14214
78
B 39,02 %
79
c) EU/BU vor 55
80
AB 3165
81
BB 2153
82
B 1012
83
B 31,97 %
84
LEAT 18 - weibliche Versicherte - § 48 Abs. 3 RKG.
85
AB 2073
86
BB 1515
87
B 558
88
B 26,91 %
89
LEAT 19 - besondere Leistungsvoraussetzungen 48 I Nr. 2 RKG
90
a) Gesamt
91
AB 491
92
BB 222
93
B 269
94
B 54,78 %
95
b) nicht EU/BU vor 55
96
AB 452
97
BB 197
98
B 255
99
B 56,41 %
100
c) EU/BU vor 55
101
AB 39
102
BB 25
103
B 14
104
B 35,4 %
105
Bereits aus diesen Zahlen ist ersichtlich, dass die Zahl aller begünstigten Bezieher von
Knappschaftsruhegeld (deutlich) unter 50 % liegt, weil sich nur für die Rentner der LEAT
19 ein darüber liegender Prozentsatz ergibt, deren Anteil an der Gesamtzahl aber
verschwindend gering ist. Die genaue Berechnung belegt dies. Dabei wird wegen der
tatsächlichen Besonderheiten (keine Unter-Tage-Tätigkeit) der Kreis der Versicherten
LEAT 18 - weibliche Versicherte - ausgespart. Weil der prozentuale Anteil der
Begünstigten dieser Gruppe wesentlich niedriger als bei den Rentnern der LEAT 17 und
62 ist, könnte deren Einbe ziehung nur zu einer Verminderung des nachstehend
ausgewiesenen Prozentsatzes führen.
106
LEAT 17, 19, 62
107
a) Gesamt
108
AB 39588 (17) B 15226 (17)
109
AB 491 (19) B 269 (19)
110
AB 28345 (62) B 10931 (62)
111
AB 68424 26426
112
B 38,62 %
113
b) nicht EU/BU vor 55
114
AB 36423 (17) B 14214 (17)
115
AB 452 (19) B 255 (19)
116
AB 18873 (62 B 7859 (62)
117
AB 55748 B 22328
118
B 40,05 %
119
c) EU/BU vor 55
120
AB 3165 (17) B 1012 (17)
121
AB 39 (19) B 14 (19)
122
AB 9472 (62) B 3072 (62)
123
AB 12676 B 4098
124
B 32,33 %
125
Auch eine Differenzierung nach einzelnen Jahren (vgl. hierzu BSGE 81, 251, 254f =
SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 2) führt zu keinem anderen Ergebnis. Für den hier
maßgeblichen Jahrgang 1927 ergeben die Zahlen der
126
LEAT 17
127
a) Gesamt
128
AB 7825 EB 3067
129
BB 4386 BSF 836
130
B 3439 BSF483
131
BB 4386
132
B 43,95 %
133
b) nicht EU/BU vor 55
134
AB 7195 EB 2809
135
BB 3996BSF 746
136
B 3199BSF 441
137
BB 3996 B 44,46 %
138
c) EU/BU vor 55
139
AB 630 EB 258
140
BB 390 BSF 90
141
B 240BSF 42
142
BB 390
143
B 38,10 % LEAT 19
144
a) Gesamt
145
AB 97 EB 25
146
BB 49 BSF 16
147
B 48
148
BSF 8
149
BB 49
150
B 49,48 %
151
b) nicht EU/BU vor 55
152
AB 84 EB 21
153
BB 41BSF 12
154
B 43
155
BSF 8
156
BB 41
157
B 51,19 %
158
c) EU/BU vor 55
159
AB 13 EB 4
160
BB 8 BSF 4
161
B 5 BB 8
162
B 38,46 % LEAT 62
163
a) Gesamt
164
AB 5495 EB 2260
165
BB 3123 BSF 485
166
B 2372BSF 378
167
BB 3123
168
B 43,17 %
169
b) nicht EU/BU vor 55
170
AB 3744 EB 1558
171
BB 2035BSF 250
172
B 1709BSF 227
173
BB 2035
174
B 45,65 %
175
c) EU/BU vor 55
176
AB 1751 EB 702
177
BB 1088BSF 235
178
B 663BSF 151
179
BB 1088
180
B 37,86 %
181
Auch hier gilt, dass (bei Aussparung der LEAT 18 aus den oben genannten Gründen)
die Gesamtzahl der Rentner LEAT 17, 19 und 62 nicht zu einem überwiegenden Teil
durch das neue Recht Vorteile erlangt hat, weil die über diesen Prozentsatz liegende
Anzahl der Begünstigten der LEAT 19 im Vergleich zu den übrigen Gruppen praktisch
nicht ins Gewicht fällt.
182
Eine Übersicht darüber, welche einzelnen Rechtsänderungen zu welchem Anteil
höhere Renten nach sich gezogen haben, fehlt. Ihrer bedarf es auch nicht. Anzunehmen
ist, dass ein Großteil der Rentenerhöhungen auf eine bessere Bewertung der
Pflichtbeitragszeiten am Beginn des Versicherungslebens zurückgeht (§ 54 Abs. 4 RKG
i. V. m. § 54 a Abs. 2 und 3 RKG/ § 70 Abs. 3 SGB VI in der ursprünglichen Fassung;
vgl. hierzu BSGE 81, 251, 254f = SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 2). Dies wird dadurch
bestätigt, dass der prozentuale Anteil der Rentner, die vor dem 55. Lebensjahr erwerbs-
oder berufsunfähig waren, deswegen von der gegenüber der Rentenversicherung der
Arbeiter und Angestellten tendenziell ungünstigeren Bewertung der ersten fünf
Versicherungsjahre im Knappschaftsrecht (keine Ausklammerung dieser Jahre) nicht
betroffen waren und demzufolge aus der Angleichung im neuen Recht keine Vorteile
ziehen konnten, geringer ist als bei den übrigen Rentnern. Dass selbst bei diesen, also
bei der Gruppe von Rentnern ohne die von der Neuregelung (insofern) nicht betroffenen
Rentnern der prozentuale Anteil der Begünstigten unter 50 liegt, verdeutlicht in
besonderem Maße, dass die Rechtsänderung bei der Bewertung der ersten
183
Versicherungsjahre nicht von solcher Bedeutung ist, dass sie eine Hinweispflicht der
Beklagten hätte nach sich ziehen können. Insgesamt erklären sich die statistischen
Ergebnisse aus Rechtsgründen durch die Vielfalt der durch das RRG 1992 bewirkten
Änderungen und die Tatsache, dass diese jedenfalls teilweise abhängig vom
Lebenssachverhalt werterhöhende als auch wertmindernde Auswirkungen haben. Dies
hat die Beklagte in dem (aus einem Parallelverfahren beigezogenen) Schriftsatz vom
16.06.1998 eingehend und überzeugend analysiert. So kann eine günstigere Bewertung
der beitragsfreien Zeiten nach neuem Recht (§ 71 Abs. 1 SGB VI) davon abhängen, ob
nach dem RKG (vgl. dessen § 56 Abs. 2) die durch das RRG 1992 weggefallene
Halbbelegung gegeben war. Als weiteres Beispiel für die Ambivalenz der Neureglungen
ist die Bewertung der beitragsfreien Zeiten nach dem 31.12.1964 zu nennen, die sich
nach dem RKG nach dem Monatswert aus den Beitrags- und beitragsfreien Zeiten bis
zum Ende des Vorjahres bemessen, nach neuem Recht nach den Gesamtleistungswert
(§ 71 ff. SGB VI). Danach führt das neue Recht nur bei hohen Folgebeiträgen zu einer
Besserstellung, bei niedrigen zu einer Schlechterstellung. Insgesamt zeigt die
angesprochene Analyse der Beklagten, dass das RRG 1992 einschneidende
Änderungen bei der Rentenberechnung und insbesondere eine Vielzahl von
Regelungen eingeführt hat, deren positiver oder negativer Effekt maßgeblich von den
tatsächlichen Versicherungsverläufen bestimmt wird, so dass die Anzahl der durch das
neue Recht Begünstigten davon abhängt, inwieweit die einzelnen
Versicherungsverläufe deckungsgleich sind. Einen typischen Sachverhalt, der nach
dem neuen Recht bei der überwiegenden Zahl einer Gruppe von Rentnern zu einer
höheren Leistung führen würde, gibt es nach den von den Beklagten ermittelten
statistischen Ergebnissen und dem oben Gesagten nicht.
Soweit vereinzelt entgegen generellen Weisungen Dienststellen der Beklagten ohne
Ermittlung einer Gruppe "geeigneter Fälle" Versicherte wegen einer Änderung ihrer
Altersrente angeschrieben haben, hat dies weder eine nach Artikel 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes bei Anwendung von § 115 Abs. 6 SGB VI zu beachtende
Verwaltungspraxis begründet, noch den Anwendungsbereich dieser Norm erweitert.
184
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.
185
Der Senat misst der Rechtssache in Anbetracht der kontroversen Rechtsprechung der
verschiedenen BSG-Senate grundsätzliche Bedeutung bei, § 160 Abs. 2 Ziffer 1 SGG,
und lässt deshalb die Revision zu.
186