Urteil des LSG Hessen vom 01.12.2009
LSG Hes: mobbing, arbeitsunfall, leistungsfähigkeit, icd, unfallfolgen, suizidversuch, wechsel, kausalität, wahrscheinlichkeit, persönlichkeitsstörung
Hessisches Landessozialgericht
Urteil vom 01.12.2009 (rechtskräftig)
Sozialgericht Wiesbaden S 1 U 41/05
Hessisches Landessozialgericht L 3 U 157/07
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 15. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE), die beim Kläger infolge eines
anerkannten Arbeitsunfalles vom 31. Mai 2001 verblieben ist.
Der Kläger ist 1956 geboren und war zum Zeitpunkt des angeschuldigten Arbeitsunfallereignisses als
Gemeindearbeiter auf dem Bauhof der Gemeinde in A. tätig. Am fraglichen Tag stürzte er im Rahmen seiner
beruflichen Tätigkeit von einer 3 m hohen Mauer, als er mit Säuberungsarbeiten an einem Denkmal beschäftigt war
und hierbei über auf der Mauer verlegte Kabel stolperte. Nach seinen eigenen Angaben schlug er während des Sturzes
mit der Ferse gegen die Mauer und kam mit dem Rücken auf dem Boden zu Fall. Der Ablauf des Unfallgeschehens ist
zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Laut Durchgangsarztbericht vom 1. Juni 2001, erstellt von Dr. B., erlitt der Kläger hierbei eine
Lendenwirbelkörper(LWK) 1-Deckenplattenimpressionsfraktur sowie eine Fersenbeinmehrfragmentfraktur auf der
rechten Seite. Letztere wurde osteosynthetisch versorgt. Im Hinblick auf die Wirbelkörperfraktur erfolgte eine
konservative Behandlung. Im Verwaltungsverfahren wurde ein ausführlicher neurologischer Befundbericht vom 14.
März 2002 bei Prof. C. eingeholt, der ausführte, dass beim Kläger eine knöcherne Konsolidierung des in mäßiger
Fehlform frakturierten Wirbelkörpers bestehe. Eine vom Kläger behauptete völlig fehlende Belastbarkeit sei vor
diesem Hintergrund völlig überraschend. Ab 7. Januar 2003 wurde eine stufenweise Wiedereingliederung unter
Gewährung von Verletztengeld vorgenommen, die jedoch vom Kläger am 3. Februar 2003 wieder eingestellt wurde. Dr.
F. führte unter dem 3. Februar 2003 aus, dass beim Kläger ein ausgeprägtes Rentenbegehren vorliege. Nach
mehrfacher Arbeitserprobung stellte Dr. F. am 23. April 2003 fest, dass das Heilverfahren abgeschlossen sei und eine
verbliebene MdE von 30 bis 40 v.H. angezeigt sei. Ab 16. Juli 2003 war der Kläger nach vorheriger
Belastungserprobung wieder gegen Entgelt tätig.
Im ersten von der Beklagten veranlassten Rentengutachten vom 28. Mai 2003 führte Dr. DG. aus, dass als Folge des
Unfallereignisses ein monosegmentaler Bewegungsverlust Th12/L1 nach ohne statisch wirksamen Achsenknick fest
verheiltem LWK 1-Bruch vorliege. Es bestehe eine Muskelminderung des rechten Unterschenkels und eine geringe
Fußrückenverbreiterung sowie eine endgradige Bewegungseinschränkung des unteren Sprunggelenkes nach fest
verheiltem Fersenbeinbruch. Die Höhe der MdE betrage für die Zeit vom 16. Juli 2003 bis 31. August 2003 20 v.H.,
bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Unfall ebenfalls 20 v.H. und nach Ablauf von drei Jahren voraussichtlich 0
v.H.
Durch Bescheid vom 26. September 2003 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 31. Mai 2001 als Arbeitsunfall an
und gewährte dem Kläger eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 v.H.
Die Beklagte holte ein zweites Rentengutachten vom 29. April 2004 bei Prof. Dr. XM. ein, der hierin feststellte, dass
beim Kläger noch ein geringes rechtsschonendes Gangbild, eine leichte Umfangsvermehrung des rechten
Fußgelenkes, eine mäßige Bewegungseinschränkung des rechten oberen und des rechten unteren Sprunggelenkes
nach knöchern mit leichter Verformung im hinteren Anteil verheiltem Fersenbeinkörperbruch rechts, eine
Bewegungseinschränkung Brustwirbelsäule(BWS)-/Lendenwirbelsäule (LWS)-Übergang bei operativ herbeigeführter
Versteifung im Segment Th12/L1, örtliche muskuläre Verspannungen, eine leichte Fehlstatik und eine anteilige
herabgesetzte Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule als Folgen des Kompressionsbruchs bestünden. Vom Unfall
unabhängig seien degenerative Veränderungen der unteren LWS, eine chronische Lumbalgie, ein Zustand nach
stumpfem Bauchtrauma mit Verletzung der rechten Niere, eine medikamentös eingestellte Epilepsie, eine ältere
vordere Kreuzbandruptur links ohne wesentliche Instabilität und ein Zustand nach einer Unterarmfraktur 1998
gegeben. Die unfallbedingte MdE sei weiterhin um 20 v.H. einzuschätzen, wobei nicht auszuschließen sei, dass eine
weitere Besserung eintreten werde.
Ergänzend holte die Beklagte Stellungnahmen von Prof. Dr. G. und Dr. XP. vom 5. August 2004 zur Frage der Höhe
der MdE ein, die die Auffassung vertraten, dass die MdE-Einschätzung des Dr. DG. mit 20 v.H. nachvollziehbar, eine
für möglich gehaltene Besserung zwischenzeitlich jedoch nicht eingetreten sei. Der vom Kläger erhobene Widerspruch
wurde daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2005 zurückgewiesen unter Berufung auf das Ergebnis der
Begutachtung.
Hiergegen hat der Kläger am 15. April 2005 vor dem Sozialgericht Wiesbaden Klage erhoben. Das Sozialgericht hat
auf Antrag des Klägers ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 23. Januar 2007 bei Dr. MR.
eingeholt. Der Sachverständige hat festgestellt, dass der unfallbedingte Bruch des 1. LWK und des rechten
Fersenbeins knöchern stabil seien, im Bereich der Wirbelsäule jedoch mit einer gewissen Fehlstellung bis zu einer
leichten Verformung auszugehen sei, was die Restbeschwerden von Seiten des Achsenorgans in der rechten Ferse
erklären würde. Die strukturellen Veränderungen im beschädigten Wirbelsäulensegment führten zu einer ungünstigen
Fehl-/Überbelastung, insbesondere im darunter liegenden angrenzenden Wirbelsäulensegment, was sich auch
röntgenologisch mit entsprechenden knöchernen Reizreaktionen zeige. Diese Unfallfolgen würden eine verminderte
Belastbarkeit und eine eingeschränkte Beweglichkeit der Rumpfwirbelsäule im Bereich des Übergangs von der BWS
zur LWS und aufgrund der veränderten Fußstatik und eine verminderte Belastbarkeit des rechten Fußes bei längerem
Gehen bedingen. Besonders wirbelsäulenbelastende statische Arbeiten in gebeugter, gebückter, verdrehter Stellung
bzw. überkopf oder mit vorgeneigtem Oberkörper könne der Kläger nicht häufig oder länger dauernd ausüben. Des
Weiteren sollten häufigere dynamische Wirbelsäulenbelastungen vermieden werden. Bezüglich der rechten Ferse sei
längeres häufiges Gehen auf unebenem Untergrund, die Zurücklegung langer Gehstrecken und häufiges
Treppengehen zu vermeiden. Ab 16. Juli 2003 seien funktionell eine relevante Änderung der beschriebenen
unfallspezifischen Funktionseinschränkungen eingetreten, so dass auch unter Berücksichtigung der Vorgänge von
Anpassung und Gewöhnung an die Unfallfolgen die einzuschätzende MdE mit insgesamt 20 v.H. festzusetzen sei, die
sich unter Berücksichtigung ihrer gegenseitigen Auswirkung aus einer MdE von 20 v.H. für die Wirbelsäule und 10
v.H. für die Ferse ergebe.
Durch Urteil vom 15. Juni 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen
auf die Ergebnisse der Begutachtungen bezogen sowie darüber hinaus auf die einschlägige Fachliteratur.
Gegen das am 2. Juli 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. August 2007 Berufung eingelegt, die er im
Wesentlichen damit begründete, dass aufgrund der verbliebenen Unfallfolgen eine MdE in Höhe von 30 v.H.
angemessen sei. Insbesondere sei unberücksichtigt geblieben, welche psychologischen Auswirkungen der
Arbeitsunfall auf den Kläger gehabt habe.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 15. Juni 2007 sowie den Bescheid
der Beklagten vom 26. September 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2005 zu ändern und
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß), die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens auf Antrag des
Klägers nach § 109 SGG bei Dr. H. vom 10. Juli 2008. Die Sachverständige stellt in ihrem Gutachten folgende
Gesundheitsstörungen beim Kläger fest:
1.) V. a. organische Persönlichkeitsstörung (ICD 10: F07.0) 2.) Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion
(ICD 10: F 43.21) 3.) Dysthymia (ICD 10: F 34.1) 4.) Rezidivierende depressive Störung, derzeit remittiert (ICD 10: F
33.4).
Des Weiteren führt sie folgendes aus:
Unseres Erachtens sind die psychischen Störungen nicht auf den Arbeitsunfall vom 31.05.2001 zurückzuführen,
sondern wie oben ausführlich beschrieben – auf dem Boden der vorbestehenden Persönlichkeitsstruktur – auf die vom
Probanden mehrfach als Auslöser klar benannten, seit Jahren bestehenden, Arbeitskonflikte. Diese bestanden schon
wiederholt vor dem Unfall und motivierten den Probanden z.B. 1996 zu einem Suizidversuch. Auch ist der
betriebsbedingte Wechsel der Belegschaft mit Wechsel des Vorgesetzten prinzipiell vom Unfallgeschehen
unabhängig. Die Arbeitsgerichtsprozesse wegen Anmahnungen vor dem Unfall sprechen ebenfalls für unfallabhängige
Gründe für die Arbeitsplatzkonflikte. Der Proband betonte, dass die Arbeitskonflikte ausschließlich durch den Unfall
entstanden seien. Nur durch die körperlichen Unfallfolgen (Rücken- und Fußschmerzen) habe er nicht die geforderte
Leistung erbringen können und sei deshalb von seinen Vorgesetzten und Kollegen schikaniert worden, was dann zur
depressiven Verstimmung und letztlich zum Suizidversuch und zur psychischen Erkrankung geführt habe. Diese
Kausalkette ist unserer Meinung unzulässig. Mangelnde Leistungsfähigkeit, ungeachtet der Ursache, ist weder eine
notwendige noch eine hinreichende Bedingung für ein Klima von "Mobbing am Arbeitsplatz". Davon abgesehen
kennen wir nur die einseitige Schilderung des Probanden, der die Arbeitssituation als "Mobbing" d.h. unverschuldete
Schikane, empfindet. Aus der Sicht der Kollegen könnten ebenfalls sozial unangepasste Verhaltensweisen des
Probanden – wie in den psychiatrischen Arztberichten beschrieben – zu den Konflikten geführt haben. Nicht alle
Personen, die aufgrund von Erkrankungen oder Behinderungen weniger leistungsfähig sind, werden von ihren Kollegen
"gemobbt"; und "Mobbing" erleiden auch Personen, die eine normale oder sogar überdurchschnittliche berufliche
Leistungsfähigkeit besitzen. Eine mittelbare Ursachenzuschreibung der psychischen Erkrankung zu dem Arbeitsunfall
ist somit ungerechtfertigt. Allerdings ist es möglich, dass bei bestehenden Arbeitsplatzkonflikten die Reaktion der
Arbeitskollegen auf die unfallbedingte Leistungsminderung durch weitere Ablehnung gekennzeichnet ist und den
Konflikt verstärkt Insofern kann die psychische Erkrankung "Anpassungsstörung" und "Dysthymia" nicht unmittelbar
auf den Arbeitsunfall am 31.05.01 zurückgeführt werden. Aus demselben Grund wurde auch kein bestehendes Leiden
verschlimmert, da der Faktor "Arbeitsplatzkonflikt/Mobbing" schon vor dem Unfall bestand. Die Verdachtsdiagnose
"Organische Persönlichkeitsstörung bei Epilepsie" ist ebenfalls unfallunabhängig und wurde z.B. schon im
psychiatrischen Arztbrief 1977 als "frühkindliche Hirnschädigung", d.h. organische Ursache der psychischen Störung
erwähnt.Wie im Abschnitt III.4. und in den vorhergehenden Ausführungen erläutert, besteht beim Kläger eine Anlage
zur verminderten psychischen und sozialen Leistungsfähigkeit, verbunden mit begrenzten kognitiven Fähigkeiten,
welche auf dem Boden der oben beschriebenen Persönlichkeitsstruktur zu verstehen ist. Die Bedingungsfaktoren der
schon seit der Kindheit sich zunehmend prägenden Persönlichkeit sind organischen und im sozialen Bereich (s.
Beweisfrage 1) zu finden und sind unfallunabhängig. Der Hintergrund der psychischen Störungen 2.), 3.), 4.) ist der
Arbeitsplatzkonflikt, wobei einer der möglichen Verstärker eine unfallbedingte Leistungsminderung ist. Aber auch jede
andere Ursache verminderter Leistungsfähigkeit (Gelegenheitsursache), z.B. eine unfallunabhängige internistische,
orthopädische oder psychische Erkrankung, wiederholte Krankschreibungen wegen schicksalhafter
Bagatellerkrankungen wie Magen-Darm-Infekte oder Erkältungskrankheiten, häufiges entschuldigtes (z.B. durch
Arzttermine) oder unentschuldigtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz, eine eingeschränkte soziale Kompetenz könnte zu
verschärften Arbeitsplatzkonflikten führen. Das Unfallereignis ist unseres Erachtens somit nicht unersetzlich als
mittelbarer möglicher Verstärkungsfaktor des Auslösers "Arbeitsplatzkonflikt.Da keine unmittelbaren psychischen
Unfallfolgen eingetreten sind, wird auch keine Minderung der Erwerbsfähigkeit aus psychischen Gründen bedingt."
Der Senat hat die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss angehört. Beide haben sich mit einer
Entscheidung durch Beschluss einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten auch im Vorbringen der Beteiligten, wird auf das Urteil des Sozialgerichts als auch
auf den Akteninhalt verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet.
Nach § 56 Abs. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) haben diejenigen Versicherten Anspruch auf
eine Rente, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall
hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Für den Versicherungsfall des Arbeitsunfalles ist nach § 8 Abs. 1 SGB
VII in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit
zuzurechnen ist, dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis
– dem Unfallereignis - geführt hat und, dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des
Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität, vgl. beispielhaft Bundessozialgericht - BSG - Urteil
vom 9. Mai 2006, B 2 U 26/04 R). Während Unfallereignis und Gesundheitsschaden mit dem Vollbeweis bewiesen
werden müssen, genügt für die Kausalität zwischen den Einwirkungen und der erforderlichen Erkrankung zumindest
die hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den
Zusammenhang sprechenden Umstände die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen,
dass die dagegen sprechenden billigerweise für die Bildung und Rechtfertigung der richterlichen Überzeugung außer
Betracht bleiben können (s. BSG, Urteil vom 2. Juni 1959, in: SozR § 542 Reichsversicherungsordnung – RVO – a. F.
Nr. 20). Jedoch ist der ursächliche Zusammenhang nicht bereits dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen
oder nur möglich ist (BSGE 60, 58, 59).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mehr als 20 v.H. Unter
Anwendung der dargelegten Grundsätze ist im vorliegenden Fall nämlich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
nachgewiesen, dass die vom Kläger im Zusammenhang mit den anerkannten Unfallereignis vorgebrachten
Beeinträchtigungen auf psychiatrischem Fachgebiet rechtlich wesentlich durch das Arbeitsunfallereignis vom 31. Mai
2001 verursacht wurden. So führt die auf Antrag des Klägers im Berufungsverfahren gehörte Ärztin für Neurologie und
Psychiatrie Dr. H. aus, dass beim Kläger der Verdacht auf eine organische Persönlichkeitsstörung sowie eine
Anpassungsstörung mit enger depressiver Reaktion, eine Dysthymia sowie eine rezidivierende depressive Störung
bestehen. Jedoch begründet sie in ihrem Gutachten für den Senat einleuchtend und überzeugend, dass in der
Zusammenschau der vorliegenden psychiatrischen Befundberichte sowie der persönlichen Angaben des Probanden
und dem aktuellen Untersuchungsbefund eine schon seit der Jugend beobachtbare Persönlichkeitsstörung beim
Kläger vorliegt, welche durch phasenweise impulsives selbst- und fremdgefährdendes Verhalten, Reizbarkeit, sozialen
Rückzug und Neigung zu Entmutigungen, verminderte Frustrationstolerenz und gelegentlich sozial angepasstes
Verhalten gekennzeichnet ist. Wenn auch diese Diagnose nur als Verdachtsdiagnose von der
Gerichtssachverständigen gestellt wird, ergibt sich daraus alleine insbesondere bei eindeutig gestellter Diagnose einer
bereits seit dem Kleinkindalter bestehenden Epilepsie mit generalisierten tonisch-klonischen Anfällen keine
hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die diesbezüglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen rechtlich wesentliche
Folgen des angeschuldigten Unfallereignisses von 2001 sind. Das gleiche gilt für die von der Sachverständigen
festgestellten Anpassungsstörungen mit längerer depressiver Reaktion nach ICD 10: F 43.21, für die die Gutachterin
unter Bezugnahme auf die eigenen Angaben des Klägers als Hauptursache die dauerhaft bestehenden Konflikte am
Arbeitsplatz ebenso wie für die diagnostizierte Dysthymia und den Suizidversuch im Januar 2006 nach schwerer
depressiver Episode nennt.
Die Gerichtssachverständige führt für den Senat überzeugend aus, dass die psychischen Störungen nicht auf den
Arbeitsunfall vom 31. Mai 2001 zurückzuführen sind. Die vom Kläger selbst als Auslöser klar genannten und seit
Jahren bereits vor dem Unfallereignis bestehenden Arbeitskonflikte bestanden nach Darlegung der Sachverständigen
wiederholt bereits vor dem angeschuldigten Unfallereignis und hätten auch schon bereits vorher im Jahr 1996 zu
einem Suizidversuch motiviert. Des Weiteren sei der betriebsbedingte Wechsel der Belegschaft mit Wechsel des
Vorgesetzten vom Unfallgeschehen unabhängig. Wie die Sachverständige zutreffend ausführt, ist es selbst im Falle
des Mobbings am Arbeitsplatz wegen eingeschränkter Leistungsfähigkeit infolge des Arbeitsunfalls unzulässig,
daraus resultierende Gesundheitsbeeinträchtigungen als wesentliche Folge des Arbeitsunfalles selbst anzunehmen.
Auch eine Entschädigung als mittelbare Unfallfolge kommt insoweit nicht in Betracht, weil selbst wenn das vom
Kläger geltend gemachte Mobbing eine Reaktion der Arbeitskollegen auf die Leistungsbeeinträchtigung des Klägers in
Folge des angeschuldigten Arbeitsunfalls wäre, dieses als vom Wissen und Wollen natürlicher Personen getragene
Verhalten als selbständige Zwischenursache nicht im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität dem Unfallereignis
als Sekundärschaden, der sich aus dem Erstschaden entwickelt hat, zugerechnet werden kann (vgl. zum
Sekundärschaden BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 15; s. a. Ricke in:
KassKomm, SGB VII, Vor § 26 Rdnr. 6; Keller in: Hauck/Noftz/Keller, SGB VII, § 8 Rdnr. 307).
Der Anerkennung des Mobbings als Folgeunfall (vgl. dazu BSGE 63, 53) steht bereits der Umstand entgegen, dass es
sich hierbei um kein punktuelles Ereignis handelt, das einen Gesundheitsschaden hervorzurufen vermag, weshalb
eine Entschädigung als weiterer Arbeitsunfall im Sinne eines Folgeunfalls (vgl. Ricke, KassKomm, SGB VII, § 11
Rdnr. 4) nicht möglich ist. Dies belegen die bereits in der Rechtsprechung geläufigen einschlägigen Definitionen, wie
die des Bundesarbeitsgerichts, Mobbing sei das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von
Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte (BAG, Urteil vom 15. Januar 1997 - 7 ABR 14/96 - BAGE 85, 56
= AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 118 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 133), oder die des Thüringer Landesarbeitsgerichts
(Urteil vom 15. Februar 2001 - 5 Sa 102/2000 - LAGE BGB § 626 Nr. 133; Urteil vom 10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 -
LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 2; ebenso LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. August 2001 - 6 Sa 415/01 -
NZA-RR 2002, 121; LAG Bremen, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 Sa 78/02 - LAGE GG Art. 2 Persönlichkeitsrecht
Nr. 5; LAG LQ., Urteil vom 25. Juni 2002 - 18 (11) Sa 1295/01 - NZA-RR 2003, 8), Mobbing seien "fortgesetzte,
aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende
Verhaltensweisen, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht
gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre
oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen”. Die Besonderheit der als Mobbing bezeichneten tatsächlichen
Erscheinungen liegt damit darin, dass nicht einzelne, abgrenzbare Handlungen, sondern die Zusammenfassung
mehrerer Einzelakte in einem Prozess zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit des
betroffenen Arbeitnehmers führen kann (s. BAGE, Urteil vom 16. Mai 2007, 8 AZR 709/06 – juris).
Ferner wird Mobbing auch nicht in der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung aufgeführt, weshalb auch nicht die
Anerkennung als Berufskrankheit in Betracht kommt. Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen einer "Wie-BK" nach
§ 9 Abs. 2 SGB VII vor, weil insoweit auch keine neuen medizinischen Erkenntnisse vorliegen, nach denen die
Voraussetzungen für eine Bezeichnung als Berufskrankheit gem. § 9 Abs. 1 SGB VII erfüllt sind (siehe zum
Vorstehenden bereits LSG Bayern, Urteil vom 22. August 2007, L 2 U 186/06 – juris sowie LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 16. August 2001, L 7 U 18/01 – juris).
Der Senat hält es daher als Folge des anerkannten Arbeitsunfalles nur mit hinreichender Wahrscheinlichkeit für
nachgewiesen, dass beim Kläger aufgrund eines Bruchs des 1. LWK und des rechten Fersenbeines, die jedoch
zwischenzeitlich knöchern stabil verheilt sind, eine Fehlstellung im Sinne eines kyphotischen Achsknicks BWK
12/LWK 1 sowie eine Verformung im Bereich des Fersenbeines zurückgeblieben sind, was insgesamt zu einer
ungünstigen Fehl- bzw. Überlastung insbesondere im darunter liegenden angrenzenden Wirbelsäulensegment führt,
sowie eine verminderte Belastbarkeit des rechten Fußes bei längerem Gehen nach sich zieht. Die Auffassung des
Sozialgerichts, dass im Hinblick auf einen monosegmentalen Bewegungsverlust im Bereich Th 12/L1 sowie eine
endgradige Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk hieraus nur eine MdE in Höhe von 20 v.H. resultiere,
ist daher nicht zu beanstanden. Die genannten unfallbedingten Funktionseinschränkungen wurden zum einen von allen
Gutachtern gleichermaßen mit einer MdE von 20 v.H. bewertet; diese Beurteilung deckt sich zudem mit der
einschlägigen unfallmedizinischen Fachliteratur sowie den im Rahmen der einschlägigen Kommentierung einsehbaren
MdE-Erfahrungswerten (siehe z.B. Ricke, in: Kasseler Kommentar, § 56 Rdnr. 42 ff.), die zwar nicht schematisch
angewandt werden dürfen, aber in der Praxis aufgrund ständiger Übung beachtet werden (vgl. BSG SozR 2200 § 81
Nrn. 15, 22, 23; siehe auch Wiester, NZS 2001, S. 635).
Darüber hinausgehende durch den Unfall rechtlich wesentlich verursachte Gesundheitsschäden sind nicht
nachgewiesen. Nach den Grundsätzen der im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden objektiven Beweislast bzw.
materiellen Feststellungslast hat derjenige die Folgen der Nichtfeststellbarkeit einer Tatsache zu tragen, der aus
dieser Tatsache ein Recht oder einen Vorteil herleiten will (s. BSGE 6, 70, 72 sowie BSGE 19, 52, 53). Dies gilt für
alle anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale zur Gewährung einer Verletztenrente und damit auch für die
erforderliche Kausalität zwischen dem versicherten Unfallereignis und den festgestellten
Gesundheitsbeeinträchtigungen; diese Feststellungslast trägt in der Regel der Versicherte.
Auch die Bildung einer Gesamt-MdE in Höhe von 20 v.H. bei einem isolierten Wirbelkörperbruch ohne
Bandscheibenbeteiligung mit einem statisch wirksamen Achsknick in Höhe von 10 v.H. bis 20 v.H. sowie einem
Fersenbeinbruch in Höhe von 10 v.H. ist nach Auffassung des Senates im Hinblick auf eine integrierende
Betrachtungsweise nicht zu beanstanden, weil die tatsächlichen Gesamtauswirkungen zu betrachten sind und die
Gesamt-MdE daher in der Regel niedriger ist als die addierte (vgl. BSGE 48, 82).
Das Urteil des SG war daher zu bestätigen und die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160
Abs. 2 SGG.