Urteil des LSG Hessen vom 13.03.2017
LSG Hes: kommission, notwendige streitgenossenschaft, verfahrensordnung, mangel, abrechnung, verwaltungsakt, wirtschaftlichkeit, bindungswirkung, hessen, ausdehnung
Hessisches Landessozialgericht
Urteil vom 03.05.1972 (rechtskräftig)
Sozialgericht Frankfurt
Hessisches Landessozialgericht L 7 Ka 494/71
Die Berufungen der Beigeladenen zu 1. und 2. gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 7. April 1971
werden zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger ist als Zahnarzt in K. an der kassenzahnärztlichen Versorgung beteiligt.
Der RVO-Prüfungsausschuß der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hessen – der Beigeladenen zu 4. – Bezirksstelle
K. erteilte ihm mit Beschluss vom 27. Mai 1967 für das IV. Quartal 1966 einen Hinweis auf strengere
Indikationsstellung bezüglich der Leistungen des Wurzelkanalbehandlungskomplexes.
Dagegen legte der Landesverband der Ortskrankenkassen in Hessen – der Beigeladenen zu 1. – am 3. August 1967
Beschwerde ein, der sich der Landesverband der Betriebskrankenkassen in Hessen – der Beigeladenen zu 2. – am 9.
Mai 1968 anschloß.
Der Beigeladene zu 1. beantragte ferner am 23. Februar 1968, den Beschluss des RVO-Prüfungsausschusses vom
27. Mai 1967 aufzuheben und die Abrechnungen der Quartale I/1965 bis III/1966 ebenfalls in die Prüfung
miteinzubeziehen, da ein erheblicher Mangel gegeben sei. Es bestünden wesentliche Überschreitungen, wobei der
Kläger den LdOH-Durchschnitt der Quartale I/1965 bis IV/1966 zwischen 10,09 und 28,58 Punkte überschreite.
Der RVO-Beschwerdeausschuß bei der Beigeladenen zu 4. hob mit Beschluss vom 2. Oktober 1968 den Beschluss
des RVO-Prüfungsausschusses der Beigeladenen zu 4. Bezirksstelle K. vom 27. Mai 1967 auf. Bezüglich des
Wurzelbehandlungskomplexes nahm er für die Quartale II/1965 bis IV/1966 eine Honorarberichtigung von 1.347,56 DM
mit der Maßgabe vor, daß bei den Leistungen nach den Positionen 25, 26 a und 27 Bema 65 und nach den Nrn. 29,
31, 32, 34 und 35 Bema 66 eine Überschreitung der für den Bereich der KZVH ermittelten Durchschnittwerte um 20 %
toleriert werde und die darüber hinausgehenden Leistungen abgesetzt würden. Bei den Leistungen nach Nr. 45 Bema
1966 erfolgte für die Quartale I bis IV/1966 eine Umwandlung in Leistungen nach den Nrn. 43 und 44 Bema, wobei
diese Umwandlung einer Honorarberichtigung von 658,– DM entsprach, so daß der Gesamtbetrag der
Honorarberichtigung sich auf 2.005,56 DM belief. Zur Begründung führte dieser Beschluss auf, der Kläger rechne im
Quartal zwischen 229 und 362 RVO-Behandlungsfälle ab. Sein Fallwert variiere in den Quartalen II/1965 bis IV/1966
zwischen 56 und 82 Punkten. Es werde damit eine Überschreitung der durchschnittlich für den Bereich der KZVH
errechneten Fallwerte von bis zu 21 Punkten erzielt. In der Tatsache, daß der Kläger sich um eine intensive
konservierende Behandlung bemühe, könne eine Besonderheit seiner Praxisführung erblickt werden. Trotzdem
erwiesen sich die Widersprüche teilweise als begründet. Da die Feststellungen des Beschwerdeausschusses nicht nur
für das Quartal IV/1966 Gültigkeit hätten, sondern auch für die Vorquartale, sehe er sich genötigt, in den betreffenden
Leistungen auch die Vorquartale bis zum Quartal II/1965 in die Überprüfung einzubeziehen. Das Quartal I/1965 sei der
Nachprüfung entzogen, da es bereits Gegenstand einer Überprüfung durch den Prüfungsausschuß gewesen und der
entsprechende Beschluss unanfechtbar geworden sei. Wenn der Kläger der Auffassung sei, daß eine Einbeziehung
der Vorquartale durch den Beschwerdeausschuß nicht zulässig sei, da bezüglich dieser Quartale zunächst der
Prüfungsausschuß tätig werden müßte, so decke sich diese Auffassung nicht mit dem Inhalt des Beschlusses Nr. 2
der Technischen Kommission. Dieser Beschluss gelte nicht nur für die Prüfungsausschüsse, sondern gemäß § 10
Abs. 6 der Verfahrensordnung zum BMV-Z auch für den Beschwerdeausschuß. Der Beschwerdeausschuß sehe keine
Veranlassung, bezüglich der Leistungen aus dem Beratungskomplex und bezüglich der Leistungen nach Nr. 01 Bema
Honorarberichtigungen auszusprechen. Bezüglich der Füllungen sei eine Überhöhung der Durchschnittswerte
festzustellen, die auf die besondere Praxisführung zurückzuführen sei. Berechtigt seien dagegen die Beanstandungen
hinsichtlich des Wurzelbehandlungskomplexes. Die Vergleichswerte zeigten, daß er den Forderungen des Bema nach
einer Abkehr von den Wurzelbehandlungen noch nicht im vertretbaren Umfange gerecht werde. Eine Kürzung der dem
Wurzelbehandlungskomplex zuzuordnenden Leistungen bezüglich der Quartale II/1965 bis IV/1966 auf den Umfang
der durchschnittlich im Bereich der KZVH abgerechneten Leistungen zuzüglich einer Toleranzquote von 20 v.H. sei
angemessen.
Bei den Leistungen nach Nr. 45 müsse auf Grund seiner Ausführungen eine Umwandlung in Leistungen nach den Nrn.
43 und 44 erfolgen, und zwar in dem Maße, daß diejenigen Leistungen nach Nr. 45 umgewandelt würden, die den
durchschnittlichen Umfang der in Bereich der KZVH abgerechneten Leistungen nach dieser Nummer überschritten.
Der Umfang der Röntgenaufnahmen gebe zu Beanstandungen keinen Anlaß. Zwar liege eine Überhöhung bei den
Röntgenleistungen vor, doch diese sei nicht so gravierend, daß sie an Honorarberichtigungen berechtige.
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt/M. hat der Kläger vorgetragen, bei der Überprüfung sei es
nicht angängig, Vorquartale miteinzubeziehen. Es sei zwar richtig, daß laut Beschluss Nr. 2 der Technischen
Kommission § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung insoweit eine Erweiterung erfahren habe, daß dem Prüfungsausschuß
das Recht eingeräumt werde, auf zurückliegende Quartale Bezug zu nehmen und diese zu überprüfen, wenn im Zuge
einer beantragten Prüfung Mängel festgestellt wurden, die begründeten Anlaß zu der Vermutung gäben, daß solche
Mängel auch im früheren Abrechnungen vorgekommen seien. Der Prüfungsausschuß habe jedoch bei seiner
Überprüfung keinen Anlaß gesehen, zumal kein entsprechender Antrag gestellt worden sei. Das rechtfertige daher
keine Einbeziehung der Vorquartale in die Prüfung. Eine analoge Anwendung verbiete sich und sei durch § 10 Abs. 6
der Verfahrensordnung auch nicht gerechtfertigt.
Demgegenüber hat der Beigeladene zu 4. ausgeführt, der Beschluss Nr. 2 der Technischen Kommission solle nach
der Absicht der Vertragspartner für die Prüfungsinstanzen und damit auch für den Beschwerdeausschuß gelten. Der
Beschwerdeausschuß wäre in seiner Funktion erheblich beeinträchtigt, wenn der Standpunkt des Klägers durchgreifen
würde. Er sei auch Tatsacheninstanz. Ihm müßten die gleichen rechtlichen Möglichkeiten eingeräumt werden, wie sie
dem Prüfungsausschuß gegeben seien.
Mit Urteil vom 7. April 1971 hat das Sozialgericht den Beschluss des Beklagten vom 2. Oktober 1968 insoweit
aufgehoben, als über die Quartale II/1965 und III/1966 entschieden worden ist. In den Entscheidungsgründen hat es
ausgeführt, zu Recht wende sich der Kläger gegen die Einbeziehung der Quartale II/1965 bis III/1966 in die Prüfung
und Honorarberichtigung. Die Einbeziehung dieser Vorquartale habe weder eine ausreichende gesetzliche noch
vertragliche Grundlage. Im vorliegenden Falle komme es darauf an, ob die Prüfung des IV. Quartales 1966 erhebliche
Mängel im Sinne des Beschlusses der Technischen Kommission vom 6. Oktober 1964 habe erkennen lassen, dabei
handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung und
Auslegung unterliege. Der Begriff des erheblichen Mangels sei eng auszulegen. Es dürften nicht nur einzelne
Unwirtschaftlichkeiten genügen, die Anlaß zu einer Kürzung des Honorars gäben. Vielmehr sei ein Mangel erst dann
als erheblich im Sinne dieses Beschlusses anzusehen, wenn er in einem zu prüfenden Quartal so häufig auftrete, daß
ein vertragswidriges Verhalten des Zahnarztes erkennbar werde und bei einzelnen Leistungen eine zahnärztliche
Auffassung zu erkennen sei, die mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit generell nicht in Einklang zu bringen sei.
Das sei in der Regel nur dann der Fall, wenn der Zahnarzt mit einzelnen Leistungsarten den Durchschnitt erheblich
überschreite. Nach den Feststellungen des Beklagten seien diese Voraussetzungen beim Kläger nicht erfüllt
gewesen, so daß der Beschluss der Technischen Kommission keine ausreichende Handhabe für die Einbeziehung der
Vorquartale in die Prüfung gegeben hätte. Der Beklagte habe nicht festgestellt, daß die Wurzelbehandlung durchweg
vertragswidrig wäre, sondern er habe nur zum Ausdruck gebracht, daß dem Sinne des Bema in noch nicht
erforderlichem Umfang Genüge getan sei. Die Wurzelbehandlungen wären lediglich, in einer Reihe von Fällen nicht
ausreichend indiziert. Die Durchschnittsüberschreitungen im IV. Quartal 1966 lägen beim Wurzelbehandlungskomplex
nur für einzelne Leistungsarten über 100 v.H. Dieser Mangel sei nicht erheblich, denn es sie nicht zu erkennen, daß
hierdurch die Gesamthonorarforderungen nennenswert beeinflußt worden seien. Zu berücksichtigen sei in diesem
Zusammenhang ferner, daß die Notwendigkeit zur Einschränkungen von Wurzelbehandlungen in der damaligen Zeit
noch nicht sehr lange Allgemeingut gewesen wären, so daß dem Kläger zugestanden werden müsse, sich erst nach
und nach den Erfordernissen des Bema anzupassen. Hinsichtlich der Leistungen nach Nr. 45 Bema läge der Mangel
in der Abrechnung des Klägers nach den Feststellungen des Beklagten nur darin, daß mehrfach eine X3 statt einer X1
oder einer X2 abgerechnet worden sei. Dieser Mangel sei nicht erheblich.
Gegen das den Beigeladenen zu 1. am 28. April 1971 und dem Beigeladenen zu 2. am 30. April 1971 zugestellte
Urteil sind die Berufungen fristgerecht am 13. Mai 1971 und 26. Mai 1971 bei dem Hessischen Landessozialgericht
eingegangen.
Der Beigeladene zu 1. führt aus, die Überwachung der Wirtschaftlichkeit sei nach § 368 n Abs. 4 und 5 der
Reichsversicherungsordnung (RVO) den Prüfungseinrichtungen der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen übertragen
worden. Eine Überwachung sei aber nur wirksam, wenn entweder in jedem Quartal sämtliche Abrechnungen oder nur
ein Teil der Abrechnungen im Reihumverfahren geprüft würden mit der Maßgabe, daß auch zurückliegende
Abrechnungen für bestimmte Zeiten prüffähig blieben. Der Beklagte habe auf ihren Antrag die Prüfung der Vorquartale
durchgeführt und dabei festgestellt, daß dieselben Mängel, die zu Honorarkürzungen im IV. Quartal 1966 geführt, auch
in Vorquartalen vorgelegen hätten. Basierten Honorarkürzungen im laufenden Quartal auf Beanstandungen, wie sie
auch bei der Prüfung in Vorquartalen festgestellt würden, dann sei auch die Einbeziehung dieser Quartale in die
Honorarkürzung gerechtfertigt. Im vorliegenden Fall handele es sich um Maßnahmen im Wurzelbehandlungskomplex,
die nicht wegen Unwirtschaftlichkeit gekürzt worden seien, sondern weil abgerechnete Leistungen nicht mehr indiziert
seien oder die Qualität der ausgeführten Maßnahmen nicht die an sie zustellenden zahnmedizinischen Anforderungen
erfüllten. Der Kläger habe nicht erhaltungsfähige und nicht erhaltungswürdige Zähne mit Wurzelkanalfüllung versehen.
Diese Mängel seien als erheblich im Sinne des Beschlusses Nr. 2 der Technischen Kommission anzusehen und
hätten den Beklagten auf Antrag der Krankenkasse zu Recht veranlaßt, Vorquartale in die Prüfung einzubeziehen und
Honorarkürzungen auszusprechen. Die Durchschnittsüberschreitungen von Leistungen im Wurzelbehandlungskomplex
seien als offensichtliches Mißverhältnis anzusehen, wobei erhebliche Mängel in der Behandlungsweise des Klägers
im laufenden Quartal und in den Vorquartalen vorlägen. Zu den vom Beklagten vorgenommenen Kürzungen bei Pos.
45 (X3) werde darauf hingewiesen, daß diese Berichtigungen infolge Falschauslegung des Leistungsinhalts dieser
Bema-Position erforderlich würden. Es handele sich um eine rechnerische Richtigstellung der Abrechnung.
Der Beigeladene zu 1. beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 7. April 1971 aufzuheben und die
Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beigeladene zu 2. beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 7. April 1971 aufzuheben und die
Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beigeladene zu 4. stellt keinen Antrag.
Sie trägt vor, der Beschluss des RVO-Beschwerdeausschusses sei als Widerspruchsbescheid zu Recht ergangen. Er
habe die gesamte Zahnarztabrechnung für alle RVO-Kassen erfassen können. Er sei keineswegs auf die
Abrechnungen für die Ortskrankenkassen beschränkt gewesen. Der Beschwerdeausschuß habe dabei die Prüfung
und Honorarberichtigung auch auf die sechs Quartale II/65 bis III/1966 ausdehnen dürfen. Die Rechtsgrundlage dafür
finde sich in den §§ 368 a Abs. 4 und 5 RVO, §§ 22 BMV-Z und 3 VerfO zum BMV-Z. Aus der Natur der
stichprobenweise Überprüfung ergebe sich, daß die Prüfungspflicht- und das recht auf für zurückliegende ungeprüfte
Honorarabrechnungen aktualisiert werden könne, wenn die Stichprobenprüfung zeige, daß die geprüfte
Honorarabrechnung zu berichtigen sei. In aller Regel bestehe bei solchen Honorarberichtigungen der begründete Anlaß
zu der Vermutung, daß die gleichen Feststellungen auch in zurückliegenden Quartalen getroffen werden müßten. Die
Zahnarztrechnungen seien bedingte Verwaltungsakte, die mit der die Bindungswirkung aufschiebenden Bedingung
ausgestattet seien, daß nicht innerhalb von acht Quartalen ein berichtigender Prüfbescheid ergehe. Der
Kassenzahnarzt könne also zunächst aber den vollen Betrag seiner eingereichten Honorarabrechnung verfügen,
müsse aber für einen bestimmten Zeitraum mit einem Offenbleiben der Zahnarztabrechnungen rechnen. Das
verwaltungsrechtliche Dauerschuldverhältnis zwischen Kassenzahnärztlicher Vereinigung und Kassenzahnarzt berge
in sich die unverzügliche Prüfungspflicht im Rahmen der Erfüllung. Die Vertragspartner hätten mit der zeitlichen
Begrenzung der Prüfungsfrist auf höchstens die jeweils letzten acht Quartalsabrechnungen in § 3 Abs. 2 VerfO ihren
Willen bekundet, eine weiter zurückreichende Honorarprüfung- und Berichtigung auszuschließen. Diese Regelung
korrespondiere mit der des § 3 Abs. 1 VerfO. Damit solle die Krankenkasse in die Lage versetzt werden, über einen
größeren Zeitraum hinweg die Abrechnungsweise zu beobachten und Unterlagen für einen evtl. Prüfantrag sammeln
zu können. Es handele sich dabei um eine Ausschlußfrist. Der Beschluss Ne. 2 der Technischen Kommission vom 6.
Oktober 1964 beziehe sich nur auf die zeitliche Begrenzung.
Er sei nicht als Bedingung für die Ausdehnung der Honorarprüfung anzusehen. Daß die Honorarprüfung nicht schon im
Verfahren vor dem Prüfungsausschuß, sondern erst vor dem Beschwerdeausschuß ausdrücklich auf weitere sechs
vorhergehende Honorarabrechnungen ausgedehnt worden sei, sei rechtmäßig. Das Ziel des Prüfungsverfahrens wäre,
bereits aus der Stichprobe Anhaltspunkte für eine eventuelle Ausdehnung der Prüfung auf zurückliegende
Honorarabrechnungen zu gewinnen. Über die Zielrichtung des Stichprobenverfahrens gelangten auch die
Honorarabrechnungen in den Wirkungsbereich des Verfahrens vor den Prüfungsausschüssen. Wenn ein Bescheid des
Prüfungsausschusses feststelle, daß ein Grund für die Neufestsetzung des Honorars nicht gegeben sei, so schließe
diese Feststellung auch für zurückliegende ungeprüfte Quartale keine Neufestsetzung ein. Das Verfahren vor dem
Beschwerdeausschuß führe dazu, das der Verwaltungsakt des Prüfungsausschusses in der Sache nochmals
gründlicher geprüft werde. Die Verwaltungsakte bildeten eine Einheit. Im vorliegenden Falle habe daher auf den
Widerspruch des Beigeladenen zu 1. der Beschwerdeausschuß die Honorarberichtigung vornehmen können. Dem
Beschwerdeausschuß wäre es nicht möglich, anstelle einer aufhebenden und ersetzenden Entscheidung nur eine
aufhebende ergehen zu lassen und die Sache zur erneuten Entscheidung an den Prüfungsausschuß
zurückzuverweisen. Eine solche Verfahrensweise wäre in höchstem Maße unökonomisch. Der Beschwerdeausschuß
habe den Umfang der Honorarberichtigung auf Grund einer Schätzung ermitteln dürfen, da die Prüfung anhand
einzelner Behandlungsfälle für alle sieben Honorarabrechnungen ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten und
Aufwendung nicht möglich gewesen wäre. Die Entscheidung des RVO-Beschwerdeausschusses sei deshalb zu Recht
ergangen. Der Beigeladene zu 3. hat keinen Antrag gestellt.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Verwaltungsakte hat vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakte beider Rechtszüge, der auszugsweise
vorgetragen worden ist, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen der Beigeladenen zu 1. und 2. sind zulässig; sie sind insbesondere frist- und formgerecht eingelegt
worden (§§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –). Sie sind jedoch unbegründet.
Hinsichtlich des Beschlusses des Prüfungsausschusses vom 27. Mai 1967, der in der Gestalt des Beschlusses des
Beklagten vom 2. Oktober 1968 Gegenstand der Klage geworden ist (§ 95 SGG), hatte der Senat zunächst zu prüfen,
ob der Beigeladene zu 2. die Widerspruchsfrist des § 84 Abs. 1 SGG eingehalten und ob er noch mit Erfolg die
Entscheidung des Prüfungsausschusses vom 27. Mai 1967 anfechten konnte oder ob sie für ihn bereits unanfechtbar
geworden war. Wenn auch auf Seiten der Beigeladenen zu 1. bis 3. eine notwendige Streitgenossenschaft im Sinne
des § 62 der Zivilprozeßordnung (ZPO) besteht, der gemäß § 74 SGG entsprechend anzuwenden ist, hindert das nicht
daran, daß einzelne Streitgenossen des Rechtsmittels gegen eine Entscheidung der Prüfungseinrichtungen des
Beklagten durch Verstreichenlassen der Frist verlustig gehen können. Denn die Rechtsmittelfrist läuft bei der
notwendigen Streitgenossenschaft gegen jeden einzelnen Streitgenossen gesondert (RGZ 48, 417), wobei gemäß § 62
ZPO die in der Einlegung eines Rechtsmittels säumigen Streitgenossen durch die nichtsäumigen vertreten werden.
Das gilt aber nur, wenn die Rechtsmittelfrist für die säumigen Streitgenossen zur Zeit der Einlegung des Rechtsmittels
durch die nichtsäumigen noch nicht verstrichen war. Hier war das der Fall, da der Beigeladene zu 1. rechtzeitig
Beschwerde eingelegt hatte, so daß eine Vertretung der Beigeladenen zu 2. und 3. hinsichtlich der Einlegung der
Beschwerde möglich war. Das hat zur Folge, daß der Beschluss des Prüfungsausschusses vom 27. Mai 1967 für den
Beigeladenen zu 2. und ebenso für den Beigeladenen zu 3., der überhaupt keine Rechtsmittel eingelegt hat, in der
Sache nicht bindend geworden ist. Demzufolge hatte der Beschwerdeausschuß den Beschluss des
Prüfungsausschusses vom 27. Mai 1967 einer sachlich-rechtlichen Prüfung zu unterziehen, wobei diese
Entscheidung ihre Wirkung auch für und gegen die Beigeladene zu 2. und 3. äußerte. Die Notwendigkeit einer
einheitlichen Entscheidung des streitigen Rechtsverhältnisses schafft für sämtliche Streitgenossen gleiches Recht
(RGZ 157, 33 ff.).
Der Beschluss des Beklagten vom 2. Oktober 1968 ist jedoch, soweit er sich auf die Einbeziehung der Quartale
II/1965 bis III/1966 erstreckte, rechtwidrig, da er einer gesetzlichen Grundlage entbehrt, was das Sozialgericht nicht
beachtet hat, das wegen Fehlens eines erheblichen Mangels im Sinne des Beschlusses der Technischen
Kommission keine ausreichende Grundlage für eine Einbeziehung der Vorquartale in die Prüfung gesehen hat.
Nach § 20 Abs. 1 Bundesmantelvertrag (BMV-Z) wird die kassenzahnärztliche Tätigkeit im Hinblick auf die
Wirtschaftlichkeit der kassenzahnärztlichen Versorgung durch Prüfungseinrichtungen überwacht. Diese Aufgabe
obliegt Prüfungsausschüssen und Beschwerdeausschüssen, die sich als Prüfungseinrichtungen gemäß § 22 Abs. 6
BMV-Z nach der als Anlage 4 zu diesem Vertrag vereinbarten Verfahrensordnung zu richten haben. Diese sieht in § 3
Abs. 1 VerfO vor, daß die Prüfungsausschüsse alsbald nach Eingang der Abrechnungen für jedes
Abrechnungsvierteljahr Prüfungen in der Regel bei 15 v.H. aller Kassenzahnärzte ihres Bezirks vorzunehmen haben.
Insbesondere sollen Kassenzahnärzte überprüft werden, deren Abrechnungen insgesamt oder bei einzelnen
Leistungen in dem vorausgezogenen Abrechnungsvierteljahr erheblich vom Durchschnitt abgewichen sind. Nach Abs.
2 dieser Vorschrift können Prüfungsanträge der Krankenkassen oder ihrer bevollmächtigten Verbände höchstens für
die jeweils letzten acht den Krankenkassen vorliegenden Quartalsabrechnungen gestellt werden. Hierzu hat die
Technische Kommission am 6. Oktober 1964 die Feststellung getroffen, daß der Prüfungsausschuß in
entsprechender Anwendung des § 3 Abs. 2 Verfahrensordnung auch zurückliegende Quartale zu prüfen hat, wenn bei
der Prüfung erhebliche Mängel festgestellt und begründeter Anlaß zu der Vermutung besteht, daß solche Mängel auch
in früheren Abrechnungen vorgekommen sind. Nach § 3 Abs. 2 VerfO in Verbindung mit der Feststellung der
Technischen Kommission vom 6. Oktober 1964, die ebenfalls auf § 3 Abs. 2 VerfO verweist, ist jedoch lediglich der
Prüfungsausschuß befugt, auf Grund von Prüfungsanträgen der Krankenkassen oder ihrer bevollmächtigten Verbände
oder kraft eigener Feststellungen die Prüfung auf die jeweils letzten acht Quartalsabrechnungen zu erstrecken. Im
letzten Fall ist Voraussetzung, daß bei der Prüfung ein erheblicher Mangel festgestellt worden ist und begründeter
Anlaß zu der Vermutung besteht, daß solche Mängel auch in früheren Abrechnungen vorgekommen sind. Im
vorliegenden Fall hat jedoch der Prüfungsausschuß von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Er hatte hierzu
auch keinen Anlaß, weil von den Beigeladenen zu 1 bis 3. keine entsprechenden Anträge gestellt worden waren. Er
hat sich lediglich für das 4. Quartal 1966 veranlaßt gesehen, einen Hinweis auf strengere Indikationsstellung bezüglich
der Leistungen des Wurzelkanalbehandlungskomplexes zu erteilen. Die Ausdehnung der Honorarberichtigungen auf
zurückliegende Quartale steht in einem solchen Fall dem Beschwerdeausschuß nicht mehr zu. Das Verfahren vor
dieser Prüfungseinrichtung hat in § 10 VerfO eine abschließende Regelung erfahren. Denn hinsichtlich des Verfahrens
vor dem Beschwerdeausschuß gelten gemäß § 10 Abs. 6 VerfO lediglich die Absätze 1 bis 5 des § 9 VerfO. Gerade
der Hinweis in § 10 Abs. 5 auf die Absätze 1 bis 5 des § 9 zeigt, daß andere Verfahrensvorschriften von dem
Beschwerdeausschuß nicht angewendet werden dürfen, was besonders für die einschneidende Bestimmung des § 3
Abs. 2 VerfO gilt. Sollte sie Anwendung finden, hätte es eines ausdrücklichen Hinweises in der Vorschrift des § 10
bedurft, der jedoch nicht erfolgt ist. Die Berechtigung des Beschwerdeausschusses, auch zurückliegende Quartale in
bedurft, der jedoch nicht erfolgt ist. Die Berechtigung des Beschwerdeausschusses, auch zurückliegende Quartale in
die Überprüfung und damit gegebenenfalls in die Honorarberichtigung mit einzubeziehen, läßt sich auch nicht daraus
herleiten, daß der Beschwerdeausschuß noch Tatsacheninstanz ist und ihm demgemäß alle Möglichkeiten der
Überprüfung der Behandlungs- und Verordnungsweise des Kassenzahnarztes zustehen. Das gilt lediglich nur in dem
Rahmen, der durch §§ 9 u. 10 VerfO vorgezeichnet ist. Wollte man anders verfahren, würde der Zweck des
Vorverfahrens, wie es insbesondere auch nach § 368 n Abs. 4 RVO bei der Überwachung der Wirtschaftlichkeit
vorgesehen ist, in Frage gestellt. Denn der Sinn des Vorverfahrens besteht darin, daß der Prüfungsausschuß Ausmaß
und Umfang des zu erlassenden Verwaltungsaktes festlegt und der Beschwerdeausschuß als Kontrollinstanz diese
Entscheidung überprüft. Das vom Beschwerdeausschuß gewählte Verfahren führte von vorneherein zum Ausschluß
einer nach der Verfahrensordnung vorgesehenen Prüfungseinrichtung, nämlich dem Prüfungsausschuß, für die Masse
der zu überprüfenden Quartale. Das ist mit dem Sinn und Zweck eines Vorverfahrens nicht zu vereinbaren. In
Beachtung dessen durfte der Beklagte ohne vorherige Einschaltung des Prüfungsausschusses nicht die Quartale
II/1965 bis III/1966 in die Prüfung einbeziehen. Der Beschluss des Beschwerdeausschusses vom 2. Oktober 1966 ist
damit wegen Fehlens einer gesetzlichen Grundlage aufzuheben. Soweit dadurch den Beigeladenen zu 1. bis 4. ein
Rechtsnachteil erwächst, müssen sie den gegen sich gelten lassen, ohne sich darauf berufen zu können, daß sie ein
Recht auf eine sachliche Entscheidung hätten. Mit dem Bundessozialgericht (BSG) – Urteil vom 30.11.65, Az.: 3 RK
26/62 – ist der Senat zwar der Ansicht, daß, sobald ein äußerlich sich als Widerspruchsbescheid darstellender
Bescheid ergangen ist, der Betroffene befugt sein soll, dagegen Klage zu erheben und seine Rechtsansprüche vor
den Gerichten weiterzuverfolgen, ohne das ihm dabei entgegengehalten werden könnte, es fehle noch an dem
gesetzlich vorgeschriebenen Vorverfahren, weil entweder die Stelle, die entschieden hat, nicht zuständig oder aber
das von ihr angewandte Verfahren sonst fehlerhaft war. Voraussetzung ist dabei aber weiter, daß der
Widerspruchsbescheid sonst nicht zu beanstanden ist. Diese Rechtsprechung hat das BSG jedoch bei
Ermessensentscheidungen eingeschränkt (vgl. BSG 26/177; 27/154). Hier betrifft der fehlerhafte Verwaltungsakt eine
Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise, die, soweit es sich um die Festsetzung der Höhe des
Kürzungsbetrages handelt, im Ermessen des Prüfungsorganes steht. In diesem Falle ist die Aufhebung des
fehlerhaften Verwaltungsakts zur Nachholung der Entscheidung durch die zuständige Verwaltungsstelle wegen des
der Verwaltung vorbehaltenen Entscheidungsrechtes und der eingeschränkten Rechtskontrolle des Gerichts nach
Auffassung des BSG unerläßlich.
Indessen konnte hier neben der Aufhebung des Bescheides vom 2. Oktober 1968 eine Verurteilung des Beklagten zur
Erteilung eines neuen Bescheides unterbleiben, weil eine Überprüfung der Quartale II/1965 bis III/1966 nicht mehr
möglich ist. Die Frist, von der ab Prüfungsanträge der Krankenkassen nach § 3 Abs. 2 VerfO gestellt werden können,
beginnt mit der Zustellung der in § 27 Abs. 1 BMV genannten Abrechnungsunterlagen an die Krankenkassen. Hierüber
besteht Einverständnis unter den Beteiligten. Einverständnis besteht auch darüber, daß die Abrechnung für III/1966
den beteiligten Kassen spätestens im Januar 1967 zugegangen ist. Es handelt sich bei den Quartalsabrechnungen
um Verwaltungsakte, die den Beteiligten zugestellt werden, die jedoch keine Rechtsmittelbelehrung enthalten. Das
hindert jedoch nicht ihre Unanfechtbarkeit nach den allgemeinen Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes. War die
Zustellung für das Quartal III/1966 im Januar 1967 erfolgt, so hat das zur Folge, da der Verwaltungsakt keine
Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, daß die Frist des § 66 Abs. 2 SGG anlief. Danach ist bei unterbliebener Belehrung
die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung zulässig. Diese Frist war jedoch Ende
Januar 1968 abgelaufen und damit der Antrag vom 23. Februar 1968 – die Abrechnung der Quartale I/1965 bis III/1966
ebenfalls in die Überprüfung mit einzubeziehen – verspätet gestellt. Das bedeutet, daß die Verwaltungsakte betreffend
die Abrechnung für die Quartale III/1966 und früher gemäß § 77 SGG rechtsverbindlich geworden sind. Diese
Bindungswirkung erstreckt sich auf alle Beteiligte im Sinne des § 77 SGG, somit nicht nur auf den Kläger, sondern
auch auf die Beigeladenen, in deren Rechte der Verwaltungsakt ebenfalls unmittelbar eingreift. Hiergegen kann nicht
eingewandt werden, daß die Quartalsabrechnungen nur bedingte Verwaltungsakte mit vorläufigem Charakter seien,
weil sie üblicherweise nicht mit einem entsprechenden Vorbehalt versehen werden. Sie müßten nur dann so behandelt
werden, wenn sie einen ausdrücklichen Vermerk in dieser Hinsicht enthielten. Da das aber nicht der Fall ist, ist der
Ablauf der Verfahrensfrist des § 66 SGG nicht aufzuhalten. Hierbei handelt es sich um eine zwingende Vorschrift, die
durch Parteivereinbarung, wie die Beigeladene zu 4. meint, nicht außer Kraft gesetzt werden kann. Das gilt auch für
den BMV, weil die gesetzliche Verfahrensvorschrift des § 66 SGG der Parteidisposition nicht zugänglich ist.
Demzufolge muß § 3 Abs. 2 VerfO einschränkend dahin ausgelegt werden, daß Prüfungsanträge nur insoweit gestellt
werden können, als die Abrechnungsbescheide für Vorquartale noch nicht bindend geworden sind.
Da nach alledem im Kassenzahnarztrecht die Regeln über die Bindungswirkung vom Verwaltungsakten maßgebend
bleiben und Ausnahmen von der Bindung des § 77 SGG nicht vorliegen, konnten die Quartale II/1965 bis III/1966
nicht in die Überprüfung einbezogen werden. Demzufolge konnte auch der Beklagte nicht verurteilt werden, einen
neuen Bescheid nach verfahrensrechtlich einwandfrei durchgeführten Vorverfahren zu erteilen. Denn einer erneuten
eventuellen Prüfung wurde die Bindungswirkung der Abrechnungsbescheide betreffend die Quartals III/1966 und früher
entgegenstehen.
Den Berufungen der Beigeladenen zu 1. und 2. war daher der Erfolg zu versagen und dem Urteil des Sozialgerichts,
wenn auch nicht in der Begründung, so doch im Ergebnis beizutreten.
Der Zulassung der Revision gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG bedurfte es nicht, da der Senat nicht von einer
Entscheidung des Bundessozialgerichts abgewichen ist und im vorliegenden Fall nicht über Rechtsfragen von
grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.