Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 16.04.2003

LSG Berlin und Brandenburg: gemeinschaftliches eigentum, zerrüttung der ehe, arbeitsentgelt, arbeitskraft, firma, im bewusstsein, freiwillige versicherung, sozialversicherung, schwerin, ddr

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
Urteil vom 16.04.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Neuruppin S 9 KR 25/95
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 4 KR 14/99
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin ab 01. April 1991 im Rahmen einer Beschäftigung bei ihrem Ehemann
versicherungspflichtig beschäftigt war.
Die am ... 1964 geborene Klägerin war seit Mai 1987 bis nach 1994 mit H.-E. H. (Beigeladener zu 1.) verheiratet, der
bis zum 15. Juni 1992 freiwilliges Mitglied der Beklagten war. Die Eheleute lebten in der ehemaligen DDR im
gesetzlichen Güterstand. Dieser Güterstand ist nach dem 03. Oktober 1990 nicht durch notarielle Beurkundung
fortgeführt worden. Die Klägerin war mit dem Beigeladenen zu 1. Eigentümerin eines Grundstücks in W., welches mit
einem Wohngebäude, in dem die Familie wohnte, bebaut war.
Die Klägerin war vom 12. März 1987 bis 24. Januar 1989 als Produktionsarbeiterin im Beitrittsgebiet bei den
Industriewerken A. GmbH beschäftigt. Ab 20. März 1990 bezog sie Arbeitslosenunterstützung. Zum 01. April 1991
meldete sich die Klägerin in Arbeit bei dem Baubetrieb H. aus dem Arbeitslosengeldbezug ab.
Der Beigeladene zu 1. betrieb im April 1991 als Meister für Hochbau ein Baugeschäft, Firma für Hochbau, Um- und
Ausbau und Modernisierung, das Anfang September 1990 gegründet und zum 01. Juni 1994 aufgegeben wurde. Die
Firma war nicht im Handelsregister eingetragen und wurde von dem Beigeladenen zu 1. vertreten. Betrieben wurde sie
unter der damaligen gemeinsamen Wohnanschrift des Beigeladenen zu 1. und der Klägerin. Wegen ausstehender
Gesamtsozialversicherungsbeiträge beantragte die Beklagte am 29. Juni 1992 die Eröffnung des
Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen des Handwerksmeisters H.-E.-H ... Mit Beschluss des
Amtsgerichts Schwerin vom 18. September 1992 (Az.: ...) wurde die Sequestration angeordnet und mit Beschluss
vom 17. Dezember 1992 der Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens mangels Masse abgewiesen.
In dem Baubetrieb waren N. B. vom 23. Mai 1991 bis 31. März 1992, K. B. vom 01. April 1991 bis 21. August 1991,
R. K. vom 01. April 1991 bis 31. März 1992, R. L. vom 01. April 1991 bis 30. Juni 1993 und M. L. vom 01. April 1991
bis 31. März 1992 und Jürgen Andersson vom 15. Oktober 1991 bis ca. 1993 bei dem Beigeladenen zu 1. beschäftigt.
Beiträge zur Sozialversicherung wurden von dem Beigeladenen zu 1. in der Zeit ab Oktober 1991 nicht entrichtet.
Mit Bescheid vom 23. August 1994 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin fest, dass eine versicherungspflichtige
Beschäftigung ab 01. April 1991 nicht vorgelegen habe. Der Baubetrieb H. sei als gemeinschaftliches Eigentum der
Ehegatten gegründet worden, eine Neuaufteilung habe nicht stattgefunden. Die Klägerin sei Miteigentümerin und nicht
Arbeitnehmerin gewesen. Die beitragsfreie Familienversicherung für die Kinder entfalle. Für die Zeit vom 06. Juli 1992
bis 13. November 1992 seien Leistungen für den Sohn M. in Höhe von 20.808,32 DM gewährt worden, deren
Rückforderung vorbehalten bleibe.
Unter Einreichung einer Lohn- und Gehaltsabrechnung für den Monat Juni 1993 erhob die Klägerin am 06. September
1994 Widerspruch und teilte mit, dass sie ab 01. April 1991 bis 31. Mai 1994 bei der Firma H. Bau beschäftigt
gewesen sei. Für diesen Zeitraum seien auch Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und
Arbeitslosenversicherung abgeführt worden.
Mit einem von der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. unterschriebenen Fragebogen zur versicherungsrechtlichen
Beurteilung einer Beschäftigung von Familienangehörigen wurde u. a. angegeben, dass die Klägerin als Reinigungs-
und Transportkraft an fünf Tagen in der Woche mit einer Arbeitszeit von 38 Stunden in der Zeit vom 01. April 1991 bis
31. Mai 1994 beschäftigt gewesen sei. Die Mitarbeit sei auf der Grundlage eines vertraglichen Arbeitsverhältnisses
erfolgt. Es sei ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt gezahlt worden, ein Betrag wurde nicht angegeben. Das
Gehalt habe dem tariflichen Entgelt entsprochen und sollte bei Leistungsunfähigkeit für sechs Wochen weitergezahlt
werden. Das Arbeitsentgelt sei jeweils am 1. des Monats auf ein privates Konto überwiesen worden. Die Klägerin habe
eine bisher beschäftigte fremde Arbeitskraft nicht ersetzt, sie sei anstelle einer fremden Arbeitskraft beschäftigt
worden. Der Betrieb habe nicht im gemeinsamen Eigentum gestanden, sondern sei aus dem Beigeladenen zu 1.
bereits vor der Eheschließung zur Verfügung gestandenen Mitteln gegründet worden. Der mit dem Fragebogen
eingereichte Arbeitsvertrag vom 01. April 1991 enthielt keine Angaben zum vereinbarten Lohn, zur Arbeitszeit oder zur
Lohnfortzahlung.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 27. März 1995 mit, dass sie nicht versicherungspflichtig gewesen
sei. Die Krankenversicherungskarten wurden zurückgefordert. Die Klägerin wurde aufgefordert, 20808, 32 DM zu
erstatten.
Mit Schreiben vom 20. April 1995 wandte sich die Klägerin über ihren Verfahrensbevollmächtigten an die Beklagte und
machte geltend, dass sie nicht Mitunternehmerin, sondern Angestellte im Betrieb des Beigeladenen zu 1. gewesen
sei. Der Lohn sei monatlich in bar ausgezahlt worden, hierfür sei im Lohnbuch des Ehemannes gegengezeichnet
worden. Das Lohnbuch befinde sich nicht in ihrem Besitz. Sie besitze eine Lohnsteuerkarte für das Jahr 1992, auf der
ein Verdienst und die angefallenen Steuern von dem Beigeladenen zu 1.vermerkt worden seien.
Der Baubetrieb sei vor Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland aus Mitteln des Beigeladenen zu 1. gegründet
worden. Sie habe wie alle Mitarbeiter im Baubetrieb H. ihren Lohn gegen Unterschrift im Lohnbuch auf die Hand
ausgezahlt bekommen. Es wurde eine Lohnsteuerkarte der Klägerin, eine Anklageschrift der Staatsanwaltschaft
Schwerin, ein Bescheid der Stadtverwaltung der Stadt A., Sozialamt vom 08. November 1995 und ein Auszug aus
einer Tageszeitung und ein Grundbuchauszug zur Verwaltungsakte gereicht. Eine Anfrage der Beklagte bei dem
Beigeladenen zu 1. zur Übersendung des Lohnbuches blieb ohne Erfolg.
Auf Antrag der Beklagten ist am 30. November 1995 bezüglich der Krankenbehandlungskosten ein Mahnbescheid des
Amtsgerichts Schwerin, Az.: ... erlassen worden, gegen den die Klägerin Einspruch eingelegt hat. Ein Klageverfahren
ist vor dem Landgericht nicht anhängig gemacht worden.
Mit Bescheid vom 07. Dezember 1995 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus,
dass bis auf eine geringe Summe von dem Beigeladenen zu 1. keine Beiträge zur Sozialversicherung für die bei ihm
beschäftigten Personen abgeführt worden seien. Der Betrieb sei von vornherein finanziell nicht in der Lage gewesen
sei, eine Person mit dem Tätigkeitsbild der Klägerin zu beschäftigen. Durch die Tätigkeit der Klägerin in dem Betrieb
sei nicht die Arbeitskraft einer fremden Person eingespart worden. Ein Nachweis für eine tatsächliche Lohnzahlung sei
nicht erbracht worden und es sei fraglich, ob die Klägerin ihre Tätigkeit bis zum Mai 1994 ausgeübt habe, da andere
Arbeitnehmer ihre Tätigkeiten bereits im Juni 1993 eingestellt hätten. Ob der Betrieb nicht tatsächlich
gemeinschaftliches Eigentum der Eheleute gewesen sei, sei nicht widerlegt. In diesem Falle sei die Klägerin in jedem
Fall Mitunternehmerin und nicht Arbeitnehmerin.
Bereits am 16. Februar 1995 hatte sich die Klägerin bei der Beigeladenen zu 3. arbeitslos gemeldet. Im
Verwaltungsverfahren wurde eine Arbeitsbescheinigung des Beigeladenen zu 1. vom 28. Februar 1995 eingereicht, mit
der für die Klägerin für die Zeit vom 01. April 1991 bis 31. Mai 1994 ein Bruttoarbeitsentgelt von 1378,13 DM
bescheinigt wurde. Für die Zeit vom 18. November 1991 bis 31. März 1992 wurde Kurzarbeit "0" angegeben. Im
Verwaltungsverfahren bei der Beigeladenen reichte die Klägerin eine Kopie einer Lohnsteuerkarte für das Jahr 1992
und einen Fragenbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Beschäftigungen beim Ehegatten vom 06. April
1995 ein. Ihr Ehemann habe seine Firma immer allein geführt und sie nicht als seine Arbeitnehmerin über
geschäftliche Dinge unterrichtet, so dass sie nicht alle Fragen beantworten könne. Mit dem Fragebogen wurde u. a.
als Beschreibung der ausgeübten Tätigkeiten die Reinigung des Büros und der Transport von Baumaterialien auf
Baustellen angegeben. Die Beschäftigung sei nicht aufgrund der Familienzugehörigkeit ausgeübt worden. Bis Februar
1995 sei sie der vollen Überzeugung gewesen, dass sie selbst und ihre Kinder bei der Beklagten versichert gewesen
seien. Erst mit der Trennung von ihrem Ehemann habe sie erfahren, dass weder die Kinder noch sie selbst bei der
Beklagten versichert gewesen seien. Ihre Versicherungskarten und die der Kinder habe sie zurückgesandt. Am 18.
August 1995 ging bei der Beigeladenen zu 3. eine korrigierte Arbeitsbescheinigung des Beigeladenen zu 1.ein, womit
durchgehend bis Mai 1994 Arbeitsentgelt für die Klägerin bescheinigt wurde. Die Beigeladene hielt Rücksprache mit
dem Finanzamt Schwerin. Von dort wurde mitgeteilt, dass Steuern nur für 1991, nicht für die Jahre 1992 bis 1994
abgeführt worden seien. Lohnsteuerkarten für die Jahre 1993 und 1994 wurden von der Klägerin nicht übersandt.
Mit Bescheid vom 21. September 1995 lehnte die Beigeladene zu 3. den Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld
mit der Begründung ab, dass seit Erfüllung der letzten Anwartschaftszeit die Klägerin nicht erneut mindestens 360
Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden habe. Widerspruch erhob die
Klägerin hiergegen nicht.
Gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 07. Dezember 1995 hat die Klägerin am 20. Dezember 1995
Klage vor dem Sozialgericht Neuruppin erhoben und geltend gemacht, dass sämtliche Angestellte des Baubetriebes
H. ihre monatlichen Entgelte in bar ausgezahlt bekommen hätten, wofür diese in einem Lohnbuch gegenzuzeichnen
gehabt hätten. Nach wiederholten Misshandlungen seitens des Beigeladenen zu 1. sei sie aus der Ehewohnung
ausgezogen und habe keine Möglichkeit, das Lohnbuch vorzulegen. Sie habe die Tätigkeit etwa ein halbes Jahr nach
Betriebsgründung aufgenommen, der Arbeitsplatz sei vorher nicht besetzt gewesen. Der Baubetrieb sei in den Wirren
der Wiedervereinigung mit Mitteln des Beigeladenen zu 1. gegründet worden und ihre Mitarbeit nicht geplant gewesen.
Sie sei dann wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb ihres Ehemannes eingegliedert worden. Bei den von ihr
verrichteten Tätigkeiten habe es sich um Endreinigungen auf Baustellen, das Reinigen von Büroräumen und
Werkstätten und Transportarbeiten gehandelt. Sie habe an fünf Wochentagen mit insgesamt 38 Stunden
Wochenarbeitszeit gearbeitet. Dass der Arbeitnehmer L. zu der Aufgabenzuteilung der Klägerin keine Angaben
machen könne, folge daraus, dass sie zu Aufräumarbeiten erst bei Abschluss der Arbeiten der anderen Arbeitnehmern
auf den Baustellen erschienen sei.
Sie habe vollständig dem Weisungsrecht ihres Ehemannes unterlegen. Die Zerrüttung der Ehe sei auch teilweise der
Rigorosität der Ausübung des Weisungsrechts geschuldet. Es sei eine für die zu verrichtenden Tätigkeiten übliche,
angemessene Vergütung vereinbart und bar ausgezahlt worden. Sie sei in dem Betrieb sowohl steuerrechtlich als
auch versicherungsrechtlich als Arbeitnehmerin geführt worden. Zunächst seien auch Sozialversicherungsbeiträge
abgeführt worden.
Eine Miteigentümerstellung könne nicht aus dem Umstand geschlossen werden, dass der Inhaber des Baubetriebes
Lohnnebenleistungen nicht abgeführt habe. Da sie nur für Reinigungsarbeiten und Transportarbeiten eingesetzt
gewesen sei, habe sie keine Kenntnis über den Schriftverkehr des Baubetriebes gehabt. Ebenso wenig habe sie
Kontakt zu den jeweiligen Steuerberatern gehabt. Die Tätigkeit sei bis zum Mai 1994 ausgeübt worden, da sie anders
als die anderen Arbeitnehmer des Baubetriebes sich dem Einfluss des Betriebsinhabers nicht einfach durch
Kündigung oder Fernbleiben von der Arbeit habe entziehen können.
Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Betriebes, änderten nichts daran, dass sie als Arbeitnehmerin in dem Betrieb
beschäftigt gewesen sei. Auch der Arbeitnehmer Andersson habe noch bis in das Jahr 1994 in dem Betrieb
gearbeitet. Der Beginn ihrer Beschäftigung fiele in einen Zeitraum der vorübergehenden wirtschaftlichen Erholung des
Betriebes, in der aufgrund zahlreicher Aufträge andere qualifizierte Bauarbeitnehmer nicht mit reinen Fahr- und
Aufräumarbeiten beschäftigt werden konnten.
Die Klägerin hat vor dem Sozialgericht schriftsätzlich beantragt.
den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 07. Dezember 1995 über die versicherungsrechtliche Beurteilung einer
Arbeitnehmertätigkeit aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen und festzustellen, dass der Bescheid vom 23. August 1994 in Form des
Widerspruchsbescheides vom 07. Dezember 1995 rechtens sei und somit keine Gesamtsozialversicherungspflicht für
die Zeit vom 01. April 1991 bis 31. Mai 1994 bestanden hat.
Sie hat ergänzend zu den Ausführungen mit den Bescheiden ausgeführt, dass aus den ihr eingereichten Unterlagen
lediglich ein Versuch des Arbeitgebers zu erkennen sei, den Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch Viertes Buch –
SGB IV - nachzukommen. Ob die Klägerin persönlich abhängig beschäftigt gewesen sei und auch regelmäßig
Lohnzahlung erhalten habe, sei nicht bewiesen. Der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages begründe die
Sozialversicherungspflicht nicht. Der Arbeitsvertrag mit der Klägerin habe nur auf dem Papier bestanden. Der Betrieb
habe bereits mit Betriebseröffnung Zahlungsschwierigkeiten gehabt. Auch eine Lohnzahlung an die Klägerin sei
zweifelhaft. Die Klägerin habe in dem Betrieb allenfalls im Rahmen ihrer familiären Bindung ausgeholfen, sei aber
nicht wie eine fremde Person beschäftigt worden. Widersprüchlich sei, dass ausgerechnet die Klägerin als Ehefrau
des Unternehmers Lohnzahlungen erhalten haben will, die Fremdkräfte sich aber über fehlende Lohnzahlungen beklagt
hätten. Auch sei unverständlich, dass gerade in einer Krisensituation des Betriebes 1991, in der keine
Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien, eine Personalaufstockung notwendig gewesen sein soll. Die
Klägerin habe tatsächlich nicht die Möglichkeit gehabt, sich durch Kündigung aus dem Baubetrieb zu entfernen. Damit
sei eingestanden, dass die Situation der Klägerin als Ehefrau nicht mit der einer fremden Arbeitskraft zu vergleichen
gewesen sei. Eine Einstellung aufgrund wirtschaftlicher Erholungsphase sei nicht nachzuvollziehbar. Von dem
Betriebsinhaber seien von vornherein so gut wie keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden. Auch die
Mitteilung des Arbeitnehmers L. bestätige, dass die Firma dem Grunde nach mit der Betriebsgründung zugleich auch
wieder abgebaut worden sei. Lediglich eine Aushilfe im Rahmen der familiären Bindung sei nach der wirtschaftlichen
Lage als Arbeitskraft denkbar gewesen. Wäre die Klägerin eine Mitarbeiterin mit festem Aufgabenkatalog gewesen,
hätten die befragten Arbeitnehmer hierzu Aussagen treffen können.
Es sei auch nicht bewiesen, dass die Klägerin nicht Mitunternehmerin des Baubetriebes gewesen sei. In der
ehemaligen DDR habe nur der gesetzliche Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft bestanden. Mit
der aus der Vereinigung der beiden deutschen Staaten resultierenden Überleitung sei keine gesetzliche Aufteilung des
am 03. Oktober 1990 nach § 13 Abs. 2 FGB-DDR bestehenden gemeinschaftlichen Eigentums verbunden gewesen.
Das Sozialgericht hat eine schriftliche Aussage des Herrn R. L. vom 11. November 1997, die Akten der
Staatsanwaltschaft Schwerin zum Aktenzeichen 161 Js 101/93 beigezogen.
Nachdem die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt hatten, hat das Sozialgericht ohne mündliche Verhandlung
entschieden. Es hat mit Urteil vom 24. März 1999 die Klage abgewiesen. Streitig sei eine versicherungspflichtige
Beschäftigung der Klägerin bei ihrem Ehemann gewesen, die nicht vorgelegen habe. Es sei nicht nachgewiesen, dass
die Klägerin in dem Betrieb ihres Ehegatten wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert gewesen sei und hierfür ein
angemessenes Arbeitsentgelt auch regelmäßig erhalten habe. Trotz schriftlichen Arbeitsvertrags sei nicht
nachvollziehbar und bewiesen, dass die vereinbarte Tätigkeit im vollen Umfang tatsächlich ausgeübt worden sei. Die
Klägerin habe keinen Nachweis dafür erbracht, dass Arbeitsentgelt geleistet worden sei. Bei einer Beschäftigung von
lediglich drei Arbeitnehmern bis 31. März 1992 und darüber hinaus von lediglich einem Arbeitnehmer bis Juni 1993
habe die Klägerin als Transportfahrerin nicht für 38 Stunden wöchentlich beschäftigt werden können, so dass auch
keine fremde Arbeitskraft ersetzt worden sei.
Gegen das ihr am 25. Mai 1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25. Juni 1999 über ihren
Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt. Streitig sei nur noch die Mitgliedschaft bei der Beklagten für die
Vergangenheit. Sie sei tatsächlich in dem streitigen Zeitraum als Arbeitnehmerin in dem Betrieb ihres Ehemannes
eingegliedert gewesen, habe vollschichtig gearbeitet und sei auch entlohnt worden. Auch der Umstand, dass sie in
den Fragebögen keine Angaben zum regelmäßigen Arbeitsentgelt gemacht habe, rechtfertige keine andere
Beurteilung. Wie im Baugewerbe üblich hätten die monatlichen Lohnzahlungen bei ihr zwischen monatlich 1000 DM
und 1200 DM variiert, da nach geleisteten Stunden abgerechnet worden sei. Die Zahlungen seien bar gegen Quittung
im Lohnbuch des Beigeladenen zu 1. erfolgt. Sie sei für Transportarbeiten sowie (End-)Reinigungen auf Baustellen
sowie von Büroräumen und Werkstätten zuständig gewesen und habe dem Weisungsrecht ihres Ehemannes
unterlegen und sei in allen Bereichen als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerin geführt worden. Als einziger
Beleg für diese Tatsache fehle das Lohnbuch, dem die regelmäßigen Zahlungen entnommen werden könnten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. März 1999 und den Bescheid der Beklagten vom 23. August 1994 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. 12. 1995 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin in der
Zeit vom 01. April 1991 bis 31. Mai 1994 aufgrund ihrer Beschäftigung bei dem Beigeladenen zu 1.
versicherungspflichtig in der Kranken-, Renten-, und beitragspflichtig in der Arbeitslosenversicherung war.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und hat ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Die Aussage
der Klägerin zu ihren Arbeitsaufgaben widerspräche den Zeugenaussagen der Arbeitnehmer L. und Andersson. Es sei
bereits fraglich, welche Materialien wann und zu welchen Baustellen gefahren bzw. welche Baustellen noch gereinigt
werden sollten, da bis zum 30. Juni 1993 nur noch ein Arbeitnehmer beschäftigt worden sei.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der von den
Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Unterlagen wird auf deren Schriftsätze auf den Inhalt der Gerichtsakte und der
beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten zum Vorgang der Klägerin, der beigezogenen Verwaltungsakten der
Beklagten zum Beitragseinzugsverfahren gegen den Beigeladenen zu 1. (2 Bände) und zur Geltendmachung der
Krankenbehandlungskosten für M. H. (Ersatzleistungs-Akte) und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beigeladenen
zu 3. Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ) ist zulässig (§ 151 SGG).
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. März 1999 und damit der
Bescheid der Beklagten vom 23. August 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Dezember 1995
und das Begehren der Klägerin, festzustellen, dass sie in der Zeit vom 01. April 1991 bis 31. Mai 1994 als
sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerin im Betrieb des Beigeladenen zu 1. beschäftigt gewesen ist.
Nicht zu entscheiden hatte der Senat über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung der Krankenbehandlungskosten für
den Sohn der Klägerin. Weder im Klage- noch im Berufungsverfahren ist der Bescheid der Beklagten vom 27. März
1995, mit dem die Beklagte die Feststellungen des mit dem Bescheides vom 23. August 1994 wiederholt und
zusätzlich Kosten in Höhe von 20.808,32 DM für im Zeitraum vom 06. Juli 1992 bis 13. November 1992 für den Sohn
M. erbrachte Leistungen von der Klägerin gefordert hat, angefochten worden. Die Klägerin hat sich ausdrücklich nur
gegen die versicherungsrechtliche Beurteilung unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid gewehrt.
Der Senat kann nur über den bei ihm angefallenen Teil der Klage entscheiden (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz,
Kommentar, § 157 Anm. 2 a), so dass nicht über eine Klage gegen die Forderung von Behandlungskosten zu
entscheiden war. Eine Erweiterung des Klagebegehrens auf ein Anfechtungsbegehren gegen die Rückforderung der
Behandlungskosten (Anfechtung des Bescheides vom 27. März 1995) würde eine Klageänderung gemäß § 99 Abs. 1
SGG darstellen, der der Beklagten nicht zugestimmt hat und die auch nicht sachdienlich war, da der Rechtsstreit
dann auf neue Tatsachen, nämlich tatsächliche Behandlungen und Begründetheit eines Erstattungsanspruches der
Beklagten der Höhe nach und dem Grunde gestellt würde (Meyer-Ladewig, § 99 Anm. 10 a).
Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, dass an der Rechtmäßigkeit der Rückforderung Zweifel bestehen,
da die erbrachten Krankenhausleistung auf der Grundlage von vorgelegten Krankenbehandlungsscheinen als
Sachleistung der Beklagten entgegengenommen worden sein dürften. Über Krankenbehandlungsscheine dürften
sowohl die Klägerin als auch der Beigeladene zu 1. im Juli 1992 verfügt haben. Da die freiwillige Versicherung des
Beigeladenen zu 1. erst zum 15. Juni 1992 beendet worden war, kann weiter nicht ausgeschlossen werden, dass die
Klägerin die Leistungen im Bewusstsein einer bestehenden Familienversicherung über den Beigeladenen zu 1.
entgegen genommen hat. Daneben wäre die Klägerin zur freiwilligen Krankenversicherung bei der Beklagten berechtigt
gewesen, wenn die Beklagte bereits im April 1991 eine Mitgliedschaft aufgrund einer die Versicherungspflicht
begründenden Beschäftigung abgelehnt hätte (§ 9 Abs.1 Nr.1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V -), erst recht
bei Ausscheiden aus der Familienversicherung über den Ehemann der Klägerin zum 15. Juni 1992 (§ 9 Abs.1 Nr.2
SGB V). Auf die Frist des § 9 Abs.2 SGB V dürfte es jedenfalls bezüglich des möglichen Beitritts nach Erlöschen der
über den Ehemann bestehenden Familienversicherung dann nicht ankommen, wenn die Klägerin hinsichtlich eines
möglichen freiwilligen Beitritts zur Krankenversicherung nicht beraten worden ist.
Die Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zutreffend abgewiesen. Die Klägerin war
in dem Zeitraum vom 01. April 1991 bis 31. Mai 1994 nicht bei dem Beigeladenen zu 1 abhängig beschäftigt und
daher nicht versicherungs- und beitragspflichtig in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosenversicherung. In der Zeit ab 01.
April 1991, unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, in der Rentenversicherung der
Versicherungspflicht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI). In der Arbeitslosenversicherung
waren bis Ende 1997 nach § 168 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz - AFG - beitragspflichtig Personen, die als
Angestellte beschäftigt waren (Arbeitnehmer).
In der Krankenversicherung waren versicherungspflichtig Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung
Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Ziffer 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -
). Für eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung war im Beitrittsgebiet die Regelung des § 5
Abs. 1 Ziffer 1 SGB V anwendbar. Gemäß § 308 Sozialgesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden
Fassung (eingefügt durch Anlage 1 I Kap. VIII Sachgebiet G Abschnitt II Nr. 1 Einigungsvertrag vom 31. August 1990
i. V. m. Art. 1 Gesetz vom 23. September 1990 BGBl. 2 885, 1048) trat das SGB V im Beitrittsgebiet am 01. Januar
1991 in Kraft. Eine Ausnahmeregelung für die Weitergeltung einer Versicherungspflicht aufgrund der im Beitrittsgebiet
bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Vorschriften nach § 309 SGB V in der bis zum 31. Juli 1991 geltenden
Fassung (Fassung durch Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet G Abschnitt II Nr. 1 Einigungsvertrag vom 31. August 1990
i. V. m. Art. 1 Gesetz vom 23. September 1990 BGBl. II 885, 1048) bestand für die Klägerin, die bis zum 31. März
1991 aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Ziffer 2 SGB V versicherungspflichtig in der gesetzlichen
Krankenversicherung war, nicht.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung für eine Versicherungs- und Beitragspflicht in
den Sozialversicherungszweigen ist § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV - (seit 01. Januar 1999 § 7
Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem
Arbeitsverhältnis. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus,
dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist
dies der Fall, wenn der Beschäftigte in dem Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der
Ausführung umfassenden Weisungsrechts des Arbeitsgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit
vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die
Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit
gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale
überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen Vereinbarungen von den tatsächlichen
Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (BSG, Urteil vom 17. Mai 2001, Aktenzeichen B 12 KR 34/00 R, SozR
3-2400 § 7 Nr. 17 m.w.Nw., BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001, Aktenzeichen B 12 KR 8/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr.
19). Das Gesamtbild muss insgesamt den Schluss zulassen, dass die Absicht besteht, die mit einer Tätigkeit im
Arbeitsrechtsverhältnis verbundenen Verpflichtungen einzugehen (Beyer in: Krauskopf, Krankenversicherung,
Kommentar, Krauskopf, § 7 SGB IV Anm. 21).
Nach den mit den Verwaltungsakten der Beklagten und der Gerichtsakte dem Senat vorliegenden Unterlagen war die
Klägerin bei dem Beigeladenen zu 1. nicht abhängig beschäftigt. Indizien für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
sind u. a. die in einem Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitszeiten, der vereinbarte Lohn, die Verabredung von
getroffenen Regelungen zur Arbeitsunfähigkeit, da dieses auf eine Weisungsgebundenheit hindeuten würde. Weiteres
Indiz für die Durchführung eines Beschäftigungsverhältnisses als abhängiges sozialversicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis ist das Abführen von Lohnsteuer und die Beitragsentrichtung zur Sozialversicherung aus
gezahlter Arbeitsvergütung. Diese Merkmale liegen für den von der Klägerin behaupteten Zeitraum einer abhängigen
Beschäftigung bei dem Beigeladenen zu 1. nicht vor.
Dem vorliegenden Arbeitsvertrag vom 01. April 1991 sind keine Angaben hinsichtlich Urlaub, Lohnfortzahlung,
Arbeitszeit oder Lohn zu entnehmen. Insbesondere, dass mit dem Arbeitsvertrag kein Lohn vereinbart worden ist,
spricht gegen die Annahme eines von der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. ernsthaft verabredeten abhängigen
Arbeitsverhältnisses. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwar nicht
notwendig. Wollen die Vertragsparteien aber - wie hier mit Vorlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages gezeigt werden
sollte – die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis schriftlich fixieren, kann Grund hierfür allein ein Bedürfnis nach
Festlegung der gegenseitigen Leistungspflichten sein, da andernfalls ein schriftlicher Arbeitsvertrag keinen Sinn
macht. Die schriftliche Fixierung eines Vertrages entspricht aber nur dann dem Zweck, wenn nicht nur die Art der
Tätigkeit benannt wird, sondern auch der Umfang der Arbeitsleistung schriftlich festgehalten wird. Des Weiteren hätten
die Arbeitsvertragsparteien auch die Gegenleistungen, nämlich den Lohn, Urlaubsansprüche,
Entgeltfortzahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers festgehalten. Zu den für ein Arbeitsverhältnis danach
wesentlichen Bedingungen enthält der von der Klägerin vorgelegte "Arbeitsvertrag" keine Angaben.
Für die Klägerin wäre aber die Vereinbarung eines Lohnes wesentlicher Bestandteil eines Arbeitsvertrages gewesen.
Zur Überzeugung des Senats ist zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. auch keine Lohnzahlung
vereinbart und auch nicht gezahlt worden. Dies ergibt sich auch aus den von der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1.
bei der Beklagten und der Beigeladenen zu 3. vorgelegten Fragebögen zur Beschäftigung einer Familienangehörigen.
In keinem Fragebogen hat die Klägerin Angaben zum erhaltenden Lohn machen können. Hat die Klägerin noch mit
dem an die Beklagte gerichteten Fragebogen vom 16. September 1994 angegeben, das Arbeitsentgelt sei auf ein
privates Bank-/Girokonto zum 1. des Monats überwiesen worden, hat sie im weiteren Verfahren vorgetragen, dass
eine Barauszahlung gegen Quittierung im Lohnbuch vereinbart gewesen sei. Unabhängig davon, dass Letzteres nicht
vorgelegt werden konnte, führen die widersprüchlichen Angaben der Klägerin zur Zahlungsmodalität dazu, dass eine
Lohnzahlung nicht glaubhaft ist. Ob eine Entgeltzahlung bar oder mittels Banküberweisung erfolgt, ist jedem
erinnerlich. Der Klägerin wäre auch die Höhe der Lohnzahlungen erinnerlich gewesen, so dass die nicht erfolgten bzw.
möglichen Angaben zur Höhe des Entgelts eher den Schluss nahelegen, dass keine Lohnzahlung erfolgt ist. In
welcher Höhe sie Beigeladenen zu 1. entlohnt worden sein will, müsste ihr allein deshalb erinnerlich gewesen sein,
weil die Lohnzahlung nach dem späteren Vortrag in bar erfolgt sein soll und weil vor dem Hintergrund der
wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie, die sich aus den Akten ergeben, nämlich Kontenpfändungen wegen
Betragsschulden bereits im Jahr 1992, Einstellung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen des
Baubetriebes mangels Masse 1992, die behaupteten Zahlungen, die im Klageverfahren mit bis zu 1400 DM monatlich
angegeben wurden, für den Lebensunterhalt einer vierköpfigen Familie erheblich gewesen sein dürften.
Für die Annahme einer die Versicherungs- und Beitragspflicht begründenden Beschäftigung käme es weiter nicht nur
auf eine Vereinbarung eines Beschäftigungsverhältnisses gegen Entgelt – woran es hier schon mangelt – an, sondern
grundsätzlich auch auf die tatsächliche Auszahlung eines angemessenen Entgelts, auch wenn der geschuldete
Arbeitsentgeltanspruch auch auf andere Weise erfüllt werden kann (BSG, Urt. v. 21.04.1993, Az.: 11RAr 67/92, NJW
1994, S.341 (342)). Eine tatsächliche Lohnzahlung ist nicht nachgewiesen. Sofern die Klägerin im gerichtlichen
Verfahren Lohnabrechnungen des Arbeitgebers eingereicht hat, ist damit nicht nachgewiesen, dass der Lohn auch
ausgezahlt worden ist. Dieses gilt auch für Angaben des Steuerberaters. Zum Einen werden in den über das
Steuerbüro eingereichten Unterlagen keine Lohnzahlungen durchgehend von April 1991 bis 31. Mai 1994 angegeben.
Zum Anderen ergibt sich aus einer buchführungstechnischen Erfassung von gezahlten Löhnen keine Auszahlung des
Lohnes.
Auch die Angaben des Beigeladenen zu 1. gegenüber der Beigeladenen zu 3. mit den Arbeitsbescheinigungen gem. §
133 AFG vom 28.Februar.1995, korrigiert vom 18. August 1995 vermögen eine Lohnzahlung nicht glaubhaft machen.
Mit der zunächst am 28. Februar 1995 ausgestellten Arbeitsbescheinigung wird ein Bruttogehalt von 1378, 13 DM
(monatlich) durchgehend für die Zeit vom 01. April 1991 bis 31. Mai 1994 angegeben, später wurde dieses korrigiert in
unterschiedliche Bruttolohnsummen von 1312, 00 DM bis zu 1443,00 DM (monatlich). Mit diesen
Arbeitsbescheinigungen werden auch für Zeiten des Gesamtvollstreckungsverfahrens von Juni 1992 bis Dezember
1992 und für Zeiten behaupteter Kurzarbeit "0" Lohnzahlungen angegeben, obwohl dies nach den Angaben des
Beigeladenen zu 3. im Sequestrationsverfahren ausgeschlossen erscheint, da dort von dem Beigeladenen zu 1. keine
verfügbaren Mittel angegeben wurden. Auch spricht gegen die von dem Beigeladenen zu 1. gegenüber der
Beigeladenen zu 3. angegebene Lohnzahlungen die Höhe der behaupteten Vergütung. Der Arbeitnehmer L. (Maurer)
hat nach eigenen Angaben ein Bruttoentgelt von ca. 1500 DM erhalten. Dieser war für den Betriebszweck des
Unternehmens, nämlich einem Baubetrieb, ein Arbeitnehmer für die Hauptleistung. Dass die Klägerin durchgehend
nahezu ein gleich hohes Bruttoentgelt erhalten haben soll, ist nicht nachvollziehbar, erst recht wenn später aufgrund
Personalabbau weniger Bauleistungen erbracht werden konnten.
Auch die weiteren Umstände sprechen gegen die behaupteten Lohnzahlungen. Der Arbeitnehmer L. hat gegenüber
dem Sozialgericht angegeben, dass er sein Arbeitsverhältnis wegen ausbleibender Lohnzahlungen gekündigt habe.
Mit seiner Einlassung im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren hat der Beigeladene zu 1. eingestanden, dass
er sowohl bei den Lohnzahlungen als auch bei den Beitragszahlungen zur Sozialversicherung säumig gewesen ist.
Dass ausgerechnet eine mit dem Arbeitsvertrag nicht vereinbarte Lohnzahlung an die Klägerin erfolgt sein soll, ist für
den Senat vor diesem Hintergrund nicht glaubhaft, wobei auch berücksichtigt ist, dass der Beigeladene nach dem
Vortrag der Klägerin auch ihr gegenüber gewalttätig war.
Es ist nicht glaubhaft, dass der gegenüber der Klägerin gewalttätige Beigeladene zu 1. dieser jeweils am 1. des
Monats Lohn im Voraus gezahlt haben soll, gleichzeitig aber Arbeitnehmer, auf deren Bauleistungen der Baubetrieb
nicht verzichten konnte, Lohn nicht erhalten haben.
Auch mit der von der Klägerin vorgelegten Lohsteuerkarte für das Jahr 1992, mit der im Übrigen eine Lohnzahlung ab
01. April 1992 bis 31. Dezember 1992 und daher nicht – wie vorgetragen - für eine Zeit ab vorgetragenem
Arbeitsbeginn 01. April 1991 angegeben wird, ist weder eine Lohnzahlung noch die Entrichtung von Lohnsteuern
nachgewiesen. Die Lohnsteuerkarte wird vom Arbeitgeber geführt und enthält keinen Hinweis auf die tatsächliche
Entrichtung von Steuern. Das Finanzamt Schwerin hat gegenüber der Beigeladenen bestätigt, dass nur für 1991
Lohnsteuern abgeführt sein sollten. Ob dieses auch für die Klägerin zutrifft, ist nicht erkennbar. Der Beigeladene zu 1.
hat jedoch mit dem Fragebogen im Sequestrationsverfahren angegeben, dass ab April 1992 Verbindlichkeiten aus
Lohn- und Umsatzsteuern bestanden hätten.
Die Klägerin ist nach dem Akteninhalt auch nicht zu dem behaupteten Beginn der Beschäftigung ab 01. April 1991 bei
der Beklagten als Arbeitnehmerin angemeldet worden. Die vorgelegte Jahresmeldung der Klägerin als Arbeitnehmerin
betrifft das Jahr 1992 und die Zeit ab 01. April 1992. Der Beigeladene zu 1. hat in seiner Beschuldigtenvernehmung
angegeben, dass Beiträge zur Sozialversicherung ab 1992 nicht mehr abgeführt worden sind, so dass es auch an der
Entrichtung von Beiträgen zur Sozialversicherung für die Klägerin fehlt.
Für den Senat ergibt sich auch kein Anhalt dafür, dass von der Klägerin tatsächlich eine Beschäftigung bei dem
Beigeladenen zu 1. ausgeübt worden ist. Die Arbeitnehmer L. und Andersson konnten eine tatsächliche Beschäftigung
nicht bestätigen. Nach ihrem eigenen Vortrag will die Klägerin als Reinigungskraft und Auslieferungsfahrerin in dem
Baubetrieb des Klägers beschäftigt gewesen sein. Nach der Aussage des Beigeladenen zu 1. im
staatsanwaltschaftlichen Verfahren wurde ab November 1991 bis 31. März 1992 Kurzarbeit "0" ausgeübt und daher
keine Arbeiten verrichtet. Erst zum März 1992 soll die Kurzarbeiterregelung ausgelaufen sein. Ab diesem Zeitpunkt
waren aber nur noch die Arbeitnehmer L. (bis 30. Juni 1993) und Andersson (bis Juni 1993) beschäftigt. Ab Juli 1993
waren danach keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt. Von einer Bauleistung des Betriebes ist ab diesem Zeitpunkt
nichts bekannt. Wurden aber keine Arbeitnehmer im Baubereich mehr beschäftigt, ist eine Notwendigkeit für die von
der Klägerin auszuübenden Tätigkeiten für den Senat nicht erkennbar. Soweit vorgetragen wird, dass die Klägerin in
einer wirtschaftlichen Erholungsphase des Betriebes eingestellt worden sei, ist die ebenfalls nicht nachvollziehbar.
Bereits seit November 1991 wurden von dem Kläger keine Beiträge zur Sozialversicherung für Arbeitnehmer
entrichtet. Vollstreckungsversuche blieben in der Folge erfolglos. Die daraufhin von der Beklagten beantragte
Eröffnung eines Gesamtvollstreckungsverfahrens wurde im Dezember 1992 mangels Masse abgewiesen. Sollte die
Klägerin nur wegen eines größeren Arbeitsanfalles im Vergleich zur Unternehmenstätigkeit bis 01. April 1991
eingestellt werden, so kann die Erforderlichkeit einer Arbeitsleistung der Klägerin beim Niedergang des Unternehmens
nicht mehr notwendig gewesen sein. Es erscheint möglich, dass die Klägerin bei dem Beigeladenen zu 1. gelegentlich
ausgeholfen hat. Solche Tätigkeiten erfolgten aber dann aufgrund familienhafter Zusammengehörigkeit und nicht im
Rahmen eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis.
Der Sachverhalt war auch nicht weiter aufzuklären. Gemäß § 103 SGG müssen zwar alle Tatsachen ermittelt werden,
die für eine Entscheidung in materieller Hinsicht wesentlich und entscheidungserheblich sind. Hierzu gehören alle
Tatsachen zu den Voraussetzungen für den die nach dem Gesetz in Frage kommenden Anspruch der Klägerin. Dabei
muss das Gericht nicht von sich aus in alle Richtungen ermitteln. Nachforschungen sind aber nur erforderlich, soweit
sie der Sachverhalt und der Vortrag der Beteiligten nahe legen (BSG, SozR § 103 Nr. 3).
Der Senat hat aufgrund des Vortrages der Klägerin alle zugänglichen Ermittlungsmöglichkeiten zur Überprüfung ihrer
Arbeitnehmereigenschaft genutzt. Zwar sind keine weiteren Steuerunterlagen des Beigeladenen zu 1. beigezogen
worden. Die steuerliche Behandlung der behaupteten Beschäftigung war nicht weiter aufzuklären, da sich aus einer
Entrichtung von Lohnsteuern, die schon nicht aus den beigebrachten Steuerunterlagen hervorgeht, nicht eine
tatsächliche Lohnzahlung folgt, ebenfalls nicht die tatsächliche Ausübung einer abhängigen Beschäftigung.
Sofern die Klägerin Zeugen benannt hat (Arbeitnehmer L. und Arbeitnehmer Andersson) haben diese schriftlich
mitgeteilt, dass sie zu einem Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Aussagen treffen können. Andere Zeugen sind nicht
benannt worden. Der Beigeladene zu 1), der zur Aufklärung des Sachverhalts gehört werden sollte, hat vor dem
Sozialgericht Schwerin im Termin am 17. Dezember 2002 als Ehemann der Klägerin die Aussage verweigert.
Hat das Gericht trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten bestimmte Tatsachen nicht feststellen können, gilt
der Grundsatz, dass derjenige die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch
begründen. Der Beteiligte, der sich auf diese Tatsachen stützt, muss daher die Folgen tragen, wenn eine
Ungewissheit wegen der für ihn günstigen Tatsachen verblieben ist (Meyer-Ladewig, § 103, Anm. 19 a).
Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis der Klägerin zur Begründung einer Versicherungs- und Beitragspflicht in der
gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestand danach nicht.
Auch war die Klägerin aufgrund einer selbständigen Tätigkeit ab 01. April 1991 nicht versicherungspflichtig bei der
Beigeladenen zu 2. Dieses wäre dann der Fall, wenn die Klägerin am 31. Dezember 1991 nach § 10
Sozialversicherungsgesetz der DDR –SVG-, der bis zum 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet weiter galt, als
Mitunternehmerin und Selbständige versicherungspflichtig war. Gemäß § 229 a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch -
SGB VI - hätte dann die Versicherungspflicht weiterbestanden. Dafür, dass die Klägerin tatsächlich als selbständige
Unternehmerin mit eigenem Unternehmerrisiko mit dem Beigeladenen zu 1. das Baugeschäft geführt hat, ergeben sich
keine Anhaltspunkte. Allein aus dem Umstand, dass die Klägerin mit ihrem Ehemann Miteigentümerin des
Grundstückes mit Eigenheim in der Gemarkung Wuhlenhagen war, führt nicht dazu, dass sie Mitunternehmerin des
Baubetriebes des Beigeladenen zu 1. war. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin als Betriebsleiterin oder
Betriebseigentümerin gegenüber anderen Stellen aufgetreten ist. Die befragten Arbeitnehmer haben nur den
Beigeladenen zu 1. als Arbeitgeber genannt. Mit den Beitragsnachweisen wurde nur der Ehemann der Klägerin
genannt, teils die Firma als Baubetrieb H.-E. H. bezeichnet. Auch die Firma trug den Namen des Beigeladenen zu 1.
Dass das Unternehmen im gemeinschaftlichen Eigentum der Ehegatten stand, lässt sich aus § 13
Familiengesetzbuch - FGB - und aus der Kommentierung des Familiengesetzbuches (Kommentar zum
Familiengesetzbuch, 5. überarbeitete Auflage, Staatsverlag der DDR 1982 S. 48) zu § 13 FGB nicht herleiten. Dort
wird ausgeführt: "Wird von gemeinschaftlichen Mitteln Eigentum gebildet, das der Berufsausbildung als Handwerker
oder Gewerbetreibender dient, sind die Besonderheiten des Eigentums zu berücksichtigen. Es ist ökonomische
Grundlage eines Betriebes im Sinne von § 11 Abs. 2 ZGB und damit einer relativ selbständigen Eigentumseinheit
(Betriebsvermögen). Wird ein Betrieb mit gemeinschaftlichen Mitteln gebildet, ist er gemeinschaftliches Eigentum,
wenn er von beiden Ehegatten betrieben wird. Ist nur ein Ehegatte als Inhaber tätig, der andere als mithelfender
Ehegatte oder übt er einen anderen Beruf aus, so ist der Betrieb als Summe aller Anlagen, Werkzeuge und
finanziellen Fonds (Betriebskonto) grundsätzlich Alleineigentum, und zwar unabhängig davon, ob der Betrieb mit oder
ohne Beschäftigte geführt wird."
Daraus folgt, dass nach den in der DDR vorherrschenden familienrechtlichen Normen und Lehren Handwerks- und
Gewerbebetriebe, sofern sie nur einen der Ehegatten zum Inhaber hatten, dessen Alleineigentum war (Zierholz,
Ehegattenarbeitsverhältnis- und Arbeitslosenversicherung, Neue Justiz 12/1997, Landessozialgericht Brandenburg,
Urteil vom 26. April 2000, L 8 AL 85/98 m. w. N.; Landessozialgericht Berlin, Urteil vom 01. Februar 2000,
Aktenzeichen L 14 AL 49/98). Auch die Beklagte ist im Beitragsforderungsverfahren davon ausgegangen, dass der
Beigeladene zu 1. Alleineigentümer der Firma war, da sie die ausstehenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge auch
nur ihm gegenüber geltend gemacht hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.