Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 09.09.2004
LSG Berlin-Brandenburg: geschäftsführer, ordentliche kündigung, einstweilige verfügung, echtheit, gesellschafterversammlung, arbeitsförderung, arbeitskraft, insolvenz, auflage, arbeitsentgelt
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Gericht:
Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg 8.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
L 8 AL 78/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 183 SGB 3, § 294 BGB, § 615
BGB
Insolvenzgeldanspruch des GmbH-Geschäftsführers bei
Annahmeverzug des Arbeitgebers
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09.
September 2004 und der Bescheid der Beklagten vom 27. September 2001 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2002 und des Teilanerkenntnisses
vom 25. Januar 2007 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger auch für die Zeit vom 20. Oktober 1999 bis 05.
Januar 2000 Insolvenzgeld nach einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 10.000,00
DM zu gewähren, zahlbar an die Rechtsanwälte A. S1 und A. S1, S. Straße 1, ... R., als
Gesamtgläubiger.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten für beide Rechtszüge zu
erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch auf Insolvenzgeld.
Der Kläger ist 1960 geboren worden. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung
der Firma S und T GmbH, Seebad H (im Folgenden: S-GmbH) vom 9. Januar 1998 wurde
er zum Geschäftsführer der GmbH berufen und der bisherige Alleingeschäftsführer L, der
gleichzeitig auch einer der beiden Gesellschafter der GmbH war, abberufen. Zwischen
dem Kläger und der S-GmbH, welche durch ihren Gesellschafter B gegenzeichnete,
wurde am 10. Januar 1998 mit Wirkung ab dem 9. Januar 1998 ein schriftlicher
„Anstellungsvertrag“ geschlossen, in dem unter anderem eine in zwölf gleichen
monatlichen Raten zahlbare Vergütung von 120.000,-- DM je Kalenderjahr, die Stellung
eines auch zu privaten Zwecken nutzbaren Firmenwagens, sowie ein Urlaubsanspruch
von 30 Arbeitstagen je Kalenderjahr vereinbart waren.
Die Berufung wie die Abberufung der Geschäftsführer auf Grund der
Gesellschafterversammlung vom 9. Januar 1998 wurden am 21. Juli 1998 in das
Handelsregister des Amtsgerichts Stralsund eingetragen. Durch Beschluss des
Landgerichts Stralsund vom 24. Juli 1998 (bestätigt durch Urteil des selben Gerichts vom
18. August 1998) wurde dem Kläger auf Antrag der S-GmbH, für die der Gesellschafter L
handelte, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes untersagt, als Geschäftsführer der
GmbH tätig zu werden. In der Hauptsache unterlag die S-GmbH, für die auch insoweit
der Gesellschafter L handelte, vor dem Oberlandesgericht Rostock (Urteil vom 29.
September 1999 – Aktenzeichen 6 U 398/98 – verkündet am 20. Oktober 1999, durch
welches das klagestattgebende Urteil des Landgerichts Stralsund vom 28. Oktober 1998
- Aktenzeichen 3 O 94/98 – aufgehoben wurde).
Auf Antrag der S-GmbH erließ das Amtsgericht Wolgast mit Beschluss vom 20. Oktober
1999 (Aktenzeichen 1 C 687/99) erneut eine einstweilige Verfügung, durch die es dem
Kläger untersagt wurde, als Geschäftsführer für die S-GmbH tätig zu werden. Der
Beschluss wurde durch Urteil des Landgerichts Stralsund vom 25. November 1999
aufgehoben (Aktenzeichen 8 O 107/99). Gegen das ihr am 1. Dezember 1999
zugestellte Urteil legte die S-GmbH am 3. Januar 2000 beim Oberlandesgericht Rostock
Berufung ein (Aktenzeichen 6 U 1/00); dieses Verfahren ist wegen der Insolvenz der S-
GmbH, über deren Vermögen durch Beschluss des Amtsgerichts Stralsund vom 6.
Januar 2000 (Az. 52 IN 362/99) am selben Tag das Insolvenzverfahren eröffnet worden
war, unterbrochen.
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Der Beigeladene erstellte im Insolvenzverfahren einen Bericht vom 3. März 2000, in dem
es unter A II (Wirtschaftliche Lage/Ursache der Insolvenz) unter anderem heißt:
„Zum Zeitpunkt der Antragstellung war rechtmäßig bestellter Geschäftsführer der
Kaufmann T S aus Berlin. Ob der Geschäftsführer M L rechtmäßig abberufen wurde oder
nicht, ist streitig und wurde bislang nicht rechtsverbindlich festgestellt.
...
Die Ursachen der Insolvenz sind in einem Rechtsstreit zwischen den Gesellschaftern
L und B zu suchen ... Im Jahre 1998 wurde ein externer Geschäftsführer, Herr T S,
bestellt. Auch um die Person dieses Geschäftsführers wurden verschiedene
Rechtsstreitigkeiten ausgetragen. Herr S war aus diesem Grund weitestgehend an der
Ausübung seines Geschäftsführeramtes gehindert. Die mir bekannt gewordenen
Tätigkeiten, die der Geschäftsführer S entfaltet hat, sind auf die Ausstellung von
Wechseln an den Gesellschafter B sowie auf die Freigabe von im Auftrag der
beschlagnahmten Pfandgutes und die Entlassung einiger Mitarbeiter zu beschränken ...“
Mit Schreiben vom 4. Februar 2000 sprach der Insolvenzverwalter dem Kläger die
fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung zum 31. März 2000, höchst hilfsweise zum
31. Mai 2000, aus und stellte ihn sofort unwiderruflich von der Verpflichtung zur
Arbeitsleistung frei.
Am 17. Februar 2000 beantragte der Kläger Insolvenzgeld. Auf Anforderung der
Beklagten reichte er einen Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung
eines Fremdgeschäftsführers einer GmbH vom 20. März 2000 ein und gab mit Schreiben
vom 26. April 2000 an, dass der Gesellschafter L ständig vor Ort gewesen sei und der
Gesellschafter B ihn täglich telefonisch kontrolliert habe. Ferner reichte er einen
Darlehensvertrag vom 17. Juli 2000 ein, ausweislich dessen § 5 der Kläger als
Darlehensnehmer seine Ansprüche bzw. Forderungen auf Zahlung des Insolvenzgeldes
an Frau CP, S, als Darlehensgeberin abtrat. Die Darlehenssumme von 30.000,- DM habe
er zur Bestreitung seines Lebensunterhalts benötigt.
Von Seiten des Beigeladenen war der Beklagten am 21. August 2000 mitgeteilt worden,
dass die Echtheit des Arbeitsvertrages angezweifelt werde. Mit Schreiben vom 14.
August 2001 führte der Beigeladene aus, dass nach Prüfung sämtlicher Unterlagen eine
Arbeitnehmer-Eigenschaft des Klägers für ihn nicht erkennbar sei, ohne sich nochmals
zur Echtheit des Arbeitsvertrages zu äußern. Unter Bezug auf die Angaben des
Beigeladenen lehnte die Beklagte den Antrag auf Insolvenzgeld durch Bescheid vom 27.
September 2001 ab.
Nach Erlass des Bescheides ging bei der Beklagten ein an den Beigeladenen gerichtetes
Schreiben der damaligen Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt Hamburg
vom 8. Oktober 2001 ein. Diese führte aus, dass für eine Beschäftigung des Klägers bei
der S-GmbH keine Meldedaten vorlägen und eine entgeltliche Beschäftigung nach den
vorhandenen Unterlagen der S-GmbH auch nicht erkennbar sei.
Seinen Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, dass er als reiner
Fremdgeschäftsführer Arbeitnehmer gewesen sei, wies die Beklagte durch
Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2002 zurück. Es sei nicht ersichtlich, dass der
Kläger in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. In seinem
Antrag auf Insolvenzgeld habe er nicht einmal selbst angegeben, dass ihm die S-GmbH
noch Entgelte schulde. Er habe zudem sein Beschäftigungsverhältnis nicht der
Einzugsstelle gemeldet und Lohnunterlagen geführt, obwohl er alleiniger Geschäftsführer
der S-GmbH gewesen sei.
Mit seiner Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er sei tatsächlich nie in der
Lage gewesen, als Geschäftsführer tätig zu werden und sein Beschäftigungsverhältnis
der Einzugsstelle zu melden oder Lohnunterlagen anzulegen. Der Arbeitgeber sei in
Annahmeverzug gewesen, so dass auch der Umstand, dass er nicht für die S-GmbH
habe arbeiten können, dem begehrten Anspruch nicht entgegenstehe. Offenkundig gehe
auch der Beigeladene von einem Arbeitsverhältnis aus, da er dem Kläger die Kündigung
ausgesprochen habe. Auf Anfrage des Sozialgerichts hat der Beigeladene mit Datum
des 9. September 2003 mitgeteilt, dass ein Schriftgutachten zur Echtheit des
Arbeitsvertrages nicht erstellt worden sei.
Durch Urteil vom 29. September 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es
könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger als Arbeitnehmer versicherungspflichtig
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könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger als Arbeitnehmer versicherungspflichtig
tätig gewesen sei. Ein Direktionsrecht seitens der Gesellschaft sei nicht ausgeübt
worden. Hierin liege kein Annahmeverzug. Der Kläger habe selbst vorgetragen, dass die
Wirksamkeit seiner Bestellung zum Geschäftsführer umstritten gewesen und seine
Tätigkeit seitens des Gesellschafters L verhindert worden sei. Das lasse den Schluss zu,
dass, die S-GmbH als Gläubigerin eines vermeintlichen Anspruchs auf Arbeitsleistung
weder aufgetreten sei noch habe auftreten wollen. Entscheidend seien die tatsächlichen
Verhältnisse und nicht rechtliche Vereinbarungen.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Um Annahmeverzug zu
begründen sei unbeachtlich, ob sich jemand subjektiv als Gläubiger einer Leistung fühle.
Gegenüber dem Beigeladenen habe er seine Entgeltansprüche bisher aus rein
wirtschaftlichen Gründen nicht weiterverfolgt. Soweit der Kläger auch Geschäftsführer
anderer Gesellschaften gewesen sei, hätten diese keine nennenswerten
Geschäftstätigkeiten mehr entfaltet. Er sei für diese „nebenbei“ und unentgeltlich tätig
gewesen. Nachdem die einstweilige Anordnung des Amtsgerichts Wolgast aufgehoben
worden sei, sei er auch wieder für die S-GmbH tätig geworden. Zum Beleg dafür, dass er
wirksam zum Geschäftsführer bestellt worden war, hat er einen Beschluss des
Amtsgerichts Stralsund vom 1. September 2004 betreffend die beabsichtigte Löschung
der Eintragung des Geschäftsführers L von Amts wegen und einen Auszug aus dem
Handelsregister des Amtsgerichts Stralsund zu HRB 585 vorgelegt, zum Beleg für seine
Tätigkeit als Geschäftsführer in der Zeit nach dem 25. November 1999 mehrere von ihm
unterzeichnete Schriftstücke.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 25. Januar 2007 hat der Kläger den Anspruch
auf Insolvenzgeld namens und in Vollmacht der Frau C P an sich zurück-abgetreten. Am
26. Januar 2007 hat er den Anspruch auf Insolvenzgeld an seine Bevollmächtigten zur
Begleichung anwaltlicher Gebührenforderungen abgetreten.
Die Beklagte ihrerseits hat einen Anspruch auf Insolvenzgeld nach einem monatlichen
Brutto-Arbeitsentgelt von 10.000,-- DM für die Zeit vom 6. bis zum 19. Oktober 1999
anerkannt; dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger angenommen und seine Ansprüche
im übrigen weiter verfolgt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. September 2004 und den Bescheid der
Beklagten vom 27. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.
Januar 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über das Teilanerkenntnis vom
25. Januar 2007 hinaus Insolvenzgeld nach einem Bruttoarbeitsentgelt von monatlich
10.000,-- DM auch vom 20. Oktober 1999 bis zum 5. Januar 2000 zu gewähren, zahlbar
an die Rechtsanwälte A S und A S, S Straße, R, als Gesamtgläubiger.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält, soweit sie den geltend gemachten Anspruch nicht bereits anerkannt hat, die
angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er vertritt die Auffassung, dass auch die
Auskunft der Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt Hamburg bestätige,
dass kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden habe.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten des
Landgerichts Stralsund zum Aktenzeichen 8 O 107/99 lagen dem Gericht bei seiner
Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser
Aktenstücke Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist, soweit sich der Rechtsstreit nicht bereits durch das angenommene
Teilanerkenntnis der Beklagten vom 25. Januar 2007 erledigt hat (§ 101 Abs. 2
Sozialgerichtsgesetz [SGG]), begründet.
Der Kläger ist aktivlegitimiert. Durch die am 25. Januar 2007 von ihm abgegebene
Erklärung ist er wieder Inhaber des von ihm im Jahr 2000 an Frau C P abgetretenen
Anspruchs geworden, so dass offen bleiben kann, ob diese Abtretung überhaupt wirksam
war. Durch die am darauf folgenden Tag, dem 26. Januar 2007, erfolgte Abtretung des
Anspruchs an seine Prozessbevollmächtigten ändert sich seine Stellung als Beteiligter
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Anspruchs an seine Prozessbevollmächtigten ändert sich seine Stellung als Beteiligter
nicht (§ 202 SGG i.V. mit § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO; s. dazu BSG SozR 3-2500 § 116 Nr.
17). Anzupassen war lediglich der Klageantrag in Bezug auf die in der kombinierten
Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) enthaltene Leistungsklage,
die auf Zahlung an die Abtretungsempfänger zu richten war (Reichold in Thomas/Putzo,
ZPO, 26. Auflage 2004, § 265 Rz. 13).
Der geltend gemachte Anspruch ist an die Bevollmächtigten des Klägers wirksam
abgetreten worden. Insolvenzgeld kann nach Antragstellung wie Arbeitseinkommen
übertragen werden (§ 189 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]). Wegen § 400
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) führt das grundsätzlich dazu, dass es nur bis zu seinem
nach den §§ 850a ff. Zivilprozessordnung (ZPO) unpfändbaren Teil übertragbar ist (s.
Peters-Lange in Gagel, SGB III, § 189 Rz. 10 i.V. mit § 188 Rz. 7 ff.). § 400 BGB ist aber
dann nicht anwendbar, wenn der Zedent vom Zessionar eine wirtschaftlich gleichwertige
Leistung erhält (Peters-Lange a.a.O. § 188 Rz. 9 mit weiteren Nachweisen; Roeder in
Niesel, SGB III, 3. Aufl. 2005, § 188 Rz. 9). Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass
die Bevollmächtigten des Klägers als Abtretungsempfänger dem Kläger derartige
Leistungen erbracht haben.
Ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht in dem noch streitigen Umfang. Gemäß § 183
Abs. 1 Satz 1 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, die im Zeitpunkt
des Insolvenzereignisses für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses
noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Die in dieser Vorschrift aufgestellten
Voraussetzungen sind erfüllt. Ein Insolvenzereignis ist am 6. Januar 2000 eingetreten, da
an diesem Tag das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet
worden ist (§ 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III).
Der Kläger war auch Arbeitnehmer. Weil dieser Begriff in den Vorschriften über das
Insolvenzgeld nicht geregelt ist, dienen für die Abgrenzung zu den Selbständigen die in
den Vorschriften über die Versicherungspflicht in der Arbeitsförderung in Verbindung mit
den allgemeinen Vorschriften über die Sozialversicherung verwendeten Merkmale
(ständige Rechtsprechung des BSG, siehe statt vieler BSG SozR 3-4100 § 141b Nr. 17
mit weiteren Nachweisen). Arbeitnehmer sind danach Personen, die gegen Entgelt oder
zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (§ 25 SGB III). Unter den Begriff
"Beschäftigung" fällt die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem
Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch).
Arbeitnehmer im Sinne der Vorschriften über das Insolvenzgeld ist in der Folge, wer von
einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist (siehe, auch zum folgenden, BSG a.a.O.; im
gleichen Sinn zum arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff statt vieler BAG AP Nr. 6 zu §
611 Arbeitnehmerähnlichkeit). Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist es
mithin derjenige, der in den Betrieb eingegliedert ist und einem Weisungsrecht des
Arbeitgebers unterliegt, das Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung umfasst. Eine
selbständige Tätigkeit ist dagegen durch das Unternehmerrisiko und durch die
Möglichkeit gekennzeichnet, über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit
frei zu verfügen. In Zweifelsfällen kommt es darauf an, welche Merkmale überwiegen.
Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei die vertragliche
Ausgestaltung im Vordergrund steht, die allerdings zurücktritt, wenn die tatsächlichen
Verhältnisse entscheidend davon abweichen.
Diese Grundsätze sind auch bei Organen juristischer Personen anzuwenden
(zusammenfassend BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 20). Bei den Organen juristischer
Personen, zu denen auch Geschäftsführer einer GmbH gehören, ist abhängige
Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung nicht bereits deshalb ausgeschlossen,
weil sie gemäß § 5 Abs 1 Satz 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) arbeitsrechtlich
nicht als Arbeitnehmer der Gesellschaft gelten. Diese Regelung hat keine Bedeutung für
das Sozialversicherungsrecht. Ebensowenig steht der Zugehörigkeit von
Geschäftsführern oder Vorständen einer juristischen Person zu ihren Beschäftigten
entgegen, dass sie im Verhältnis zu sonstigen Arbeitnehmern Arbeitgeberfunktionen
wahrnehmen und dass sie in der Regel keinen Weisungen Dritter bezüglich Zeit, Art und
Ort ihrer Arbeitsleistung unterliegen. Die Ausnahmevorschriften über die
Versicherungsfreiheit der Vorstände von Aktiengesellschaften (für die Arbeitsförderung
in § 27 Abs 1 Nr 5 Satz 1 SGB III geregelt) bestätigen zusätzlich, daß auch die
geschäftsführenden Organe juristischer Personen im Regelfall abhängig beschäftigt sind,
wenn sie an deren Kapital nicht beteiligt sind.
Demgemäß ist bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH nur unter besonderen
Umständen keine abhängige Beschäftigung anzunehmen, insbesondere wenn sie mit
den Gesellschaftern familiär verbunden waren und die Geschäfte faktisch wie
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den Gesellschaftern familiär verbunden waren und die Geschäfte faktisch wie
Alleininhaber nach eigenem Gutdünken führten (siehe BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 1 mit
weiteren Nachweisen),
Der Kläger war – wie aus dem Urteil des Oberlandesgerichtes Rostock vom 29.
September 1999 deutlich hervorgeht – durch die Gesellschafterversammlung der S-
GmbH am 9. Januar 1998 wirksam zum Geschäftsführer berufen worden. Seine Tätigkeit
als Geschäftsführer konnte deshalb – unabhängig davon, ob ein schriftlicher
Arbeitsvertrag geschlossen worden war – grundsätzlich nur auf einer in der
Arbeitsförderung versicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung beruhen.
Anhaltspunkte dafür, dass besondere Umstände ausnahmsweise dagegen sprechen
könnten, sind nicht ersichtlich. Im besonderen spricht dafür nicht, dass der Kläger im
streitigen Zeitraum wenigstens formal Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften war. Die
Eigenschaft als Arbeitnehmer wird nicht dadurch beseitigt, dass weitere vertragliche
Bindungen zu anderen Arbeitgebern bestehen. Ihr steht auch nicht entgegen, dass der
Kläger weder bei der Einzugsstelle gemeldet war noch Unterlagen über seine
Beschäftigung von der LVA Freie und Hansestadt Hamburg anlässlich einer
Betriebsprüfung bei der S-GmbH vorgefunden worden waren. Der Kläger weist zu Recht
darauf hin, dass er angesichts des sich praktisch bis zum Insolvenzantrag hinziehenden
Streites um seine Bestellung selbst nicht dafür sorgen konnte, dass etwas Derartiges
geschah.
Aus dem Arbeitsvertrag hatte der Kläger im für ihn maßgeblichen Insolvenzgeldzeitraum
auch Entgeltansprüche, jedoch nur in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang.
Der Insolvenzgeldzeitraum reichte, weil das Arbeitsverhältnis des Klägers im Zeitpunkt
des Insolvenzereignisses noch ungekündigt war, vom 6. Oktober 1999 bis zum 5. Januar
2000.
Über das Teilanerkenntnis vom 25. Januar 2007 hinaus ergibt sich ein Anspruch auf
Arbeitsentgelt, welcher durch Insolvenzgeld auszugleichen ist, auch für die Zeit vom 20.
Oktober bis zum 5. Januar 2000. Da der Kläger im gesamten möglichen
Insolvenzgeldzeitraum keine Arbeitsleistung erbracht hat, kann der Entgeltanspruch
grundsätzlich nur bei Annahmeverzug des Arbeitgebers bestehen (§ 615 Satz 1 BGB).
Annahmeverzug erfordert, dass ein erfüllbares Arbeitsverhältnis besteht, die
Arbeitsleistung vom Arbeitnehmer angeboten worden ist, der Arbeitnehmer die
Möglichkeit hat und willens ist, die Arbeitsleistung zu erbringen und der Arbeitgeber die
Arbeitsleistung tatsächlich nicht annimmt (zusammenfassend Linck in Schaub,
Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Auflage 2005, § 95 Rz. 5 ff.). Diese Voraussetzungen sind
erfüllt: Zwischen dem Kläger und der S-GmbH bestand, wie bereits ausgeführt wurde, ein
Arbeitsverhältnis. Der Kläger hat seine Arbeitsleistung auch angeboten.
Für die Zeit vom 20. Oktober bis zum 25. November 1999, in der die S-GmbH diese
Arbeitsleistung im streitigen Zeitraum angesichts der von ihr beantragten einstweiligen
Anordnung ersichtlich nicht annehmen wollte, reichte es dabei aus, dass er mündlich
seinen Willen zur Arbeitsleistung bekundete (§ 296 Bürgerliches Gesetzbuch). Dies hat er
jedenfalls dadurch getan, dass er sich gegen die vom Amtsgericht Wolgast erlassene
einstweilige Anordnung zur Wehr gesetzt hat. Dadurch hat der Kläger ferner bekundet,
dass er willens und in der Lage war, die von ihm geschuldete Arbeit zu verrichten.
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in dieser Zeit Einkünfte erzielt hat, die nach § 615
Satz 2 BGB auf den Entgeltanspruch anrechenbar wären, ergeben sich nicht.
Dem Annahmeverzug steht in diesem Zeitraum nicht entgegen, dass der Kläger durch
die vom Amtsgericht Wolgast erlassene einstweilige Anordnung zunächst rechtlich daran
gehindert war, sein Amt als Geschäftsführer der S-GmbH auszuüben und damit auch
seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen. Diese Anordnung ist vom
Landgericht Stralsund aufgehoben und damit in ihren Wirkungen beseitigt worden;
dessen Entscheidung hat bis heute Bestand. Damit ist eine zu Gunsten des Klägers
bestehende Rechtslage gerichtlich festgestellt. Die rechtswidrige Nichtannahme der
Arbeitsleistung begründet ohne Weiteres den Annahmeverzug (Preis in Erfurter
Kommentar zum Arbeitsrecht, 8. Auflage 2008, § 615 BGB Rz. 55, 58 ff.).
Für die Zeit nach dem 25. November 1999 reichte ein wörtliches Angebot dagegen nicht
aus, um den Annahmeverzug fortbestehen zu lassen. Weil das Arbeitsverhältnis
ungekündigt war, musste der Kläger dafür vielmehr seine Arbeitskraft tatsächlich
anbieten (§ 294 BGB; siehe BAG AP Nr. 114 zu § 615 BGB und EzA § 615 BGB Nr. 77).
Dies hat er indessen getan. Die von ihm vorgelegten Schreiben aus dem noch streitigen
Zeitraum belegen, dass er für die S-GmbH entsprechend seinem Anstellungsvertrag
tätig war, was wiederum indiziert, dass er seine Arbeitskraft der S-GmbH tatsächlich zur
Verfügung gestellt hat.
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Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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