Urteil des LSG Bayern vom 15.10.2008
LSG Bayern: arbeitsunfall, skifahren, behandlungsbedürftigkeit, arbeitsunfähigkeit, chirurg, form, akte, krankenversicherung, berufskrankheit, befund
Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 15.10.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Landshut S 3 U 249/05
Bayerisches Landessozialgericht L 2 U 216/08
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 13. Dezember 2007 wird
zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung eines Unfalles vom 7. Februar 2004 als Arbeitsunfall und dessen Entschädigung.
Der 1941 geborene Kläger rutschte nach seinen Angaben vom 8. März 2004 am 7. Februar 2004 gegen 0:15 Uhr auf
dem Betriebsgelände eines Taxiunternehmens, als er in sein Taxi steigen wollte, wegen Eisglätte aus. Dabei sei er
voll auf seine rechte Schulter gefallen. Laut Unfallanzeige des Taxiunternehmens vom 13. Juli 2004 sagte ihm der
Kläger, er sei ausgerutscht, gab aber nicht an, wann. Am 7. Februar 2004 sei er gehumpelt, da er sich den Fuß
verletzt habe. Am 9. Juli 2004 gab der Kläger an, er sei beim Besteigen seines Taxis in einer Abwasserrinne
weggerutscht, habe sich den Fuß umgeknickt, sei gestürzt und dabei bei angewinkeltem (anliegendem) Arm mit der
rechten Schulter aufgekommen. Zunächst habe er versucht, sich selbst zu behandeln. Der Orthopäde Dr. M.
berichtete am 22. Juli 2004, der Kläger sei vom 16. Februar bis 24. Juni 2004 in seiner Behandlung gestanden. Am
16. Februar 2004 habe er angegeben, dass er vor drei Wochen beim Skifahren auf die rechte Schulter gefallen sei,
seitdem akute Schmerzen habe und den Arm kaum hochheben könne. Am 31. März 2004 habe er erklärt, diese
Schilderung sei nicht richtig gewesen. Er sei vielmehr am 7. Februar 2004 um 0:30 Uhr in der Waschstraße
ausgerutscht und auf die Schulter gefallen. Der Kläger erklärte am 13. August 2004, er habe gegenüber Dr. M.
erwähnt, der Unfall habe sich wie beim Skifahren ereignet. Er fahre aber seit Jahren nicht mehr Ski. Bereits im Bericht
vom 12. Mai 2003 hatte Dr. M. einen schmerzhaften B-Stadt der rechten Schulter mit eingeschränkter
Schulterabduktion diagnostiziert. Es liege ein subacromiales Impingement-Sydrom rechts vor.
Ein Kernspintomogramm der rechten Schulter vom 25. November 2004 zeigte einen partiellen Einriss der
Rotatorenmanschette, einen Erguss in der Bursa subscapularis, einen geringen Gelenkerguss, degenerative
Veränderungen am Humeruskopf und eine AC-Gelenkarthrose.
Der Chirurg Dr. W. führte im Gutachten vom 27. Mai 2005 aus, der Kläger habe auf gezieltes Nachfragen einen
direkten Aufprall auf die rechte Schulter bestätigt. Eine Schulterprellung sei nicht geeignet, einen unfallbedingten
Rotatorenmanschetten-Schaden hervorzurufen. Die Veränderungen der Rotatorenmanschette seien ausschließlich
degenerativ und stünden im Zusammenhang mit den allgemeinen Aufbrauchveränderungen des Schultergelenks, die
auf den Röntgenaufnahmen sowohl für die rechte als auch für die linke Schulter objektiviert seien. Anlässlich des
Unfalls seien diese vorbestehenden Veränderungen akut geworden. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit sei für die Zeit
vom 7. Februar bis 7. März 2004 anzunehmen, unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit bis zum 15. März 2004.
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 23.06.2005 den Unfall vom 7. Februar 2004 als Arbeitsunfall an.
Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis 7. März 2004 bestanden, unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit bis 15.
März 2004.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2005 zurück.
Zur Begründung der Klage erklärte der Kläger, degenerative Veränderungen der Schulter lägen nicht vor. Es komme
darauf an, wie er gefallen sei und wie er sich abgestützt habe.
Der vom Sozialgericht zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Chirurg Dr. M. führte im Gutachten vom 13.
Dezember 2007 aus, der Sturz mit anliegendem Arm auf die Schulter sei nicht geeignet, eine gesunde
Rotatorenmanschette zu zerreißen. Beim Kläger zeigten sich allgemeine degenerative Veränderungen an den
Schultern sowohl rechts als auch links. Bei der echten traumatischen Ruptur wäre es sofort zu einer
Funktionslosigkeit mit herabhängendem Arm gekommen. Der Kläger habe aber kurz nach dem Unfall den Arm noch
ausreichend bewegen können, so dass der Verlauf eher gegen eine frische Ruptur spreche. Im Kernspintomogramm
zeigten sich deutliche degenerative Veränderungen, aber nur partielle Rupturen, dies spreche für chronisch
degenerative Vorgänge. Unbestritten sei es bei dem Unfall zu einer erheblichen Distorsion der Schulter gekommen,
die aber nach zwei bis vier Wochen folgenlos ausgeheilt sei.
Mit Urteil vom 13. Dezember 2007 wies das Sozialgericht die Klage ab und stützte sich dabei im Wesentlichen auf die
Ausführungen von Dr. M ...
Mit der Berufung wendet der Kläger ein, degenerative Veränderungen der rechten Schulter lägen nicht vor. Er habe vor
dem Unfall keinerlei Beschwerden gehabt, sondern erst seit dem Unfall.
Der Kläger stellt bei richtiger Auslegung den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 13. Dezember 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des
Bescheides vom 23. Juni 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2005 zu verurteilen,
festzustellen, dass die Veränderungen an der rechten Schulter Folge des Unfalls vom 7. Februar 2004 sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie auf die Klage- und Berufungsakten
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Landshut die Klage abgewiesen. Von einer weiteren Darstellung der
Entscheidungsgründe wird abgesehen, da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung
als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen: der Unfallhergang ist vom Kläger im Laufe des Verfahrens unterschiedlich
geschildert worden. So hat er gegenüber dem Internisten K. einen Arbeitsunfall nicht erwähnt und gegenüber Dr. M.
erklärt, er sei vor drei Wochen beim Skifahren auf die rechte Schulter gefallen. Auch hat der Arbeitgeber angegeben,
der Kläger habe keinen Unfall, der die Schulter betroffen habe, geschildert. Erstmals gegenüber der
Krankenversicherung am 8. März 2004 gab der Kläger ein Ausrutschen bei Glätte und Sturz auf die Schulter an. Aber
auch unter Zugrundelegung dieses Unfallhergangs ist ein Ablauf, der eine Verletzung der Rotatorenmanschette zur
Folge haben könnte, nicht ersichtlich.
Die Rotatorenmanschette liegt zwischen dem Oberarmkopf und dem knöchern-bindegewebigen Schulterdach und
unterliegt in hohem Grade der Degeneration, die ab dem dritten Lebensjahrzehnt beginnt. Die Untersuchungen ergaben
klinisch unauffällige Defekte in 25% bei über 40-jährigen, in 75% bei über 50-jährigen und bis zu 100% bei über 60-
jährigen. Neben dem traumatischen Riss können Rupturen entstehen durch lokale Minderdurchblutung oder
zunehmenden Verschleiß der Sehnen durch Abrieb in der Enge des subacromialen Raumes. Dabei handelt es sich um
eine Störung der Gleitbewegung zwischen dem Oberarmkopf und dem Schulterdach (vgl. Schoenberger-Mehrtens-
Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Seite 503).
Berücksichtigt man die Angaben des Klägers, so ist er auf die rechte Schulter gefallen, wobei der Arm angewinkelt
und anliegend war. Ein Anpralltrauma durch Sturz auf die Schulter ist als Ursache eines Rotatorenmanschettenrisses
völlig ungeeignet, wie Dr. W. und Dr. M. unter Hinweis auf die herrschende Meinung in der medizinischen Literatur
betonten. Zum einen schützt das Knochendach vor einer Verletzung der darunter verlaufenden Muskel-
Sehnenstrukturen, zum anderen schützt der Muskel vor einer Schädigung. Entgegen den Behauptungen des Klägers,
degenerative Erscheinungen an der rechten Schulter lägen nicht vor, zeigt der Befund vom 12. Mai 2003, dass schon
damals ein Impingement-Sydrom, also ein Oberarmkopfhochstand, gegeben war, der zu Schmerzen geführt hatte.
Auch zeigen die Röntgenaufnahmen vom Unfalltag, worauf Dr. W. und Dr. M. zu Recht hinwiesen, degenerative
Erscheinungen sowohl an der rechten als auch an der linken Schulter.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.