Urteil des LSG Bayern vom 04.08.2006
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Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 04.08.2006 (rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 15 SB 245/06
Bayerisches Landessozialgericht L 15 B 507/06 SB PKH
Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 21.06.2006 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom
12.06.2006 - S 15 SB 245/06 - wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
In dem dem Beschwerdeverfahren wegen Gewährung von Prozesskostenhilfe zugrunde liegenden Rechtsstreit
begehrt der Beschwerdeführer die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne von §§ 2 Abs.2, 69 Abs.1
des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) mit einem Grad der
Behinderung (GdB) von 80 sowie des Merkzeichens "G".
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales, Region Schwaben, vom
19.12.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 13.04.2006
ist der GdB mit 40 bewertet worden. Als Funktionsstörungen hat der Beklagte eine Funktionsbehinderung des linken
Kniegelenkes mit Knorpelschäden berücksichtigt, ebenso eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bei
degenerativen Veränderungen, weiterhin Durchblutungsstörungen des Herzens nach abgelaufenem Herzinfarkt samt
Coronardilatation, weiterhin eine Zuckerkrankheit sowie eine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung. Die Einzel-
GdB-Werte sind mit 30, 20 und dreimal 10 angenommen worden.
In dem sich anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Augsburg mit Beschluss vom 12.06.2006 die
Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe diene allein dem Zweck der
Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 121 Abs.1 bis 3 der Zivilprozessordnung (ZPO). Dies sei hier nicht
erforderlich. Der Fall werfe ausschließlich Schwierigkeiten im medizinischen Bereich auf. - Im Übrigen seien die
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ordnungsgemäß erklärt worden.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben mit Beschwerdeschrift vom 21.06.2006 hervorgehoben, dass es sich hier um
Schwierigkeiten der Sachlage handeln würde, die nur unter Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten bewältigt
werden könnten. - Der Kläger spreche so gut wie kein Deutsch. Das Verfahren könnte, ohne dass der Kläger
anwaltschaftlich vertreten sei, nicht im Einklang mit rechtsstaatlichen Grundsätzen geführt werden. - Im Übrigen sei
der Bescheid vom 12.06.2006 über den Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für
Arbeitsuchende (SGB II) dem Kläger erst am 16.06.2006 zugegangen. Er habe daher nicht früher vorgelegt werden
können.
Die Bevollmächtigten des Beschwerdeführers beantragen, I. dem Kläger wird für die erste Instanz rückwirkend auf den
Zeitpunkt der Antragstellung Prozesskostenhilfe gewährt und II. dem Kläger wird Herr Rechtsanwalt A. F. beigeordnet.
Der Beschwerdegegner hat mit Nachricht vom 20.07.2006 beantragt, die Beschwerde gegen den Beschluss des
Sozialgerichts Augsburg vom 12.06.2006 - S 15 SB 245/06 zurückzuweisen.
Das Sozialgericht Augsburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen. - Von Seiten des Bayer. Landessozialgerichts sind
die Behindertenakten des Zentrums Bayern Familie und Soziales Region Schwaben sowie die erstinstanzlichen Akten
beigezogen worden.
II.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist zulässig (§§ 73 a, 172 ff. SGG i.V.m. § 127 Abs.2 Satz 2 ZPO).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Eine Beiordnung gemäß § 121 Abs.1 ZPO ist nicht erforderlich, weil in
sozialgerichtlichen Verfahren erster und zweiter Instanz eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben ist.
Weiterhin ist die Beiordnung eines Rechtsanwaltes gemäß § 121 Abs.2 ZPO in Angelegenheiten nach §§ 2 und 69
SGB IX hier nicht erforderlich. Denn der Ausgang des Verfahrens hängt regelmäßig von dem Ergebnis der
Sachverhaltsermittlung im Sinne von §§ 103 ff. SGG ab. Insoweit bedarf es keiner anwaltschaftlichen Vertretung
gleichsam als Mittler zwischen einem gegebenenfalls noch zu hörenden ärztlichen Sachverständigen und dem
Beschwerdeführer.
Auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 18.12.2001 - 1 BvR 331/01 - stützt das
Beschwerdebegehren nicht. In dem dortigen Verfahren ist entscheidungserheblich gewesen, dass die
Einschränkungen der intellektuellen Fähigkeiten des dortigen Beschwerdeführers im Hinblick auf dessen Leiden und
Beeinträchtigungen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet nicht ausreichend gewürdigt worden sind. Vergleichbar
schwerwiegende Funktionsstörungen auf nervenfachärztlichem Gebiet sind hier jedoch nicht aktenkundig oder
vorgetragen. Vielmehr leidet der Beschwerdeführer - wie bereits erwähnt - an Funktionsstörungen auf orthopädischem
und internistischem Fachgebiet.
Soweit die Bevollmächtigten des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 21.06.2006 die fehlenden Sprachkenntnisse
des Klägers hervorgehoben haben, wird das Sozialgericht Augsburg zu gegebener Zeit erforderlichenfalls einen
Dolmetscher hinzuzuziehen haben. Nicht ausreichende Sprachkenntnisse stellen jedoch keinen Grund für die
Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter gleichzeitiger Beiordnung eines Rechtsanwalts dar.
Auf den nachgereichten Bescheid der Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung und Soziales im W. Land vom
12.06.2006 über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II) kommt es nicht mehr an.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist daher zurückzuweisen gewesen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist nicht anfechtbar (§§ 177, 193 SGG).