Urteil des LSG Bayern vom 18.10.2005
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Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 18.10.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Regensburg S 10 KR 44/03
Bayerisches Landessozialgericht L 5 KR 213/04
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 8. Juli 2004 aufgehoben. Der
Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2002
wird insoweit aufgehoben, als darin Beiträge in Höhe von 184.053,60 DM nachgefordert werden. II. Die Beklagte trägt
die Kosten des Rechtsstreits. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist eine Beitragsnachforderung betreffend den Zeitraum vom 01.01.1995 bis 31.12.1997 wegen der
Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern. Die Klägerin wurde mit notariellem Vertrag vom 26.01.1993
von den Beigeladenen zu 1) bis 3) gegründet, die jeweils ein Drittel der Stammeinlagen trugen. Gegenstand des
Unternehmens sind Verkauf, Installation, Reparatur, Wartung und Demontage von Tanks und Tankanlagen aller Art
und die Durchführung von Schutzmaßnahmen aller Art für Tanks und Tankanlagen. Die Beschlüsse der
Gesellschafter werden mit einfacher Mehrheit gefasst, gemäß § 5 der Anlage zum Gesellschaftsvertrag wird die
Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen
vertreten, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind. Die Klägerin schloss mit allen drei Gesellschaftern am
01.04.1993 einen gleichlautenden Geschäftsführervertrag, wonach der Geschäftsführer von den Beschränkungen des
§ 181 BGB befreit und an bestimmte Arbeitszeiten nicht gebunden ist, ein monatliches Gehalt von 8.000,00 DM sowie
eine Weihnachtsgratifikation und Lohnfortzahlung für die Dauer von sechs Wochen sowie eine Tantieme in Höhe von
10 % des Jahresüberschusses erhalte. Der Geschäftsführer habe Anspruch auf die Gestellung eines PKWs,
Anspruch auf bezahlten Urlaub im Umfang von 30 Arbeitstagen und unterliege einer Kündigungsfrist von sechs
Monaten. Nach fristloser Kündigung des Beigeladenen zu 3) vom 16.07.1997 endete die zum Landgericht A. erhobene
Kündigungsschutzklage am 15.06.1998 durch Vergleich darüber, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den
Parteien, der Klägerin und dem Beigeladenen zu 3) zum 31.12.1997 beendet ist. Zum selben Zeitpunkt ist der
Beigeladene zu 3) aus der Firma ausgeschlossen worden. Nach einer Betriebsprüfung vom 11.10. bis 01.12.1999
beim Steuerberater der Klägerin teilte die Beklagte der Klägerin am 01.12.1999 mit, sie gehe in der Zeit vom
01.04.1993 bis 16.07.1997 von der Versicherungspflicht aller drei Gesellschafter mangels maßgeblichen Einflusses
auf die Klägerin aus. Dem entgegnete der Steuerberater am 13.12.1999, die Beklagte lasse die Weisungsfreiheit des
einzelnen Geschäftsführers im eigenen Arbeitsabschnitt ebenso unberücksichtigt wie die selbstschuldnerische
Bürgschaft in Höhe von jeweils 100.000,00 DM. Mit Bescheid vom 21.12.1999 forderte die Beklagte Beiträge zur
Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung in Höhe von 189.419,24 DM nach, wovon 184.053,60 DM (=
94.105,10 EUR) auf die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bis 3) vom 01.01.1995 bis 30.06.1997 entfielen. Den
Widerspruch der Klägerin wies sie mit Bescheid vom 29.10.2002 zurück. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
sprächen der fehlende Einfluss der Geschäftsführer auf die Geschicke der GmbH kraft ihres Anteils am Stammkapital
oder kraft ihrer Branchenkenntnisse, die Verpflichtung zur Mitarbeit, ihre funktionsgerecht dienende Teilhabe am
Arbeitsprozess, die fehlende Einzelvertretungsbefugnis, die Haftung gegenüber Gesellschaftern und Gesellschaft für
eventuell erlangte Vorteile aus Rechtsgeschäften, die Zahlung eines monatlichen Festgehaltes, Entgeltfortzahlung im
Krankheitsfall, Gewährung von Spesen und Urlaubsanspruch. Gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
sprächen allein die weitestgehende Gestaltungsfreiheit über Art, Ort und Zeit der Arbeitsleistung. Die Bürgschaften
seien laut ihren Feststellungen am 17.02.1993 vor der Anstellung zum Geschäftsführer zum 01.04.1993 eingegangen
worden und folglich eigene Verpflichtungen außerhalb der Geschäftsführeranstellungsverhältnisse. Mit dem
Ausscheiden des Beigeladenen zu 3) aus der Firma hätten sich die Kapitalbeteiligungsverhältnisse maßgeblich
verändert, so dass jeder Gesellschafter nun über eine Sperrminorität verfüge. Gegen den am 31.10.2002 abgesandten
Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 02.12.2002 Klage erhoben. Für die Selbständigkeit der Beigeladenen zu 1
bis 3) spreche die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot, das unternehmerische Risiko, die Gewinnbeteiligung,
die tatsächliche Zuständigkeitsregelung im Unternehmen und die daraus resultierende weisungsunabhängige Tätigkeit
eines jeden Geschäftsführers für einen bestimmten Bereich des Unternehmens. Es könne nicht unberücksichtigt
bleiben, dass alle Gesellschafter der GmbH zugleich auch Geschäftsführer waren, sie also allein zugunsten ihres
eigenen unternehmerischen Erfolgs tätig waren. Neben der Einlageverpflichtung in Höhe von 17.000,00 DM hätte jeder
Einzelne wegen der selbstschuldnerischen Bürgschaft in Höhe von 100.000,00 DM zugunsten der Klägerin ein
enormes persönliches Unternehmensrisiko getragen, so dass sie, anders als im Angestelltenverhältnis üblich, ihre
persönliche finanzielle Situation von dem Erfolg der Klägerin abhängig gemacht hätten. Nach dem Gesamtbild sei
daher von einer selbständigen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) auszugehen. Demgegenüber hat die Beklagte
auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.06.1999 - B 2 U 35/98 R - hingewiesen und entgegnet, dass durchaus
auch abhängig Beschäftigte in den Genuss von gewinnorientierten Sonderprämienzahlungen gelangten. Aus einer
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (10.04.1991, abgedruckt in Der Betrieb 1991, S.2595) könne von vornherein
keine Folgewirkung für das Sozialrechtsverhältnis abgeleitet werden. In der mündlichen Verhandlung am 08.07.2004
ist u.a. ein Protokoll über die Gesellschafterversammlung vom 19.04.1994 vorgelegt worden, worin einstimmig eine
Funktionsverteilung vorgenommen wurde. Danach wurde dem Beigeladenen zu 1) die organisatorische Gesamtleitung
der Firma übertragen, dem Beigeladenen zu 2) die Funktion des Geschäftsführers für alle technischen Belange und
dem Beigeladenen zu 3) die Leitung der Niederlassung R ... Das Sozialgericht Regensburg hat die Klage unter
Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheides am 08.07.2004 abgewiesen. Maßgeblich sei die rechtliche
Stellung der Beigeladenen zu 1) bis 3) als Gesellschafter. Keiner der drei Beigeladenen habe allein die Geschicke der
Klägerin maßgeblich bestimmen können. Da rechtlich die Möglichkeit bestanden habe, dass sich jeder von ihnen mit
jeweils einem anderen Gesellschafter gegen den dritten Gesellschafter verbünden konnte, sei keiner von ihnen
rechtlich in der Lage gewesen, ihm nicht genehme Beschlüsse zu vereiteln. Auch nach Aufteilung der
Entscheidungsbefugnis in Teilbereiche habe die Beklagte zutreffend sowohl aus dem Gesellschaftsvertrag wie auch
aus den Geschäftsführerverträgen geschlossen, dass alle drei Beigeladenen versicherungspflichtige Arbeitnehmer
gewesen seien. Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 06.08.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am
02.09.2004 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe sich mit dem Hauptargument, der Übernahme der persönlichen
Bürgschaft, überhaupt nicht auseinandergesetzt. Zudem widerspreche es den Grundsätzen der höchstrichterlichen
Rechtsprechung, wie sie besonders deutlich von Menthe in einem aktuellen Aufsatz dargestellt seien (Die
Angestelltenversicherung 2005, S.125 ff.).
In der mündlichen Verhandlung hat der Beigeladene zu 1) u.a. angegeben, als Leiter des kaufmännischen Teils der
Firma habe er in alleiniger Verantwortung Personal eingestellt, während der Beigeladene zu 2) etwa selbständig über
die Anschaffung von Autos entschieden habe.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 08.07.2004 aufzuheben sowie den Bescheid
der Beklagten vom 21.12.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2002 insoweit aufzuheben,
als er eine Nachforderung in Höhe von 184.053,60 DM enthält.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 08.07.2004
zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Regensburg sowie
der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und erweist sich in vollem Umfang als
begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 08.07.2004 ist nicht haltbar. Der Bescheid der Beklagten
vom 21.12.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2002 ist rechtswidrig, soweit darin die
Beklagte Beiträge in Höhe von 184.053,60 DM nachfordert. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) waren bei der Klägerin nicht
versicherungspflichtig beschäftigt. Im strittigen Zeitraum vom 01.01.1995 bis 31.12.1997 waren die Beigeladenen zu
1) bis 3) als selbständige Unternehmer tätig.
Die gemäß § 28p Abs.1 Satz 5 SGB IV von der Beklagten erhobene Beitragsnachforderung findet ihre
Anspruchsgrundlage in § 1 Abs.1 Ziffer 1 SGB VI und § 25 SGB III bzw. § 168 Abs.1 Satz 1 AFG. Die von ihr
geforderten Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung setzen voraus, dass die Beigeladenen
zu 1) bis 3) bei der Klägerin abhängig beschäftigt waren. Anknüpfungspunkt der Beitragspflicht ist somit das
Beschäftigungsverhältnis, wie es in § 7 SGB IV definiert ist.
Beschäftigung ist danach die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Zutreffend und
ausführlich hat die Beklagte in ihren Bescheiden dargelegt, wie selbständige Tätigkeit und abhängige Beschäftigung
voneinander abzugrenzen sind. Arbeitnehmer ist hiernach, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist.
Persönliche Abhängigkeit erfordert Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des
Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung (BSGE 51, 164, 167). Zwar kann das
Weisungsrecht erheblich eingeschränkt sein, wie das insbesondere bei Diensten höherer Art der Fall ist, vollständig
entfallen darf es jedoch nicht; es muss eine fremdbestimmte Leistung verbleiben, die Dienstleistung also zumindest in
einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (BSGE 16, 293 ff.; BSGE 38, 53, 57). Ist ein
Weisungsrecht nicht vorhanden, kann der Betreffende seine Tätigkeit also im Wesentlichen frei gestalten,
insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen oder fügt er sich nur in die von
ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes ein, liegt keine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit vor, die
zusätzlich durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet zu sein pflegt (BSG SozR Nr.68 zu § 165 RVO; BSGE 38, 53,
57; BSGE 70, 81 f; BSG SozR 3-4100 § 168 Nrn.8 und 11).
Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch, ob der Geschäftsführer einer GmbH abhängig und deshalb
beitragspflichtig beschäftigt ist oder nicht (BSG SozR 4100 § 168 Nr.16). Grundsätzlich ist ein
versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass der Beschäftigte an der
Gesellschaft, für die er arbeitet, kapitalmäßig beteiligt ist. Ein solcher wird in seiner Person regelmäßig sowohl
Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmermerkmale vereinigen. Daher muss - wie die Beklagte zutreffend festgestellt hat -
geprüft werden, welche Merkmale das Gesamtbild der Tätigkeit prägen, d.h., die Einzelumstände müssen
gegeneinander abgewogen werden. Hierzu hat die höchstrichterliche Rechtsprechung spezielle Abgrenzungskriterien
entwickelt (BSG-Urteil vom 24.06.1982 - 12 RK 45/80; Urteil vom 06.02.1992 - 7 RAr 134/90; SozR 3-4100 § 104 Nr.8;
SozR 4-2400 § 7 Nr.1).
Danach liegt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur GmbH vor, wenn die Gesellschafter-Geschäftsführer
funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der GmbH teilhaben, für ihre Beschäftigung ein entsprechendes
Arbeitsentgelt erhalten und keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft kraft ihres Anteils am
Stammkapital geltend machen können. Zweifellos deuten die in den Geschäftsführerverträgen enthaltenen
Bestimmungen zum festen Gehalt, zum Urlaub und zur Lohnfortzahlung auf ein Arbeitsverhältnis hin. Ebenso hat das
Sozialgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass keiner der Beigeladenen zu 1) bis 3) als Gesellschafter einen
maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft geltend machen konnte. Jeder besaß lediglich ein Drittel
der Gesellschaftsanteile und konnte wegen der Vereinbarung der einfachen Stimmenmehrheit jederzeit überstimmt
werden.
Aber auch dort, wo die Kapitalbeteiligung des Geschäftsführers nicht dafür ausreicht, um ihm nicht genehme
Weisungen der Gesellschaft zu verhindern, kann ein abhängiges Beschäftigunsverhältnis zu verneinen sein (BSG,
Urteil vom 09.02.1995 Az.: 7 RAr 76/94). Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Geschäftsführer hinsichtlich Zeit,
Dauer, Umfang und Ort seiner Tätigkeit im Wesentlichen weisungsfrei ist und, wirtschaftlich gesehen, seine Tätigkeit
nicht für ein fremdes, sondern für ein eigenes Unternehmen ausübt (vgl. BSGE 13, 196; BSG SozR Nr.68 zu 165
RVO; SozR 3-4100 § 104 Nr.8; BSG SozR 3-4100 § 168 Nr.8). Die Beklagte räumt in ihrem Widerspruchsbescheid
selbst ein, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) über eine weitestgehende Gestaltungsfreiheit hinsichtlich Art, Ort und
Zeit der Arbeitsleistung besaßen. Unter § 1 des Geschäftsführervertrags war bestimmt, dass der Geschäftsführer an
bestimmte Arbeitszeiten nicht gebunden ist. Hinzu kommt, dass die Gesellschafter mit Beschluss vom 19.04.1994 im
Innenverhältnis eine Funktionsverteilung vorgenommen haben, die jedem einzelnen Gesellschafter einen allein
verantwortlichen Bereich zuordnete. Der Beigeladene zu 1) wurde als Geschäftsführer für die organisatorische
Gesamtleitung, insbesondere die Leitung des Büros sowie den kaufmännischen Teil der Firma bestellt, der
Beigeladene zu 2) wurde mit der Funktion des Geschäftsführers für alle technischen Belange beauftragt und der
Beigeladene zu 3) wurde zum Leiter der Niederlassung R. bestellt. Damit wurde die in § 5 Abs.2 der Anlage zum
Gesellschaftsvertrag enthaltene Befugnis wahrgenommen, allen Geschäftsführern in Teilbereichen
Einzelvertretungsrecht einzuräumen. Jeder der Gesellschafter hat danach die laufenden Alltagsgeschäfte in eigener
Verantwortung besorgt. Dass formal im Außenverhältnis kein Alleinvertretungsrecht bestanden hat, ist dabei von
untergeordneter Bedeutung. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der äußere Rahmen des einzelnen
Zuständigkeitsbereichs insbesondere was Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsleistung anging, durch einseitige Weisungen
der Klägerin geregelt wurde. Zu allen außergewöhnlichen Geschäften war im Innenverhältnis die Zustimmung der
Gesellschafterversammlung erforderlich. Hierzu zählten der Erwerb von anderen Unternehmen oder Beteiligung an
solchen, die Veräußerung des Unternehmens im Ganzen, Errichtung oder Aufhebung von Zweigniederlassungen,
wesentliche Erweiterung oder Einschränkung des Geschäftsumfangs etc. Den mehrheitlichen Entscheidungen der
Gesellschafter zu den wesenlichen betrieblichen bzw. unternehmerischen Fragen kommt im Hinblick auf ihr
gleichberechtigtes Mitwirken an der Entscheidungsfindung gegenüber den Geschäftsführern Weisungscharakter zu.
Gleichmäßig beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer sind nicht nur die alleinigen Geschäftsführer, sondern zugleich
die alleinigen Gesellschafter der GmbH, so dass ihnen in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer dieselben Personen
als Gesellschafter gegenüberstehen und daher ein - für ein Arbeitnehmer-Arbeitgeberverhältnis typischer -
Interessengegensatz kaum denkbar erscheint. Eine solche Identität legt vielmehr den Schluss nahe, dass die
Geschäftsführer im "eigenen" Unternehmen tätig und damit im Sinne der Sozialversicherung Selbständige sind (BSG-
Urteil vom 24.06.1982 - 12 RK 45/80).
Dementsprechend wird auch von der Grundsatzabteilung der Deutschen Rentenversicherung Bund die Ansicht
vertreten, dass gleichmäßig beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer in aller Regel nicht in einem abhängigen
Beschäftigungsverhältnis zur GmbH stehen (Andreas Menthe, Sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von
Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH in Die Angestelltenversicherung Heft 3/05 S.129). Ähnlich hat das
Bayer. Landessozialgericht am 16.03.2000 (L 9 Al 279/97) entschieden, dass der Minderheitsgesellschafter und
Geschäftsführer einer GmbH, der de facto gleichberechtigt mit einem oder zwei Mitgesellschafter-Geschäftsführern
einen kleinen bis mittleren Betrieb führt, eher dem Kreis der Selbständigen zuzurechnen ist. Auch die Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts geht in diese Richtung (Entscheidung vom 10.04.1991 in Der Betrieb 1991, S.2595). Das
erhebliche wirtschaftliche Eigeninteresse der Geschäftsführer an der Entwicklung der GmbH wird auch daraus
deutlich, dass sie neben der Stammeinlage von je 17.000,00 DM bereits zum Zeitpunkt der Gründung der Klägerin
eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 100.000,00 DM zugunsten der Klägerin eingegangen sind und
daher ein enormes persönliches Unternehmensrisiko trugen. Jeder der Geschäftsführer hat daher ein gesteigertes
Interesse am Erfolg der GmbH gehabt, welches deutlich über das Interesse eines angestellten Arbeitnehmers
hinausgeht, seinen Arbeitsplatz zu bewahren und sein monatliches Arbeitsentgelt zu erzielen. Hinzu kommt, dass die
Beigeladenen zu 1) bis 3) in Höhe von 10 % direkt am Gewinn beteiligt waren.
Wenn die Beklagte zur Unterstützung ihrer Rechtsansicht auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 06.03.2003
(SozR 4-2400 § 7 Nr.1) verweist, so kann dies im vorliegenden Fall nicht überzeugen. Im dort entschiedenen Fall war
die Abhängigkeit eines zusammen mit drei anderen Gesellschaftern zu je einem Viertel beteiligten Geschäftsführers
strittig. Im Gegensatz zum anhängigen Fall war dieser alleiniger Geschäftsführer, der verpflichtet war, die von der
Gesellschafterversammlung nach täglichen Besprechungen erteilten allgemeinen oder besonderen Anweisungen
auszuführen. Die dortigen Gesellschafter hatten also nicht die gleichen Rechte und Pflichten, ihr Verhältnis war nicht,
wie vorliegend, durch ein gleichberechtigtes Miteinander geprägt. Der dortige Geschäftsführer erhielt auch lediglich
eine Tantieme in Höhe von 5 % des Jahresüberschusses. Demgegenüber wird aus dem gleichlautenden
Formulierungen der Geschäftsführerverträge der Klägerin das Bemühen deutlich, keinen ihrer Gesellschafter zu
benachteiligen und etwaige Konfliktfelder wie Urlaubsumfang, Ansprüche im Krankheitsfall etc. von vornherein durch
klare Regelungen einzudämmen. Die Bestimmungen zu Gehalt, Urlaub, Lohnfortzahlung, Spesen stellen sich so
weniger als typische Arbeitnehmerrechte dar, sondern als Befugnis der Gesellschafter zur Entnahme von
Gesellschaftsvermögen. Der Verweis der Beklagten auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.06.1999
(B 2 U 35/98 R) kann keine Änderung der Überzeugung veranlassen. Bei der dortigen Fallkonstellation waren die
Gesellschafter nicht gleichberechtigt, im Vordergrund stand dort, ob Fachkenntnisse eines Geschäftsführers fehlende
Rechtsmacht kompensieren können.
Aus diesen Gründen war die Berufung in vollem Umfang erfolgreich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs.1 VwGO.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 SGG).