Urteil des LSG Bayern vom 08.06.2006

LSG Bayern: heizöl, heizungsanlage, wohnfläche, reparaturkosten, unterkunftskosten, haushalt, erlass, wohnung, senkung, notlage

Bayerisches Landessozialgericht
Beschluss vom 08.06.2006 (rechtskräftig)
Sozialgericht Regensburg S 15 AS 129/06 ER
Bayerisches Landessozialgericht L 7 B 301/06 AS ER
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 24. März 2006 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Der Antrag, dem Beschwerdeführer
Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Beschwerdeführer (Bf.) ein Anspruch auf Übernahme der Kosten zur
Beschaffung von Heizöl sowie der Reparaturkosten der Heizungsanlage zusteht.
Der 1951 geborene Bf. bewohnt mit seiner Ehefrau und dem Sohn in Bedarfsgemeinschaft ein Einfamilienhaus mit
einer Gesamtwohnfläche von 126 qm. Die Bedarfsgemeinschaft bezieht seit dem 19.05.2005 von der
Beschwerdegegnerin (Bg.) Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom
03.11.2005 wurde eine Heizkostenbeihilfe für die Heizperiode 2005/2006 (Zeitraum vom 01.10.2005 bis 30.04.2006) in
Höhe von 975,00 EUR bewilligt. Dem Drei-Personen-Haushalt wurden dabei 75 qm als angemessene Wohnfläche
zugestanden und dementsprechend bei einer Heizkostenbeihilfe von 13,00 EUR pro Jahr je Quadratmeter die
entsprechende Heizkostenbeihilfe gewährt. Am 10.02.2006 beantragte der Bf. die Übernahme von weiteren
Heizkosten. Der bewilligte Zuschuss entspreche nicht den tatsächlichen Kosten. Für diesen Betrag sei am 02.11.2005
Heizöl (1500 Liter) beschafft worden. Am 09.02.2006 hätte er weitere 1500 Liter Heizöl beschaffen müssen. Dieser
Verbrauch sei für eine Heizperiode normal. Sein Gesamtjahresverbrauch betrage 3400 Liter. Er beantrage die sofortige
Auszahlung, da er die Heizkosten aus den Mitteln der Bedarfsgemeinschaft leisten musste. Ferner hat er die
Übernahme der Reparaturkosten für die Heizungsanlage in Höhe von 1.102,00 EUR beantragt, weil diese am
09.02.2006 ausgefallen sei. Bei einem Hausbesuch vom 22.02.2006 wurde durch einen Bediensteten der Bg. festge-
stellt, dass die Tankanlage zu etwa einem Drittel gefüllt war.
Die Bg. lehnte daraufhin mit Bescheid vom 07.03.2006 die Gewäh-rung einer zusätzlichen Heizkostenbeihilfe sowie
einen Kostenersatz für die Heizungsreparatur ab. Die Höhe der Heizkostenbeihilfe für die Heizperiode 2005/2006 sei
mit 13,00 EUR pro qm angemessene Wohnfläche festgelegt worden. Da für einen Haushalt mit drei Personen die
angemessene Wohnfläche 75 qm betrage, errechne sich eine Heizkostenbeihilfe von 975,00 EUR, die mit Bescheid
vom 03.11.2005 auch bewilligt worden sei. Darüber hinaus könnten keine Heizkosten übernommen werden. Der hohe
Heizölverbrauch des Bf. sei auf unwirtschaftliches Verhalten und die unangemessene große Wohnfläche
zurückzuführen. Bereits mit Bescheiden vom 11.07.2005 und 03.11.2005 sei mitgeteilt worden, dass die
Unterkunftskosten für das Eigenheim mit einem Drei-Personen-Haushalt unangemessen hoch seien, so dass ab
01.12.2005 die Unterkunftskosten auf die angemessenen Kosten in Höhe von 428,00 EUR (Gesamtkosten ohne
Heizkosten) abgesenkt wurden.
Der Bf. wandte sich am 09.03.2006 mit dem Ersuchen um einstweiligen Rechtsschutz an das Sozialgericht
Regensburg (SG). Er sei der Meinung, dass die Bg. die zusätzlichen Heizkosten zu übernehmen habe. Auch sei die
Heizung ausgefallen, er könne die Reparaturkosten nicht bezahlen.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 24.03.2006 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt,
nach dem eigenen Vorbringen des Bf. lägen zum gegenwärtigen Zeitraum die Voraus-setzungen hierfür nicht vor. Der
Bf. habe bisher entsprechend des Bescheides vom 03.11.2005 für die Heizperiode 2005/2006 eine Heizkostenbeihilfe
in Höhe von 975,00 EUR erhalten. Zugrunde gelegt sei dabei die für einen Drei-Personen-Haushalt maßgebliche
Quadratmeterhöchstgrenze von 75 qm. Bei einer Heizungsbeihilfe von 13,00 EUR pro Jahr je qm Wohnfläche bzw.
Quadratmeterhöchstgrenze hätten dem Bf. 975,00 EUR an Heizkostenbeihilfe zugestanden. Für einen höheren Bedarf
fänden sich im Rahmen der summarischen Prüfung keine Anhaltspunkte, zumal erst zum 02.11.2005 1500 Liter
Heizöl getankt worden seien. Bezüglich der vorgetragenen Reparaturkosten für die Heizungsanlage lägen keine
Nachweise vor. Eine vollständige Aufklärung des diesbezüglichen Sachverhaltes habe im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren nicht zu erfolgen. Dies müsse in einem Hauptsacheverfahren bzw. in einem
Widerspruchsverfahren geschehen. Offen gelassen werden könne daher, ob ein Bedarf, der durch die gewährte
Heizkostenbeihilfe vollständig gedeckt worden sei, zu einer (nochmaligen) darlehensweisen Leistungsgewährung
führen könne. Nachdem tatsächlich Heizöl vorhanden sei, sei auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes
zweifelhaft. Dies gelte auch bezüglich der Übernahme der Kosten für die Heizungsreparatur. Die Reparatur der
Heizung sei nach Angaben des Bf. am 09.02.2006 durchgeführt worden. Für eine Entscheidung bezüglich der
Übernahme der Reparaturkosten sei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kein Raum. Soweit der Bf.
geltend mache, die Rechnungen für das Heizöl aus den Mitteln der Bedarfsgemeinschaft bezahlt zu haben, könnte
sich daraus ein Anspruch nach § 23 Abs. 2 SGB II ergeben, der nach Vorlage entsprechender Nachweise von der Bg.
zu prüfen wäre. Im Übrigen weise das Gericht darauf hin, dass Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende
gemäß § 27 Abs. 2 SGB II grundsätzlich nicht für Zeiten vor Antragstellung erbracht würden. Der Bf. habe aber die
Öltanks schon vor Antragstellung befüllen lassen. Ebenso sei die Heizungsanlage wohl ohne vorherige Rücksprache
mit der Bg. repariert worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Bg. nicht erreichbar gewesen wäre, seien nicht ersichtlich.
Der Bf. hat gegen den am 04.04.2006 zugestellten Beschluss am 20.04.2006 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht
abgeholfen hat (Beschluss vom 21.04.2006). Zur Begründung macht er geltend, der Beschluss des SG erfülle nicht
die Anforderungen, die sich aus dem Grundgesetz für ein menschenwürdiges Leben ergäben. Bei einer annähernd
doppelten Wohnfläche könnten nicht Heizkosten für eine 75 qm große Wohnung zugrundegelegt werden. Die
Instandsetzung der Heizung sei nur eine provisorische gewesen.
Der Beschwerdeführer stellt sinngemäß den Antrag, den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 24.03.2006
aufzuheben und die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, ihm weitere Heizkosten sowie die Kosten für eine Reparatur
der Heizanlage zu erstatten.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen.
II.
Die eingelegte Beschwerde ist zulässig, sachlich ist das Rechtsmittel nicht begründet, weil das SG zu Recht
entschieden hat, dass der Bf. keinen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes
in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur
Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Dabei hat der Bf. sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen
Regelung (den Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den Anordnungsanspruch)
glaubhaft zu machen.
Der Bf. hat bezüglich der Heizkosten und der Kosten für die Reparatur der Heizungsanlage keinen
Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Insoweit wird entsprechend § 142 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Da das Heizöl nach den Angaben des Bf. aus den Mitteln
der Bedarfsgemeinschaft bereits bezahlt wurde und nach Aktenlage die Heizungstanks im Februar 2006 noch zu
einem Drittel gefüllt waren, besteht bezüglich dieser Kosten keine Eilbedürftigkeit. Dass auch bezüglich der
Reparaturkosten für die Heizungsanlage zur Zeit keine Eilbedürftigkeit besteht, ergibt sich schon aus dem eigenen
Sachvortrag des Bf., wonach die Anlage - wenn auch provisorisch - repariert ist. Dass der Bf. im Hauptsacheverfahren
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit obsiegen wird, lässt sich bei der in einem Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Überprüfung zur Zeit nicht sagen. Da beim Bf. gegenwärtig keine
Notlage vorliegt, weil er die Regelleistung nach § 20 Abs. 1 und 2 SGB II erhält und sein Existenzminimum gesichert
ist, hat er auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Offensichtlich verkennt der Bf. trotz eines entsprechenden Hin-weises des Gerichts, dass das SG und der Senat mit
ihren Be-schlüssen nicht darüber zu entscheiden hatten, ob, in welcher Höhe und ab wann ihm der geltend gemachte
Anspruch zusteht, sondern nur darüber, ob die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung
vorliegen, insbesondere, ob Eilbedürftigkeit gegeben ist. Es ist dem Bf. daher unter Abwägung der Interessenlage der
Beteiligten zumutbar, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Im Hauptsacheverfahren wird zu klären
sein, ob die Verfahrensweise der Bg. rechtmäßig ist, als Heizkosten einen Betrag pro qm für eine von ihr als
angemessen angesehene Wohnung anzusetzen oder ob sie nicht die tatsächlichen Heizkosten für die ersten sechs
Monate nach einer konkreten Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten zu übernehmen hat. Ob der Hinweis im
Bescheid vom 11.07.2005, dass die jetzige Hausbelastung längstens bis 30.11.2005 anerkannt werde, als
hinreichende Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten anzusehen ist, erscheint zweifelhaft (dazu Urteil des
Senats vom 17.03.2006 - L 7 AS 20/05, Revisionsverfahren anhängig unter dem Az.: B 7b AS 10/06 R).
Aus den dargestellten Gründen war der Antrag des Bf., ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu
bewilligen, wegen fehlender Erfolgsaussichten abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit einem weiteren Rechtsmittel anfechtbar.