Urteil des LSG Bayern vom 24.01.2007

LSG Bayern: geistige behinderung, körperpflege, pflegebedürftigkeit, versorgung, anleitung, belastung, wohnung, demenz, form, kopfschmerzen

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 24.01.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Regensburg S 2 P 80/05
Bayerisches Landessozialgericht L 2 P 19/06
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 23.03.2006 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Zuerkennung der Pflegestufe I.
Der 1949 geborene Kläger beantragte am 09.09.2005 Leistungen der Pflegeversicherung. Die Gutachterin B. führte im
Gutachten vom 04.11.2005 aus, aus den krankheits- bzw. behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen
resultiere keine erhebliche Pflegebedürftigkeit. Der Kläger gab Wirbelsäulenbeschwerden an, die Gutachterin stellte
Atemnot bei starker Belastung und feinschlägigen Tremor der Hände, bei Belastung verstärkt, fest. Auch aus den
dokumentierten Auffälligkeiten resultiere keine demenzbedingte Fähigkeitsstörung, geistige Behinderung oder
psychische Erkrankung. Ein regelmäßiger Aufsichts- und Betreuungsbedarf liege nicht vor. Der Kläger sei antriebslos
und pflege sich aus eigenem Antrieb nur unzureichend. Im Vordergrund stehe der hauswirtschaftliche
Versorgungsbedarf. Daher berechnete die Gutachterin im Bereich Körperpflege einen Zeitbedarf von 17 Minuten, da
regelmäßige Anleitung und Hilfe zur Körperpflege sinnvoll sei, im Bereich Mobilität, An- und Auskleiden 4 Minuten, da
zum Wäschewechsel angeleitet werden müsse und im Bereich hauswirtschaftliche Versorgung 40 Minuten, da
regelmäßige Hilfe erforderlich sei.
Mit Bescheid vom 08.11.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Pflegeleistungen ab. Den Widerspruch vom
02.12.2005 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2005 zurück.
Zur Begründung der hiergegen gerichteten Klage verwies der Kläger auf seine Gehbehinderung und einen
Leberschaden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23.03.2006 erklärte der Kläger auf Fragen des
Vorsitzenden, er könne alle Verrichtungen des täglichen Lebens selbst ausführen.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 23.03.2006 ab. Im Bereich der Grundpflege bestehe kein Hilfebedarf
von mehr als 45 Minuten.
Mit der Berufung vom 04.05.2006 wandte der Kläger ein, er sei schwerbehindert, Gesundheitsstörungen bestünden an
der Leber und der Wirbelsäule, so dass er nicht mehr alle Arbeiten ausführen könne. Auch leide er unter starkem
Kopfweh.
Der Kläger stellt sinngemäß den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 23.03.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des
Bescheides vom 08.11.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2005 zu verurteilen, ihm ab
Antragstellung Leistungen aus der Pflegeversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 23.03.2006 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und
Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Gemäß § 37 Abs. 1 S. 1 bis 3 des Elften Sozialgesetzbuches (SGB XI) können Pflegebedürftige Pflegegeld erhalten,
wenn sie die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung durch eine Pflegeperson im Sinne des § 19
S. 1 SGB XI in geeigneter Weise dem Umfang des Pflegegeldes entsprechend sicherstellen und zumindest die
Pflegestufe I vorliegt. Die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den einzelnen Pflegestufen
richtet sich nach dem Umfang des Pflegebedarfs bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden
Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, wie sie in § 14 Abs. 4 SGB XI verzeichnet sind; dieser Katalog der
Verrichtungen stellt eine abschließende Regelung dar, die sich am Tagesablauf eines nichtbehinderten Menschen
orientiert (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 3).
Die Gewährung von Leistungen nach der Pflegestufe I setzt voraus, dass der Zeitaufwand für die erforderlichen
Hilfeleistungen der Grundpflege täglich mehr als 45 Minuten, für Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung
zusammen mindestens 90 Minuten beträgt (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI).
Wie die Gutachterin des MDK im Gutachten vom 04.11.2005, das im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird,
ausgeführt hat, besteht im Bereich der Körperpflege ein Zeitbedarf von 8 Minuten täglich für Ganzkörperwäsche, 6
Minuten täglich für Duschen, jeweils 1 Minute täglich für Zahnpflege, Kämmen und Rasieren, also ein Zeitbedarf im
Bereich der Körperpflege von 17 Minuten täglich. Dies ist damit zu begründen, dass ein fiktiver Hilfebedarf insofern
besteht, als regelmäßige Anleitung und Hilfe zur Körperpflege sinnvoll wären.
Im Bereich der Mobilität benötigt der Kläger Hilfe beim Ankleiden und Ausziehen von insgesamt 4 Minuten, da
Anleitung zum Wechseln der Wäsche notwendig wäre.
Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung wäre Hilfe beim Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Pflege der
Wäsche und Kleidung, 40 Minuten täglich, notwendig.
Zwar bestehen psychische Auffälligkeiten insoweit, als eine Verwahrlosungstendenz festzustellen war und der Kläger
sich aus eigenem Antrieb nur unzureichend pflegt. Eine Demenz oder geistige bzw. psychische Behinderung besteht
aber nicht. Eine erhebliche Pflegebedürftigkeit resultiert aus den krankheits- bzw. behinderungsbedingten
Funktionseinschränkungen, wie die Gutachterin erläutert, nicht. Im Vordergrund steht der hauswirtschaftliche
Versorgungsbedarf.
Auch die vom Kläger im Berufungsverfahren erwähnten Gesundheitsstörungen an Leber, Wirbelsäule und die
schweren Kopfschmerzen können zu keiner anderen Beurteilung bezüglich der Pflegebedürftigkeit als im Gutachten
vom 04.11.2005 führen. Eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes ist nicht vorgetragen und auch nicht
ersichtlich. Über Schmerzen klagte der Kläger auch gegenüber Frau B ... Die verordneten Medikamente, die bei
Übelkeit und bei Erkrankungen des Nervensystems angewandt werden, deuten auf keine weiteren, pflegerelevanten
Gesundheitsstörungen hin.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.