Urteil des LSG Bayern vom 06.08.2003

LSG Bayern: altersrente, abschlag, unfallversicherung, anwendungsbereich, avg, ausnahme, begünstigung, ausschuss, verminderung, bestätigung

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 06.08.2003 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 13 RA 242/99
Bayerisches Landessozialgericht L 1 RA 48/01
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 24. Januar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenständlich ist eine Aufhebung gemäß § 44 SGB X und Neufeststellung einer Rentenfeststellung der
Beklagten vom 15.03.1989.
Dem am 1924 geborenen Kläger hatte die Beklagte mit Bescheid vom 15.03.1989 antragsgemäß Altersruhegeld
bewilligt und entsprechend § 1278 Reichsversicherungsordnung (RVO) ein Ruhen der Rente in Höhe von 998,95 DM
nach § 55 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) festgestellt. Der Kläger hatte seit 01.09. 1959 aufgrund eines
Arbeitsunfalls vom 02.04.1957 von der Bayer. Bau-Berufsgenossenschaft München (Bau BG) eine Unfallrente nach
einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 v.H. auf Dauer (zuvor vorläufige Rente nach 60 vom 100)
bezogen. Der Grenzbetrag i.S.d. § 1278 RVO ergab sich aus der Bemessungsgrenze der gesetzlichen
Rentenversicherung, da dieser höher war als der Jahresarbeitsverdienst (JAV) aus der gesetzlichen
Unfallversicherung (Differenz von 46.402 DM zu 45.010 DM). Schon damals bemängelte der Kläger eine
Benachteiligung aufgrund des geringen Betrags seines 1957 ermittelten Jahresarbeitsverdienstes und seiner
Beitragszahlung in die Rentenversicherung bis zum 65. Lebensjahr, weil sich wegen der Kürzung seiner
Versichertenrente durch die Verletztenrente die Altersrente nicht mehr habe steigern können.
Durch das Rentenreformgesetz 1992 (RRG 92) erfolgte eine Umwertung der Rentenzahlung unter Beibehaltung des
Grenzbetrags nach einem Niveau von 80 v.H. (Mindestgrenzbetrag i.S.d. § 311 SGB VI) ohne Berücksichtigung des
Schonbetrages in Höhe einer Grundrente von 50 v.H. nach dem Bundesversorgungsgesetz gem. § 93 Abs. 3 SGB VI
bei der anzurechnenden Verletztenrente.
Unter Berufung auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 31.03.1998 (Az.: B 4 RA 118/95) beantragte der
Kläger nach § 44 SGB X am 26.05.1998 die zusätzliche Berücksichtigung eines Freibetrages in Höhe der Grundrente.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 18.02.1999 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab und legte dar, warum sie
der Entscheidung des BSG nicht folge. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies sie am 08.06.1999
zurück. Sie vertrat dabei die Auffassung, dass der 4. Senat des BSG die Vorschrift des § 266 SGB VI gegen den
Wortlaut, seine systematische Stellung im Gesetz und den Wil-len des Gesetzgebers ausgelegt habe.
Mit seiner zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sich wiederum auf die erwähnte
Rechtsprechung des 4. Senats berufen. Die Beklagte hat auf Anfrage mitgeteilt, dass sich unter Zugrundelegung der
Berechnungsweise des 4. Senats des BSG eine Erhöhung der monatlichen Bruttorente um 111,21 DM ergäbe.
Durch Urteil vom 24.01.2001 hat das SG die Klage abgewiesen, weil es sich der Rechtsauffassung des 4. Senats des
BSG nicht habe anschließen können. Für Bestandsrenten gelte § 93 SGB VI nicht. § 266 SGB VI sei wiederum nur
eine Sondervorschrift zur Neufeststellung von Renten mit Beginn vor 01.01.1992. Somit sei § 266 nur eine Ergänzung
zu § 93 SGB VI im Falle der Neufeststellung, was sich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 11/4124, S. 207 zu
§ 302 sowie BT-Drucks. 11/5530 S. 56 zu § 260a bzw. 11/4124, S. 174 zu § 92) ergebe.
Mit der hiergegen zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung hat der Kläger sein bisheriges
Vorbringen wiederholt und die Nachzahlung der Differenzbeträge ab 01.05.1989 beantragt. Dagegen hat sich die
Beklagte auf das Urteil des SG berufen und erneut die Richtigkeit der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG
bezweifelt. Insbesondere habe das Bundesverfassungsgericht die damals geltenden Ruhensvorschriften nach §§ 55,
56 AVG mehrfach bestätigt (SozR Nr. 69 zu Art. 3 GG, SozR 2200 § 1279 Nr. 6 und § 1278 Nr. 11). Auch seien
Stichtagsregelungen zulässig, hier insbesondere auch, weil Bestandsrenten weiterhin bei einem Grenzbetrag von 80
statt 70 vom 100 des günstigeren Betrages belassen seien.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG Augsburg vom 24.01.2001 sowie des
Bescheides vom 18.02.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.06.1999 zu verpflichten, den
Bescheid vom 15.03.1989 betreffend seine Altersrente abzuändern und Altersrente ab 01.01.1994 unter
Berücksichtigung des Freibetrages nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird ergänzend auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten sowie der
Akte der Bayer. Bau-Berufsgenossenschaft München Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG - soweit es die
Voraussetzungen des § 44 SGB X und die Anwendung von § 1278 Reichsversicherungsordnung (RVO) und § 311
SGB VI betrifft - als unbegründet zurück und sieht bis auf das Folgende von einer weiteren Darstellung der
Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG in der Fassung der Vereinfachungsnovelle vom 11.01.1993, BGBl. I, 50
i.V.m. § 136 Abs. 3 SGG).
Nach § 44 SGB X ist ein bei seinem Erlass unrichtiger Verwaltungsakt, soweit sich dies im Einzelfall ergibt,
aufzuheben. Die Vorschriften der §§ 311, 266 SGB VI gelten erst seit dem 01.01.1992, so dass bei Bescheiderlass
am 15.03.1989 die Bestimmung der Altersrente durch die Beklagte rechtmäßig nach § 1278 RVO erfolgt war. Ein
Neufeststellungsgrund wegen wesentliche Änderung der maßgeblichen Verhältnisse (§ 48 SGB X) ist in der Sache
des Klägers nicht gegeben. Aus Gründen der Rechtsänderungen durch das Rentenreformgesetz 1992 (RRG 92) erfolgt
keine neue Bestimmung des Stammrechts des Klägers (§§ 306 Abs. 1, 300 Abs. 3 SGB VI). Ausnahmen nach § 306
Absätze 2, 3 und 4 SGB VI sind tatbestandlich nicht gegeben. Beim Kläger erfolgte lediglich eine Umwertung im
technischen Sinne, wobei statt des persönlichen Vomhundertsatzes nunmehr persönliche Entgeltpunkte ermittelt
wurden (§ 307 Abs. 1 SGB VI). Auch § 311 SGB VI erlaubt als Bestandsschutzvorschrift im Kontext des zweiten
Abschnitts des 5. Kapitels "Sonderregelungen" keine neue Berechnung dem Grunde nach. Nach dem zweiten
Abschnitt ("Ausnahmen von der Anwendung neuen Rechts") ist gerade für den hier strittigen Regelungsteil des
Rentenanspruchs des Klägers dem Grunde nach die Fortgeltung des alten Rechts vorgeschrieben. § 311 als eine
Rechtsnorm aus dem fünften Unterabschnitt (§§ 311 bis 314 SGB VI) ordnet die Fortschreibung des alten Rechts mit
der durch den Übergang zu Entgeltpunkten erforderlichen Modifizierung (§ 311 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und
Satz 1 letzter Halbs. SGB VI) an.
Letztlich könnte man beim Kläger nur zu einer Änderung gelangen, wenn § 311 SGB VI hinsichtlich des Teils der
Rentenberechnung, der nicht das Stammrecht betrifft (leistungsvernichtende Einwendungen der Gewährung einer
Unfallrente), doch eine Neufeststellung erlauben würde. Dies ist wohl der Sinn der Entscheidung des BSG vom
31.03.1998, wenn darin ausgeführt wird: "Im Gegensatz zur früheren Rechtslage bleibt bei der Anrechnung der
Verletztenrente nunmehr allerdings ein Freibetrag unberücksichtigt, der dem Ausgleich des auf Folgen des
Arbeitsunfalls/ der Berufskrankheit beruhenden immateriellen Schadens des Verletzten dient (§ 93 Abs. 2 Nr. 2 a SGB
VI, sog. Schonbetrag). Das Gesetz trägt damit jedenfalls zukunftsgerichtet dem verfassungsrechtlich zur Vermeidung
einer unverhältnismäßigen Schrankenbestimmung des dem Schutz der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG)
unterfallenden Werts des RV-Rentenrechts Gebotenem und einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Bezieher
von Unfallrenten Rechnung". Rechtstechnisch wird dies damit begründet, dass § 300 Abs. 5 SGB VI als
abschließende Spezialregelung des Zusammentreffens von RV- und UV-Renten § 311 SGB VI für diejenigen
verdränge, die - wie der Kläger - am 31. Dezember 1991 materiell-rechtlich Anspruch auf eine Rente nach den
Vorschriften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet und auf eine Rente aus der UV
hatten. § 311 SGB VI zeige sich in Aufbau und Wortwahl an § 93 SGB VI angelehnt. Wie § 93 SGB VI sei damit
rechtstechnisch auch § 311 SGB VI als rechtsvernichtende Einwendung gegen die einzelnen Zahlungsansprüche
ausgestaltet. Innerhalb der insofern immerhin in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Bestimmung mangele es
jedoch an einer zumindest naheliegenden und systematisch hier zu erwartenden Regelung, die die Bestandsrentner
jedenfalls modifiziert an der Begünstigung teilhaben lasse, die Zugangsrentnern mit § 93 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI
eingeräumt würde. Es erschließe sich nämlich jedenfalls nicht ohne weiteres, warum der Verletztenrente aus der UV
innerhalb ein und desselben rentenversicherungsrechtlichen Zusammenhangs unterschiedliche Zwecke zuerkannt
bzw. trotz gesetzlicher Klarstellung durch das RRG 1992 einem mit der Verletztenrente generell verbundenen Zweck
allein bei Zugangsrentnern Rechnung getragen werden sollte.
Letztlich müsste dann rechtssystematisch aus dem Rechtsgedanken des § 300 SGB VI von der Anwendung des
neuen Rechts für den Schonbetrag ab 01.01.1992 ausgegangen werden (insbesondere § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI),
weil i.S. des § 300 Abs. 5 SGB VI doch etwas anderes bestimmt ist. § 266 SGB VI kann aber keine andere
Bestimmung i.S. des § 300 Abs. 5 SGB VI sein, nachdem nach dessen ausdrücklichem Wortlaut nur die dem § 300
SGB VI folgenden Vorschriften in Bezug genommen sind.
Der vom 4. Senats des BSG vorgenommenen Auslegung folgt der erkennende Senat nicht. Dem Wortlaut des § 311
Abs. 5 SGB VI nach ist darin nur der Grenzbetrag in Höhe von 80 vom 100 des JAV und der Mindestgrenzbetrag von
zwei Dritteln des aktuellen Rentenwerts vervielfältigt mit den persönlichen Entgeltpunkten im Dezember 1991 geregelt,
nicht aber ein Schonbetrag (Aussparung in Höhe der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz), wie ihn § 93
SGB Abs. 2 Nr. 2 a VI bestimmt. Der Anwendungsbereich des § 311 SGB VI ist abschließend und lückenlos in dem
gesamten Regelungsbereich gegeben, den der fünfte Unterabschnitt bezeichnet ("Zusammentreffen von Renten und
von Einkommen") ohne etwas anderes im Sinne des §§ 300 Abs. 5 SGB VI zu bestimmen. D.h., § 311 SGB VI ordnet
gerade nicht die Anwendung des neuen Rechts (hier: § 93 SGB VI) an. Auch gelten alle Regelungen des fünften
Kapitels des SGB VI wie dessen zweiter Abschnitt (mit Ausnahme des § 266 SGB VI, siehe dazu unten) der
Fortführung alten Rechts, womit mangels Vorgängervorschrift zum Schonbetrag § 93 SGB VI eine solche Regelung
auch nicht weitergeführt werden kann. Dem gegenüber nimmt das BSG rechtstechnisch wohl eine Lückenschließung
vor. Denn es bringt Ausführungen zu Sicherungsfunktion der Grundrente der gesetzlichen Unfallversicherung und zu
Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG an, um dann eine Auslegung von § 311 SGB VI vorzunehmen, die die gleichzeitige
modifizierte Anwendung des § 266 SGB VI erlaubt. Das BSG führt nämlich weiter aus: "Insofern enthält jedoch - unter
identischer Beschreibung seines persönlichen Anwendungsbereichs - § 266 SGB VI eine den § 311 Abs. 2 Nr. 1
Buchst a SGB VI ergänzende Regelung, die im Ergebnis dazu führt, dass - unter typisierender Berücksichtigung des
ihnen mit § 311 Abs. 5 SGB VI eingeräumten Vorteils und der individuellen Relation von Höhe der GRV-Rente,
Grenzbetrag und Grundrente nach dem BVG - auch Bestandsrentner in den Genuss einer modifizierten
Freibetragsregelung gelangen". Mit einer systematischen Auslegung ist eine derartige Rechtsfolge aus § 311 SGB VI
nach Ansicht des erkennenden Senats nicht zu erzielen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in den
Entscheidungsgründen des SG, wie auch auf die oben erfolgte Darstellung des Systems der Sonderregelungen im
fünften Kapitel des SGB VI Bezug genommen. Auch der Gesetzgeber (Wille des Gesetzgebers) hat die vom BSG
gefundene Rechtsfolge ausweislich der von diesem selbst zitierten Drucksachen nicht gewollt (BT-Drucks. 11/5530 S.
56). So ist im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuss) in der BT-Drucks. 11/5530 im
besonderen Teil zu § 260a (S. 118) ausgeführt: "Erhöhung des Grenzbetrages - die Regelung ist erforderlich, um den
sich aus den §§ 302 und 303 ergebenden Besitzschutz auch für den Fall der Neufeststellung und für spätere Renten
desselben Berechtigten, bei denen sich der Grenzbetrag ansonsten nach § 92 (jetzt § 93) bestimmt, zu
gewährleisten." Zu § 92 (jetzt § 93) ist in den Materialien (BT-Drucks. 11/4124, S. 174) ausgeführt, dass die
Festsetzung des neuen Grenzbetrags auf 70 vom 100 neben der gestiegenen Lohnabzugsquote auch dem Umstand
Rechnung trage, dass entsprechend dem Grad der MdE ein bestimmter Betrag der Verletztenrente freigestellt werde.
Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass aus wohl erwogenen Gründen ein Systemwechsel (Ermäßigung auf 70 vom
100 der Bezugsgröße bei gleichzeitigem Abschlag in Höhe des Schonbetrags) erfolgt, ohne dass die bisherige
Regelung unzutreffend gewesen wäre. Auch zeigt sich deutlich, dass der bisherige Rechtszustand im Falle der
Neufeststellung nur in Kombination mit dem Abschlag in Höhe der Grundrente aufrechterhalten werden soll.
Auch dem weiteren Argument des BSG, dass sich ein denkbarer Anwendungsbereich für § 266 SGB VI nur im
Rahmen von § 311 SGB VI ergeben könne, aus dessen Kontext sich damit notwendig das Verständnis seines
Regelungsgehalts bestimme, weil nur bei dieser Lesart § 266 einen Anwendungsbereich habe und Normen notwendig
einen solchen haben müssten, kann der Senat nicht folgen. Es sind bei der Auslegung und Rechtspraxis der
Beklagten zu § 266 SGB VI durchaus Anwendungsfälle gegeben. Diese sind in der Literatur (vgl. Langen,
Zusammentreffen von Rente aus der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, gesetzliche Regelungen und
Rechtsprechung des 4. Senats des BSG, DAngVers 1999, 128 ff, 139) aber auch schon von Rechtsprechung
dargestellt worden (BSG Urteil vom 21.04.1999, Az.: B 5 RA 1/97 R). Das Gleiche gilt für die oben bereits
wiedergegebene Begründung des Gesetzgebers (Ausschussbericht BT-Drucks. 11/5530 S. 56 zu § 260a).
Damit ist § 266 SGB VI im systematischen Kontext so zu lesen, dass § 266 SGB VI eine Sonder- oder
Ausnahmeregelung zu § 93 SGB VI ist, welche als maßgeblichen Mindestgrenzbetrag (günstigsten Grenzbetrag, nicht
Grenzmindestbetrag, da nur ein höherer Grenzbetrag günstiger ist) den nach Maßgabe des § 266 SGB VI
verminderten Grenzbetrag des § 311 Abs. 5 SGB VI bzw. des § 312 SGB VI bestimmt, wenn dieser höher ist als der
sich aus § 93 Abs. 3 SGB VI ergebende Grenzbetrag. Dies kann besonders der Fall sein, wenn der Berechnung der
Verletztenrente ein hoher JAV zugrundeliegt, bei dem die Verminderung des Grenzbetrags von 80 auf 70 Prozent
größer wäre als der Abzug der Schonbetrags; was aber beim Kläger nicht der Fall ist.
Weiter ist dem zu entnehmen, dass daher nur bei Neufeststellungen des Stammrechts (Versicherungsfalles) die
Anordnung des aufgezeichneten Günstigkeitsprinzips einen Sinn macht. Bei nach dem 01.01.1992 gleichbleibendem
Stammrecht genügt die Regelung des § 311 SGB VI; weder verschlechtert noch verbessert sich der Versicherte mit
seiner Bestandsrente. Zudem bestehen an der Fortschreibung der bisherigen Rechtslage keine
verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Bestandsrentner sind zwar, soweit nach hier vorgenommener Auslegung § 266
SGB VI mangels Neufeststellung keine Anwendung findet, von der Rechtsfolge des § 93 SGB VI mit einem Abschlag
in Höhe der Grundrente nach dem BVG bei der anzusetzenden Verletztenrente ausgenommen, was aber nach
früherem Rechtszustand als verfassungsgemäß angesehen wurde (vgl. BVerfG Kammerbeschluss vom 19. Juli 1984
- 1 BvR 1614/83 - SozR 2200 § 1278 Nr. 11). Zudem verschafft das ab 01.01.1992 geltende Recht (vgl. § 311 Abs. 5
SGB VI) für Bestandsrenten einen Ausgleich, weil es die höhere Bemessungsgrundlage belässt und dadurch die
fehlende Aussparung der Grundrente kompensiert.
Auch die Rechtsprechung des 5. Senats des BSG (a.a.O.) zeigt, das dieses Ergebnis zutreffend ist. Dieser hatte
einen Fall der Neufeststellung (neu bewilligtes Altersruhegeld im Anschluss an die am 31. Dezember 1991 geleistete
Berufsunfähigkeitsrente) zu entscheiden, bei dem es allerdings wegen fehlender Verbesserung durch die Anwendung
neuen Rechts nicht auf die Entscheidung der hier strittigen Auslegungsfrage ankam. Dennoch sind erhebliche Zweifel
an der Rechtspraxis des 4. Senats für Fälle von Bestandsrentnern geäußert worden.
Keinesfalls besteht aber, wenn dies der Kläger meint, ein Anspruch darauf, den ungeminderten Grenzbetrag nach §
311 Abs. 5 SGB VI zu behalten und gleichzeitig den Schonbetrag nur bei der Ermittlung des anzurechnenden
Einkommens zu berücksichtigen. Wenn, dann wäre allenfalls der bisherige Grenzbetrag (monatliche
Bemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung ermittelt nach § 311 Abs. 5 Satz 1 letzter HS SGB VI:
persönlicher Vomhundertsatz von 155,64 multipliziert mit 2/3 des aktuellen Rentenwerts 1998 von 47,65 DM, 31,77 =
4944,164 DM), vermindert um den Betrag einer BVG-Grundrente nach 50 vom 100 (1998: 397 DM zusätzlich
Altersbetrag von 43 DM = 440 DM mit dem Ergebnis von 4504 DM), dem Betrag nach § 93 Abs. 3 SGB VI (70 vom
100 eines Zwölftels des JAV von 56757,25 mit dem Ergebnis von 3310,84 DM) gegenüber zu stellen und dann die
Verletztenrente vermindert um den Schonbetrag anzurechnen.
Eine Bestätigung der bisherige Rechtspraxis der Beklagten ist im Übrigen auch durch das Urteil des LSG für das Land
Nordrhein-Westfalen vom 09.05.2003 (Az.: L 13 RJ 85/99) erfolgt. In dieser Sache ist die Revision beim BSG
anhängig (Az. B 5 RJ 30/03).
Demgemäss war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist zuzulassen, weil der Senat von der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 31.03.1998 (Az. B 4
RA 118/95 R) abweicht (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).