Urteil des LSG Bayern vom 22.02.2005

LSG Bayern: fibromyalgie, psychische störung, stationäre behandlung, erwerbsfähigkeit, leistungsfähigkeit, erwerbsunfähigkeit, wechsel, einfluss, diagnose, arbeitsmarkt

Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 22.02.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Regensburg S 7 RJ 694/00
Bayerisches Landessozialgericht L 6 R 41/03
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 2. Dezember 2002 wird
zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Leistung einer Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung.
Die 1949 geborene Klägerin, die keinen Beruf erlernt hat, war in ihrem Arbeitsleben als Metzgereiverkäuferin,
Filialleiterin in einer Metzgerei und ab 10.07.1985 als Stationshilfe im Bezirkskrankenhaus R. versicherungspflichtig
beschäftigt. Seit 26.05.1999 ist sie arbeitsunfähig erkrankt.
Anläßlich eines Verfahrens wegen der Bewilligung von medizinischen Leistungen zur Rehabilitation beantragte die
Klägerin am 23.09.1999 bei der Beklagten die Leistung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit.
Mit Bescheid vom 30.05.2000 und Widerspruchsbescheid vom 05.10.2000 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil die
Klägerin trotz ihrer Gesundheitsstörungen (generalisierte Schmerzstörung mit erheblicher psychovegetativer
Überlagerung, keine Hinweise auf eine krankheitswertige Depression) noch in der Lage sei, auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt vollschichtig zu arbeiten. Im Widerspruchsverfahren hatte die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie
nach ärztlicher Feststellung eine vollschichtige Tätigkeit als Reinigungskraft und als Stationshilfe nicht mehr ausüben
könne. Sie sei vielmehr überhaupt nicht mehr in der Lage, regelmäßig zu arbeiten. Es sei das Krankheitsbild der bei
ihr vorliegenden Fibromyalgie nicht hinreichend gewürdigt worden, sowie, dass sie an Beeinträchtigungen durch
krankhafte Veränderungen der Wirbelsäule leide und an Schwindel- und Ohnmachtsanfällen.
Dagegen hat die Klägerin zum Sozialgericht Regensburg Klage erhoben und erneut auf ihr Krankheitsbild der
Fibromyalgie hingewiesen.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Sozialgericht das von der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.K. am
08.03.2002 erstattete Gutachten eingeholt. Diese führte aus, die Klägerin sei in der Lage, leichte Arbeiten im Wechsel
von Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen Räumen, ohne schweres Heben und Tragen, vollschichtig
auszuüben.
Auf Antrag der Klägerin gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das Sozialgericht sodann das von dem
Facharzt für Orthopädie Dr.L. am 05.07.2002 erstattete weitere Gutachten ein. Dieser führte aus, aufgrund des
generalisierten, progredienten Fibromyalgie-Syndroms sei die Klägerin nurmehr in der Lage, etwa halbschichtig leichte
Arbeiten, wechselnd im Gehen, Stehen und Sitzen, in geschlossenen Räumen, ohne schweres Heben und Tragen von
Lasten, ohne stereotype Körperhaltung, ohne Einfluss von Kälte und Nässe, ohne Einfluss von Streß und hohem
Verantwortungsniveau, nicht im Akkord, nicht auf Leitern und Gerüsten und ohne Wechselschicht zu verrichten.
Hierzu legte die Beklagte eine Stellungnahme des Arztes für Chirurgie Dr.L. vom 26.08.2002 vor, nach dessen
Auffassung der im Gutachten des Dr.L. erfolgten sozialmedizinischen Beurteilung nicht gefolgt werden könne. In der
gängigen sozialmedizinischen Literatur würden Patienten mit gesicherter Fibromyalgie und einem erheblichen
subjektiven Leidensdruck zwar als beeinträchtigt angesehen, eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte bis
gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten bleibe jedoch in der Regel erhalten.
Nach Auffassung der Klägerin - Schriftsatz vom 21.09.2002 - habe Dr.L. , anders als die Vorgutachter, sich
aussführlich mit dem Krankeitsbild der Fibromyalgie und deren Auswirkungen bei der Klägerin befasst.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.12.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und ausgeführt, die im Rahmen
des Mehrstufenschemas als ungelernte Arbeiterin einzuordnende Klägerin sei auf dem maßgeblichen allgemeinen
Arbeitsmarkt noch vollschichtig einsatzfähig, weshalb ein Rentenanspruch nicht bestehe. Es könne der Auffassung
von Dr.L. hinsichtlich der Einschränkung der Erwerbsfähigkeit nicht gefolgt werden. Dieser teile keinerlei Befunde mit,
die seine Einschätzung einer unterhalbschichtigen Leistungsfähigkeit der Klägerin objektivieren könnten und er weise
selbst auf die Schwierigkeit der Untersuchung von Fibromyalgie-Patienten hin. Er führe aus, dass der Gutachter
notgedrungen auf subjektive Angaben des Betroffenen und möglicherweise auf die von Angehörigen angewiesen sei.
Dies allein könne jedoch keine Grundlage für eine Verurteilung der Beklagten zur Rentengewährung sein.
Dagegen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 11.01.2003 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und
sich zur Begründung insbesondere auch auf das Gutachten von Dr.L. aus dem Verfahren erster Instanz bezogen.
In der Folge musste sich die Klägerin in stationäre Behandlung der R. Kreiskrankenhäuser vom 11.03.2003 bis
27.03.2003 begeben, sowie sich anläßlich eines Aufenthaltes vom 18.09.2003 bis 28.09.2003 in der Klinik für Urologie
der Universität R. einer Operation eines Uretelkarzinoms der rechten Niere unterziehen mit einer von der Beklagten
bewilligten Anschlussheilbehandlung im Klinikum P ... Während eines weiteren stationären Aufenthalts vom
06.07.2004 bis 13.07.2004 erfolgte sodann eine Operation wegen eines Uretelkarzinoms der Harnblase.
Zur Aufklärung des Sachverhalts holte der Senat zunächst das von dem Chefarzt der Abteilung für Schmerztherapie
des Klinikums D. Dr.A. am 23.07.2004 erstattete Gutachten ein. Der Sachverständige führte aus, seit Antragstellung
sei die Klägerin in der Lage, unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses acht Stunden täglich zu
arbeiten. Derzeit seien nur leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, überwiegend in
geschlossenen Räumen, unter Vermeidung von Temperaturschwankungen, Zugluft, Kälte und Nässe, möglich. Weiter
sollte die Klägerin Zug- oder Schub-Belastungen, wie sie bei Reinigungstätigkeiten anfielen, sowie Zwangshaltungen,
häufiges Bücken und das Heben oder Bewegen von Lasten über 10 kg aus gebückter Körperhaltung vermeiden.
Unzumutbar seien für sie auch Arbeiten über Kopf und solche, bei denen eine besondere Anforderung an den
Gleichgewichtssinn bestehe, Tätigkeiten unter Zeitdruck oder Akkord und mit besonderen Anforderungen an das
Konzentrationsvermögen.
Der zum gerichtlichen Sachverständigen bestellte Internist/Nephrologie Prof.Dr.E. kam sodann im Gutachten vom
08.11.2004 zu der Auffassung, aus internistischer Sicht könne die Klägerin seit Antragstellung noch vollschichtige
Tätigkeiten verrichten. Es dürfe sich nur um leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung und vorwiegend
in geschlossenen Räumen unter Vermeidung von Kälte- und Nässeeinwirkung handeln. Eine Optimierung der
Blutdruckeinstellung, konsequente Behandlung der Refluxkrankheit und eine Gewichtsreduktion seien in der Lage, das
Leistungsvermögen der Klägerin zu steigern. Von besonderer Bedeutung sei eine erfolgreiche Schmerzbehandlung,
wie sie im Gutachten von Dr.A. begründet werde.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 01.12.2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom
30.05.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
ihr ab 01.09.1999 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Tatbestandes wird im Übrigen verwiesen auf den Inhalt der Akten des Gerichts
und der Beklagten sowie der beigezogenen Akten des Sozialgerichts Regensburg sowie der Akten aus dem Verfahren
L 6 R 40/03, betreffend die Leistung einer medizinischen Rehabilitation, die sämtlich Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache erweist sie sich das
Rechtsmittel jedoch als unbegründet.
Die Klägerin ist seit der Antragstellung im September 1999 noch nicht erwerbsunfähig im Sinne des § 44 Abs.2
Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), gültig bis 31.12.2000 und deshalb vorliegend noch anwendbar, weil sie
nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande ist bzw. war, eine Erwerbstätigkeit in
gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630,00
DM überstiegen hat. Sie ist seit Antragstellung aber auch nicht wenigstens berufsunfähig, weil ihre Erwerbsfähigkeit
noch nicht infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche ihrer körperlichen oder geistigen Kräfte auf
weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich oder geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und
gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (§ 43 Abs.2 Satz 1 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden
Fassung bzw. § 240 Abs.2 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter
Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000, BGBl. I S.827). Auch ist sie seit 01.01.2001 nicht teilweise oder voll
erwerbsgemindert gem. § 43 SGB VI in der seit 01.01.2001 gültigen Fassung, weil sie jedenfalls noch mehr als sechs
Stunden täglich zu arbeiten in der Lage ist.
Das körperliche Leistungsvermögen der Klägerin seit September 1999 ergibt sich aus den vom Senat eingeholten
Gutachten von Dr.A. und Prof.Dr.E ... Dabei hat sich insbesondere Dr.A. mit der Frage des Vorliegens einer
Fibromyalgie bzw. mit den in der ersten Instanz erstellten Gutachten auseinandergesetzt. Der Sachverständige führt
zunächst aus, dass der Hauptdiagnose von Dr.L. , nach dessen Auffassung es sich bei der Klägerin um ein
generalisiertes, progredientes Fibromyalgie-Syndrom handele, nicht gefolgt werden könne, da aus den von diesem
erhobenen Befunden gerade nicht auf dieses Krankheitsbild geschlossen werden könne. Weiter betont Dr.A. , dass
auch der von Dr.K. gestellten Diagnose einer somatoformen Schmerzstörungen nicht gefolgt werden könne, zumal die
hierfür erforderlichen Kriterien nicht eindeutig erfüllt sind. Als Ergebnis seiner eigenen Untersuchung führt Dr.A. aus,
es spreche zwar für das Vorliegen einer Fibromyalgie, dass seit mehr als drei Monaten generalisierte Schmerzen in
mindestens drei unterschiedlichen anatomischen Regionen vorliegen und diese nicht eindeutig auf eine vorbestehende
entzündliche, degenerative, rheumatische oder andere systematische Erkrankung zurückgeführt werden können.
Daneben bestünden auch Fakultativsymptome, nämlich Kopfschmerzen, Schlafstörungen und funktionell-vegetative
Beschwerden. Es liegen hingegen die weiteren Erfordernisse, nämlich lokalisierte Druckschmerzhaftigkeit an
mindestens 11 von 18 genau definierten Druckpunkten nicht vor. Der Sachverständige konnte eine auffällige
Schmerzhaftigkeit auf Druck lediglich für acht der 18 Punkte feststellen. Dr.A. betont, dass damit unter objektiver und
korrekter Anwendung der erforderlichen Kriterien ein Fibromyalgie-Syndrom nicht festgestellt werden kann.
Andererseits hängt die Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht davon ab, ob diese Diagnose
gestellt werden kann, da - wie Dr.A. zutreffend ausführt - nicht die Erkrankung an sich, sonderen deren Auswirkungen
beurteilt werden müssen.
Bei der Untersuchung durch Dr.A. gab die Klägerin an, sie leide an beidseitigen Nackenschmerzen, die bis in beide
Schultern reichten. Dazu passend fanden sich bei der körperlichen Untersuchung schmerzhafte Ansätze der
Nackenmuskulatur an der Hinterhauptkante und ein druckschmerzhaftes Nackenband. Die Angaben der Klägerin
hinsichtlich der Schmerzlokalisation werden vom Sachverständigen als glaubwürdig bezeichnet, da sie auch mit den
weiteren Untersuchungsbefunden übereinstimmen. Diese Beschwerden schränken die Leistungsfähigkeit der Klägerin
hinsichtlich von Überkopfarbeiten und Arbeiten mit besonderer Belastung des Schultergürtels ein. Wegen der Gefahr
von Schwindelattacken sollten Arbeiten auf Leiter und Gerüsten und besonderen Anforderungen an das Gleichgewicht
nicht mehr ausgeführt werden.
Schmerzen im Bereich der (Lenden-)Wirbelsäule bestehen nach den Angaben der Klägerin bereits seit dem Jahre
1990. Erst im Mai 1999 erfolgte eine Behandlung und Krankschreibung wegen verstärkter Rückenschmerzen. Bei der
Untersuchung durch Dr.A. fand sich eine Abkippung des Beckens nach vorne mit Fehlhaltung der Wirbelsäule und
Belastung des Übergangs von Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein. Dementsprechend bestand eine Schmerzhaftigkeit
der beidseitigen wirbelsäulennahen Muskulatur der Lendenwirbelsäule und des Überdornfortsatzbandes in diesem
Bereich. Desweiteren fand Dr.A. eine Schmerzhaftigkeit des mittleren Gesäßmuskels beidseits mit Betonung links
und des Spanners der Oberschenkelfascie beidseits, was die Angaben über in das Bein ausstrahlende Schmerzen
erklärt. Bestätigt wurde dies auch durch die funktionell orientierte physiotherapeutische Untersuchung. Im Hinblick auf
diese Beschwerden sollte die Klägerin insbesondere Zug- und Schub-Bewegungen beim Wischen des Bodens, Kehren
und Staubsaugen vermeiden, das längere Verweilen in einer Körperhaltung sowie Zwangshaltungen. Häufigeres
Bücken sollte gleichfalls vermieden werden. Eine Einschränkung der Gehfähigkeit der Klägerin, nach deren Angaben
sie derzeit für 500 m zehn Minuten benötigt, besteht nicht. Die Gehleistung kann durch entsprechende Therapie noch
verbessert werden.
Die von der Klägerin angegebenen Kopfschmerzen, an denen sie seit ihrer Jugend leide, bezeichnet Dr.A. als
Spannungskopfschmerzen, die nur begrenzte Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Klägerin haben.
Der Sachverständige führt weiter aus, dass für die diagnostische Einordnung der geklagten Schmerzen als
psychische Störung im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung neben dem Ausschluss einer
körperlichen Verursachung auch ein klarer Zusammenhang zu psychosozialen Belastungen oder emotionalen
Konflikten notwendig sei. Bei der Klägerin lassen sich aus der psychologischen Exploration jedoch keine
ausreichenden Rückschlüsse auf eine solche Diagnose ziehen, die dementsprechend nicht nachvollziehbar ist.
Zwar gibt die Klägerin an, sie fühle sich depressiv, der von ihr genannte soziale Rückzug hat jedoch, wie die
eingehende Exploration ergibt, kein stärkeres Ausmaß erreicht. Dies sowie das klinische Bild rechtfertigen allenfalls
die Annahme einer Dysthymie, nicht jedoch die Einstufung im Sinne einer schwerwiegenden depressiven Episode.
Insgesamt ist eine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens damit nicht begründbar.
Hinsichtlich des internistischen Fachgebiets führt Prof.Dr.E. aus, nach der operativen Entfernung der tumortragenden
rechten Niere habe die verbleibende gesunde linke Niere die Ausscheidungsfunktion für harnpflichtige Substanzen des
Körpers ebenso wie die Regulation des Salz-Wasserhaushalts voll übernommen. Dies ergibt sich aus dem Nachweis
normaler Blutkonzentration von Kreatinin und Harnstoff sowie von Natrium und Kalium im Serum. Nach erfolgreicher
Behandlung haben damit die Tumorerkrankungen der Niere und auch der Harnblase keine erheblichen Auswirkungen
auf das Leistungsvermögen der Klägerin.
Ein allenfalls milder Bluthochdruck hat zu keinen erkennbaren Folgeschäden geführt. Die Herz-Kreislaufverhältnisse
waren zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof.Dr.E. bei normalen Blutdruckwerten voll kompensiert.
Die Refluxkrankheit der Speiseröhre kann medikamentös wesentlich gebessert bzw. ausgeheilt werden; ein
erheblicher Einfluss auf das Leistungsvermögen der Klägerin liegt nicht vor.
Insgesamt ist das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin durch die festgestellten Gesundheitsstörungen zwar
bereits eingeschränkt, sie ist jedoch noch in der Lage, leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Die gegenteilige
Auffassung von Dr.L. wurde von Dr.A. in seinem Gutachten überzeugend und eindeutig widerlegt. Die noch möglichen
Tätigkeiten sollten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen überwiegend in geschlossenen Räumen unter
Vermeidung von Temperaturschwankungen, Zugluft, Kälte und Nässe verrichtet werden. Vermeiden sollte die Klägerin
auch Zug-Schub-Belastungen sowie Zwangshaltungen, häufiges Bücken und das Bewegen oder Heben von Lasten
über 10 kg aus gebückter Körperhaltung. Unzumutbar sind Überkopfarbeiten sowie solche mit besonderen
Anforderungen an den Gleichgewichtssinn, Tätigkeiten unter Zeitdruck, unter Akkord sowie mit besonderen
Anforderungen an das Konzentrationsvermögen. Beim Zurücklegen von Wegen zu und von der Arbeitsstätte unterliegt
die Klägerin keinen relevanten Einschränkungen, da sie in der Lage ist, viermal täglich mehr als 500 m zu Fuß
zurückzulegen (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr.10).
Damit kann bei der Klägerin angesichts des festgestellten vollschichtigen Leistungsvermögens von
Erwerbsunfähigkeit nicht ausgegangen werden (vgl. § 44 Abs.2 Nr.2 SGB VI in der vom 01.04.1999 bis 31.12.2000
gültigen Fassung sowie § 43 Abs.3 SGB VI in der ab 01.01.2001 gültigen Fassung), auch wenn sie ihre frühere
Tätigkeit als Stationshilfe bzw. Reinigungskraft nicht mehr verrichten könnte. Im Rahmen der Prüfung, ob
Erwerbsunfähigkeit bzw. volle Erwerbsminderung vorliegt, ist nämlich eine Verweisung auf alle ungelernten Tätigkeiten
des allgemeinen Arbeitsmarktes vorzunehmen (vgl. BSG SozR 2200 § 1244 Nr.7; SozR 3-2200 § 1247 Nr.8). Die
Benennung einer bestimmten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf die ein Versicherter bei der Prüfung, ob
Erwerbsunfähigkeit vorliegt, verwiesen werden kann, wäre nur dann erforderlich, wenn - anders als bei der Klägerin -
eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung
vorliegen würde, weil unter diesen Umständen nicht ohne weiteres gesagt werden könnte, dass der Arbeitsmarkt noch
offene Stellen für den Versicherten bietet. Es genügt eine Beurteilung, ob das Restleistungsvermögen dem
Versicherten körperliche Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von
Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen u.ä. erlaubt, wie es bei ungelernten
Tätigkeiten in der Regel gefordert wird (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts vom 09.12.1996
- GS 2/95 - in SozR 3-2600 § 44 Nr.8). Für die Mehrzahl dieser Verrichtungen reicht das körperliche
Leistungsvermögen der Klägerin zweifellos noch aus. Nachdem bei ihr auch ein sogenannter Katalogfall nicht vorliegt
(vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn.19, 22), ist Erwerbsunfähigkeit bzw. volle Erwerbsminderung nicht gegeben.
Die Klägerin ist aber auch nicht wenigstens berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs.2 aF SGB VI (ab 01.01.2000: § 240
Abs.2 SGB VI), weil sie noch in der Lage ist, mehr als die gesetzliche Lohnhälfte zu verdienen bzw. vollschichtig
(sechs Stunden täglich) zu arbeiten, wobei es auch hier nicht darauf ankommt, ob sie die während ihres Arbeitslebens
in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte Tätigkeit noch zu verrichten in der Lage wäre. Ob sie berufsunfähig ist
bzw. war, beurteilt sich nämlich danach, welche ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechenden Tätigkeiten ihr unter
Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen
Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Im Rahmen des von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschemas (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.17) ist die Klägerin der unteren
Stufe der ungelernten Arbeiter zuzuordnen. Sie war in ihrem Arbeitsleben überwiegend als ungelernte Arbeiterin
(Reinigungsfrau, Stationshilfe) tätig und ist deshalb auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes
verweisbar. Damit kann von Berufsunfähigkeit nicht ausgegangen werden.
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 02.12.2002 war deshalb als
unbegründet zurückzuweisen.
Die gemäß § 193 SGG zu treffende Kostenentscheidung berücksichtig, dass die Klägerin in vollem Umfang
unterlegen ist.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.