Urteil des LSG Bayern vom 23.03.1999
LSG Bayern: nahrungsaufnahme, versorgung, diabetes mellitus, körperpflege, ernährung, haus, diät, eltern, kontrolle, form
Bayerisches Landessozialgericht
Urteil vom 23.03.1999 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Nürnberg S 9 P 47/97
Bayerisches Landessozialgericht L 7 P 48/98
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.08.1998 wird zurückgewiesen. II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegstufe I
seit Oktober 1996 streitig.
Der am ...1985 geborene Kläger leidet an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus (Typ I). Am 17.10.1996 beantragte
er bei der Beklagten über seine gesetzlichen Vertreter Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung.
Die Beklagte holte ein Gutachten des Dr ..., MDK, - nach Hausbesuch der Pflegefachkraft ... am 23.01.1997 - vom
28.01.1997 ein. Danach wurde beim Kläger im Bereich der Körperpflege ein täglicher Hilfebedarf von 5 Minuten, bei
der Ernährung von insgesamt 20 Minuten und bei der Mobilität von 10 Minuten angenommen, insgesamt ein
altersentsprechender Hilfebedarf von 25 Minuten abgezogen, so daß der über das altersentsprechende Maß
hinausgehende Hilfebedarf des Klägers mit 20 Minuten veranschlagt wurde. Bei der Behandlungspflege fielen
Blutzuckermessungen zweimal täglich und nach Bedarf an sowie ein zwei- bis dreimal tägliches Insulinspritzen. Ein
großer Anteil der Gesamtpflege sei der Behandlungspflege (Blutzucker-messungen, Insulinspritzen) sowie der
hauswirtschaftlichen Versorgung (Aufstellen eines Speise- bzw. Diätplanes, Einschätzung von Mengenverhältnissen
und Zubereitung von Diäten) zuzurechnen; es wurde darauf hingewiesen, daß der Kläger die Blut- zuckermessungen
und die Insulininjektionen tagsüber oft nahezu eigenständig ausführe, wobei jedoch am Morgen und Abend -
gelegentlich auch während der Nacht - eine personelle Unterstützung erforderlich sei.
Mit Bescheid vom 30.12.1997 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung
ab. Hiergegen hat der Kläger Widerspruch erhoben und darauf hingewiesen, daß ein erheblicher Aufwand in der
Grundpflege bei folgenden regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen vorliege: Beim Kläger seien sieben Mahlzeiten
pro Tag notwendig mit einer speziellen Zusammenstellung nach Energiegehalt (Broteinheiten), ferner drei Injektionen
mit Insulin, sechsmal täglich seien Blutzuckerkontrollen notwendig, gelegentlich auch nachts. Der Zeitbedarf für die
Blutzuckerkontrollen + Injektionen betrage 60 bis 90 Minuten pro Tag. Ein zusätzlicher Zeitbedarf bestehe auch darin,
daß überwacht werden müsse, ob der Kläger alle zubereiteten Broteinheiten zu sich nehme, da sonst eine Gefahr der
Unterzuckerung drohe. Bei Nahrungsaufnahme außer Haus müsse der Kläger entweder begleitet werden oder es
müsse vorher mit dem Gastgeber genau besprochen werden, was es zu essen gebe bzw. müsse der Kläger
abgepackte Portionen mitnehmen. Grundsätzlich verbleibe es bei einer Rufbereitschaft der Eltern. Bei der
hauswirtschaftlichen Versorgung bestehe ein Hilfebedarf für die speziellen Einkäufe der Diabetes-Diät, Besorgungen
aus der Apotheke und die spezielle Nahrungszubereitung in einem Umfang von ca. ein bis zwei Stunden täglich.
Hinzu komme das fachgerechte Lagern von Insulin und die Wartung der medizinischen Geräte. Bei der Mobilität
bestehe ein Hilfebedarf in der Beaufsichtigung des Klägers, damit sich dieser längere Zeit außer Haus bewegen und
insbesondere sich sportlich betätigen könne. Der Zeitaufwand betrage durchschnittlich eine Stunde pro Tag. Schwer
abzuschätzen sei die Zeit, in der Tätigkeiten kontrolliert und beaufsichtigt werden müßten, die der Kläger zwar
selbständig durchführen könne, bei denen die Gegenwart der Eltern aber noch erforderlich sei. Die Beklagte habe auch
nicht berücksichtigt den Zeitaufwand für spezielle Arztbesuche beim Diabetologen, das Sammeln von Urin für
Eiweißbestimmungen zur Nierenkontrolle und andere Tätigkeiten, wie die Information der Lehrer, Freunde und
Sportbetreuer, die Wartung der medizinischen Geräte, Apothekenbesuch, Besuch von Selbsthilfegruppen usw. Nach
erneuter Anhörung des MDK (Stellungnahme Dr ... vom 04.03.1987) - wonach ein vermehrter Pflegebedarf im
Vergleich zu einem gleichaltrigen Kind sich lediglich im Rahmen der hauswirtschaftlichen Versorgung, hier
insbesondere der Nahrungszubereitung ergebe - hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit
Widerspruchsbescheid vom 10.06.1997 als unbegründet zurückgewiesen. Der kalendertägliche Hilfebedarf in der
Grundpflege reiche für die Gewährung der Pflegestufe I nicht aus.
Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht Klage erhoben: Die Entscheidung der Beklagten, ihn nicht in die
Pflegestufe I einzustufen, sei nicht rechtens.
Im Erörterungstermin am 15.09.1997 hat das Sozialgericht den Kläger sowie als Pflegepersonen seine Eltern gehört.
Wegen ihrer Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Das Sozialgericht hat ferner einen
Befundbericht der Klinik mit Poliklinik für Kinder und Jugendliche der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-
Nürnberg vom 10.12.1997 sowie der Kinderärztin Dr ... vom 19.12.1997 beigezogen. Der Kläger hat vor dem
Sozialgericht beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.01.1997 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 10.06.1997 zu verurteilen, ihm Leistungen aus der Pflegeversicherung nach der
Pflegestufe I ab Oktober 1996 zu bewilligen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das Sozialgericht hat
mit Beweisanordnung vom 09.01.1998 Dr ... mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, jedoch dann nachfolgend
- im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG vom 19.02.1998 - B 3 P 3/97 R, B 3 P 11/97 R - die Beweisanordnung
wieder aufgehoben, weil im Hinblick auf die Rechtsprechung - wonach der Mehrbedarf für Blutzuckermessung und
Insulinspritzen im Rahmen der Grundpflege keine Berücksichtigung finden könne - eine Beweiserhebung durch das
Sozialgericht nicht mehr erfolge.
Mit Urteil vom 10.08.1998 hat das Sozialgericht - gestützt auf die bisherigen medizinischen Feststellungen und die
Rechtsprechung des BSG - die Klage abgewiesen: Der Kläger erreiche nicht den für die Pflegestufe I erforderlichen
Mehraufwand im Bereich der Grundpflege von mehr als 45 Minuten kalendertäglich. Der wegen der Diabetes-
Erkrankung des Klägers anfallende Mehrbedarf sei entweder der Behandlungspflege, also nicht der Grundpflege, oder
bzw. der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzurechnen.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt: Auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung des BSG lägen
die Voraussetzungen für die Einstufung in die Pflegestufe I vor. Denn es bestehe Hilfebedarf bei der Körperpflege
(erhöhter Bedarf beim Waschen und bei der Haarpflege sowie bei der Zahn- und Fußpflege), bei der
Nahrungszubereitung (portionsgerechte Vorgabe für die richtige Essensaufnahme), bei der Nahrungsaufnahme
(Kontrolle und Überwachung) sowie im Bereich der Mobilität für die notwendigen Arztbesuche). Insbesondere bei der
Nahrungsaufnahme sei zu berücksichtigen, daß Kinder im Alter des Klägers (10 Jahre zum Zeitpunkt der
Antragstellung) noch nicht in der Lage seien, ohne entsprechende Überwachung die vorgegebenen Mahlzeiten in der
erforderlichen Zeit zu sich zu nehmen. Für den bisher nicht genügend berücksichtigten Bereich der Körperpflege sei
mindestens ein Zeitbedarf von 30 Minuten täglich anzusetzen. Für den Bereich der Nahrungsaufnahme sei für die
täglichen Mahlzeiten mindestens von einem Zeitbedarf von 45 Minuten auszugehen. Im Bereich der
Nahrungsaufnahme sei nicht berücksichtigt, daß bei einem Diabetiker jederzeit Unterzuckerungen auftreten können
und er daher ständig im Haus und außer Haus auf Beaufsichtigung und Betreuung angewiesen sei. Beaufsichtigung
außer Haus sei somit notwendig, um die richtige Nahrungsaufnahme zu gewährleisten. Dieser Aufwand für die
Grundpflege von mehr als 45 Minuten ergebe zusammen mit dem Mehraufwand für die hauswirtschaftliche
Versorgung, ebenfalls mehr als 45 Minuten, die Voraussetzungen für die Einstufung in die Pflegestufe I.
Die Beklagte hält dem entgegen, daß weder im Vorverfahren noch im erstinstanzlichen Verfahren bisher ein erhöhter
Hilfebedarf beim Waschen, bei der Hautpflege, der Zahnpflege und bei der Fußpflege geltend gemacht worden sei.
Nach den Feststellungen des MDK - Gutachten vom 23.01.1997 - liege beim Kläger im Bereich der Körperpflege ein
altersentsprechender Hilfebedarf vor. Soweit allenfalls Kontrollen bzw. Aufforderungen erfolgen müssen, sei dies als
altersentsprechend und nicht krankheitsbedingt erforderlich anzusehen. Dasselbe gelte bei der Hautpflege. Die
Fußpflege sei der Behandlungspflege zuzuordnen und als solche nicht in die Berechnung des Grundpflegebedarfs
miteinzubeziehen (vgl. BSG vom 24.06.1998 - B 3 P 4/97 R). Zur Ernährung gehöre die Hilfe bei der
Nahrungsaufnahme selbst sowie die letzte Vorbereitungsmaßnahme, soweit eine solche nach der Fertigstellung der
Mahlzeit krankheits- oder behinderungsbedingt erforderlich sei. Die Tätigkeiten des Berechnens, Abwiegens und der
Zusammenstellung der Speisen zur Herstellung der erforderlichen Diät gehörten hingegen nicht zum Bereich der
Ernährung und damit zur Grundpflege, sondern zur hauswirtschaftlichen Versorgung (vgl. BSG vom 19.02.1998 - B 3
P 3/97 R). Eine mundgerechte Zubereitung in diesem Sinne sei nach den Begutachtungsrichtlinien in der Regel
allenfalls nur bis zum vollendeten 7. Lebensjahr erforderlich. Bei dem Kläger sei Aufforderung und Kontrolle im
Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme erforderlich. Nach den Feststellungen des BSG im Urteil vom 24.06.1998
- B 3 P 4/97 R - reiche aber eine allgemeine Aufsicht, die darin bestehe, zu überwachen, ob die erforderlichen
Verrichtungen ordnungsgemäß ausgeführt werden und dazu führe, daß der Kläger gelegentlich zu bestimmten
Handlungen aufgefordert werden müsse, nicht aus, weil eine nennenswerte Beanspruchung der Pflegeperson damit
nicht verbunden sei. In diesem Zusammenhang habe der MDK die bei dem Kläger erforderliche Aufforderung und
Kontrolle mit 15 Minuten Mehraufwand bereits ausreichend berücksichtigt. Die vom Kläger geltend gemachte
Notwendigkeit der Betreuung und Beaufsichtigung, um im Falle einer Unterzuckerung sofort die notwendigen
Maßnahmen einleiten zu können, werde seitens der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Die Notwendigkeit einer
allgemeinen Betreuung und Beaufsichtigung könne jedoch nicht als anspruchsbegründender Pflegebedarf gewertet
werden. Denn die berücksichtigungsfähige Beaufsichtigung im Sinne von § 14 Abs.3 SGB ziele allein auf die in Abs.4
der Vorschrift genannten Verrichtungen ab. Eine darüber hinaus gehende Betreuung und allgemeine Beaufsichtigung
gehöre nicht zu den maßgeblichen Hilfeleistungen. Beim Kläger liege daher kein Mehraufwand von mehr als 45
Minuten bei der Grundpflege vor.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.08.1998 sowie des Bescheides vom
30.01.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.1997 zu verurteilen, ihm Leistungen der
Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, weil das angefochtene Urteil zutreffend sei.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat mit Recht die Klage abgewiesen. Denn beim Kläger liegen die Voraussetzungen für die
Gewährung von Pflegestufe I - unter Berücksichtigung der Feststellungen des MDK (Gutachten Dr ... und Dr ...) und
der bisherigen Rechtsprechung des BSG/Ausführungen in den vorgenannten Urteilen zu dem im Rahmen der
Grundpflege berücksichtigungsfähigen Zeiten - nach allem nicht vor (§§ 14 Abs.1, Abs.3 und 4, 15 Abs.1 Nr.1, Abs.2,
Abs.3 Nr.1 SGB XI).
Auf die Urteilsgründe im angefochtenen Urteil wird im weiteren Bezug genommen (§ 153 Abs.2 SGG).
Der Kläger hat auch im Berufungsverfahren nichts vorgebracht, was eine andere Entscheidung rechtfertigen könnte
oder weiteren Aufklärungsbedarf ergäbe. Zu den einzelnen Punkten hat die Beklagte sehr ausführlich Stellung
genommen (vgl. Schriftsatz vom 20.11.1998) und detailliert und zutreffend dargelegt, daß hierdurch keine Grundlage
für die Pflegestufe I gesehen werden kann.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren einen weitaus höheren Pflegebedarf im Bereich der Körperpflege geltend
macht, ist zusammenfassend darauf hinzuweisen, daß dies nicht in Einklang gebracht werden kann mit den früheren
Angaben des Klägers bzw. seiner Pflegepersonen, auch stehen diese Angaben nicht in Übereinstimmung mit den
bisherigen Feststellungen des MDK. Im wesentlichen stützt sich die Berufungsbegründung auf einen erhöhten
Aufsichtsbedarf, der zwar grundsätzlich nicht in Abrede gestellt werden kann, jedoch insoweit zu berücksichtigen ist,
daß Zeiten für eine Beaufsichtigung im wesentlichen nicht dem Bereich der Ernährung/Grundpflege, sondern der
Hauswirtschaft (Diät) bzw. Behandlungspflege zuzurechnen sind und daher im Rahmen der gesetzlichen
Pflegeversicherung bei der Feststellung der Voraussetzungen der Pflegestufe I keine Berücksichtigung finden können.
Zur Grundpflege gehört nach § 14 Abs.4 Nr.2 SGB XI nur die Hilfe bei der Nahrungsaufnahme selbst sowie die letzte
Vorbereitungsmaßnahme, soweit eine solche nach der Fertigstellung der Mahlzeit krankheits- oder
behinderungsbedingt noch erforderlich ist. Dies schließt bei an Stoffwechelstörung leidenden Personen die
Einbeziehung solcher Hilfen in der Grundpflege aus, die nur dazu dienen, die Verträglichkeit der Nahrung sicher zu
stellen - etwa durch besonderes Einkaufen, Berechnen, Zusammenstellen und Abwiegen -, wenn derartige
Maßnahmen nicht zwangsläufig im Zusammenhang mit den im Katalog aufgeführten Verrichtungen der Grundpflege
vorgenommen werden müssen. Die Tätigkeit des Berechnens, Abwiegens, Zusammenstellens und Zubereitens der
Speisen zur Herstellung der für den Kläger erforderlichen Diät zählen zur Nahrungszubereitung und damit der
Verrichtung Kochen im Bereich der hauswirtsschaftlichen Versorgung. Die Blut- und Urinzuckertests sowie das
Spritzen von Insulin zählen ebenfalls nicht zur Grundpflege (vgl. u.a. Urteil des BSG vom 19.02.1998 - B 3 P 11/97
R). Wie das BSG wiederholt ausgeführt hat, ist zwar das Verlangen voller Einbeziehung krankheitspezifischer
Pflegemaßnahmen in die Bemessung des Pflegebedarfs nachvollziehbar. Zu berücksichtigen ist aber, daß der
Gesetzgeber bei der Schaffung der gesetzlichen Pflegeversicherung diesen Vorstellungen nicht Rechnung getragen
hat. Im Hinblick auf den vorgesehenen engen Finanzrahmen ist einer solchen weiten Leistungsgewährung seitens des
Gesetzgebers eine Grenze gesetzt worden: daraus folgt, daß ein krankheitsbedingter Pflegeaufwand, selbst wenn er
medizinisch notwendig ist, nicht in jedem Fall bei der Bemessung des Pflegebedarfs zu berücksichtigen ist. Auch die
Bedeutung der Maßnahme für den Hilfebedürftigen und die damit einhergehende Belastung für die Pflegeperson
lassen es nach der Rechtsprechung nicht zu, die Anordnung des Gesetzes, daß nur auf bestimmte Verrichtungen im
Bereich der Grundpflege abzustellen ist, zu übergehen. Zwar werden durch die Begrenzung des maßgebenden
Hilfebedafs solche Pflegebedürftige von Leistungen der Pflegeversicherung ausgeschlossen, bei denen auf anderen
als den in § 14 SGB XI aufgeführten Gebieten ein Hilfebedarf besteht. Auch richtet sich die Ausgrenzung nicht nach
dem Schweregrad der Betroffenheit des zu Pflegenden bzw. der Pflegeperson. Die Pflegeversicherung ist aber bewußt
nicht als umfassende Absicherung des Pflegerisikos konzepiert worden, die bei jeder Form eines Pflegebedarfs
Leistungen vorsieht. Die Begrenzung des durch die Pflegeversicherung abgedeckten Risikos müsse - so die
höchstrichterliche Rechtsprechung - jedoch als gerechtfertigt angesehen werden, weil sie einer Beschränkung der
Abgabehöhe entspricht. Angesichts des begrenzten Finanzbudgets, das für die Pflegeversicherung zur Verfügung
gestellt werden konnte, sei eine umfassende Versorgung von Pflegefällen aus der Sicht des Gesetzgebers allein aus
der Pflegeversicherung nicht durchführbar gewesen. Neben den aufgeführten Bereichen Körperpflege, Ernährung,
Mobilität und hauswirtschaftliche Versorgung bleiben deshalb auch andere Bereiche, die nicht in gleichem Maße
lebensnotwendig sind, wie Kommunikation, Freizeitgestaltung, Bildung u.ä., als Bemessungsfaktoren ausgeschlosen.
Die Begrenzung des für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den Pflegestufen
maßgebenden Hilfebedarfs auf die in dem Katalog des § 14 Abs.4 SGB XI im einzelnen aufgeführten Verrichtungen
ist nach den Ausführungen im vorgenannten Urteil des BSG auch nicht verfassungswidrig. Denn die Orientierung der
Leistungsvoraussetzungen (auch) an finanziellen Vorgaben könne grundsätzlich nicht als sachwidrig angesehen
werden, zumal das Pflegerisiko in erheblichem Umfang auch von anderen Sozialleistungssystemen, etwa der
gesetzlichen Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung, abgedeckt werde. Die von der Pflegeversicherung
nicht erfaßten Bereiche des Pflegerisikos fallen schließlich in den Verantwortungsbereich der Sozialhilfe, wenn der
einzelne nicht in der Lage sei, die für Pflegemaßnahmen erforderlichen Aufwendungen aus eigenen Mitteln zu
erbringen.
Aus den vorgenannten Gründen konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben. Der Senat sah sich - ebenso
wie das Sozialgericht - auch nicht zu einer weitergehenden Beweiserhebung etwa in Form der Einholung eines
Gutachtens von Amts wegen veranlaßt. Denn zu einem solchen hätte nur dann Veranlassung bestanden, wenn
dargelegt worden wäre, daß die Vorgutachten fehlerhaft erstellt worden seien. Eine generelle, also aber nicht
verrichtungsbezogene Betreuung und Beaufsichtigung kann überhaupt nicht als anspruchsbegründender Pflegebedarf
gewertet werden. Wegen der bisher unterschiedlichen Angaben bestand daher insoweit kein weiterer Klärungsbedarf.
Nach allem konnte daher die Berufung des Klägers bei der bestehenden Sach- und Rechtslage keinen Erfolg haben,
sie ist unbegründet und daher zurückzuweisen gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht
vorliegen.