Urteil des LG Wiesbaden vom 09.03.2007
LG Wiesbaden: private krankenversicherung, beitragsrückerstattung, allgemeine versicherungsbedingungen, versicherungsverhältnis, versicherungsnehmer, auszahlung, kündigung, ermessensspielraum
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Gericht:
LG Wiesbaden 7.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 S 47/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 315 BGB, § 178g VVG
Private Krankenversicherung: Abhängigkeit der
Ausschüttung einer erfolgsabhängigen
Beitragsrückerstattung vom Fortbestand des
Vertragsverhältnisses an einem Stichtag
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Kläger verlangt von der Beklagten für das Jahr 2003 die Rückerstattung eines
Teils der von ihm im Rahmen einer ehedem zwischen den Parteien bestehenden
privaten Krankenversicherung verzugsfrei gezahlten Beiträge, weil ihm für das Jahr
2003 weder tarifliche noch außertarifliche Leistungen gewährt worden sind und weil
in seiner Person auch im übrigen die bedingungsgemäßen Voraussetzungen für
eine erfolgsabhängige Beitragsrückerstattung erfüllt seien.
In tatsächlicher Hinsicht wird zunächst gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf
den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Amtsgericht
Wiesbaden hat mit Urteil vom 23.10.2006 – 93 C 170/06 (41) – die Klage
abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, der Umstand, daß
die Beklagte die erfolgsabhängige Beitragsrückerstattung für das Jahr 2003 nur
solchen Versicherungsnehmern habe zuteil werden lassen, deren
Versicherungsverhältnis zu der Beklagten auch noch am 30.06.2004 bestanden
habe, sei sachdienlich und stelle keine unangemessene Benachteiligung des
Klägers dar. Mit der hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein
erstinstanzliches Klagebegehren weiter. Er beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an
den Kläger 760,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
jeweils gültigen Basiszinssatz aus diesem Betrag seit dem 10.11.2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die
in der zweiten Instanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Die zulässige Berufung war als unbegründet zurückzuweisen, weil das Erstgericht
die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen hat. Der Kläger hat gegen die
Beklagte keinen Anspruch darauf, bei der erfolgsabhängigen
Beitragsrückerstattung für das Jahr 2003 berücksichtigt zu werden, und zwar durch
Auszahlung eines Betrages in Höhe von 760,60 EUR. Der von dem Kläger geltend
gemachte Anspruch ist nicht bereits unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 3
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gemachte Anspruch ist nicht bereits unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 3
Satz 1 VVG wegen Verabsäumung der Klagefrist ausgeschlossen. Mit dem
Amtsgericht ist das erkennende Gericht der Auffassung, daß die Vorschrift des §
12 Abs. 3 Satz 1 VVG den hier interessierenden Anspruch auf erfolgsabhängige
Beitragsrückerstattung nicht zu erfassen vermag. Anders als die
Verjährungsvorschrift des § 12 Abs. 1 VVG, die sich weitergehend auf Ansprüche
aus dem Versicherungsverhältnis bezieht, erfaßt die Ausschlußfrist des § 12 Abs. 3
Satz 1 VVG ihrem Sinn und Zweck nach nur Leistungsansprüche aus dem
Versicherungsverhältnis, weshalb sie auf Ansprüche auf Beitragsrückerstattung
keine Anwendung findet (Prölss/Martin/Prölss, VVG, 27. Aufl., § 12, Rdnr. 23;
Römer/Langheid/Römer, VVG, 2. Aufl., § 12, Rdnr. 39). Das Amtsgericht hat die
Klage jedoch zu Recht abgewiesen, weil der klageweise geltend gemachte
Anspruch nicht besteht. Entgegen der Einschätzung des Klägers begegnet es
keinen durchgreifenden Bedenken, daß die Beklagte die Ausschüttung der
erfolgsabhängigen Beitragsrückerstattung für das Jahr 2003 von dem Bestehen
des jeweiligen Versicherungsvertragsverhältnisses bis zum 30.06.2004 abhängig
gemacht hat. Insoweit steht der Beklagten nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs ein Ermessensspielraum zu, bei dessen Ausübung die
Beklagte gemäß § 315 BGB lediglich gehalten ist, die Grenzen der Billigkeit nicht
zu überschreiten (vgl. BGH, Urteil vom 01.07.1992 – IV ZR 191/91). Denn mit
Regelungen über Beitragsrückerstattungen soll ein individuelles Kostenverhalten
des jeweiligen Versicherten gesteuert und eine möglichst gesundheitsbewußte
Lebensführung gefördert werden. Diese Ziele können in Bezug auf den kraft
eigener Kündigung bereits zum Ablauf des 31.12.2003 aus dem
Versicherungsverhältnis ausgeschiedenen Kläger zumindest bezogen auf sein
künftiges Verhalten naturgemäß nicht mehr erreicht werden. Die in 3.41 des
streitgegenständlichen Regelungswerkes enthaltene Klausel hält auch einer
Überprüfung anhand des Maßstabs des § 307 BGB n. F. stand. Dem Kläger ist zwar
zuzubilligen, daß die Grundsätze, nach denen die erfolgsabhängige
Beitragsrückerstattung erfolgt, im wesentlichen bereits in den
Versicherungsbedingungen angelegt sein sollten, anderenfalls der Versicherer sich
dem Vorwurf der unangemessenen Benachteiligung einzelner
Versicherungsnehmer ausgesetzt sehen könnte. Denn nach gefestigter
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Allgemeine
Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher
Versicherungsnehmer die Allgemeinen Bedingungen bei verständiger Würdigung
(BGH, Urteil vom 18.12.1991 – IV ZR 204/90 –, VersR 1992, 349), aufmerksamer
Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs (BGH,
Urteil vom 05.07.1989 – IVa ZR 24/89 –, VersR 1989, 908) verstehen muß. Dabei
kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne
versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an
(BGHZ 84, 268, 272). Dabei geht ein verständiger Versicherungsnehmer vom
Wortlaut der fraglichen Klausel aus (BGH, Urteil vom 23.06.1993 – IV ZR 135/92).
Dem Wortlaut der hier interessierenden Klausel kann entnommen werden, daß die
aus dem Überschuß des Versicherers der Rückstellung für erfolgsabhängige
Beitragsrückerstattung geschäftsplanmäßig zugeführten Beträge nur für die
Versicherten verwendet werden. Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger kraft
Ausspruch der Kündigung seit Ablauf des 31.12.2003 nicht mehr. Ebenfalls dem
Wortlaut ist zu entnehmen, daß die Auszahlung oder Gutschrift für die nach dem
Tarif versicherten Personen erfolgt. Bereits nach allgemeinem Sprachverständnis
unter Zugrundelegung der grammatikalischen Auslegung kann selbst von einem in
juristischen, insbesondere versicherungsrechtlichen Angelegenheiten nicht
bewanderten Versicherungsnehmer die Erkenntnis erwartet werden, daß die durch
Auszahlung oder Gutschrift erfolgende erfolgsabhängige Beitragsrückerstattung
an das Bestehen des Versicherungsvertragsverhältnisses über das Ende des
Jahres hinaus abhängig gemacht werden kann, auf welches die erfolgsabhängige
Beitragsrückerstattung sich bezieht. Daß die Beklagte insoweit als Stichtag den
30.06.2004 bestimmt hat, begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Denn es mag
zwar zutreffen, daß damit alle Personen von der Teilhabe an der erfolgsabhängigen
Beitragsrückerstattung ausgeschlossen werden, deren Versicherungsverhältnis
zwar noch am 31.12.2003, aber nicht mehr zum 30.06.2004 bestanden hatte.
Umgekehrt erlaubt diese Art der Sachwaltung der Beklagten Personen an der
erfolgsabhängigen Beitragsrückerstattung teilhaben zu lassen, die zwar vor Ablauf
des 31.12.2004, aber nach dem 30.06.2004 aus dem Versicherungsverhältnis
ausgeschieden sind. Derlei ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts von dem
der Beklagten insoweit zuzubilligenden Ermessensspielraum noch gedeckt und
führt nach allem dazu, daß di Berufung als unbegründet zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den Vorschriften
der §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür
nicht gegeben sind (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 760,60 EUR festgesetzt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.