Urteil des LG Potsdam vom 13.03.2017
LG Potsdam: ddr, verbotene eigenmacht, vorsätzliche tötung, gesetzliche vermutung, politische verfolgung, missverhältnis, diebstahl, grenzübertritt, haft, freiheitsentzug
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Gericht:
LG Potsdam Kammer
für
Rehabilitierungssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
BRH 13262/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1 Abs 1 Nr 1e StrRehaG, §
158 StGB DDR, § 161 StGB
DDR, § 206 StGB DDR
Strafrechtliche Rehabilitierung: Rehabilitierungswürdigkeit von
Waffendelikten im Zusammenhang mit einem geplanten
bewaffneten Grenzdurchbruch
Tenor
I. Es werden aufgehoben und für rechtsstaatswidrig erklärt:
1. das Urteil des Kreisgerichts Luckenwalde vom 28. April 1972 (Az.: S 30/72),
soweit es den Antragsteller betrifft,
2. das Urteil des Bezirksgerichts Potsdam vom 2. August 1976 (Az.: I a BS
18/76), soweit es den Antragsteller betrifft, die Verurteilung wegen versuchten
ungesetzlichen Grenzübertritts in Tateinheit mit Terror erfolgte und die verhängte
Freiheitsstrafe 2 Jahre übersteigt.
II. Der Betroffene hat während folgender Zeiträume zu Unrecht Freiheitsentzug erlitten:
1. für das Verfahren Az.: S 30/72 in der Zeit vom 22. Januar 1972 bis zum 16.
Januar 1973,
2. für das Verfahren Az.: I a BS 18/76 in der Zeit vom 6. Februar 1976 bis zum
26. April 1979 für die Dauer von insgesamt 15 Monaten.
III. Die gezahlten Kosten des Strafverfahrens und die notwendigen Auslagen des
Betroffenen sind im Verhältnis von zwei Mark der DDR zu einer Deutschen Mark wie folgt
zu erstatten:
1. für das Verfahren Az.: S 30/72 zu 100%,
2. für das Verfahren Az.: I a BS 18/76 zu 5/7.
IV. Der weitergehende Antrag auf Rehabilitierung wird zurückgewiesen.
V. Kosten des Rehabilitierungsverfahrens werden nicht erhoben. Die notwendigen
Auslagen des Antragstellers fallen der Landeskasse zur Last.
Gründe
I.
1. Das Kreisgericht Luckenwalde verurteilte den Betroffenen zunächst am 28. April 1972
(Az.: S 30/72) wegen gemeinschaftlich begangenen versuchten ungesetzlichen
Grenzübertritts gemäß § 213 StGB/DDR zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 2
Monaten. Der Betroffene hatte versucht, gemeinsam mit drei Mittätern am 21. Januar
1972 die Staatsgrenze der DDR im Bereich der Stadt Heiligenstadt zu überwinden, um in
den Westen zu gelangen.
Der Betroffene verbüßte die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe in der Zeit vom 22.
Januar 1972 bis zum 16. Januar 1973. Sodann wurde er amnestiert und vorzeitig aus der
Haft entlassen.
2. Das Bezirksgericht Potsdam verurteilte den Betroffenen zudem am 2. August 1976
(Az.: I a BS 18/76) wegen Terrors in Tateinheit mit Vorbereitung zum ungesetzlichen
Grenzübertritt, unbefugten Waffenbesitzes sowie gemeinschaftlichen Diebstahls von
sozialistischem Eigentum gemäß den §§ 101, 213, 158, 161, 206 StGB/DDR zu einer
Freiheitsstrafe von 7 Jahren. Daneben erkannte es auf zivilrechtlichen Schadensersatz.
Der Betroffene hatte am 5. Februar 1976 Vorkehrungen dazu getroffen, gemeinsam mit
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Der Betroffene hatte am 5. Februar 1976 Vorkehrungen dazu getroffen, gemeinsam mit
seinen beiden Mittätern die Staatsgrenze der DDR ggf. unter Anwendung
„terroristischen Widerstandes“ und Einsatz von Schusswaffen zu durchbrechen, um in
den Westen zu gelangen. Der Betroffene hatte zu diesem Zweck zwei Maschinenpistolen
vom Typ „Kalaschnikow“ Angehörigen der Sowjetarmee entwendet und danach bis zu
seiner vorläufigen Festnahme den tatsächlichen Besitz an den beiden Maschinenpistolen
widerrechtlich ausgeübt. Beim späteren Hantieren mit den Waffen hatte sich ein Schuss
gelöst. Der Betroffene hatte zudem mit dem damaligen Mitangeklagten K. im Oktober
1975 einen nächtlichen Einbruchsdiebstahl in ein Betriebsgelände begangen und dabei
Gegenstände im Gesamtwert von 1.266,60 Mark entwendet. Bei dem Einbruch war
zudem erheblicher Sachschaden entstanden.
Der Betroffene verbüßte die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe in der Zeit vom 6.
Februar 1976 bis zum 26. April 1979. Danach wurde die Vollstreckung der verbliebenen
Restfreiheitsstrafe gemäß § 349 StPO/DDR für die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung
ausgesetzt und der Betroffene vorzeitig aus der Haft entlassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der dem Betroffenen angelasteten Straftaten wird auf
die bei den Akten befindlichen Strafurteile verwiesen.
Der Betroffene hat mit Schreiben vom 31. August 2007, das am 5. September 2007
beim Landgericht eingegangen ist, seine Rehabilitierung beantragt.
Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat der Rehabilitierung zugestimmt, soweit der
Betroffene durch das Bezirksgericht Potsdam am 2. August 1976 (Az.: I a BS 18/76)
wegen versuchten ungesetzlichen Grenzübertritts in Tateinheit mit Terror verurteilt
wurde und die dadurch verhängte Freiheitsstrafe 3 Jahre übersteigt. Im Übrigen hat sie
einer Rehabilitierung widersprochen.
II.
Der zulässige Antrag auf Rehabilitierung ist in dem aus dem Beschlusstenor
ersichtlichen Umfang begründet. Gemäß § 1 Abs. 1 des Strafrechtlichen
Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG) sind die im Beitrittsgebiet ergangenen
strafrechtlichen Entscheidungen deutscher Gerichte für rechtsstaatswidrig zu erklären
und aufzuheben, soweit sie mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen
rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar sind. Das ist insbesondere der Fall, wenn die
betreffende Entscheidung politischer Verfolgung gedient hat oder die angeordneten
Rechtsfolgen in grobem Missverhältnis zu der zugrunde liegenden Tat stehen. Diese
Voraussetzungen liegen hier nur zum Teil vor.
Soweit die beiden angefochtenen Verurteilungen jeweils wegen Vorbereitung zum
ungesetzlichen Grenzübertritt in Tateinheit mit Terror bzw. versuchten ungesetzlichen
Grenzübertritts gemäß § 213 StGB/DDR erfolgten, haben sie jeweils politischer
Verfolgung gedient. Insoweit liegen Regelfälle politischer Verfolgung im Sinne des § 1
Abs. 1 Ziffer 1 lit. e StrRehaG vor. Zureichende Anhaltspunkte, die ausnahmsweise die
durch das Regelbeispiel begründete gesetzliche Vermutung widerlegen könnten, sind
nicht ersichtlich. Der Betroffene hat ersichtlich nur von seinem Grundrecht auf
Ausreisefreiheit Gebrauch gemacht. Insoweit ist er Opfer politischer Verfolgung
geworden.
Die weitergehende Verurteilung durch das Bezirksgericht Potsdam vom 2. August 1976
(Az.: I a BS 18/76) wegen „unbefugten Waffenbesitzes und Diebstahls von
sozialistischem Eigentum“ gemäß den §§ 158, 161, 206 StGB/DDR hat hingegen nicht
politischer Verfolgung im Sinne von § 1 Abs. 1 Ziffer 1 lit. a bis i StrRehaG gedient. Die
angewandten Strafvorschriften begründen nicht die regelmäßige Vermutung politischer
Verfolgung. Sie sind nicht in § 1 Abs. 1 Ziffer 1 lit. a bis i StrRehaG bezeichnet und den
dort genannten Vorschriften auch nicht inhaltlich gleichzusetzen, § 1 Abs. 1 Ziffer 1 lit. h
StrRehaG. Der Betroffene wurde insoweit vielmehr wegen Verhaltensweisen zur
Verantwortung gezogen, die auch im Rahmen einer rechtsstaatlich verfassten
Strafrechtsordnung geahndet worden wären. Unter den obwaltenden Umständen wäre
die seiner Verurteilung zugrunde liegende Tat auch nach bundesdeutschem Recht,
nämlich als Diebstahl in zwei Fällen und Verstoß gegen das Waffengesetz gemäß den §§
242, 243, 53 StGB/BRD, § 51 WaffG zu ahnden gewesen, ohne dass dem eine politische
Verfolgungstendenz innegewohnt hätte. Indem der Betroffene in das Betriebsgebäude
eingebrochen ist, hat er seinen berechtigen Fremdbesitz an den Betriebsmitteln in
unberechtigten Eigenbesitz umgewandelt und dabei eine verbotene Eigenmacht und
zugleich einen gewöhnlichen Diebstahl verwirklicht, §§ 858 BGB, 242, 243 Abs. 1 Ziffer 1
StGB. Es ist auch im Übrigen nicht erkennbar, dass bei der Verurteilung die politische
Verfolgung des Betroffenen beabsichtigt gewesen wäre oder gar im Vordergrund
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Verfolgung des Betroffenen beabsichtigt gewesen wäre oder gar im Vordergrund
gestanden hätte.
Zwar sind die insoweit abgeurteilten Taten - mit Ausnahme des Diebstahls in das
Betriebsgelände - als sogenannte Annexdelikte, als Vorbereitungsdelikte für eine
Katalogtat nach § 1 Abs.1 StrRehaG zu bewerten. Eine Tat ist als sogenanntes
Annexdelikt zu bewerten, wenn sie nach Tatplan und -ausführung einen natürlichen
Bestandteil der Tat bei der Verwirklichung von dem Regelbeispielstatbestand des § 1
Abs.1 Nr. 1 lit. e StrRehaG bildete, das heißt wenn nach den Umständen des Einzelfalles
ein untrennbarer Zusammenhang zwischen der Annextat und dem Tatplan der
eigentlichen Tat - hier eines Grenzübertritts - bestand (vgl. dazu BGH VIZ, 1995, 417).
Dies ist auch in Fällen materiellrechtlicher Tatmehrheit zwischen Annexdelikt und
Katalogtat des § 1 Abs. 1 Nr.1 StrRehaG zu bejahen, wenn ein einheitlicher
Lebenssachverhalt vorliegt. Diese einschränkenden Voraussetzungen sind auch hier
erfüllt, weil die Wegnahme der beiden Maschinenpistolen dem späteren Einsatz bei der
geplanten Republikflucht dienen sollte. Gleichwohl sind der Diebstahl und der unbefugte
Waffenbesitz nicht rehabilitierungswürdig.
Denn nach ständiger Rechsprechung der Kammer können grundsätzlich lediglich solche
Begleitstraftaten einer Republikflucht rehabilitiert werden, die typischerweise mit ihr
einhergingen, wie etwa Sachbeschädigungen sowie Urkunds- und Devisendelikte, und
denen auch nur geringer Unrechts- und Schuldgehalt zukam (vgl. LG Berlin, VIZ 1993,
39 und zur StrRehaG a.F. LG Berlin, VIZ 1992, 38; OLG Rostock, VIZ 1995, 122;
Schröder, in: Bruns/Schröder/Tappert, StrRehaG, § 1 Rdnr. 152 ff.). Hingegen können
Gewaltdelikte, wie etwa eine Geiselnahme von Passanten zur Erleichterung der
Republikflucht oder die bewusste Gefährdung von unbeteiligten Passanten bei dem
gewaltsamen Überfahren der innerdeutschen Grenze oder der prophylaktische
Tötungsversuch am Grenzposten außerhalb einer Notwehrsituation, hinsichtlich der
insoweit verwirklichten Straftatbestände nicht rehabilitiert werden. Eine rechtlich
abweichende Bewertung kann wiederum geboten sein, wenn sich eine gewaltsame
Aktion bei der Republikflucht in der Abwehr von antizipiertem und ihrerseits
rechtswidrigen und bewaffneten Angriffen des Grenzpersonals oder in der Gefährdung
von Grenzpersonal erschöpft. Insoweit bestanden die bei Grenzabfertigungen in der DDR
allgemein üblichen Kontroll- und Eingriffsbefugnisse, gegenüber denen eine Gegenwehr
grundsätzlich nicht zulässig und ein Waffeneinsatz von ausreisewilligen DDR-Bürgern
(sogenanntes „Freischießen“) durch Notwehr nicht gerechtfertigt war (vgl. BGH 5 StR
96/82).
Dagegen war die Staatspraxis der DDR, die die vorsätzliche Tötung von Flüchtlingen
durch Schusswaffen, Selbstschussanlagen oder Minen zur Vermeidung einer Flucht aus
der DDR in Kauf nahm, wegen offensichtlichen Verstoßes gegen elementare Gebote der
Gerechtigkeit und gegen völkerrechtlich geschützte Menschenrechte nicht geeignet, die
Täter zu rechtfertigen (BGHSt 39, 1, 15; BGHSt 39, 168, 183; BVerfGE 95, 101, 105).
Insbesondere war der in der DDR geltende Rechtfertigungsgrund des § 27 Abs. 2
Grenzgesetz, so wie ihn die Staatspraxis der DDR bei gegebener Befehlslage im Sinne
einer vorrangigen Durchsetzung des Grenzüberschreitungsverbots auch um den Preis
bedingt vorsätzlicher Tötung unbewaffneter Flüchtlinge handhabte, nicht zu beachten
(BGHSt 39, 1, 38 ff; BGH, NJW 2000, 443, 450 f.). Danach kann § 27 Abs. 2 Grenzgesetz
der DDR das Schießen mit Dauerfeuer auf einen unbewaffneten Flüchtling mit bedingtem
Tötungsvorsatz nicht rechtfertigen. Indessen ist nach ständiger Rechtsprechung der
Strafsenate des Bundesgerichtshofs der Schusswaffeneinsatz von Grenzposten gegen
einen bewaffneten Deserteur oder mit bloßem Körperverletzungsvorsatz nicht schon
offensichtlich rechtswidrig bzw. zumindest entschuldigt (BGHSt 41, 10, 15, BGHSt 42,
362 ff.; BGH, NJ 2001, 152). An diesen Maßstäben gemessen stellt sich der von dem
Betroffenen geplante Grenzdurchbruch unter Einsatz der entwendeten sowjetischen
Maschinenpistolen nicht mehr als gerechtfertigt und damit auch nicht mehr als
rehabilitierungsfähig dar. Denn ein Vorbehalt, die Maschinenpistolen nur zu
Abwehrzwecken im Falle des Entdecktwerdens und eines bewaffneten Angriffs von Seiten
der Grenzposten einzusetzen, wurde den damaligen Feststellungen zufolge nicht
verabredet. Insoweit ist davon auszugehen, dass sich der Betroffene mit den zuvor
widerrechtlich entwendeten Maschinenpistolen den Weg in den Westen gleichsam
„freischießen“ wollte. Ein derartiges Verhalten war auch nicht mehr von seinem Recht
auf Freizügigkeit gedeckt.
Die Kammer geht nach den bestimmenden Strafzumessungserwägungen des
verurteilenden Bezirksgerichts Potsdam davon aus, dass auf den nicht aufgehobenen
Teil des Schuldspruchs im Rahmen der damaligen Hauptstrafenbildung zumindest eine
rechtsstaatlich gerade noch vertretbare Freiheitsstrafe von 2 Jahren entfallen wäre, § 1
Abs. 4 StrRehaG. Die Entscheidung des Bezirksgerichts war damit auch nicht insgesamt
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Abs. 4 StrRehaG. Die Entscheidung des Bezirksgerichts war damit auch nicht insgesamt
aufzuheben. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die auf den §§ 158, 161, 206 StGB/DDR
beruhende Verurteilung für den Rechtsfolgenausspruch von gleichsam untergeordneter
Bedeutung gewesen ist, § 1 Abs. 3 StrRehaG.
Die insoweit verhängte Strafe steht auch in keinem groben Missverhältnis zu der
zugrunde liegenden Tat, § 1 Abs. 1 Nr. 2 StrRehaG. Ein solches Missverhältnis liegt vor,
wenn die verhängten Rechtsfolgen unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten unvertretbar
sind. Insoweit ist allerdings nicht die bundesdeutsche Strafzumessungspraxis zugrunde
zu legen; insbesondere ist die Strafe nicht allein deshalb herabzusetzen weil sie aus
bundesdeutscher Sicht als zu hart erscheint. Dies folgt aus der Entscheidung des
Gesetzgebers, derzufolge rechtskräftige Verurteilungen durch Gerichte der DDR
grundsätzlich Bestand haben sollen (vgl. Art. 18 des Einigungsvertrages). Eine
Herabsetzung der verhängten Strafe kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn sie
ihrer Schwere nach jede nachvollziehbare Entsprechung in dem Unrechtsgehalt der
zugrunde liegenden Tat vermissen lässt. Daran fehlt es hier.
Die verhängte Freiheitsstrafe von 2 Jahren war zwar hart, aber auch unter
rechtsstaatlichen Gesichtspunkten noch nicht völlig unvertretbar hoch. Insbesondere im
Hinblick auf das hohe Gefährdungspotential, das den zugrunde liegenden Taten
innewohnte, und dem gewerbsmäßig begangenen Einbruchsdiebstahl erweist sich die
vom Bezirksgericht Potsdam ausgesprochene Rechtsfolge auch bei gebotener
Ausblendung der rechtsstaatswidrigen Vorverurteilung vom 28. April 1972 jedenfalls
nicht als rechtsstaatswidrig überhöht. Gemessen an der gewöhnlich harten
Sanktionspraxis der Strafgerichte der DDR stellt sich der hier vorliegende
Rechtsfolgenausspruch nach den Erfahrungen der Rehabilitierungskammer jedenfalls
nicht als „krasser Ausreißer“ dar.
Im Übrigen ist für eine sonstige Unvereinbarkeit der angefochtenen Entscheidung mit
rechtsstaatlichen Grundsätzen im Sinne der Generalklausel des § 1 Abs. 1 StrRehaG
nichts ersichtlich. Auch der Betroffene hat mit seinem Antrag keine Umstände
aufgezeigt, die der Kammer zu einer noch weitergehenden Rehabilitierung Anlass geben
könnten.
Die Berechnung des zu Unrecht erlittenen Freiheitsentzuges ergibt sich aus der
Differenz zwischen dem verbüßten und dem nicht aufgehobenen Teil der Strafe
(sogenannte Differenzberechnung, vgl. BGH, NJ 1995, 150). Entgegen der
Haftzeitberechnung der Staatsanwaltschaft Potsdam hat der Betroffene in dem
Haftzeitraum vom 6. Februar 1976 bis zum 26. April 1979 danach insgesamt 15 Monate
zu Unrecht Freiheitsentzug erlitten. Die Kosten- und Auslagenerstattung berechnet sich
demgegenüber nach dem Verhältnis zwischen der ursprünglich verhängten Strafe und
dem aufgehobenen Teil der Strafe.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 6 Abs. 1, 14 StrRehaG.
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