Urteil des LG Köln vom 02.06.2004

LG Köln: agb, abnutzung, beendigung, mieter, vertragsverletzung, einverständnis, pauschal, beschädigung, zustand, mietvertrag

Landgericht Köln, 9 S 52/04
Datum:
02.06.2004
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 S 52/04
Vorinstanz:
Amtsgericht Bergisch Gladbach, 63 C 36/03
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.1.2004 verkündete Urteil
des Amtsgerichts Bergisch Gladbach - 63 C 36/03 - wird zurückgewie-
sen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten.
B e g r ü n d u n g (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO):
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Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat in der Sache
keinen Erfolg.
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Der Kautionsrückzahlungsanspruch der Kläger ist zwischen den Parteien unstreitig.
Fraglich ist allein, ob den Beklagten ein Gegenanspruch auf die Hälfte der Kosten, die
für das Abschleifen und Versiegeln der Parkettfläche insgesamt gemäß der Rechnung
C2 vom 26.3.2002 (Bl. 19) in Höhe von 2.402,13 € anfallen, zusteht. Dies hat das
Amtsgericht zu Recht verneint.
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Zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass es sich bei der streitigen,
handschriftlich in den Vertragstext aufgenommenen Klausel "Beim Auszug ist sie
fachgerecht zu renovieren. Der Parkettboden ist abzuschleifen" um AGB handelt, die der
Inhaltskontrolle des § 307 BGB nicht standhalten, da sie die Kläger unangemessen
benachteiligen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich um eine handschriftliche
Ergänzung des Formularvertrages handelt. Eine mit Wiederholungsabsicht hand- oder
maschinenschriftlich in den Formulartext eingefügte Regelung ist eine AGB (vgl.
Palandt-Heinrichs, BGB, zu § 305 Rz. 8). Eine solche Wiederholungsabsicht liegt vor,
da die Klausel für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert ist. Die Beklagten haben
vorgetragen, dass sie diese Klausel bei den beiden Wohnungen verwenden, die
großflächig mit Parkett ausgestattet sind. Dies hat auch der Zeuge H bestätigt. Daraus
ergibt sich aber, dass die Verwendung dieser Klausel nicht auf zwei Fälle beschränkt
ist, sondern für jeden Fall der Vermietung dieser beiden Wohnungen
Vertragsbestandteil werden soll. Sie muss auch nicht schriftlich für eine Vielzahl von
Fällen fixiert sein. Ein "speichern im Kopf des Verwenders", wie es hier zumindest
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vorliegt, reicht aus (vgl. Palandt, a.a.O., Rz.8). Wie oft die Klausel bisher verwendet
worden ist, ist dabei unerheblich, da es sich unter diesen Voraussetzungen auch schon
beim ersten Verwendungsfall um AGB handelt (vgl. Palandt, a.a.O., Rz.9). Etwas
anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klausel bei dem derzeitigen, die andere
Wohnung betreffenden Mietvertrag sprachlich etwas anders gefasst ist (dort ist von
Abziehen anstelle von Versiegeln die Rede), da es sich auch dann um AGB handelt,
wenn sie im Einzelfall unter Aufrechterhaltung der sachlichen Identität sprachlich
unterschiedlich gefasst ist (vgl. Palandt, a.a.O., Rz. 8). Das Amtsgericht ist auch zu
Recht davon ausgegangen, dass es sich nicht um eine Individualvereinbarung der
Parteien handelt, die gemäß § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht als AGB anzusehen wäre.
Eine solche liegt nur dann vor, wenn es zu einem wirklichen Aushandeln der Klausel
gekommen ist. Dazu reicht es nicht aus, dass der andere Teil über die Bedeutung und
Tragweite der vorformulierten Klauseln belehrt worden ist. Vielmehr muss der
Verwender des gesetzesfremden Kerngehalts seine AGB inhaltlich ernsthaft zur
Disposition stellen und dem anderen Teil Gestaltungsfreiheit einräumen. Der
Vertragspartner muss die reale Möglichkeit erhalten, den Inhalt der
Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Ein ausdrückliches Einverständnis nach einem
Hinweis auf die belastende Klausel genügt nicht (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, zu § 305
Rz. 19, 20, 21 m.w.Nw.). Zu Recht geht das Amtsgericht nach der Beweisaufnahme
davon aus, dass diese Voraussetzungen hier nicht vorliegen. Auf die dortigen
Ausführungen kann Bezug genommen werden. Ebenfalls zu Recht hat das Amtsgericht
schließlich ausgeführt, dass das Abschleifen und Versiegeln von Parkettböden nicht zu
den Schönheitsreparaturen gehört und daher die formularmäßige Überbürdung dieser
Arbeiten auf den Mieter bei Wohnraummietverhältnissen gemäß § 307 BGB unwirksam
ist. Soweit sich die Beklagten auch in der Berufungsinstanz auf Palandt und eine
Entscheidung des Landgerichts Osnabrück verweisen, wird dort die von den Beklagten
angeführte gegenteilige Ansicht gerade nicht vertreten.
Nach alledem kommt es nicht mehr darauf an, ob das in der Klausel erwähnte
"Versiegeln" überhaupt das Abschleifen des Parketts, welches in der Rechnung der Fa.
C2 ebenfalls enthalten ist, umfasst.
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Auch ein Anspruch aus einer positiven Vertragsverletzung besteht nicht. Die Beklagten
haben – auch nach einem entsprechenden Hinweis der Kammer - schon nicht
ausreichend substanziiert vorgetragen, dass der Parkettboden bei Beendigung des
Mietvertrages eine über die vertragsgemäße Abnutzung hinausgehende Beschädigung
aufgewiesen habe. Die Beklagten haben ihren zunächst gänzlich unkonkreten Vortrag
nach einem entsprechenden Hinweis des Amtsgerichts lediglich dahin ergänzt, dass
"der Boden im Flur rechts in Richtung Elternschlafzimmer sowie im Wohnzimmer im
Ausgangsbereich durch Hundekrallen schwer zerkratzt war". Dieser Vortrag ist aber
immer noch zu pauschal, um zu beurteilen, ob eine übermäßige Abnutzung vorliegt,
zumal nach einer Mietdauer von 10 Jahren das Parkett ohnehin in einem
"abschleifreifen" Zustand sein dürfte. Somit kommt es auch nicht darauf an, dass der
erstinstanzlich für den Umstand der Abnutzung von den Beklagten benannte Zeuge C2
nicht vernommen worden ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.201,07 €
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