Urteil des LG Kaiserslautern vom 11.05.2005

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Bürgerliches Recht
LG
Kaiserslautern
11.05.2005
3 S 28/05
Zu dem Anspruch eines Mieters auf Anbringung einer Parabolantenne am Balkongeländer der
Mietwohnung
Aktenzeichen:
3
28/05
2 c 993/04
Verkündet am: 11. Mai 2005
gez. Werner, Justizangestellte
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Landgericht Kaiserslautern
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
-Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
gegen
1.
Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt
2.
-Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt
wegen Entfernung einer Parabolantenne,
- 2 -
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht
Goldstein, den Richter am Landgericht Sachs und den Richter am Amtsgericht Pees auf die mündliche
Verhandlung vom 11. Mai 2005
für Recht erkannt:
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des
Amtsgerichts Rockenhausen vom 20. Januar 2005, Az.:
2 C 993/04, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die von ihnen am Balkon der Wohnung im 2.
Oberge-schoss rechts des Anwesens G. 8 a in Gö. angebrachte Satellitenempfangsanlage, bestehend
aus einer schüsselförmigen Parabolantenne nebst Halterung und Leitungen, zu entfernen.
II.Die Beklagten haben die Kosten beider Rechtszüge als
Gesamtschuldner zu tragen.
III.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
(ohne Tatbestand gemäߧ 540 ZPO)
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerin kann von den Beklagten Entfernung
der am Balkon angebrachten Satellitenempfangsanlage verlangen.
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I.
Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus § 550 BGB a. F. in Verbindung mit Nr. 6 der Allgemeinen
Vertragsbedingungen des am 22. Mai 1995 geschlossenen Mietvertrages.
Das Eigentumsrecht der. Klägerin ist durch die Anbringung der Antennenanlage beeinträchtigt, während
die Beklagten keinen Anspruch auf Beibehaltung der Anlage haben.
1.
Das Erstgericht hat auf Grund einer Augenscheinseinnahme festgestellt, dass der Parabolspiegel
("Schüssel"), der einen Durchmesser von etwa 80 cm aufweist, 90 cm in den Luftraum vor dem Bal-
kongeländer der im 2. Obergeschoss befindlichen Wohnung der Beklagten ragt. Die Parabolantenne ist
von dem gegenüber gelegenen Mehrfamilienhaus und auch von der Straße (G.) aus sichtbar. Es handelt
sich um die einzige in dieser Weise angebrachte Antennenanlage des dreigeschossigen Mietshauses mit
6 Wohnungen. Die Klägerin hat die Antennenanlage der Beklagten bis zum Jahre 2004 geduldet, da sie
bislang keine Gemeinschaftsantenne zur Verfügung gestellt, hat, über die die Mieter eine Vielzahl von
Sendern, u. a. auch russische, empfangen konnten. Im Jahr 2004 hat die Klägerin jedoch eine
Satellitengemeinschaftsantennenanlage installiert, die auch den Empfang von fünf russischen Sendern,
die für die Beklagten als deutsche Aussiedler aus dem russischen Sprachraum nach ihren Angaben von
besonderer Bedeutung sind, ermöglicht.
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2.
Der Grundsatz von Treu und Glauben gebietet, dass der Vermieter nicht ohne triftigen Grund dem Mieter
Einrichtungen versagt, die diesem das Leben in der Mietwohnung angenehmer gestalten können, und
durch die er als Vermieter nur unerheblich beeinträchtigt und die Mietsache nicht verschlechtert wird.
Dieser Grundsatz wird im Rahmen des Rechts auf Anbringung einer Parabolantenne maßgeblich durch
das Grundrecht auf Informationsfreiheit beeinflusst (BVerfG WuM 1991, 573). Fernsehprogramme, deren
Empfang in Deutschland möglich ist, sind zugängliche Informationsquellen im Sinne des Art. 5 GG. Soweit
der Empfang dieser Programme von technischen Anlagen abhängt, die diese allgemein zugänglichen
Informationsquellen erst individuell erschließen, erstreckt sich der Grundrechtsschutz auch auf die
Beschaffung und Nutzung solcher Anlagen. Ist allerdings vom Vermieter eine
Gemeinschaftssatellitenantennen-anlage installiert worden, kann dem Mieter versagt werden, daneben
noch eine Parabolantennenanlage zu betreiben, wenn der Vermieter erhebliche Gründe geltend macht,
die gegen die Anbringung der Parabolantenne sprechen. Zwar führt der Verweis auf den An-schluss an
die Gemeinschaftsanlage u.U. zu einer Beschränkung der Informationsfreiheit, weil der Mieter über seine
Parabolantenne Sender empfangen kann, die mit Hilfe der Gemeinschaftsanlage nicht zu empfangen
sind. Dies ist jedoch vom Mieter hinzunehmen, da er sein Interesse, am vielfältigen Medienangebot
teilzuhaben, weitgehend realisieren kann (zur Problematik BVerfG NJW 1993, 1252) .
3.
Bei ausländischen Mietern besteht regelmäßig ein anzuerkennendes Interesse, ihre Heimatsender zu
empfangen, um sich über das dortige politische und kulturelle Geschehen zu unterrichten. Bei einer
Interessenabwägung ist aber zu berücksichtigen, in welchem Umfang der Mieter Programme seines
Heimatlandes bereits ohne die eigene Parabolantenne empfangen kann.
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So ist bei einem russischen Staatsangehörigen, der über die Gemeinschaftsanlage bereits 5 russisch-
sprachige Sender empfangen kann, ein Anspruch auf Anbringung einer eigenen Parabolantenne verneint
worden (BGH, Urteil vom 02. März 2005, Az. : VIII ZR 118/04) .
Bei deutschen Spätaussiedlern aus dem polnischen Sprachraum wird teilweise ein Recht auf Empfang
von polnischen Sendern gänzlich abgelehnt (OLG Hamm MDR 1998, 527).
Die Beklagten sind deutschstämmige Aussiedler, die zwar aus dem russischen Kultur- und Sprachraum
kommen, jedoch länger als 10 Jahre in der Bundesrepublik Deutschland leben und gleiche Rechte wie
die übrigen Inländer genießen. Ihr Informationsinteresse ist nicht mit demjenigen von in der
Bundesrepublik lebenden Ausländern gleichzusetzen, die hier in einem für sie fremden Kulturraum
ansässig geworden sind.
Ein berechtigtes Interesse der Beklagten über die eigene Parabolantenne weitere russische Sender zu
empfangen, *wenngleich mit Hilfe der Gemeinschaftsanlage 5 russisch-sprachige Fernsehsender zur
Verfügung stehen, wäre daher auch dann nicht zu bejahen, wenn es sich bei ihnen um Ausländer
handelte.
Der Einwand, der Anschluss an die Gemeinschaftsantennenanlage sei mit zusätzlichen Kosten
verbunden, lässt die Beseitigung der Parabolantenne nicht unzumutbar erscheinen. Das Grundrecht der
Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG gibt keinen Anspruch auf die Nutzung der kostengünstigsten
Informationsquelle. Da das Informationsbedürfnis mit Hilfe der Gemeinschaftsantennenanlage befriedigt
werden kann, durfte die Klägerin ihre ursprünglich - stillschweigend - erteilte Zustimmung zur Anbringung
der Parabolantenne gemäß Ziffer 6 der Allgemeinen Vertragsbedingungen widerrufen.
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4.
Zwar mag ein Eingriff in die Substanz des Gebäudes durch die Anbringung der Parabolantenne nicht
gegeben sein. Das Eigentums-grundrecht aus Art. 14 Abs. IS. 1 GG schützt indessen auch vor optischen
und ästhetischen Beeinträchtigungen des Wohnhauses (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 8. Aufl.,
§ 535 Randnr. 400) .
Eine nicht unerhebliche optische Beeinträchtigung ist im vorgegebenen Fall zu bejahen. Die Antenne hebt
sich - wie das vorgelegte Lichtbild zeigt - deutlich von der Fassade des Hauses ab und ist vom
gegenüberliegenden Gebäude und der Straße aus sichtbar. Es handelt sich um die einzige derartige
Anlage an dem Mehrfamilienhaus, sodass durch sie der Gesamteindruck: des Hauses gestört wird, zumal
Antennenanlagen üblicherweise nicht an Baikonen, sondern auf dem Dach installiert werden.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt
sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
gez. Goldstein Sachs Pees
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Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 650,00 Euro festgesetzt.
Kaiserslautern, den 11.05.2005 Landgericht - 3. Zivilkammer -
gez. Goldstein Sachs Pees
Vorsitzender Richter am LG Richter am LG Richter am AG