Urteil des LG Freiburg vom 04.07.2002

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LG Freiburg Beschluß vom 4.7.2002, 4 T 63/00
Notargebühr: Vereinbarkeit der Notargebühren mit der Gesellschaftssteuerrichtlinie bei Beurkundungstätigkeit im Zusammenhang mit der
Kapitalerhöhung einer GmbH
Tenor
1. Auf die Beschwerde wird unter Aufhebung von Ziffer 1 des Beschlusses des Amtsgerichts Emmendingen vom 25.02.2000 - UR II 4/00 - der
Kostenansatz des Notariats E. vom 09.11.1999 (UR III 1041/99) - Kostenrechnung der Landesoberkasse Metzingen vom 24.11.1999 -
Kassenzeichen: - wie folgt geändert:
a) Es wird aufgehoben und zur Neufestsetzung an die Kostenbeamtin des Notariats E. zurückgegeben:
KV-Nr. 4700 Beurk. Gesellschafterbeschlüsse; § 47 KostO: 7.780,00 DM einschl. der hierauf angesetzten 16 % Umsatzsteuer gemäß KV-Nr. 3151.
b) Es wird aufgehoben:
KV-Nr. 4500 (1) Unterschriftsbeglaubigung; § 45, I KostO: 250,00 DM, einschl. der hierauf angesetzten 16 % Umsatzsteuer gemäß KV-Nr. 3151.
Dieser Betrag nebst 16 % Umsatzsteuer wird gemäß § 16 Abs. 1 KostO nicht erhoben.
c) Die weitergehende Beschwerde wird (bezüglich der Positionen KV-Nr. 4500 (2) Unterschriftsbeglaubigung; § 45 Abs. 1 KostO: 250,00 DM (jetzt:
127,82 EUR) sowie KV-Nr. 1362 Schreibauslagen; § 136 I, III KostO: 21,00 DM (jetzt: 10,74 EUR) jeweils einschließlich der hierauf gemäß KV-Nr.
3151 angesetzten 16 % Umsatzsteuer) zurückgewiesen.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebühren- und gerichtsauslagenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Die weitere Beschwerde wird (nur) zugelassen, soweit die Beschwerde zurückgewiesen wurde. Dabei beschränkt sich die Zulassung des
weiteren auf die von der Beschwerdekammer bejahten Fragen, ob ohne exakte Ermittlung des Kostenaufwandes des Landes davon ausgegangen
werden kann, dass die nach § 45 Abs. 1 KostO für die reine Unterschriftsbeglaubigung in Ansatz gebrachte Höchstgebühr von DM 250,00 = EUR
127,82 sowie die nach § 136 Abs. 1, 3 KostO in Ansatz gebrachte Auslagenpauschale, jetzt Dokumentenpauschale, von DM 21,00 = EUR 10,74 den
Kostenaufwand des Landes jedenfalls nicht übersteigt.
Gründe
I.
1
Für die beschwerdeführende Kostenschuldnerin, die P. B. GmbH, D., wurden am 20.08.1999 beim Notariat E., Notar D., folgende
Urkundsgeschäfte gefertigt:
2
3 UR 1041/99 (Urkunde über Gesellschafterversammlung / Kapitalerhöhung): Beurkundung einer außerordentlichen
Gesellschafterversammlung, in der die beiden Gesellschafter P.B. und H.B. folgende Beschlüsse fassten:
3
"1. "Das Stammkapital der Gesellschaft wird von DM 2.050.000,00 um DM 200.000,00 auf DM 2.250.000,00 erhöht. 2. Die Gesellschafter H.B.
und P.B. werden zur Übernahme je einer Stammeinlage im Nennbetrag von DM 100.000,00 zugelassen. Die neuen Stammeinlagen werden zum
Nennwert ausgegeben. 3. Die neuen Stammeinlagen gemäß Ziffer 2 sind im Wege der Sacheinlage dadurch zu leisten, dass die Gesellschafter
P.B. und H.B. ihre je 50 %ige Kommanditbeteiligung an der P.B. GmbH & Co.KG Gerüstbau Arbeitsbühnen mit Sitz in Ch., eingetragen im
Handelsregister des Amtsgerichts Ch. unter HRA 3016, in die Gesellschaft nach Maßgabe des als Anlage 1 dieser Urkunde beigefügten
Einbringungsvertrages vom 20.08.1999 einbringen. Die Einbringung erfolgt mit dem Zeitwert der jeweiligen Beteiligung gemäß dem Gutachten
des Wirtschaftsprüfers S. in Freiburg vom 02.08.1999. 4. § 4 des Gesellschaftsvertrages der P. B. GmbH wird entsprechend geändert und erhält
die folgende Neufassung:
4
"§ 4 Stammkapital, Stammeinlage
5
Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt DM 2.250.000,00 (in Worten: zweimillionenzweihundertfünfzigtausend Deutsche Mark)"."
6
3 UR 1042/99 und 3 UR 1043/99: Jeweils eine Unterschriftsbeglaubigung
7
In beiden Fällen hat der Notar die Unterschriften des P.B. bzw. des H.B. unter zwei Fremdentwürfen mit jeweils einer "Übernahmeerklärung"
beglaubigt. Darin haben P.B. bzw. H.B. entsprechend dem in der Urkunde 3 UR 1041/99 gefassten Kapitalerhöhungsbeschluss je eine neue
Stammeinlage in Höhe von DM 100.000,00 übernommen und jeweils ihren 50 %igen Gesellschaftsanteil an der P.B. GmbH & Co.KG Gerüstbau
Arbeitsbühnen gemäß den Bestimmungen des Einbringungsvertrages vom 20.08.1999 in die Gesellschaft eingebracht.
8
3 UR 1044/99: Entwurf der Anmeldung zum Handelsregister mit Beglaubigung der Unterschriften der beiden geschäftsführenden Gesellschafter
P.B. und H.B..
9
Die der Beschwerdeführerin als Kostenschuldnerin übermittelte Kostenrechnung der Landesoberkasse vom 24.11.1999 - - weist folgende, hierfür
vom Notariat am 09.11.1999 angesetzte Gebühren, Auslagen und Mehrwertsteuer aus:
10 3 UR 1041/99:
DM 7.780,00
3 UR 1044/99:
DM 1.945,00
3 UR 1042/99:
DM 250,00
3 UR 1043/99:
DM 250,00
Schreibauslagen:
DM 21,00
16 % Umsatzsteuer aus DM 10.246,00: DM 1.639,36
-----------
Gesamtbetrag:
DM 11.885,36
18 Die Kostenschuldnerin hat sich mit ihrer Erinnerung vom 01.12.1999 insbesondere gegen die nach ihrer Ansicht gegen die Richtlinie
69/335/EWG des Rates vom 17.07.1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (im Folgenden:
Gesellschaftssteuerrichtlinie bzw. RL) verstoßenden Gebühren für die Beurkundung der Kapitalerhöhung gewandt und begehrt die Gebühr auf
den im Hinblick auf einen maximalen Zeitaufwand des Notariats von 2 Stunden angemessenen Betrag von 700,00 DM herabzusetzen.
19 Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 25.02.2000 die Erinnerung zurückgewiesen.
20 Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kostenschuldnerin.
21 Im Beschwerdeverfahren hat der Verfahrensbevollmächtigte der Kostenschuldnerin auf Anfrage klargestellt, dass die Kostenerinnerung sich nicht
auf die für die Anmeldung zum Handelsregister in Ansatz gebrachte Gebühr bezieht.
22 Die Beschwerdekammer hat auf Grund eines vom Amtsgericht Müllheim/Baden in seinem Kostenerinnerungsverfahren UR II 42/99 am
20.06.2000 beim EuGH veranlasstes Vorabentscheidungsverfahren das vorliegende Beschwerdeverfahren am 13.07.2000 bis zur Entscheidung
durch den EuGH ausgesetzt.
23 Die Vorlagefrage des Amtsgerichts Müllheim lautete:
24 "Sind die Gebühren für Beurkundungen und Beglaubigungen der Notare im Landesdienst des Landes Baden-Württemberg im
Oberlandesgerichtsbezirk Karlsruhe bei Vorgängen, auf die sich Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 69/335/EWG bezieht, von dem Verbot des Art. 10
dieser Richtlinie derart erfasst, dass die Gebühren nur nach den konkreten Aufwendungen der Notare für die jeweilige Dienstleistung erhoben
werden dürfen?"
25 Mit Beschluss vom 21.03.2002 - C.264/00 - (Gründerzentrum-Betriebs-GmbH) hat der EuGH diese Vorlagefrage wie folgt beantwortet:
26 "Die Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17.07.1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der
Richtlinie 85/303/EWEG des Rates vom 10.06.1985 ist so auszulegen, dass die Gebühren für die notarielle Beurkundung eines unter diese
Richtlinie fallenden Rechtsgeschäfts in einem Rechtssystem, in dem die Notare Beamte sind und ein Teil der Gebühren dem Staat zufließt, der
der Dienstherr der Notare ist und der diese Einnahmen für die Finanzierung seiner Aufgaben verwendet, als Steuer im Sinne der Richtlinie
69/335 in der geänderten Fassung anzusehen sind.
27 Die Gebühren für die notarielle Beurkundung eines Vertrages über die Gründung einer Kapitalgesellschaft sind nach Art. 10 c der Richtlinie
69/335 in der geänderten Fassung grundsätzlich verboten, wenn sie eine Abgabe im Sinne dieser Richtlinie darstellen.
28 Der Umstand allein, dass die für die notarielle Beurkundung eines Vertrages über die Gründung einer Kapitalgesellschaft erhobenen Gebühren,
die proportional zu dem gezeichneten Kapital steigen, eine Obergrenze nicht übersteigen dürfen, kann diese Gebühren nicht zu Abgaben mit
Gebührencharakter im Sinne der Richtlinie 69/335 in der geänderten Fassung machen, wenn diese Obergrenze nicht im angemessenen
Verhältnis zu den Kosten der Leistung steht, die mit diesen Gebühren abgegolten wird".
29 Die Kammer hat daraufhin am 03.06.2002 das vorliegende Verfahren wieder aufgenommen.
30 Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten und des Vorgangs des Notariats Emmendingen 3 UR 1041 bis 1044/99
verwiesen.
II.
31 Die nach § 14 Abs. 3 KostO zulässige Beschwerde ist teilweise begründet hinsichtlich einer der beiden für die Unterschriftsbeglaubigungen
betreffend die Übernahmeerklärungen angesetzten Gebühren (nachfolgend Ziffer 2), unbegründet hinsichtlich der für die zweite
Unterschriftsbeglaubigung angesetzte Gebühr sowie der Schreibauslagen einschließlich der auf diese beiden Positionen erhobenen
Mehrwertsteuer (nachfolgend Ziffer 3). Im Übrigen hat das Rechtsmittel einen vorläufigen Erfolg (nachfolgend Ziffer 1).
32 1. Nach der Entscheidung des EuGH vom 21.03.2002 ist die Erhebung einer Abgabe verboten, wenn sie eine Abgabe im Sinne der
Gesellschaftssteuerrichtlinie darstellt. Das Verbot umfasst daher nur die Gebühren der Notare im Landesdienst, soweit
33 - sie in den Anwendungsbereich der RL fallen, - ihre Erhebung nach Art. 10 oder 11 der RL als zusätzliche Steuer oder Abgabe verboten ist, - sie
nicht nach Art. 12 Abs. 1 der RL zulässig sind.
34 In allen anderen Fällen sind die Gebühren der Notare im Landesdienst - wie bisher - zulässigerweise nach der Kostenordnung zu erheben, auch
wenn sie im Einzelfall den Aufwand des Landes für das konkrete Notargeschäft übersteigen.
35 a) Die für die Fertigung der Urkunde über die Gesellschafterversammlung (3 UR 1041/99) festgesetzte Gebühr nach § 47 KostO fällt in den
Anwendungsbereich der Gesellschaftssteuerrichtlinie.
36 Bei der P.B. GmbH handelt sich um eine Kapitalgesellschaft gemäß § 3 a - 3 der RL; der Vorgang der Kapitalerhöhung wird von Art. 4 Abs. 1 c RL
erfasst, wobei die Gebühren zu Recht nicht aus dem Nominalwert der beiden ausgegebenen Stammeinlagen, sondern aus dem höheren Wert
der beiden 50 %igen Beteiligungen der Gesellschafter P. und H.B. als Kommanditisten an der P.B. GmbH & Co. KG Gerüstbau Arbeitsbühnen in
Ch. mit jeweils ½ des bilanzierten Aktivvermögens dieser Gesellschaft errechnet wurden (§§ 47, 27 Abs. 2, 44 Abs. 1 entsprechend, §§ 39 Abs. 1,
18 Abs. 3 KostO; vgl. OLG Düsseldorf DNotZ 1980, 189 f).
37 b) Für die Erhöhung des Kapitals einer GmbH durch Einlagen jeder Art dürfen nach Art. 10 a der Gesellschaftsteuerrichtlinie abgesehen von der
Gesellschaftssteuer keinerlei andere Steuern oder Abgaben erhoben werden.
38 Nach RNr. 27, 28 der Entscheidung des EuGH vom 21.03.2002 - Gründerzentrum-Betriebs-GmbH ist die Gesellschaftssteuerrichtlinie so
auszulegen, dass die Gebühren für die notarielle Beurkundung eines unter die RL fallenden Rechtsgeschäfts als Steuer im Sinne der RL
anzusehen sind, wenn - wie im Bezirk des OLG Karlsruhe - die Notare Beamte sind und ein Teil der für die Beurkundung vereinnahmten
Gebühren dem Staat zufließt, der Dienstherr der Notare ist und der diese Einnahmen zur Finanzierung seiner Aufgaben verwendet. Damit ist die
Erhebung von Gebühren für die notarielle Erhöhung des Kapitals nach Art. 10 lit. c RL grundsätzlich verboten, wenn sie eine Abgabe im Sinne
der RL darstellen, weil § 53 Abs. 2 GmbHG für die Kapitalerhöhung eine notarielle Beurkundung zwingend vorschreibt und diese eine
wesentliche Förmlichkeit in Zusammenhang mit der Rechtsform der Gesellschaft und eine Bedingung für die Ausübung und Fortführung von
deren Tätigkeit darstellt (EuGH a. a. O., RNr. 29 unter Verweisung auf EuGH vom 29.09.1999 C-56/98 - Modelo RNr. 26).
39 c) Die für die Beurkundung der Kapitalerhöhung in Ansatz gebrachte Gebühr stellt keine Abgabe mit Gebührencharakter dar, deren Erhebung
durch Art. 12 Abs. 1 lit. e RL ermöglicht wird.
40 Gebühren der Notare im Landesdienst, die unter einen Verbotstatbestand nach Art. 10 oder 11 der Gesellschaftssteuerrichtlinie fallen und sich
nicht unter eine Ausnahme nach Art. 12 Abs. 1 lit. a bis d subsumieren lassen, sind gleichwohl zulässig, wenn sie im Einzelfall nicht den mit dem
jeweiligen Notargeschäft verbundenen Aufwand des Landes übersteigen.
41 Die Urkunde 3 UR 1041/99 wurde ersichtlich unter Verwendung eines nicht vom Urkundsnotar selbst erstellten Fremdentwurfs gefertigt, dem
lediglich ein beim Notariat geschriebenes Deckblatt vorgeheftet ist. Die in Ansatz gebrachte Gebühr dürfte daher - wenn kein zusätzlicher
umfangreicher Vorbesprechungs-, Prüfungs- oder Beratungsaufwand angefallen ist - den für dieses Urkundsgeschäft erbrachten Aufwand des
Landes erheblich übersteigen. In welcher Höhe die Gebühr letztlich erhoben werden darf, ohne dass es sich um eine nach der
Gesellschaftssteuerrichtlinie unzulässige Steuer handelt, hängt von dem konkret erbrachten Aufwand des Landes ab. Vor allem der Zeitaufwand
kann fraglos am besten beim Notariat selbst festgestellt werden. Die Kammer hält es daher für zweckmäßig, dass unter Aufhebung des für die
Urkunde 3 UR 1041/99 gefertigten (Teil-) Kostenansatzes einschließlich der insoweit erhobenen Mehrwertsteuer der Vorgang zur Ermittlung der
Kosten des Landes und sodann zur Neufestsetzung der Gebühr an die Kostenbeamtin des Notariats E. zurückgegeben wird. Diese wird dabei
die Vorgaben des Justizministeriums Baden-Württemberg in dem Erlass vom 22.05.2002 - 5656/0227 - zu beachten haben. Danach ist -
vorbehaltlich der noch zu ermittelnden konkreten Kosten - derzeit auf der Basis der VwV-Kostenfestlegung von den dort niedergelegten
Pauschsätzen je Arbeitsstunde auszugehen.
42 2. Hinsichtlich der für die Beglaubigung der Unterschriften unter den beiden Übernahmeerklärungen (3 UR 1042 und 1043/99) ist die
Beschwerde in Höhe einer Beglaubigungsgebühr einschließlich der darauf entfallenen Mehrwertsteuer begründet.
43 a) Für diese beiden Vorgänge wäre bei richtiger Sachbehandlung nur eine Beglaubigungsgebühr angefallen. Die beiden Gesellschafter der P.B.
GmbH P. und H.B. haben im Anschluss an die Beurkundung der Beschlüsse betreffend die Kapitalerhöhung und ihre Zulassung zur Übernahme
je einer der beiden neuen Stammeinlagen jeder eine der beiden vorbereitet mitgebrachten Übernahmeerklärungen unterschrieben. Bei
Beachtung des Grundsatzes, dass ein Notar bei gleicher Sicherheit die für den Mandanten kostengünstigste Verfahrensgestaltung wählen muss,
hätte vorliegend der Notar die beiden Übernahmeerklärungen zusammensiegeln und die Beglaubigung der Unterschriften in einem Vermerk
zusammenfassen müssen. Nach § 45 Abs. 1 KostO wäre sodann die Höchstgebühr von 250,00 DM (exakt umgerechnet in Euro 127,82 EUR) nur
einmal angefallen. Die Gesellschafter hatten ersichtlich kein besonderes Interesse an zwei Einzelurkunden mit jeweils einem
Beglaubigungsvermerk. Die Übernahmeerklärungen waren vielmehr in Urschrift beim Registergericht einzureichen, was auch in verbundener
Form geschehen hätte können. Damit liegen die Voraussetzungen der Nichterhebung einer der beiden Beglaubigungsgebühren nebst der
hierauf entfallenden Umsatzsteuer wegen unrichtiger Sachbehandlung nach § 16 Abs. 1, 2 KostO vor.
44 b) Die verbleibende Beglaubigungsgebühr in Höhe von 250,00 DM (= 127,82 EUR) kann unbeschadet der EuGH-Entscheidung vom 21.03.2002
- Gründerzentrum-Betriebs-GmbH zulässigerweise erhoben werden, da sie keine - unzulässige - Steuer im Sinne der
Gesellschaftssteuerrichtlinie darstellt.
45 Die gesellschaftsrechtlichen Vorgänge der Übernahmeerklärungen fallen zwar ebenso wie der Kapitalerhöhungsvorgang in den
Anwendungsbereich der Gesellschaftssteuerrichtlinie. Nach § 55 Abs. 1 GmbHG bedarf es zu einer Beschlussfassung über die Erhöhung des
Stammkapitals einer GmbH zur Übernahme jeder auf das erhöhte Kapital zu leistenden Stammeinlage zwingend einer notariell aufgenommenen
oder beglaubigten Erklärung des Übernehmers, somit einer "Formalität" im Sinne des Verbotstatbestandes von Art. 10 lit. c RL.
46 Gleichwohl darf die Beglaubigungsgebühr vorliegend als zulässig erhoben werden. Angesichts der Höhe von nur 127,82 EUR - die gerundete
Höchstgebühr nach § 45 Abs. 1 KostO von 130,00 EUR kann erst für Vorgänge nach dem 01.01.2002 in Ansatz gebracht werden - handelt es
sich hierbei um eine Abgabe mit Gebührencharakter gemäß des Ausnahmetatbestandes Art. 12 Abs. 1 lit. e RL, da der mit der konkreten
Unterschriftsbeglaubigung verbundene Aufwand des Landes, insbesondere die Prüfungs- und Vollzugstätigkeit durch den Notar sowie die damit
verbundenen Vor- und Nacharbeiten der Mitarbeiterinnen des Notariats, - ohne dass dieser hier im Einzelnen exakt ermittelt werden müsste -
ohne Zweifel den Betrag von 127,82 EUR zumindest erreicht, wenn nicht sogar übersteigt, und damit die Gebühr allenfalls gerade
kostendeckend ist, jedenfalls den Kostenaufwand des Landes nicht übersteigt.
47 3. Die Erhebung der nach § 136 KostO in Ansatz gebrachten Schreibauslagen (jetzt nach § 136 KostO n. F.: Dokumentenpauschale) in Höhe von
DM 21,00 (= 10,74 EUR) - ersichtlich für drei Ausfertigungen bzw. beglaubigte Abschriften der Urkunde 3 UR 1041/99 á 7 Seiten - ist ebenfalls
zulässig. Sie deckt offensichtlich nicht den mit der Anfertigung der Ausfertigungen / Abschriften erforderlichen Sach- und Personalkostenaufwand.
48 4. Die Erhebung der auf die Unterschriftsbeglaubigungsgebühr und die Auslagenpauschale entfallenden Mehrwertsteuer ist ebenfalls zulässig.
Soweit Gebühren und Auslagen zulässigerweise erhoben werden dürfen, darf hierauf nach Art. 12 Abs. 1 lit. f RL auch die Mehrwertsteuer
erhoben werden.
49 5. Entgegen dem - telefonisch vorgebrachten - Einwand des Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin sind die sämtlichen im
Rahmen des Kapitalerhöhungsvorgangs getätigten Urkundsgeschäfte nicht als Einheit im Sinne der Gesellschaftssteuerrichtlinie anzusehen.
Vielmehr sind die einzelnen Geschäfte gesondert darauf zu überprüfen, ob sie in den Anwendungsbereich der Gesellschaftssteuerrichtlinie
fallen, von einem der Verbotstatbestände nach Art. 10 oder 11 RL und ggf. von dem Ausnahmetatbestand des Art, 12 RL erfasst werden.
50 6. Zur Überprüfung der für die Anmeldung zum Registergericht (3 UR 1044/99) in Ansatz gebrachte Gebühr in Höhe von DM 1.945,00 zzgl. 16 %
Umsatzsteuer ist die Kammer nicht berufen, nachdem der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin klargestellt hat, dass sich die
Kostenerinnerung auf diese Position nicht bezogen hat und demnach sich auch die angefochtene Entscheidung hierauf nicht bezieht. Gleichwohl
wird vorsorglich auf folgendes hingewiesen:
51 Die nach § 57 Abs. 1 GmbHG zwingend erforderliche Anmeldung der beschlossenen Erhöhung des Stammkapitals zur Eintragung in das
Handelsregister ist beim Registergericht in öffentlich beglaubigter Form einzureichen (§ 12 Abs. 1 HGB). Die vor der beglaubigten Unterschrift
stehende Anmeldungserklärung ist hingegen nicht zwingend vom Notar zu formulieren. Fertigt dieser wie vorliegend dennoch den
Anmeldungsentwurf, dann handelt es sich um eine Tätigkeit des Notars, die gesetzlich nicht vorgeschrieben ist und von den Beteiligten freiwillig
in Anspruch genommen wird. In einem solchen Fall entfällt der Steuercharakter der für den Entwurf nach § 38 Abs. 2 Nr. 7 KostO anfallenden
Notargebühr, so dass die Erhebung dieser Gebühr nicht gegen die Gesellschaftssteuerrichtlinie verstößt. Daneben entsteht in diesem Fall für die
Beglaubigung der Unterschrift des Anmeldenden keine gesonderte Gebühr (Hartmann, Kostengesetze, § 38 KostO, Rz 31). Der Geschäftswert für
die Entwurfsgebühr richtet sich dabei nach §§ 26, 28 KostO, wobei nach § 26 Abs. 4 Nr. 1 KostO der Höchstwert EUR 500.000,00 (früher: DM
1.000.000,00) beträgt. Diese Obergrenze wurde bei Erstellung des Kostenansatzes für den Anmeldungsentwurf nicht beachtet, so dass dieser
von der Kostenbeamtin im Verwaltungswege noch zu berichtigen sein wird (§ 14 Abs. 8 KostO).
III.
52 Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 14 Abs. 7, § 131 Abs. 5 KostO.
53 Die - beschränkte - Zulassung der weiteren Beschwerde beruht auf § 14 Abs. 3 KostO. Die Zulassung der weiteren Beschwerde beschränkt sich
im Rahmen der Zurückweisung der Beschwerde auf die von der Beschwerdekammer bejahten Fragen, ob ohne exakte Ermittlung des
Kostenaufwandes des Landes davon ausgegangen werden kann, dass die nach § 45 Abs. 1 KostO für die reine Unterschriftsbeglaubigung in
Ansatz gebrachte Höchstgebühr von DM 250,00 = EUR 127,82 (die seit 01.01.2002 geltende Höchstgebühr von EUR 130,00 ist nicht
entscheidungserheblich) sowie die Auslagenpauschale, jetzt Dokumentenpauschale, nach § 136 Abs. 1, 3 KostO den Kostenaufwand des
Landes jedenfalls nicht übersteigt.