Urteil des LG Freiburg vom 21.01.2008

LG Freiburg (steuerberater, verfassungskonforme auslegung, fachhochschule, bezeichnung, grad, berufsausübung, weiterbildung, abschluss, werbung, verkehr)

LG Freiburg Urteil vom 21.1.2008, StL 3/07 - StV 11/06
Berufsbezeichnung des Steuerberaters: Zulässigkeit der Führung eines Zusatzes im Geschäftsverkehr
Leitsätze
Im Geschäftsverkehr ist neben der Berufsbezeichnung "Steuerberater" der Zusatz "Zertifizierter Finanzplaner (FH)"
unzulässig und stellt eine Berufspflichtverletzung gemäß § 43 StBerG dar. Dagegen begegnet ein entsprechender
Hinweis wie "Tätigkeitsschwerpunkt Finanzplanung" keinen rechtlichen Bedenken.
Tenor
Dem Steuerberater W. wird wegen schuldhafter Verletzung seiner beruflichen Pflichten ein
Verweis
erteilt. Außerdem wird gegen ihn eine
Geldbuße von 500,-- Euro
verhängt.
Der Steuerberater hat die Kosten des berufsgerichtlichen Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
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Der Steuerberater W. wurde in G. geboren. Nachdem er seine Schulausbildung mit der Fachschulreife
abgeschlossen hatte, war er als Gehilfe im steuerberatenden Beruf tätig. 1978 bestand er die Prüfung als
Steuerbevollmächtigter und wurde nach bestandener Prüfung 1984 als Steuerberater bestellt. Seitdem ist er als
Steuerberater tätig. Neben seiner teilzeitbeschäftigten Ehefrau arbeiten eine weitere Teilzeitkraft sowie ein
Mitarbeiter in seiner Kanzlei. (...)
II.
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In der Hauptverhandlung wurden folgende Feststellungen getroffen:
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Vorgeschichte der Pflichtverletzung
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Der Steuerberater nahm an der Fachhochschule Frankfurt am Main - University of Applied Sciences - an der
beruflichen Weiterbildung „Private Finanzplanung“ teil. In der von der Fachhochschule herausgegebenen
Beschreibung dieser Weiterbildung heißt es u.a.:
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„Zert_FP
Ganzheitliche Vermögensgestaltungsberatung - Private Finanzplanung
Konzept:
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Die Designation Zert_FP steht für eine berufliche Qualifizierung, die dem Vermögensberater
umfassende und ganzheitliche Problemlösungskompetenzen für alle Lebenslagen vermittelt und die
zunehmend deutlicher vom Gesetzgeber verlangt wird. Das weiterbildende Studium zeichnet sich
durch konsequenten Anwendungs- und Praxisbezug aus. Die Beschränkung der Teilnahmezahl auf 18
sichert intensives Arbeiten und individuelle Betreuung. Das Studienprogramm integriert die Themen
Vermögensanlagen, Versicherungen, Finanzierungen und Vorsorgeplanungen. Die Sachgebiete werden
interdependent auch unter rechtlichen und Marketinggesichtspunkten behandelt. Die staatliche
Hochschule gewährleistet die in diesem Zusammenhang bedeutsame Unabhängigkeit.
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Ziel ist die Befähigung der Teilnehmer, anlage- und anlegergerechte Beratungsleistungen im Rahmen
einer ganzheitlichen Vermögensgestaltung zu erbringen.
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8
Sie lernen dabei,
sich fachlich und selbständig in Sachgebiete einzuarbeiten,
im Team - mit anderen Teilnehmern - zu arbeiten,
Fragestellungen unter sich ändernden Bedingungen zu lösen.
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Teilnahmevoraussetzungen:
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In der Regel wird ein Hochschulabschluss in rechts- oder wirtschaftswissenschaftlichen Fächern
vorausgesetzt. Die Weiterbildung steht aber auch qualifizierten Praktikern aus einschlägigen
Berufsfeldern (z.B. Anlage- und Vermögensberatung, Steuer- und Wirtschaftsberatung) nach
Aufnahmebescheid offen.
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Studiendauer, -form und Prüfungen:
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Das inhaltlich und zeitlich gestraffte Studium erstreckt sich jetzt über 4 Monate Präsenzphase mit ca.
190 Stunden Lehrveranstaltungen. Es schließt sich eine zweimonatige Hausarbeitsphase an. Ende
September findet das Abschlusskolloquium statt. Das Studium beginnt mit einem einwöchigen Block,
weitere Termine finden in der Regel vierzehntäglich freitags/samstags von 9-17 Uhr statt (insgesamt
24 Präsenztage). Thematische Lehreinheiten werden mit schriftlichen Tests abgeschlossen. Für die
Erlangung des Zertifikats ist ferner die Anfertigung und Präsentation einer Privaten Finanzplanung
erforderlich.
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Der erfolgreiche Abschluss der Weiterbildung führt zu dem Zertifikat der Fachhochschule Frankfurt am
Main - University of Applied Sciences –
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Zert_FP
Zertifizierter Finanzplaner
und zu der Berechtigung, diese Designation zu führen.
(…..)
Teilnahmeentgelt: Euro 3.590,-- (einschließlich der Lehr- und Studienmaterialien sowie Prüfungen).“
15 Auf Anfrage der Steuerberaterkammer Südbaden teilte die Fachhochschule Frankfurt am Main im Februar 2006
u.a. mit:
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„Die Designation „Zert_FP“ (Zertifizierter Finanzplaner) ist kein akademischer Grad, sondern
dokumentiert den erfolgreichen Abschluss des weiterbildenden Studiums „Private Finanzplanung“. Mit
dem erfolgreichen Abschluss verleiht die Fachhochschule Frankfurt am Main den Absolventen das
Recht, diese geschützte Wortmarke im beruflichen Verkehr zu führen. Unberührt hiervon bleiben
berufs- und standesrechtliche Regelungen. Hiervon werden die Teilnehmer der beruflichen
Weiterbildung in Kenntnis gesetzt.“
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Die Pflichtverletzung
18 Nach dem erfolgreichen Abschluss dieser Weiterbildung führte der Steuerberater ab Sommer 2005 im
Geschäftsverkehr als Zusatz zu seiner Berufsbezeichnung den Titel „Zertifizierter Finanzplaner (FH)“. Mit
Vereinbarung vom 28.07.2005 übernahm der Steuerberater für die Eheleute M. Finanzdienstleistungen gegen
Honorar. Dabei erläuterte er seinen Mandanten, die keine risikobehaftete Geldanlage wünschten, dass er ohne
jedes Risiko das angelegte Geld innerhalb weniger Jahre verdoppeln könne. Im Vertrauen auf diese Darstellung
des Steuerberaters und auf Grund des durch den verwendeten Titel „Zertifizierter Finanzplaner (FH)“ erweckten
Eindrucks der besonderen Sachkunde maßen die Mandanten der im Depoteröffnungsantrag vom Steuerberater
angekreuzten „Anlagekategorie E Anlagestrategie risikobewusst“ keine Bedeutung bei, unterzeichneten den
Vertrag und überließen dem Steuerberater in der Folgezeit in mehreren Beträgen insgesamt 230.000 Euro
Kapital zur gewinnbringenden Anlage. Als sich in der Folgezeit erhebliche Verluste abzeichneten und die
Mandanten kritisch nachfragten, löste der Steuerberater das Depot auf und kehrte am 31.08.2006 den Betrag
von 226.935,87 Euro an die Mandanten aus.
19 Hinsichtlich des insoweit erhobenen Vorwurfs der Verletzung seiner Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung
wurde das Verfahren in der Hauptverhandlung gemäß § 154a StPO beschränkt.
20 Trotz mehrfachen Hinweises der Steuerberaterkammer Südbaden an den Steuerberater, der von ihm geführte
Zusatz „Zertifizierter Finanzplaner (FH)“ sei nicht zulässig, behielt der Steuerberater im Geschäftsverkehr
diesen Zusatz bis heute bei.
III.
21 Diese Feststellungen beruhen auf der Einlassung des Steuerberaters sowie den verlesenen Unterlagen der
Fachhochschule Frankfurt am Main. Der Steuerberater hat sich dahin eingelassen, er sei berechtigt, den
Zusatz zu führen. Eine Pflichtverletzung wegen verbotener Werbung könne ihm nicht angelastet werden. Da er
den Titel ordnungsgemäß erworben habe, scheide eine Irreführung nach § 57 StBerG in Verbindung mit § 5
UWG aus. Auch ein Verstoß gegen § 43 StBerG sei zu verneinen, da diese Bestimmung verfassungswidrig
sei, denn das Verbot der Zusatzbezeichnung verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Dieses Verbot diene allein
dem verfassungsrechtlich irrelevanten Konkurrenzschutz und beeinträchtige unverhältnismäßig die
Berufsausübungsfreiheit, welche nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NJW
1996, 3067) auch das Werberecht umfasse.
22 Dieser Einlassung ist die Kammer jedoch nicht gefolgt, sondern davon ausgegangen, dass eine
Berufspflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 und 3 StBerG vorliegt.
IV.
23 Der von dem Steuerberater geführte Titel „Zertifizierter Finanzplaner (FH) stellt einen verbotenen Zusatz im
Sinne des § 43 StBerG dar.
24 Zunächst legt § 43 StBerG verschiedene Berufspflichten fest, welche die Außendarstellung betreffen.
Vorliegend ist von Bedeutung, welche Bezeichnungen neben der Berufsbezeichnung zulässig sind und welche
Zusätze nach dieser Vorschrift verboten sind. Maßgeblicher Zweck ist nämlich, den Steuerberater, soweit er
unter Einsatz der Medien im beruflichen Verkehr nach außen auftritt, zu zwingen, eine korrekte
Berufsbezeichnung zu führen. Zu den Medien des beruflichen Verkehrs gehören hierbei z.B. Geschäftspapiere
wie Briefbögen, Briefumschläge, Gebührenrechnungen, Visitenkarten etc.
25 Die frühere Rechtsprechung ging in diesem Zusammenhang davon aus, dass die Regelungen des § 43 StBerG
gleichermaßen der Wettbewerbsgleichheit innerhalb des Berufsstandes und dem Schutz der Allgemeinheit vor
den Gefahren der Irreführung diene. Die Gefahr der Irreführung der Allgemeinheit kann sich nämlich aus einer -
die besondere Sachkompetenz zum Ausdruck bringenden - Wahl der Berufsbezeichnung ergeben oder auch
aus einer Häufung wohlklingender Zusätze zur eigentlichen Berufsbezeichnung, die den Eindruck erwecken,
der Inhaber all dieser Titel müsse besonders kompetent und qualifiziert sein.
26 Auf Grund anhaltender Liberalisierungstendenzen in der Rechtsprechung hinsichtlich des Werbeverbots der
rechts- und steuerberatenden Berufe reagierte der Gesetzgeber mit der Einführung des § 57a StBerG. Dieser
dient als Konkretisierung der in § 57 StBerG geregelten Verbots berufswidriger Werbung, welche den
liberalisierenden Differenzierungen der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung zwischen zulässiger
Informationswerbung und weiterhin unzulässiger gewerblich geprägter Werbung Tribut zollt. Auch der sich aus §
43 StBerG ergebende Grundsatz, dass im beruflichen Verkehr neben der Bezeichnung
„Steuerberater/Steuerbevollmächtigter“ nur amtlich verliehene Berufsbezeichnungen und Zusätze, die auf einen
akademischen Grad oder eine staatlich verliehene Graduierung hinweisen, geführt werden dürfen, stellt eine
Konkretisierung bzw. einen Unterfall des Verbots der berufswidrigen Werbung nach § 57 StBerG dar. Eine
entsprechende Anpassung des § 43 StBerG an die in § 57a StBerG aufgenommenen liberalisierten Vorgaben
erfolgte jedoch nicht. Die Folge daraus ist, dass einer Anwendung des § 43 StBerG eine verfassungskonforme,
an den liberalisierten und durch die Einführung des § 57a StBerG normierten Richtlinien orientierte Auslegung
vorauszugehen hat. Anderenfalls nämlich würden die Verbote des § 43 StBerG mit grundlegenden
Bestimmungen im selben Regelungsbereich kollidieren.
27 Eine liberalisierte und damit verfassungskonforme Auslegung führt zu einem starken Bedeutungsverlust des
Normzwecks „Wettbewerbsgleichheit innerhalb des Berufsstandes“, so dass nunmehr der Schutz der
Allgemeinheit als Normzweck deutlich dominiert. Die Einschränkungen und Regelungen des § 43 StBerG - im
Hinblick auf weitere Berufsbezeichnungen und sonstige Zusätze neben dem Beruf
„Steuerberater/Steuerbevollmächtigter“ - sind mit der grundgesetzlichen Vorgabe des Art. 12 GG vereinbar. Art.
12 I 1 GG schützt die Freiheit der Berufsausübung, wozu nicht nur die berufliche Praxis selbst gehört, sondern
auch jede Tätigkeit, die mit der Berufsausübung zusammenhängt und dieser dient. Dies schließt auch die
Außendarstellung von selbständig Berufstätigen mit ein, soweit sie auf die Förderung des beruflichen Erfolgs
gerichtet ist. Damit sind staatliche Maßnahmen, die die Art und Weise zulässiger Außendarstellung
beschränken, grundsätzlich zunächst einmal als Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung zu werten. Eine
solche Einschränkung der Berufsausübung ist jedoch im Sinne des Art. 12 I 2 GG dann verfassungsrechtlich
zulässig, wenn die Beschränkung der Außendarstellung der Berufsangehörigen durch ausreichende,
sachgerechte Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
entspricht. Das Bundesverfassungsgericht geht in diesem Zusammenhang zwischenzeitlich sogar so weit,
ausschließlich auf das Interesse der Verbraucherseite abzustellen und früher beachtete Aspekte wie das
Werbeverbot/Konkurrenzschutz oder die so genannte Kollegenperspektive völlig außer Betracht zu lassen. Für
die Zulässigkeit einer Werbung in Form der Außendarstellung soll es allein entscheidend sein, ob sie „den
Interessen der Adressatenkreise an einer sachangemessenen Information gerecht wird, formal und inhaltlich
angemessen gestaltet ist und keinen Irrtum erregt“ (vgl. BVerfG MDR 2000, 358).
28 Bei dem Titel „Zertifizierter Finanzplaner (FH)“ handelt es sich nicht um eine Berufsbezeichnung. § 43 Abs. 2
Satz 1 StBerG gestattet nämlich weitere Berufsbezeichnungen, sofern sie amtlich verliehen wurden.
Berufsbezeichnungen stehen für erlaubte, sinnvolle, auf Dauer angelegte, also nicht nur vorübergehende
Tätigkeiten, die selbständig der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienen. Zwar ist der Begriff
des Berufs sehr weit gefasst, gleichwohl sind hiervon Bezeichnungen ausgenommen, die nicht auf eine
Tätigkeit, sondern nur auf eine Qualifikation oder auf eine bestandene Prüfung hinweisen. Im vorliegenden Fall
dient die Bezeichnung „Zertifizierter Finanzplaner (FH) tatsächlich dazu, die bestandene Abschlussprüfung des
weiterbildenden Lehrgangs „Private Finanzplanung“ zu bezeugen. Als solche soll sie auch die aus dem
Lehrgang resultierenden besonderen Qualifikationen ihres Trägers betonen. Darüber hinaus ist diese
Bezeichnung staatlich nicht geschützt, da sich ein offizielles, darunter zu fassendes Berufsbild noch nicht
entwickelt hat.
29 Bei dem Titel „Zertifizierter Finanzplaner (FH)“ handelt es sich auch nicht um einen akademischen Grad oder
eine staatlich verliehene Graduierung. Solche Zusätze sind zwar nach § 43 Abs. 3 StBerG erlaubt, wobei
akademische Grade keine Berufsbezeichnungen sind, sondern Bezeichnungen, die man mit Abschluss eines
ordnungsgemäßen Studiums und/oder mit Erbringung einer besonderen wissenschaftlichen Leistung nach
Maßgabe besonderer Prüfungs- oder Promotionsordnungen erhält. Auf Grund gesetzlicher Ermächtigung
werden sie von Universitäten, Hochschulen oder einem besonderen Prüfungsamt verliehen. Bei den staatlichen
Graduierungen handelt es sich vor allem um solche, die von Fachhochschulen verliehen werden. Durch das
Hochschulrahmengesetz (HRG) ist hier als einheitliche Bezeichnung für alle Arten akademischer Grade die
Bezeichnung „Hochschulgrad“ eingeführt worden. Ein an einer Fachhochschule oder in
Fachhochschulstudiengängen anderer Hochschulen erreichter (Diplom-)Grad wird dabei jedoch mit dem Zusatz
„Fachhochschule“ (FH) verliehen (§ 18 Abs. 1 Satz 2 HRG). Die erlangte Bezeichnung ohne den auf den
Fachhochschulhintergrund hinweisenden Klammerzusatz zu führen ist unzulässig.
30 Der Titel des „Zertifizierten Finanzplaners (FH)“ stellt schon nach den eigenen Angaben der Fachhochschule
Frankfurt am Main weder eine staatlich verliehene Graduierung noch einen akademischen Grad dar. Er
dokumentiert lediglich den erfolgreichen Abschluss des weiterbildenden Studiums „Private Finanzplanung“.
Zwar erhalten die Absolventen des Lehrgangs das Recht, diese geschützte Wortmarke im beruflichen Verkehr
zu führen, allerdings setzt die Fachhochschule ihre Teilnehmer auch davon in Kenntnis, dass berufs- und
standesrechtliche Regelungen hiervon unberührt bleiben.
31 Nach alledem hatte die Kammer eine Abwägung vorzunehmen, ob es dem Steuerberater angesichts der
liberalisierten Betrachtungsweise des § 43 in Verbindung mit § 57 StBerG und seines erfolgreich
abgeschlossenen weiterbildenden Studiums tatsächlich verwehrt war, auf seine ordnungsgemäß erworbenen
zusätzlichen Qualifikationen durch die Bezeichnung „Zertifizierter Finanzplaner (FH)“ hinzuweisen, oder ob es
sich vorliegend um eine unverhältnismäßige Einschränkung seiner Berufsausübung handelte. Die
überkommene klare Abgrenzung zwischen verbotenen und erlaubten Zusätzen, wie sie von § 43 Abs. 2 und 3
StBerG vorgezeichnet wird, wird seit einiger Zeit nicht mehr unangefochten angenommen. Eine weite
Ausdehnung des Verbotsbereichs des § 43 StBerG wird mehr denn je als die verfassungsrechtlichen Grenzen
sprengend erachtet. Andererseits ist angesichts der Flut von ständig neuen, großteils aus dem Amerikanischen
herüberschwappenden, neuartige Abschlüsse bezeichnenden Titeln und Berufsbildern, die die heutige Zeit
prägen, ein Verbot der indifferenten Zusatzbezeichnungen jedoch auch so dringend erforderlich wie selten
zuvor. Die Allgemeinheit wird irregeführt und dazu verleitet, einen fremdartigen und wohlklingenden Titel mit
einer besonderen Befähigung gleichzusetzen. Es gibt neue Namen für eingeschränkte Qualifikationen auf
Gebieten, zu denen es entsprechende Berufe längst gibt. Die Vielfalt dieser innovativen Bezeichnungen macht
eine abschließende Aufzählung derer, die für Verwirrung sorgen, jedoch unmöglich, da immer neue teilweise
phantasievolle Zusätze erfunden werden. Insofern muss der Gesetzgeber auf allgemein formulierte Regeln
zurückgreifen, wonach zunächst die Verwendung von Bezeichnungen im Sinne des § 43 StBerG, der auf
Zeugnisse und Pseudo-Diplome hinweist, die keinen akademischen Grad und keine staatliche Graduierung
darstellen, unzulässig ist. Dies dient dem Gemeinwohl, so dass es sich insoweit - sofern verhältnismäßig - um
eine verfassungsrechtlich zulässige Einschränkung der Berufsausübung handelt.
32 Nach alledem ist die Kammer der Auffassung, dass die Bezeichnung „Zertifizierter Finanzplaner (FH)“ einen
Irrtum bei dem potentiellen Mandantenkreis hervorruft. Denn die Bedeutung, die die Allgemeinheit aus dem
Kürzel „(FH)“ ableitet, ist die, dass dieses Kürzel für einen akademischen Grad steht. Einen solchen hatte die
Fachhochschule dem Steuerberater jedoch nicht verliehen. Das Kürzel ruft somit einen falschen Eindruck
hervor, so dass das Gemeinwohl betroffen ist.
33 In diesem Zusammenhang macht die neue moderate Rechtsprechung den Berufsangehörigen gegenüber
allerdings ein Zugeständnis, welches von Seiten der Steuerberaterkammer dem Steuerberater ebenfalls
eingeräumt worden war, ohne dass dieser bisher darauf eingegangen ist. Entgegen der früheren Auffassung
erkennt sie heute keine vernünftigen Gründe des Gemeinwohls mehr, Hinweise auf besondere Tätigkeiten oder
Neigungen über § 43 StBerG zu untersagen. Vielmehr sei durch § 57a StBerG, der die sachliche
Informationswerbung, und § 11 BOStB, der die Bekanntgabe von Tätigkeitsschwerpunkten gestattet, ein
entsprechendes Informationsbedürfnis des Rat suchenden Publikums eindeutig anerkannt worden. Da sich eine
verfassungskonforme Auslegung des § 43 StBerG an § 57a StBerG zu orientieren habe, führe diese ebenfalls
zur Zulässigkeit von Tätigkeitshinweisen.
34 Damit ist dem Steuerberater die Möglichkeit eröffnet, in der Form auf sein Leistungsangebot hinzuweisen,
indem er als Tätigkeitsschwerpunkt und besondere Qualifikation den Zusatz „Zertifizierte Finanzplanung“
angibt. Die Irrtum erregende Berufsbezeichnung „Zertifizierter Finanzplaner (FH)“ hingegen muss er aufgeben,
denn das Führen dieser Bezeichnung stellt nach allem eine Berufspflichtverletzung gemäß § 43 StBerG dar.
V.
35 Die schuldhafte Pflichtverletzung des Steuerberaters musste durch eine der in § 90 Abs. 1 Nr. 1-3 StBerG
bezeichneten berufsgerichtlichen Maßnahmen geahndet werden. Unter Berücksichtigung aller für und gegen
den Steuerberater sprechenden Umstände hielt es die Kammer für geboten, auf einen
36
Verweis
37 zu erkennen und gegen den Steuerberater gleichzeitig eine
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Geldbuße in Höhe von 500,-- Euro
39 zu verhängen.
VI.
40 Die Kostenentscheidung beruht auf § 148 StBerG.