Urteil des LG Frankfurt am Main vom 24.01.2008

LG Frankfurt: mangel, mängelrüge, hotel, minderung, verpflegung, reisevertrag, reiseveranstalter, ausschluss, wechsel, vollstreckbarkeit

1
2
3
4
5
Gericht:
LG Frankfurt 24.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2-24 S 96/07, 2/24
S 96/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 638 Abs 3 BGB, § 638 Abs 4
BGB, § 651c Abs 1 BGB, §
651d Abs 1 BGB
Reisevertrag: Erfordernis der Mängelrüge für
Reisepreisminderung wegen bekannter Verpflegungs-und
Sauberkeitsmängeln
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.03.2007 verkündete Urteil des
Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az.: 29 C 571/06 (11), teilweise wie folgt
abgeändert:
Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die
Kläger als Gesamtgläubiger Euro 1.196,50 nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Kläger zu 75% und die
Beklagte zu 25% zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz haben
die Kläger zu 17% und die Beklagte zu 83% zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II, 313a I S. 1 ZPO
abgesehen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete
Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.
1.
Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die Kläger einen
Anspruch gegen die Beklagte auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises aufgrund
einer eingetretenen Reisepreisminderung wegen "Verpflegungs- und
Sauberkeitsmängeln" gemäß §§ 651c I, 651d I, 638 III und IV BGB in Höhe von
insgesamt 1.196,50 Euro haben.
Zu Recht hat das Amtsgericht festgestellt, dass die Verpflegung einen
Reisemangel im Sinne von § 651c I BGB dargestellt hat.
Insoweit teilt das Berufungsgericht die Auffassung des Amtsgerichts, dass die
Verpflegungsmängel ausreichend substanziiert dargetan worden sind. Dies hat
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
Verpflegungsmängel ausreichend substanziiert dargetan worden sind. Dies hat
das Amtsgericht in nicht zu beanstandender Weise dargelegt. Diesbezüglich wird
auf die Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen.
Zwar ist der Berufung insoweit durchaus zuzugestehen, dass das
Rechtswahrungsschreiben der Kläger vom 20.06.2005 eine gewisse Ungereimtheit
enthält in Bezug auf die Speisenauswahl, da dort an einer Stelle auch ein
"Lachsangebot" erwähnt wird. Jedoch führt dies nach Auffassung des
Berufungsgerichts nicht dazu, dass die gesamten Angaben der Kläger als
unglaubhaft anzusehen sind.
Selbst wenn es an zwei Tagen Lachs gegeben haben sollte, führt dies nicht zu
einer grundlegend anderen Bewertung bzgl. der Eintönigkeit der Speisen. Insoweit
ist nämlich zu berücksichtigen, dass das hier gebuchte Hotel mit 5 Globen
bewertet worden ist, also mit einer der höchsten Kategorien überhaupt. Bei einem
solchen Hotel müssen bei einem Büffet auch mehr als zwei Hauptspeisen
angeboten werden.
Weiterhin hat das Amtsgericht den dürftigen Wechsel von Tischdecken im
Restaurant und die verschmutzten Stühle am Pool als Reisemangel im Sinne von §
651c I BGB angesehen. Auch dies ist berufungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Auch diesbezüglich ist der Vortrag der Kläger ausreichend substanziiert gewesen.
Diesbezüglich wird ebenfalls auf die Ausführungen des Amtsgerichts Bezug
genommen.
Hinsichtlich der eben aufgeführten Mängel hat das Amtsgericht eine
Minderungsquote von 25% für angemessen gehalten. Bei einem Gesamtreisepreis
von 4.786,– Euro ergibt sich bei einer 25%igen Minderungsquote für die gesamte
Reisezeit ein Minderungsbetrag von 1.196,50 Euro.
Angesichts der Tatsache, dass es sich vorliegend um ein Hotel der gehobenen
Klasse handelt, ist auch ein gehobener Standard in Sachen Verpflegung und
Sauberkeit geschuldet. Dies ist bei der Bemessung der Minderungsquote
entsprechend zu berücksichtigen.
Danach ist die vom Amtsgericht angesetzte Quote von 25% nicht zu beanstanden.
2.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts besteht hinsichtlich der Tiefe des
Swimmingpools kein teilweiser Reisepreisrückzahlungsanspruch gemäß §§ 651c I,
651d I, 638 III und IV BGB.
Ein solcher Anspruch ist jedenfalls gem. § 651d II BGB ausgeschlossen.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann das Vorliegen einer
entsprechenden Mängelrüge nicht dahinstehen.
Der Reisende kann grundsätzlich erst dann eine Minderung des Reisepreises
wegen des Vorliegens von Mängeln geltend machen, wenn er zuvor den Mangel
gerügt hat.
Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, den Reiseveranstalter davon in Kenntnis zu
setzen, dass sich der Reisende von vorliegenden Reisemängeln beeinträchtigt
fühlt, und ihm zunächst Gelegenheit zur Abhilfe zu geben.
Ohne Kenntnis davon, ob sich ein Reisender von einem Mangel beeinträchtigt fühlt
oder nicht, besteht für einen Reiseveranstalter auch bei Kenntnis des Mangels kein
Anlass dazu, auch ohne eine Rüge von sich aus Abhilfe anzubieten.
Nicht jeder Reisende fühlt sich in gleicher Weise durch das Vorliegen eines Mangels
beeinträchtigt. Es kann Reisende geben, die einen Umstand, den andere als
Mangel ansehen, als bloße Unannehmlichkeit bewerten.
Selbst wenn beispielsweise Lärm für jedermann zu hören ist, heißt dies nicht, dass
sich jeder Reisende hierdurch gestört fühlt:
Reisende haben erfahrungsgemäß unterschiedliche Vorstellungen über die
Gestaltung ihres Urlaubs. Es gibt Reisende, die sich den ganzen Tag über auf
Ausflügen befinden, um die nähere Umgebung zu erkunden. Des Weiteren werden
beispielsweise Belastungen im Zusammenhang mit Geräuschentwicklung
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
beispielsweise Belastungen im Zusammenhang mit Geräuschentwicklung
individuell sehr unterschiedlich empfunden.
Aus diesem Grund vermag die Kammer der teilweise in Literatur und
Rechtsprechung vertretenen Ansicht, nach der eine Mängelanzeige bei Kenntnis
des Mangels durch den Veranstalter nicht notwendig sei (vgl. Führich, Reiserecht,
5. Aufl., 2005, Rn.296 m.w.N.), nicht zu folgen.
Es ist auch nicht erkennbar, aus welchem Grund es dem Reisenden nicht
zuzumuten sein soll, dem örtlichen Vertreter des Reiseveranstalters kundzutun,
dass er sich durch das Vorliegen eines Mangels subjektiv beeinträchtigt fühlt.
Nach Auffassung der Kammer ist es mit dem Sinn und Zweck des § 651d II BGB
nicht vereinbar, dass der Reisende, ohne seine Beeinträchtigung kundzutun,
"duldet und liquidiert".
Entsprechendes gilt auch dann, wenn eine Abhilfe unmöglich gewesen ist, so dass
der Reisende auch in diesem Fall ohne Mitteilung seiner subjektiven Betroffenheit
durch einen (fehlenden) Umstand nicht "dulden und liquidieren" kann.
Dies führt auch zu keinem rein subjektiven Mangelbegriff, da das das Gesetz in §
651d II BGB als Folge einer fehlenden Rüge den Ausschluss des Eintritts der
Minderung vorsieht.
Für die Entscheidung, ob dem Veranstalter bekannte Mängel bzw. nicht
abhilfefähige Mängel zu rügen sind oder nicht, kommt es überhaupt nicht darauf
an, ob im Reisevertragsrecht ein objektiver oder subjektiver Mangelbegriff
zugrunde zulegen ist. Vielmehr ist allein entscheidend, ob Sinn und Zweck einer
gesetzlichen Regelung es zulassen, entgegen dem eindeutigen Wortlaut diese
Ausnahmen zulassen, was hier nach Auffassung der Kammer nicht der Fall ist.
Eine entsprechende Mängelrüge haben die Kläger nicht ausreichend substanziiert
vorgetragen. Zunächst ist festzuhalten, dass der Mangel "Pool" nicht in der
schriftlichen Gesprächsnotiz vom 20.05.2005 (Bl. 18 d.A.) enthalten ist. Trotz
Hinweises des Berufungsgerichts konnte nicht weiter substanziiert vorgetragen
werden, wann der Mangel "Pool" gegenüber der Reiseleitung gerügt wurde. Dies
wäre als Anknüpfungspunkt aber erforderlich gewesen.
Danach ist vorliegend von einer fehlenden Mängelrüge den Pool betreffend
auszugehen.
Nach all dem scheidet gem. § 651d II BGB bzgl. des Pools ein Minderungsanspruch
aus.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I, 97 I ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht
vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.