Urteil des LG Frankfurt am Main vom 20.05.2008
LG Frankfurt: darstellung des sachverhaltes, minderung, hotel, zustand, zusage, reisevertrag, mangel, form, urlaub, reisender
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Gericht:
LG Frankfurt 24.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2-24 S 258/07,
2/24 S 258/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 651c Abs 1 BGB
Reisevertrag: Haftung des Reiseveranstalters für den
Zustand des öffentlichen Strandes und für Deutsch als
"Clubsprache" im ausländischen Hotel
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 09.11.2007 verkündete Urteil des
Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az.: 32 C 598/06-72, wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 366,07 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz haben zu tragen der Kläger 79 % und
die Beklagte 21 %.
Von den Kosten des Rechtsstreits 2. Instanz haben zu tragen der Kläger 77 % und
die Beklagte 23 %.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Von der Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß den §§ 313 a, 540 Abs. 2 ZPO
abgesehen.
Die Berufung der Beklagten, die sich darauf beschränkt, die Verurteilung durch das
Amtsgericht in Höhe von 633,92 Euro anzugreifen, ist zulässig, insbesondere form-
und fristgerecht eingelegt worden.
Sie hat auch in der Sache in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe Erfolg.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Minderungsanspruch nur in Höhe von
366,07 Euro zu, §§ 651 d Abs. 1, c Abs. 1 BGB.
Die Berufung rügt zu Recht, dass das Amtsgericht eine Minderung des
Reisepreises wegen des schlechten Strandzustandes zuerkannt hat.
Für das nicht geschuldete Umfeld wie den öffentlichen Strand besteht keine
Einstandspflicht des Reiseveranstalters, es sei denn, es liegen Zusagen vor bei
einem reinen Badeurlaub oder der Strand wird im Prospekt besonders
hervorgehoben (Führich, Reiserecht, 5. Aufl., Rn. 537).
In der Prospektbeschreibung wird jedoch lediglich die Entfernung zum Strand
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In der Prospektbeschreibung wird jedoch lediglich die Entfernung zum Strand
erwähnt, eine werbende Hervorhebung des Strandes etwa in Form der
Formulierung "herrlicher Sandstrand" fehlt gänzlich.
Soweit das Amtsgericht ausführt, durch den Hinweis auf die Entfernung des
Strandes vom Hotel habe die Beklagte deutlich gemacht, dass dieser Strand dem
Hotel zugerechnet werden solle, da sie auch nicht darauf hingewiesen habe, dass
es sich um einen öffentlichen Strand handele, der mit ihrer Anlage nichts zu tun
habe, vermag dies nicht zu überzeugen:
Die Erwähnung der Entfernung zum Strand gehört zur Lagebeschreibung des
Hotels. Auch aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen durchschnittlichen
Reisenden bestehen für die berechtigte Erwartung, die Beklagte wolle allein mit
dieser Angabe eine Verantwortung für den Zustand des Strandes übernehmen,
keinerlei Anhaltspunkte. Dies wird insbesondere daraus deutlich, dass sich in der
zugrundeliegenden Prospektbeschreibung nicht nur eine Angabe zu der
Entfernung zum Strand, sondern auch zu den Entfernungen zum Flughafen und
zum Ortskern Kerner findet. Dass die Beklagte mit letzteren Entfernungsangaben
keinerlei Verantwortung für den Zustand des Flughafens bzw. des Ortskerns Kerner
übernimmt, dürfte offenkundig sein. Aus welchem Grund aber eine andere
Beurteilung bezüglich der Entfernungsangabe zum Strand gerechtfertigt sein
sollte, wenn sonstige werbende Zusätze bezüglich des Strandes fehlen, ist nicht
ersichtlich.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts bedurfte es auch keines Hinweises in
der Prospektbeschreibung dahingehend, dass es sich bei dem Strand um einen
öffentlichen und nicht um einen Privatstrand handelt, da eine solche Erwartung auf
Seiten des Reisenden allein durch die Angabe der Entfernung zum Strand aus den
o. g. Gründen ohnehin nicht gerechtfertigt ist.
Die Berufung rügt ferner zu Recht, dass das Amtsgericht eine Minderung für den
Umstand zuerkannt hat, dass in dem im Prospekt erwähnten "Miniclub für Kinder
von 4-12 Jahren" lediglich russisch gesprochen worden ist.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts beinhaltet die Zusage des
Vorhandenseins eines "Miniclubs" ohne weitere Angaben jedenfalls dann nicht
gleichzeitig die Zusage, dass in diesem "Miniclub" auch deutsch gesprochen wird,
wenn es sich um ein Hotel in einem Land außerhalb des deutschsprachigen
Raumes handelt.
Ein verständiger durchschnittlicher Reisender, auf dessen Sicht abzustellen ist,
kann nicht erwarten, dass in einem Hotel in der Türkei ausschließlich deutsche
Familien ihren Urlaub verbringen. Er muss vielmehr damit rechnen, dass sich in
dem gebuchten Hotel neben Deutschen auch andere Nationalitäten wie z. B.
Türken, Engländer, Spanier, Portugiesen, Italiener, Holländer und Russen befinden
werden. Angesichts dessen fehlt aber einer berechtigten Erwartung, dass in dem
"Miniclub" gerade deutsch gesprochen wird, die Grundlage. Ohne eine
entsprechende Angabe kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich dort
gerade deutsche Urlauber in der Mehrzahl befinden und aus diesem Grund die
"Clubsprache" wohl deutsch sein wird, bzw. dass die "Betreuer" sämtliche
denkbaren Sprachen beherrschen.
In einer internationalen Hotelatmosphäre kann deshalb nicht davon ausgegangen
werden, dass die Betreuung der Kinder auf Deutsch erfolgt (Führich a.a.O., Rn.
340).
Da der "Miniclub" in erster Linie die Betreuung und Unterhaltung von Kindern
bezweckt und nicht eine irgendwie geartete "Unterrichtung" dieser, ist zur
Erreichung dieses Zweckes auch nicht erforderlich, dass die "Betreuer" bzw.
"Unterhalter" mit den Kindern in der Muttersprache kommunizieren können.
Soweit sich die Berufung gegen die Würdigung der durchgeführten
Beweisaufnahme durch das Amtsgericht wendet, nach der das Geschirr an der
Pool-Bar verschmutzt war, hat sie keinen Erfolg.
Dass das Geschirr teilweise verschmutzt war, haben die Zeugen ... und ...
bekundet.
Soweit die Berufung darauf abstellt, dass sich insbesondere der Aussage der
Zeugin ... entnehmen lasse, dass die Gläser nur vereinzelt unsauber gewesen und
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Zeugin ... entnehmen lasse, dass die Gläser nur vereinzelt unsauber gewesen und
im Falle einer Beanstandung ausgetauscht worden seien, vermag dies an dem
Vorhandensein eines Mangels nichts zu ändern.
Allein der Umstand, dass das Geschirr vor Benutzung "überprüft" werden musste
und auf Grund der teilweisen Verschmutzungen zumindest auch bezüglich des
sauberen Geschirrs der "Verdacht des unhygienischen Spülens" gerechtfertigt war,
rechtfertigt hier die vom Amtsgericht zuerkannte Minderung des Reisepreises um
5 %.
Entgegen den Ausführungen der Berufung haben die Zeugen im Übrigen nicht nur
subjektive Empfindungen geschildert, sondern zum Teil (Zeugin ..., Zeuge ...) auch
konkrete Angaben hinsichtlich der Verschmutzungen (Lippenstiftreste, fettige
Flecken) gemacht.
Die Berufung der Beklagten ist auch insoweit ohne Erfolg, als sie die
Beweiswürdigung des Amtsgerichts hinsichtlich der Verschmutzung der Liegen am
Pool angreift.
Auch wenn die Zeugin ... im Unterschied zu der Zeugin ... nicht die Auflagen der
Liegen, sondern die Liegen selbst als dreckig beschrieben hat, hat sie doch auch
ausgesagt, dass die Auflagen teilweise kaputt gewesen seien und Löcher
aufgewiesen hätten.
Soweit die Berufung einwendet, verschmutzte Liegen stellten dann keinen Mangel
dar, wenn Auflagen zur Verfügung stünden, so verkennt sie, dass hier ja gerade
auch die Auflagen nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten
Beweisaufnahme verschmutzt bzw. beschädigt gewesen sind, so dass insoweit ein
Mangel vorliegt.
Die Berufung hat die Zuerkennung einer Minderung in Höhe von insgesamt 12,5 %
durch das Amtsgericht für Mängel des Zimmers sowie den teilweisen Ausfall der
Klimaanlage nicht angegriffen.
Soweit das Amtsgericht eine Minderung wegen des verschmutzten Geschirrs (5 %)
und der verschmutzten Liegen (3 %) zuerkannt hat, bleibt der Berufung der Erfolg
versagt, so dass von einer Minderung des Reisepreise um 20,5 % auszugehen ist.
Nach den von der Klägerseite nicht angegriffenen Ausführungen des Amtsgerichts
ist eine Minderung erst ab dem 28.07.2005 zuzuerkennen, so dass die Minderung
nur aus dem auf 10 Tage entfallenden anteiligen Reisepreis zu berechnen ist.
Bei einer Reisedauer von 14 Tagen und einem Reisepreis in Höhe von 2.500,– Euro
errechnet sich ein Tagesreisepreis i. H. von 178,57 Euro, so dass bei 10
Reisetagen ein anteiliger Reisepreis von 1.785,70 Euro zugrunde zu legen ist.
Eine Minderung dieses anteiligen Reisepreises um 20,5 % ergibt einen Betrag i. H.
v. 366,07 Euro.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die
Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, §
543 Abs. 2 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.