Urteil des LG Essen vom 08.02.2006
LG Essen: eintragung im handelsregister, richterliche rechtsfortbildung, analogie, behörde, bekanntmachung, ermessen, verfügungsrecht, form, öffentlich, wirtschaftsrecht
Landgericht Essen, 41 T 1/06
Datum:
08.02.2006
Gericht:
Landgericht Essen
Spruchkörper:
1. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
41 T 1/06
Vorinstanz:
Amtsgericht Gelsenkirchen, HR B 2801
Sachgebiet:
Wirtschaftsrecht
Rechtskraft:
ja
Tenor:
hat die erste Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen durch
die Vors. Richterin am Landgericht Q.,
die Handelsrichterin Dr. C. und den Handelsrichter
T. am 08.02.2006 b e s c h l o s s e n :
Die Beschwerde des Rechtsanwalts I. gegen den Beschluss des
Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 04.01.2006 wird kostenpflichtig
verworfen.
Der Beschwerdewert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
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Zu Recht hat das Amtsgericht es abgelehnt, die Bestellung von Rechtsanwalt I. als
Abwickler gemäß § 37 Abs.1 Satz 2 KWG in das Handelsregister einzutragen.
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Die Eintragung ist gesetzlich nicht vorgesehen. Zwar führt dies entgegen der Auffassung
des Amtsgerichts noch nicht dazu, dass die Eintragung generell abzulehnen ist. Denn
nach ganz überwiegender Auffassung (vgl. z.B. Ebenroth/Boujong/Joost, HGB,
1.Auflage, § 8 Rdz 56 m.w.N.) können die Publizitätsfunktion des Handelsregisters und
sein Zweck, die eingetragenen Rechtsverhältnisse zutreffend wiederzugeben es auch
ohne ausdrückliche gesetzliche Vorschrift gebieten, dass bestimmte Tatsachen in das
Handelsregister eingetragen werden. Im Hinblick auf die strenge Formalisierung des
Registerrechts sind jedoch hier enge Grenzen zu setzen. Die Eintragungsfähigkeit
gesetzlich nicht genannter Tatsachen setzt daher voraus, dass die Eintragung im
Interesse des Rechtsverkehrs dringend geboten ist (vgl.Ebenroth, a.a.O., Rdz.58).
Verlangt wird ferner, dass die Eintragungsfähigkeit sich durch Auslegung gesetzlicher
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Vorschriften, Analogie oder richterliche Rechtsfortbildung ergibt.
Vorliegend ist die Eintragung schon deshalb nicht dringend geboten, weil § 37 Abs.1
Satz 3 KWG vorsieht, dass die Bundesanstalt ihre Maßnahmen bekannt macht. Auch
die Bestellung eines Abwicklers kann öffentlich bekannt gemacht werden, um
potentielle Kunden von Geschäften mit dem Unternehmen abzuhalten. Ob und in
welcher Form die Bekanntmachung erfolgt, steht im pflichtgemäßen Ermessen der
Behörde (vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, 2.Aufl., § 37 KWG
Rdz.13). Der Gesetzgeber hätte zusätzlich die Eintragung im Handelsregister anordnen
können, was er jedoch nicht getan hat. Anders als z.B. bei § 67 Abs.4 GmbHG, § 38
KWG oder § 31 InsO ist eine Eintragung oder eine Information des Registergerichts hier
nicht vorgesehen.
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Die Stellung des Abwicklers ist auch mit der eines Geschäftsführers, Liquidators oder
gar Insolvenzverwalters nicht in jeder Hinsicht vergleichbar. Denn der Abwickler ist in
seinen Handlungen nicht frei, sondern untersteht den Weisungen der Behörde. Seine
Aufgabe ist es in erster Linie, zu überprüfen, ob den Anordnungen der Bundesanstalt
gemäß abgewickelt wird (Boos, a.a.O, Rdz.11). Er ist im Übrigen nur zur Abwicklung
unerlaubter Bankgeschäfte bestellt. Damit ist- anders als beim Insolvenzverwalter- nicht
das gesamte Verfügungsrecht auf ihn übergegangen. Eine Analogie kommt daher nicht
in Betracht.
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Es bleibt damit dabei, dass es sich nach Auffassung der Kammer nicht um eine
eintragungsfähig Tatsache handelt.
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