Urteil des LG Essen vom 01.03.2002

LG Essen: grobe fahrlässigkeit, obliegenheit, polizei, datum, wohnung, strafanzeige, unverzüglich, gespräch, sicherheitsleistung, diebstahl

Landgericht Essen, 12 O 252/01
Datum:
01.03.2002
Gericht:
Landgericht Essen
Spruchkörper:
12. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 O 252/01
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 1.700 Euro.
Tatbestand
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Der Kläger schloss bei der Beklagten unter der Versicherungsschein-Nr. F 501-26:2969
eine Hausratversicherung für die 70 m² große seinerzeit vom Kläger bewohnte
Wohnung im Haus B... in G... ab. Auf das Versicherungsverhältnis finden die
Allgemeinen Hausratsversicherungsbedingungen in Gestalt der VHB 92 Anwendung.
Versicherungsbeginn war der 29.4. 1999.
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Die Versicherung bestand auch am Schadenstag, dem 29.4.2000. An diesem Tag
wurde in der Zeit zwischen 18.00 Uhr und 22.00 Uhr in der vorbezeichneten Wohnung
des Klägers eingebrochen. Der Kläger teilte fernmündlich der Einsatzleitstelle des
Polizeipräsidiums G... den Wohnungseinbruch mit. Dieser wurde sodann durch
Polizeibeamte vor Ort aufgenommen. Unter demselben Datum erstattete der Kläger
Strafanzeige.
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Am nächsten Tag reichte der Kläger bei der zuständigen Polizeidienststelle eine
Auflistung der abhanden gekommenen Gegenstände ein. Wegen der Einzelheiten wird
insoweit auf die Auflistung der Beklagten im Schriftsatz vom 10.7.2001 Bezug
genommen. Zudem reichte der Kläger 3 Fotos bezüglich des nach seinem Vortrag
entwendeten Schmucks zu der Ermittlungsakte. In dem von ihm separat erstellten
vorbezeichneten Verzeichnis war lediglich ein Armband als entwendet aufgeführt
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Nachdem die in der amtlichen Ermittlungsakte nach Angaben des Klägers erfassten
Gegenstände vom Sachverständigen S... zum Neupreis auf insgesamt 25.080,-- DM
geschätzt wurden, leistete die Beklagte einen Entschädigungsbetrag in Höhe von
8.460,-- DM auf den Einbruchschaden. Eine weitere Zahlung lehnte die Beklagte unter
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Hinweis auf eine Obliegenheitspflicht des Klägers mit Schreiben vom 26.3.2001 ab. Zur
Begründung verwies sie darauf, dass es der Kläger hinsichtlich des Schmuckes
unterlassen habe, eine Stehlgutliste gern. VHB 92 § 21 Abs. 1 b bei der zuständigen
Polizeidienststelle vorzulegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das in Kopie
zu den Akten gereichte Schreiben der Beklagten vom 26. 3. 2001 Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 23. 7. 2001 reichte der Kläger im vorliegenden Verfahren eine
Schadenszusammenstellung betreffend die nach seiner Darlegung beim
Wohnungseinbruch vom 29.4.2000 entwendeten Schmuckstücke mit dem jeweils
angegebenen Wiederbeschaffimgspreis zu den Akten.
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Der Kläger vertritt die Auffassung, eine Obliegenheitspflichtverletzung sei ihm nicht
anzulasten. Bei Übergabe der 3 Fotos sei ihm von den diensthabenden Polizeibeamten
erklärt worden, dass ein über die zu den Akten gereichten Fotos hinausgehender
Nachweis zum gestohlenen Schmuck nicht erbracht werden müsse. Insbesondere sei
nicht erklärt worden, dass er eine Stehlgutliste erstellen müsse. Diese sei, so meint der
Kläger, durch die unstreitig überreichten Fotos ersetzt. An Hand dieser Fotos sei es
auch dem Sachverständigen S... möglich gewesen, sämtliche entwendeten
Gegenstände schätzen zu können. Sämtliche auf den Fotos abgebildeten
Schmucksachen seien bei dem Einbruch abhanden gekommen. Dies sei auch
gegenüber den Polizeibeamten erklärt worden. Im Übrigen, so meint der Kläger, beruhe
eine etwaige Obliegenheitspflichtverletzung jedenfalls nicht auf Vorsatz oder grober
Fahrlässigkeit. Er habe sich - unstreitig - umgehend bei der Polizei gemeldet und eine
Stehlgutliste zuzüglich der 3 Fotos über den entwendeten Schmuck abgegeben.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.497,67 Euro (16.620,-- DM) nebst 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 20.4.2001 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage
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Sie vertritt die Auffassung, die vom Kläger geltend gemachten Erstattungsansprüche
seien auf Grund einer Obliegenheitsptlichtverletzung nicht zu erstatten. Die Beklagte sei
bei Verletzung dieser Obliegenheit von der Ersatzpflicht frei, da der Kläger, so behauptet
sie, entgegen der Regelung in § 21 Nr. 1 VHB 92 eine Stehlgutliste über den
gestohlenen Schmuck - unstreitig - nicht, wie gefordert, unverzüglich vorgelegt habe.
Diese Liste werde, so meint die Beklagte, nicht durch die vom Kläger bezüglich des
angeblich entwendeten Schmucks vorgelegten Fotos ersetzt. Im Übrigen sei, so
behauptet sie, für die Polizeibeamten nicht zu erkennen gewesen, dass sämtlicher
abgebildeter Schmuck gefehlt habe.
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Es ist Beweis erhoben worden durch Vemehmung der Zeugen W... und G...
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Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen
Verhandlung vom 1. 3. 2000 Bezug genommen.
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Die Akten der StA Essen 87 U Js 5406/00 lagen zu Informationszwecken vor und waren
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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Dem Kläger steht der geltend gemachte Ersatzanspruch aus der mit der Beklagten
abgeschlossenen Hausratversicherung nicht zu
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Gem. § 6 Abs. 3 VVG ist die Beklagte auf Grund einer Obliegenheitspflichtverletzung auf
Seiten des Klägers von der Leistungsptlicht frei geworden. Unstreitig hat der Kläger eine
Stehlgutliste, wie sie in § 21 Nr. 1 VHB 92 im Rahmen der Obliegenheit des
Versicherungsnehmers vorgesehen ist, nicht unverzüglich nach dem Schadenseintritt
vorgelegt. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass entgegen der Auffassung des
Klägers die zur Ermittlungsakte gereichten 3 Fotos betreffend den nach Darstellung des
Klägers entwendeten Schmuck diese Stehlgutliste nicht ersetzen. Insofern fuhrt die
Beklagte zutreffend aus, dass nur die Vorlage einer Stehlgutliste innerhalb kurzer Zeit
den Zweck der Obliegenheit des § 21 Nr. 1 VHB 92 erfüllt, um zum einen der Polizei
eine erfolgversprechende Fahndung nach den entwendeten Gegenständen zu
ermöglichen, um den von dem Versicherer ggf. auszugleichenden Schaden zu
vermindern, und zum anderen auch den Versicherungsnehmer zu veranlassen, den
eingetretenen Schaden zeitnah zu ermitteln und sich insoweit frühzeitig festzulegen, um
die Hemmschwelle fur vorgetäuschte Schäden und nachträgliche Aufbauschung des
Schadens zu erhöhen und somit die Vertragsgefahr zu vermindern.
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Zu Recht verweist die Beklagte auch darauf, dass für die Polizeibeamten nicht zu
erkennen gewesen sei, dass sämtliche auf den Fotos abgebildeten Schmucksachen
dem Diebstahl zum Opfer gefallen waren. Dass dies den Polizeibeamten bekannt
gewesen sei, hat auch der Kläger nicht beweisen können. Die Aussagen der Zeugen
W... und G... waren insoweit unergiebig.
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Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass ihm jedenfalls kein Vorsatz oder grobe
Fahrlässigkeit anzulasten sei, weil die Vorlage der Fotos von den Polizeibeamten als
ausreichend bewertet worden sei, ist er auch für diese Behauptung beweisfällig
geblieben. Weder der Zeuge W... noch der Zeuge G... haben eine derartige Äußerung
bei der Anzeigenaufnahme bei der Polizei bestätigen können. Bei dem Zeugen W... ist
bereits zweifelhaft, dass er für die Anzeigenaufnahme zuständig war. Aber auch der
Zeuge G..., der bei der Anzeigenaufnahme zugegen war, hat nicht bestätigen können,
dass im Zuge der Übergabe der Fotos Erklärungen, wie vom Kläger behauptet,
abgegeben worden sind. Vielmehr konnte der Zeuge G... nicht einmal bestätigen, ob
seinerzeit das Gespräch mit dem Zeugen W... geführt worden ist.
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Soweit der Zeuge W... bekundet hat, dass zuständiger Sachbearbeiter, wie sich aus der
Strafanzeige ergebe, der Kriminalkommissar L... gewesen sei, bedurfte es keines
Hinweises an den Kläger betreffend einen möglichen weiteren Beweisantritt. Soweit der
Kläger in seiner informatorischen Befragung selbst eingeräumt hat, dass er am Folgetag
die Bilder abgegeben habe, die zuständige Stelle jedoch nicht besetzt gewesen sei,
fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass der Kriminalkommissar L... den Vortrag des Klägers
bestätigen könnte. Dies gilt um so mehr, als die Abgabe der Bilder an einem Sonntag
erfolgt ist, der zuständige Sachbearbeiter jedoch erst am Montag wieder zugegen war.
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Soweit der Kläger darüber hinaus unter Beweisantritt behauptet hat, dass sämtliche in
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dem Schriftsatz vom 23. 7. 2001 aufgelisteten Gegenstände gestohlen worden seien,
vermag ihn dies ebenfalls nicht von dem Vorwurf zumindest der groben Fahrlässigkeit
zu entlasten. Abgesehen davon, dass auch dieser Nachweis aus den von der Beklagten
angeführten Gründen nicht die Vorlage einer Stehlgutliste ersetzt, ist der Beweisantritt
unzulässig. Es ist in keiner Weise ersichtlich, wie die benannten Zeugen über eine
derartige Kenntnis verfügen sollen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO
,
vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
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