Urteil des LG Essen vom 07.03.2007
LG Essen: firma, sparkasse, gesellschaft, haftbefehl, buchhaltung, geschäftsführer, unternehmen, anfang, geschäftsbetrieb, anweisung
Landgericht Essen, 21 KLs 2/07
Datum:
07.03.2007
Gericht:
Landgericht Essen
Spruchkörper:
I. Große Strafkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
21 KLs 2/07
Normen:
§§ 263 III Nr. 1; 266 I, II; 25 II; 53 StGB.
Tenor:
Die Angeklagten werden wegen gemeinschaftlich begangener Untreue
in 65 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von jeweils 5 Jahren und 9
Monaten verurteilt.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
1
(abgekürzt gem. §267 IV StPO)
2
B. Zur Person der Angeklagten:
3
1.
4
Der 1938 in Essen geborene Angeklagte L.- im Folgenden als Angeklagter zu 1)
bezeichnet - wuchs im Kreise der Familie auf. Er wurde altersgerecht eingeschult und
besuchte zunächst die Volksschule, um sodann auf das Gymnasium zu wechseln. Nach
Abschluss der Schullaufbahn studierte er Betriebswirtschaft in Köln.
5
1967 arbeitete der Angeklagte zu 1) als Sachbearbeiter für eine Firma "x Reisen". Von
1968 bis 1986 war er beim Wachdienst L. in Essen tätig. Im weiteren Verlauf gelang es
ihm, einen Posten im Rahmen der Geschäftsführung dieses Unternehmens zu
bekleiden. Von 1986 bis 1992 war der Angeklagte zu 1) bei der S GmbH in Essen
beschäftigt, zu deren Gründungsgeschäftsführern er gehörte. Anschließend machte er
sich zusammen mit seinem Sohn, dem Angeklagten L1., unter der Firma "B"
selbständig, die er zuvor aufgekauft hatte. Mit Beschluss vom 01.10.2006 hat das
Amtsgericht Essen (Az.: 162 IN ) allerdings das Insolvenzverfahren wegen
Zahlungsfähigkeit und Überschuldung über das Vermögen der mittlerweile als "B."
firmierenden GmbH eröffnet.
6
Der Angeklagte zu 1) ist seitdem nicht mehr berufstätig. Im Rahmen seiner Tätigkeit als
Geschäftsführer bei der B. GmbH erzielte er ein monatliches Einkommen von 6.800
Euro. Ferner stand ihm ein Firmenwagen zur Verfügung. Derzeit erhält der Angeklagte
7
zu 1) eine Rente von monatlich etwa 1.350 Euro. Aus "privaten" Verbindlichkeiten hat er
Schulden in Höhe von rund 12.000 Euro; darüber hinaus sieht er sich Verbindlichkeiten
aus seiner geschäftlichen Tätigkeit bei der B. GmbH - dazu sogleich - in Höhe von
voraussichtlich mehreren Millionen Euro ausgesetzt.
Der Angeklagte zu 1) ist seit 1965 verheiratet. Aus der ehelichen Verbindung ging der
1967 geborene L1, der im Folgenden als Angeklagter zu 2) bezeichnet wird, hervor. Die
Ehegatten leben allerdings getrennt voneinander; mittlerweile ist der Angeklagte zu 1)
auch zu seiner neuen Lebensgefährtin gezogen.
8
Im Laufe der Zeit hatte der Angeklagte zu 1) verschiedene ehrenamtliche Funktionen
inne. Zum Beispiel hat er auf Fachmessen mitgewirkt und in den 90er Jahren das
Programm "Arbeit statt Sozialhilfe" initiiert. Zudem hat er sich stark für den
(professionellen) Radsport eingesetzt.
9
Der Angeklagte zu 1) wurde am 29.08.2006 vorläufig festgenommen. Er befand sich seit
dem 30.08.2006 aufgrund des Haftbefehls des AG Essen vom selben Tag in
Untersuchungshaft in der JVA Essen (Az.: 71 Gs ). Dieser Haftbefehl wurde durch den
am 27.10.2006 neu gefassten und am 03.11.2006 verkündeten Haftbefehl des AG
Essen ersetzt (Az.: 71 Gs ), der wiederum durch Haftbefehl der Kammer vom 23.01.2007
ersetzt wurde. Mit Beschluss vom 07.03.2007 hat die Kammer den zuletzt genannten
Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.
10
Der Angeklagte zu 1) ist nicht vorbestraft.
11
2.
12
Der im Juli 1967 geborene Angeklagte zu 2) wurde altersgerecht eingeschult und
konnte seine Schulausbildung 1988 mit dem Abitur erfolgreich abschließen.
Anschließend absolvierte er eine Lehre als Speditionskaufmann bei der Firma S..
Zudem nahm er 1991 das Studium der Wirtschaftswissenschaften auf, das er jedoch
abbrach, um 1992 in das Unternehmen B. GmbH seines Vaters, des Angeklagten zu 1),
einsteigen zu können. Hier war er in der Folgezeit - unter anderem als Geschäftsführer -
damit beschäftigt, die Unternehmenssparte "Vertrieb und Bewachung" aufzubauen und
zu betreuen.
13
Zuletzt bezog der Angeklagte zu 2) ein Geschäftsführergehalt von 6.500 Euro pro Monat.
Außerdem stand ihm - genau wie dem Angeklagten zu 1) - ein Firmenfahrzeug zur
Verfügung. Derzeit ist der Angeklagte zu 2) nach seinen eigenen Angaben mittellos,
hofft allerdings, dass seine Ehefrau in Kürze eine Arbeitsstelle antreten kann. Er verfügt
über 2 Immobilien, die jedoch zwangsverwaltet werden und demnächst zur Verwertung /
Versteigerung anstehen.
14
Der Angeklagte zu 2) ist seit 1999 verheiratet, wobei aus der ehelichen Verbindung 2
Kinder - ein Sohn und eine Tochter - hervorgegangen sind. Der Sohn ist zum jetzigen
Zeitpunkt 6 und die Tochter 3 Jahre alt.
15
Der Angeklagte zu 2) wurde am 29.08.2006 vorläufig festgenommen und befand sich
seit dem 30.08.2006 aufgrund des Haftbefehls des AG Essen vom selben Tag in
Untersuchungshaft in der JVA Duisburg (Az.: 71 Gs ). Der genannte Haftbefehl wurde
durch den am 27.10.2006 neu gefassten - und am 31.10.2006 verkündeten - Haftbefehl
16
des AG Essen (Az.: 71 Gs ) ersetzt, den wiederum die Kammer durch Haftbefehl vom
23.01.2007 ersetzt hat. Die Kammer hat den zuletzt genannten Haftbefehl mit Beschluss
vom 07.03.2007 gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.
Der Angeklagte zu 2) ist bislang nicht vorbestraft.
17
C. Zu den Feststellungen:
18
1.
19
Die Angeklagten sowie der gesondert verfolgte T. waren Geschäftsführer der im
Handelsregister des Amtsgerichts Essen unter HRB eingetragenen B. GmbH, Essen.
Der Geschäftsgegenstand des Unternehmens umfasste verschiedene
Sicherheitsdienstleistungen, z. B. den Transport von Geld, Belegen und Werten aller Art
sowie die Geldbearbeitung. Die B. GmbH erbrachte außerdem Leistungen auf dem
Gebiet des Projekt-, Personen-, Betriebs-, Werks-, Veranstaltungs-, Messe- und
Konferenzschutzes.
20
Der Geschäftsbereich der Gesellschaft war in 3 Bereiche gegliedert, nämlich in
Sicherheitsdienstleistung, Bahnservice und in die Sparte "Geld und Wert". Im zuletzt
genannten Bereich übernahm die B. GmbH für die jeweiligen Kunden Geldtransporte
und kümmerte sich zudem um die Geldbearbeitung und die Versorgung mit
Wechselgeld. Die Gesellschaft unterhielt zu diesem Zweck 2 Eigenkonten bei der
Bundesbank und verfügte ferner über Treuhandbundesbankkonten für verschiedene
Auftraggeber. Allein in der genannten Sparte "Geld und Wert" beschäftigte die B. GmbH
etwa 650 Mitarbeiter. Soweit die Gesellschaft Leistungen in dem Bereich Bahnservice
erbrachte, übernahm sie für Unternehmen des Bahnkonzerns z. B. die Sicherung von
Gleisbaustellen sowie die Gestellung von sog. Rottenwarnanlagen. Insoweit waren bei
der GmbH etwa 150 Mitarbeiter beschäftigt. Weitere 1.050 Arbeitnehmer übernahmen
Tätigkeiten auf dem Gebiet der o. g. Sicherheitsdienste wie Objektsschutz u. ä.
Außerdem unterhielt die GmbH 2 Notrufzentralen in Essen und I. Neben dem
Firmenhauptsitz in Essen existierten weitere Niederlassungen der GmbH mit
selbständigen Cash-Centern für die Geldbearbeitung in I., L. und P.
21
Wie bereits angedeutet, war die B.GmbH als Geldtransportunternehmen für eine große
Anzahl von Kunden sowie für diverse Sparkassen und Volksbanken und Firmen tätig.
Die B.GmbH übernahm die Bearbeitung von Bargeld, die Versorgung von Geschäfts-
oder Bankfilialen mit Bargeld sowie die Befüllung von Geldautomaten einiger Banken
oder Sparkassen. Das von den Sicherheitskräften bei den Kunden abgeholte Geld sollte
gezählt, gebündelt und für den Transport zu den Landeszentralbankfilialen verpackt
sowie für die Geldautomaten der Banken und Sparkassen vorbereitet werden. Das so
abgeholte, gezählte und gebündelte Bargeld wurde anschließend in der Regel auf das
Sammelkonto Nr. der B. GmbH bei der Bundesbank eingezahlt und im regulären
Geschäftsbetrieb von dort auf die Geschäftskonten der Kunden überwiesen.
22
In den letzten Jahren kam es allerdings zu erheblichen Liquiditätsproblemen bei der B.
GmbH. Bereits Im Jahre 2001 arbeitete die GmbH mit einer monatlichen Unterdeckung
von 100.000,00 bis 200.000,00 Euro. Seit 2002/2003 betrug diese Unterdeckung sogar
über 200.000,00 Euro monatlich. Dieser Liquiditätsengpass zeichnete sich z. B. dadurch
aus, dass Löhne und Gehälter regelmäßig verspätet ausgezahlt wurden. Ferner war das
Betriebsergebnis negativ. Zudem mahnten verschiedene Kunden wiederholt Zahlungen
23
an, so dass die Angeklagten für die GmbH zusätzliche Kredite aufnehmen mussten.
Gegenüber Sozialversicherungsträgern, Finanzbehörden, Banken sowie
Subunternehmern stiegen die Schulden auf mehrere Millionen Euro an.
Spätestens Anfang des Jahres 2003 stellten die Angeklagten endgültig fest, dass die
finanziellen Mittel der Gesellschaft nicht ausreichten, um die regelmäßigen
Verbindlichkeiten begleichen zu können. Deshalb kamen die Angeklagten aufgrund
eines gemeinsam gefassten Tatplanes überein, das der Gesellschaft von den Kunden
anvertraute Geld - zunächst nur kurzfristig - zu verwenden, um damit u. a. Löhne,
Gehälter, Sozialversicherungsabgaben, Steuern und andere Verbindlichkeiten des
Unternehmens zu bezahlen. Vereinnahmte Kundengelder wurden in der Folgezeit nicht
unverzüglich auf Konten der Kunden zur Einzahlung gebracht, sondern erst verspätet
gutgeschrieben, wobei dafür regelmäßig das zu diesem Zeitpunkt neu abgeholte Geld
anderer Kunden verwendet wurde. In der Zwischenzeit wurden die entnommenen
Gelder auf Konten des Unternehmens überwiesen und für anderweitige, geschäftliche
Verbindlichkeiten zweckwidrig verwendet.
24
Allein im Zeitraum vom 14.02.2003 bis zum 13.01.2006 wurden auf Veranlassung der
Angeklagten Kundengelder in Höhe von insgesamt 12.363.419,17 Euro aus dem
laufenden Geschäftsbetrieb entnommen und zur Begleichung laufender
Verbindlichkeiten der B. GmbH verwendet. Diese Verwendung widersprach den mit den
Kunden zuvor getroffenen Vereinbarungen, die Geldbeträge in den jeweiligen
Kundenfilialen abzuholen, in den sogenannten Cash-Centern aufzuarbeiten und
anschließend auf ein eigenes Bundesbankkonto der Kunden oder auf das der B.GmbH
bei der Deutschen Bundesbank mit der Konto-Nr. zugunsten des jeweils Berechtigten
einzuzahlen. Bei dem zuvor genannten Konto bei der Bundesbank handelte es sich
formal um ein Eigenkonto der Gesellschaft, de facto hatte es jedoch die Funktion eines
sogenannten Verwahrkontos, auf dem ausschließlich die Geldanlieferungen der
Kunden verbucht, verwahrt und unmittelbar gutgeschrieben werden sollten.
25
Aufgrund des zuvor gemeinsam entwickelten Tatplans veranlasste der Angeklagte zu 2)
Anfang des Jahres 2003 die zuständige Mitarbeiterin, ganz kurzfristig Geld vom
Bundesbankkonto auf ein Geschäftskonto der B. GmbH zu überweisen. Der Angeklagte
zu 2) begründete diese und weitere, immer eindringlicher vorgetragene Anordnungen
absprachegemäß damit, dass dringend notwendige Zahlungen der Gesellschaft
geleistet werden müssten, da ansonsten ein ordnungsgemäßer Geschäftsbetrieb nicht
länger aufrecht erhalten werden könne. Den Angeklagten war bewusst, dass es
aufgrund der Geschäftslage der B. GmbH höchst ungewiss war, ob und ggf. in welchem
Umfang es jemals gelingen würde, Fehlbestände des Bundesbankkontos wieder
auszugleichen. Sie waren sich ferner darüber im Klaren, dass die von ihnen
beabsichtigte Vorgehensweise zwangsläufig dazu führen würde, die Verbindlichkeiten
der GmbH zu vergrößern und zu einem zukünftigen - wenngleich noch ungewissen -
Zeitpunkt dazu führen musste, dass treuhänderisch gehaltene Gelder an die Treugeber
nicht mehr ausgezahlt werden konnten, diese also ihre begründeten Forderungen
gegenüber der GmbH nicht mehr würden realisieren können.
26
Im Zeitraum von 14.02.2003 bis zum 13.01.2006 erhielt die zuständige Mitarbeiterin in
mindestens 64 Fällen von den Angeklagten - aufgrund des zuvor zwischen ihnen
gefassten Tatplans - die Anweisung, die auf dem Bundesbankkonto befindlichen
Kundengelder zweckwidrig zu verwenden, insbesondere auf eines der Geschäftskonten
der B. GmbH zu überweisen und anschließend für Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu
27
verbrauchen. Zur Verdeckung dieser unberechtigten Vermögenszuflüsse erging an die
Buchhaltungsmitarbeiter die Anweisung, entsprechende Scheinrechnungen zu erstellen
und die vom Bundesbankkonto eingegangenen Beträge als Umsätze zu verbuchen, um
so einen höheren Debitorenbestand aufzuweisen.
Damit insbesondere auch die durch die Entnahmen entstandenen Fehlbeträge bei einer
Prüfung des Geldunternehmens nicht auffielen, wurden ferner die entsprechenden
Überweisungsbelege nachträglich manipuliert. Auf Anweisung der Angeklagten wurden
im Frühjahr 2006 etwa 200 Blankoüberweisungsträger der Bundesbank mit einer
anderen Empfängerkontonummer und Bankverbindung ausgefüllt. Dadurch sollte der
Anschein erweckt werden, als seien diese Geldbeträge nicht auf Konten der B. GmbH,
sondern an Geschäftskunden überwiesen worden.
28
Im einzelnen handelt es sich um folgende Taten:
29
Lfd.-
Nr. Datum:
Betrag in
Euro:
Tatsächlicher
Empfänger:
a) Empfänger laut
Buchhaltungsbeleg der Arnolds
Sicherheits GmbH bzw.
b) weitere Einzelheiten zum
tatsächlichen Empfängerkonto
1
14.02.2003 450.000,00
Konto der B.
GmbH bei der
Volksbank mit
der Nr.
a) E.
b) Buchhaltungskonto befand sich im
Soll mit 1.317.350,20 Euro.
2
17.03.2003 150.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Volksbank Nr.
b) es handelte sich um ein
Buchhaltungskonto, von welchem am
19.03.2003 130.000,00 Euro an das
Finanzamt überwiesen wurden
3
10.10.2003 400.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Bank
b) 400.000,00 Euro weitergeleitet auf
das Konto der B.GmbH bei der
Bank
4
07.11.2003 168.638,29
Konto der B.
GmbH bei der
Bank
a) E.;
b) Betrag weitergeleitet an die Firma
C. über das Konto Nr.
5
29.01.2004 174.000,00
Konto der B.
GmbH bei der
Bank
b) Am 30.01.2004 wurden 174.934,59
Euro per DTAUS (diverse
Überweisung) weiter überwiesen,
insbesondere Subunternehmer
bezahlt
6
09.02.2004 72.261,04
Konto der C. bei
der Bank Nr.
b) Betrag wurde außerhalb des
regulären Geschäftsbetriebes direkt
vom Bundesbankkonto an den
Gläubiger (kein Geld-/Wert-Kunde)
überwiesen
7
14.05.2004 300.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Volksbank mit
a) E. (Konto Dt. Bank Nr. );
b) Konto befand sich mit 3,2 Mio.
30
Volksbank mit
der Nr.
Euro im Soll
8
09.07.2004 5.190,00
Konto der
Deutschen Post
AG bei der Bank
...
b) Betrag wurde außerhalb des
regulären Geschäftsbetriebes vom
Bundesbankkonto an den Gläubiger
überwiesen.
9
31.08.2004 240.000,00
Konto der B.
GmbH Nr. bei
der Bank
a) E.
b) Betrag wurde der Buchhaltung
gutgeschrieben und für Löhne
verwandt
10
03.09.2004 150.000,00
Konto oder B.
GmbH bei der
Sparkasse
a) E.
b) Über die Buchhaltung wurden
Löhne beglichen
11
22.09.2004 83.520,00
Konto der B.
GmbH bei der
Bank
12
22.09.2004 121.599,88
Konto der B.
GmbH bei der
Bank
b) 275.686,80 Euro wurden sodann
weitergeleitet an das Konto bei der
Bank in Essen
13
22.09.2004 154.086,92
Konto der B.
GmbH bei der
Bank
b) 275.686,80 Euro wurden sodann
weitergeleitet an das Konto bei der
Bank in
14
23.09.2004 292.586,80
Konto der B.
GmbH bei der
Bank
b) Geschäftskonto
15
23.09.2004 194.190,33
Konto der B.
GmbH bei der
Bank
a) T.-AG (Konto: Dt. Bank );
b) Betrag wurde in sechs
Teilbeträgen überwiesen, nämlich
9.518,52 Euro, 24.592,00 Euro,
35.763,48 Euro, 37.710,17 Euro,
40.731,13 Euro und 45.875,03 77
Euro
16
28.09.2004 279.217,80
Konto der B.
GmbH bei der
Commerzbank
a) E.; b) Betrag weitergeleitet am
29.04.04 auf das Konto bei der
Sparkasse
17
28.09.2004 98.858,38
Konto der B.
GmbH bei der
Bank Essen
Nr.
a) T.- AG (Kto, s.o.) bzw. N.
b) Folgende vier Teilbeträge wurden
überwiesen: 25.000,13 Euro,
11.690,25 Euro, 23.163,23 Euro und
39.004,77 Euro
18
14.10.2004 100.000,00
Konto der B.
GmbH bei der
Sparkasse
a) E.
19
15.10.2004 160.000,00
Konto der B.
GmbH bei der
Sparkasse
a) E.
b) Löhne sollten beglichen werden
20
05.11.2004 100.000,00
Konto der B.
GmbH bei der
Sparkasse
a) E.
21
01.12.2004 130.093,97
Konto der B.
GmbH Nr.
Kasse in I.
a) E.
22
02.12.2004 100.156,29
Konto der
B.GmbH bei
der Bank
Nr.
a) E.
23
07.03.2005 200.139,42
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
b) Über die Buchhaltung sollten
Forderungen des Finanzamtes
beglichen werden
24
21.03.2005 150.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) E.
b) Über die Buchhaltung sollten
Forderungen des Finanzamtes
beglichen werden auf Anweisung des
Angeschuldigten L1
25
22.03.2005 350.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) E.
b) AnweisungL1, Forderungen des
Finanzamtes zu begleichen
26
23.03.2005 180.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) U.GmbH (Kto. bei Dt. Bank Nr );
b) L1 wies Buchhaltung an,
Forderungen des Finanzamtes
nachzukommen
27
12.04.2005 330.000,00
Konto der B.
GmbH bei der
Commerzbank
Essen Nr.
a) U-GmbH (Kto.: s.o.);
b) Über die Buchhaltung sollten
Forderungen des Finanzamtes
beglichen werden
28
18.04.2005 550.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) U-GmbH (Kto.: s.o.);
b) Über die Buchhaltung an das
Finanzamt weitergeleitet
29
21.04.2005 60.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
b) Über die Buchhaltung an das
Finanzamt
30
09.05.2005 201.643,90
Konto der
B.GmbH bei der
Dresdner Bank
Nr.
a) T1 (Kto. bei Commerzbank )
31
09.05.2005 148.763,70
Konto der B.
GmbH bei der
Dresdner Bank
a) O. ( Kto. Dresdner Bank Nr.)
Nr.
32
09.05.2005 252.115,30
Konto der B.
GmbH bei der
Dresdner Bank
Nr.
a) U. (Kto. s.o.)
33
09.05.2005 241.277,28
Konto der
B.GmbH bei der
Dresdner Bank
Nr.
a) E. (Kto.: s.o.)
34
12.05.2005 174.385,19
Konto der B.
GmbH bei der
Dresdner Bank
Nr.
35
12.05.2005 38.614,81
Konto der B.
GmbH bei der
Dresdner Bank
Nr.
a) N. (Kto.-Nr. Commerzbank
36
27.05.2005 102.734,68
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) E.
37
01.06.2005 350.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) U.
38
29.06.2005 249.388,50
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
39
12.07.2005 370.000,00
Konto der GmbH
Nr. bei der
Commerzbank
40
28.07.2005 200.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
BBK
41
18.08.2005 200.000,00
Konto bei der
Bank Nr. der
B.GmbH
42
19.08.2005 150.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
43
12.09.2005 82.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) W.(Kto.-Nr. Dt. Bank)
44
04.10.2005 350.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) U. GmbH (Kto. s.o.)
45
10.10.2005 350.000,00
Konto Nr. bei
der
Commerzbank
der B.GmbH
a) E.
46
12.10.2005 100.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) U. GmbH
47
13.10.2005 120.000,00
Konto bei der
Commerzbank
der B.GmbH mit
der Nr.
a) U.GmbH (Kto. s.o.)
48
14.10.2005 207.530,73
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) E.
49
24.10.2005 400.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) E.
50
31.10.2005 355.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) E.
51
07.11.2005 150.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) E.
52
08.11.2005 150.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) U. (Kto. s.o.)
53
14.11.2005 300.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) E.
54
15.11.2005 100.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) U. (Kto.: s.o.)
55
22.11.2005 250.000,00
Konto der
B.GmbH bei der
a) E.
55
22.11.2005 250.000,00
Commerzbank
Nr.
a) E.
56
05.12.2005 200.199,52
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
57
06.12.2005 139.800,48
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
58
14.12.2005 150.008,92
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
59
15.12.2005 150.009,30
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) U. GmbH (Kto.: s.o.)
60
22.12.2005 105.720,36
Konto der
Arnolds
Sicherheit
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) W.
61
23.12.2005 94.279,64
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr. 364384800.
a) W.
62
29.12.2005 50.192,83
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) W.
63
02.01.2006 80.122,53
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr.
a) W.
64
12.01.2006 55.092,38
Konto der
B.GmbH bei der
Commerzbank
Nr
a) W.
2.
31
Ende März/Anfang April 2006 mahnte der Kunde S. bei der B.GmbH einen Betrag von
23.000.000,00 Mio. Euro an. Im Rahmen eines Saldenabgleichs über das
32
Warenwirtschaftssystem hatte die Firma S. festgestellt, dass sie noch einen hohen
zweistelligen Millionenbetrag von B. zu bekommen hatte, und verlangte daraufhin
unmittelbare Zahlung. Als das Unternehmen androhte, diesen Betrag als
Versicherungsschaden zu melden, fand u. a. am 28.04.2006 eine Besprechung mit den
Verantwortlichen der Firma S. statt. Auf Druck der verantwortlichen Firmenführung der
Firma S. erklärten sich die Angeklagten bereit, noch am selben Tag eine Akontozahlung
von 12,1 Mio. Euro an die Firma S. zu überweisen. Dabei waren sich die Angeklagten
darüber im Klaren, dass sie nicht in der Lage waren, den komplett angeforderten Betrag
sofort aufzubringen, da sich weder in den Cash-Centern noch auf den
Bundesbankkonten der B. GmbH ein entsprechend hoher und der Firma S.
zuzuordnender Geldbetrag befand. Insbesondere wies das Konto bei der Bundesbank
zu diesem Zeitpunkt lediglich einen Bestand von ca. 4 bis 5 Mio. Euro auf.
Nachdem der Angeklagte zu 1) Rücksprache mit dem Angeklagten zu 2) genommen
hatten, fassten beide gemeinsam den Entschluss, die von S. angeforderten Geldbeträge
aus dem regulären und aktuellen Geldkreislauf zu entnehmen. Die infolge dessen
zunächst nicht bedienten Kunden sollten mit Geldeingängen der folgenden Tage
befriedigt werden. Auf Grundlage dieses gemeinsamen Tatplanes wurden die jeweils
verantwortlichen Leiter der Niederlassungen der B. GmbH in I. , P., L. und F. noch am
selben Tag aufgefordert, die erforderlichen Geldbeträge aus den bestehenden
Geldkreisläufen zu entnehmen und zugunsten der Firma S. auf das Bundesbankkonto
zu überweisen. Die einzelnen Niederlassungen sollten folgende Teilbeträge kurzfristig
zur Verfügung stellen:
33
F.:
4,78 Mio. Euro
34
I.:
3,62 Mio. Euro
35
L.:
2,0 Mio. Euro
36
P.:
1,7 Mio. Euro
37
Diese vier Teilbeträge wurden noch am 28.04.2006 - vom Bundesbankkonto der Firma
B. aus - dem Konto der Firma S. bei der Deutschen Bank in gutgeschrieben.
38
Am 28./29.08.2006 ließ allerdings die D.- GmbH Deutschland, die Versicherung der B.
GmbH, den Betrieb - ohne entsprechende Voranmeldung - durch Sachverständige
umfassend überprüfen, wobei im Rahmen des Saldenabgleichs ein Fehlbestand von
zunächst 16,5 Mio. Euro festgestellt werden konnte. Nach Aufdeckung und
Bekanntwerden dieser Missstände blieben die erwarteten Neueingänge von
Kundengeldern aus. Der durch die zuvor beschriebenen Entnahmen permanent
bestehende Fehlbetrag konnte demzufolge nicht - wie von den Angeklagten erhofft -
kurzfristig wieder ausgeglichen und umgeschichtet werden. Insbesondere Kunden, die
der B. GmbH in der 34. und 35. Kalenderwoche Geldbeträge zur Abholung, Bearbeitung
und Überweisung anvertraut hatten, fielen mit ihren Forderungen aus, weil die
Angeklagten die bei ihnen - den Kunden - abgeholten Gelder zur Begleichung
anderweitig fälliger Verbindlichkeiten benutzt bzw. an andere Kunden der B. GmbH
überwiesen hatten. Der den Kunden entstandene Schaden beträgt insgesamt
24.560.770,83 Euro.
39
Im Einzelnen fielen Kunden mit Beträgen aus, die sich der nachstehenden Tabelle
entnehmen lassen:
40
Laufende Nummer:
Geschädigtes Unternehmen:
Entstandener Schaden:
1.
A.
4.600,00 Euro
2.
B.O.
1.025,00 Euro
3.
BST
53.570,00 Euro
4.
Bäckerei I.
400,00 Euro
5.
C.
207.515,00 Euro
6.
Betten-L.
2.360,00 Euro
7.
CC
38.069,20 Euro
8.
H.
745.922,50 Euro
9.
E.
1.289.001,88 Euro
10.
EF.
95.712,00 Euro
11.
DZ
4.584.205,29 Euro
12.
EC
8.830,00 Euro
13.
F.GmbH,
819,94 Euro
14.
G.
16.290,00 Euro
15.
WE
775,00 Euro
16.
I.
231.425,00 Euro
17.
II.
21.180,00 Euro
18.
HPV
10.745,00 Euro
19.
GG
5.680,00 Euro
20.
L
34.630,61 Euro
21.
LL
1.274.880,00 Euro
22.
LLL
235.560,44 Euro
23.
Kölner S.
80.000,00 Euro
24.
B.Brot
56.902,93 Euro
25.
M.
562.648,53 Euro
26.
MM..
9.637,00 Euro
27.
N.
64.395,00 Euro
28.
E.
30.505,00 Euro
29.
EE.
18.501,09 Euro
30.
S.
91.598,53 Euro
31.
MST
2.400,00 Euro
32.
P. GmbH
7.690,00 Euro
41
33.
MST Q.
89.365,00 Euro
34.
Q.
8.276,00 Euro
35.
Q.
870,00 Euro
36.
Q.
8.915,73 Euro
37.
PL
1.136.480,00 Euro
38.
Raiffeisenbank
270,00 Euro
39.
Renault
39.150,00 Euro
40.
S.Group
4.424.236,21 Euro
41.
S.
4.050,00 Euro
42.
S.
2.275,00 Euro
43.
S.
10.425,00 Euro
44.
T.GmbH
11.000,40 Euro
45.
T.& Nit
2.460,16 Euro
46.
T.
1.778.721,03 Euro
47.
Sparda Bank
2.994.305,00 Euro
48.
Sparkasse C.
64.219,15 Euro
49.
Sparkasse E.
55.794.10 Euro
50.
Sparkasse EE
172.351,59 Euro
51.
Sparkasse H.
68.818,40 Euro
52.
Sparkasse I.
35.236,66 Euro
53.
Sparkasse T.
8.215,35 Euro
54.
Stadt I.
101.114,40 Euro
55.
Stadtwerke L.-
20.370,01 Euro
56.
TT
6.000,00 Euro
57.
TI
28.838,03 Euro
58.
Q-GmbH
665,00 Euro
59.
U.
2.860,00 Euro
60.
UU.
74.377,00 Euro
61.
Volksbank
1.234.519,99 Euro
62.
Volksbank
17.885,84 Euro
63.
Volksbank
1.014.666,72 Euro
64.
WGmbH
637.166,25 Euro
65.
VR
46.343,17 Euro
66.
VR
270,00 Euro
67.
X.
238.960,00 Euro
68.
XX.
7.200,00 Euro
69.
X-Autoteile
19.000,00 Euro
70.
Westf. X
760,00 Euro
71.
Z.
236.701,64 Euro
72.
A-Sicherheit GmbH
171.123,46 Euro
Mehrere Gläubiger stellten schließlich Anfang September 2006 den Antrag auf
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B.GmbH. Durch Beschluss
des Amtsgerichts Essen vom 01.10.2006 (162 IN ) ist wegen Zahlungsunfähigkeit und
Überschuldung das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B.GmbH eröffnet
worden.
42
D. Grundlagen der Feststellungen:
43
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten beruhen auf
ihren glaubhaften Angaben zur Person in der Hauptverhandlung vom 27.02.2007. Dass
die Angeklagten bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sind, steht aufgrund
des Bundeszentralregisterauszugs vom 09.01.2007 fest, dessen Inhalt die Kammer
verlesen hat. Die Feststellungen der Kammer in der Sache beruhen auf der
umfassenden geständigen Einlassung der Angeklagten sowie auf dem verlesenen
Vermerk des Zeugen H. vom 11.12.2006. Die Angaben der Angeklagten sind ohne
Weiteres glaubhaft, da sie in sich schlüssig und frei von Widersprüchen sind und durch
die Ermittlungsergebnisse, die sich aus dem Vermerk vom 11.12.2006 ergeben, gestützt
werden.
44
E. Rechtliche Würdigung:
45
1.
46
Die Angeklagten haben sich der gemeinschaftlich begangenen Untreue in 65 Fällen
schuldig gemacht, §§266 I, 2. Alt.; 25 II; 53 StGB.
47
Sie haben aufgrund eines gemeinsam gefassten Tatplans die ihnen obliegende Pflicht,
fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt. Bei den Angeklagten handelte
es sich um die Geschäftsführer der B.GmbH, weswegen sich ihre Befugnisse nach den
in §§35 ff. GmBHG statuierten Regelungen richteten; insbesondere waren sie berechtigt,
als Vertreter rechtsgeschäftlich für die GmbH tätig zu werden, §35 I GmbHG. Mit ihrer
Stellung als Geschäftsführer ging allerdings auch eine besondere
Vermögensbetreuungspflicht einher, die als Hauptpflicht in Bezug auf die
Vertragsverhältnisse mit den Kunden der Sparte "Geld und Wert" ausgestaltet war. Für
die Kunden war es gerade entscheidend, dass ihre Gelder bestimmungsgemäß
eingezahlt bzw. verwendet wurden, da sie die entsprechenden Valuten gerade
deswegen der B.GmbH anvertraut hatten. Dadurch, dass die Angeklagten in den oben
beschriebenen 65 Fällen Kundengelder abredewidrig verwendet haben, haben sie die
geschilderte Treuepflicht in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken verletzt.
48
Die Angeklagten haben den Treugebern in den o. g. 65 Fällen zudem - gemeinschaftlich
handelnd - einen Nachteil i. S. d. §266 I StGB zugefügt. Der Begriff des Nachteils ist
gleichbedeutend mit dem des Vermögensschadens, der in §263 StGB gebraucht wird
49
gleichbedeutend mit dem des Vermögensschadens, der in §263 StGB gebraucht wird
(Tröndle/Fischer, 54. Auflage, §266 StGB, Rdnr. 59). Voraussetzung ist also, dass die
treuwidrige Handlung eine Vermögenseinbuße verursacht haben muss, was nach dem
Prinzip der Gesamtsaldierung festzustellen ist (Tröndle/Fischer a.a.O.). Wenngleich mit
der zweckwidrigen Verwendung der jeweiligen Gelder als solcher noch nicht
abschließend feststand, dass der jeweilige Treugeber seine Forderung gegen die
Treunehmerin B.GmbH auf Auszahlung zukünftig nicht mehr werde erfolgversprechend
realisieren können, ist im jeweiligen Fall ein Nachteil i. S. d. §266 I StGB in Form der
sog. Vermögensgefährdung gegeben. Das Delikt der Untreue ist nämlich bereits dann
vollendet, wenn ein sog. Gefährdungsschaden eingetreten ist (Tröndle/Fischer §266
StGB, Rdnr. 61 ff.). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Möglichkeit eines
endgültigen Verlusts eines Vermögensbestandteils zum Zeitpunkt der Tathandlung so
groß ist, dass schon jetzt eine Minderung des Gesamtvermögens anzunehmen ist, also
eine Wertminderung des Vermögens mit der Gefahr der Schadensvertiefung vorliegt
(vgl. Tröndle/Fischer §266 StGB, Rdnr. 61 und §263 StGB, Rdnr. 94 f.). Eine
Vermögensgefährdung im o. g. Sinne ist in den 65 Fällen deswegen vorhanden, weil die
B. GmbH bereits im Jahre 2001 mit einer monatlichen Unterdeckung von 100.000 Euro
bis zu 200.000 Euro arbeiten musste, die bis zum Jahre 2002/2003 auf einen Betrag von
mehr als 200.000 Euro pro Monat anstieg. Aufgrund des sich stetig vergrößernden
Liquiditätsengpasses war es höchst ungewiss und hing allein vom Zufall ab, ob und ggf.
inwieweit es den Angeklagten gelingen würde, die jeweiligen Fehlbestände wieder
auszugleichen. In welchem Umfang und ab welchem Zeitpunkt die B. GmbH wieder
über ausreichende - und legal erworbene - Mittel verfügen würde, um die
Verbindlichkeiten zurückzuführen, ließ sich zu keinem Zeitpunkt mit Gewissheit
prognostizieren. Hinzu kommt, dass das von den Angeklagten aufgrund des gemeinsam
gefassten Tatplans gewählte "Finanzierungsmodell" zwangsläufig dazu führen musste,
dass sich die Verbindlichkeiten der Gesellschaft vergrößerten, so dass die Liquidität
noch stärker beeinträchtigt wurde. Weiterhin stand fest, dass zumindest ein Teil der
Treugeber mit ihren (berechtigten) Forderungen gegenüber der GmbH ausfallen würde,
so das von den Angeklagten erdachte "Finanzierungsmodell" entdeckt oder es zu
sonstigen "Störungen" im Geldkreislauf kommen würde.
Die Angeklagten handelten darüber hinaus vorsätzlich. Ihnen war bekannt, dass sie in
ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer eines Unternehmens, das auf
Sicherheitsdienstleistungen spezialisiert war, ihren Kunden gegenüber eine besondere
Vermögensbetreuungspflicht hatten. Sie wussten ferner, dass sie diese Pflicht durch
zweckwidrige Verwendung von Kundengeldern verletzten, zumal sie bestrebt waren,
diese Vorgänge gegenüber den Kunden als Treugebern geheim zu halten. Ihnen war
ferner zumindest im Rahmen eines sachgedanklichen Mitbewusstseins bekannt, dass
sie in den geschilderten 65 Fällen ihrem jeweiligen Kunden einen Nachteil in Form
eines Vermögensgefährdung zufügten. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass sie
sich vorgestellt haben mögen, die zweckwidrig verwendeten Gelder zurückerstatten
oder das Unternehmen letztlich durch seinen (teilweisen) Verkauf sanieren zu können.
Den Angeklagten war nämlich einerseits bekannt, dass die eingetretene Gefährdung
durch derartige Maßnahmen nicht unmittelbar würde behoben werden können, sondern
weitere Zwischenschritte - wie Verkaufsverhandlungen mit ungewissem Ausgang -
erforderlich sein würden. Andererseits lässt auch die Vorstellung, die zweckwidrige
Verwendung von Kundengeldern durch eine zeitlich folgende - ebenfalls zweckwidrige -
Verwendung von Geldern wieder "gut" zu machen, den Vorsatz nicht entfallen.
Ungeachtet des Umstandes, dass hiermit keine unmittelbare Kompensation der bereits
eingetretenen Vermögensgefährdung verbunden gewesen wäre, lässt es sich mit dem
Schutzzweck des §266 StGB ohnehin nicht vereinbaren, dass rechtlich relevante
50
Schadenskompensationen mit Hilfe von (weiteren) Untreuehandlungen herbeigeführt
werden. Die Angeklagten handelten darüber hinaus rechtswidrig und schuldhaft.
F. Strafzumessung:
51
1.
52
Die Kammer hat bei der Strafzumessung bezüglich der Angeklagten den Strafrahmen
des §266 I, II i. V. m. §263 III StGB zugrunde gelegt, der die Verhängung einer
Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht. Die jeweiligen
Untreuestraftaten sind einem besonders schweren Fall i. S. d. §§266 I, II; 263 III Satz 2
Ziffer 1) StGB zu subsumieren. Die Angeklagten haben das Regelbeispiel der
gewerbsmäßigen Tatbegehung verwirklicht. Sie haben sich durch die verübten Taten
eine Einnahmequelle von erheblichem Umfang und einiger Dauer verschafft. Nur durch
die zweckwidrige Verwendung von Kundengeldern war es nämlich möglich, den
Geschäftsbetrieb der B.GmbH aufrecht zu erhalten und nicht zuletzt die Zahlung der
jeweiligen Geschäftsführergehälter sicherzustellen. Dem steht nicht entgegen, dass die
Angeklagten Kundengelder auch verwandt haben mögen, um eine partielle
Schadenswiedergutmachung zu erreichen. Ein wesentliches Motiv der Angeklagten für
dieses Verhalten bestand nämlich darin, eine Entdeckung zu vermeiden, um so weitere
- gleichgelagerte - Straftaten verüben zu können. Die Voraussetzungen des §263 III Nr.
2 StGB - Herbeiführen eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes - sind hingegen
nicht erfüllt. Ein entsprechender Verlust muss nämlich tatsächlich eingetreten sein. Ein
Gefährdungsschaden, wie ihn die Angeklagten herbeigeführt haben, vermag die
Regelwirkung des §263 III Nr. 2 StGB nicht zu begründen (Tröndle/Fischer §263 StGB,
Rdnr. 122a).
53
Die Kammer hat im Rahmen der konkreten Strafzumessung gem. §46 StGB zugunsten
der Angeklagten vor allem berücksichtigt, dass sie zu einem frühen Zeitpunkt - noch
während des laufenden Ermittlungsverfahrens - ein umfassendes Geständnis abgelegt
und dieses in der Hauptverhandlung wiederholt haben. Hierdurch konnte eine
erhebliche Straffung des Verfahrens erzielt werden. Hinzu kommt, dass das Geständnis
von Reue und Einsicht getragen wurde. Insbesondere der Angeklagte zu 2) hat mit
sichtlicher emotionaler Bewegung an der Hauptverhandlung teilgenommen. Zudem
haben sich die Angeklagten den Ermittlungsbehörden selbst gestellt. Ferner war es zu
berücksichtigen, dass die Angeklagten bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung
getreten sind. Weiterhin wirkte es sich zu ihren Gunsten aus, dass sie die zweckwidrig
verwendeten Gelder für die B.GmbH verbraucht, sich nicht hingegen persönlich
bereichert haben, und außerdem vorhatten, den angerichteten Schaden - wenngleich
auf lange Sicht durch Veräußerung des Unternehmens - wieder gut zu machen. Die
Kammer hat es ferner zugunsten der Angeklagten gewertet, dass sie die erlittene
Untersuchungshaft nachhaltig beeindruckt hat. Letztlich durfte es zugunsten des
Angeklagten zu 1) nicht unberücksichtigt bleiben, dass er sich erst in fortgeschrittenem
Alter strafbar gemacht hat, so dass ihn zu verhängende (Freiheits-) Strafen in
besonderer Weise treffen.
54
Zu Lasten der Angeklagten war im Rahmen der Strafzumessung allerdings zu
berücksichtigen, dass sie gleichgelagerte Straftaten über einen längeren Zeitraum - von
Februar 2003 bis Ende März / Anfang April 2006 - verübt und dabei eine hohe kriminelle
Energie an den Tag gelegt haben. So haben sie sich nicht aufgrund eines spontan
gefassten Entschlusses an Kundengeldern bedient. Vielmehr haben sie sorgfältig
55
geplant und logistisch durchdacht, auf welche Weise die zweckwidrige Verwendung der
treuhänderisch gehaltenen Gelder erfolgen könne. Ohne den geschilderten Aufwand
hätte das praktizierte System auch gar nicht über einen derart langen Zeitraum
"funktionieren" können. Zu Lasten der Angeklagten musste es sich ferner auswirken,
dass sie eine erhebliche Vermögensgefährdung verursacht haben, die sich letztlich in
einem Schadenseintritt von rund 24 Millionen Euro realisiert hat.
2.
56
Die Kammer hat unter Berücksichtigung aller insoweit für und gegen die Angeklagten
sprechenden Umstände in Bezug auf die Tat - Nummer 65 (zum Nachteil der Firma S.)
eine Einsatzstrafe i. S. d. §54 I StGB von 3 Jahren und 6 Monaten Freiheitsstrafe
gebildet. Im Übrigen hat die Kammer nach der Höhe der Vermögensgefährdung
differenziert, welche die Angeklagten verursacht haben. Bis zu einem Betrag von
100.000,00 Euro hielt die Kammer eine Einzelstrafe von jeweils 1 Jahr und 6 Monaten
Freiheitsstrafe für tat- und schuldangemessen. Bei einer Gefährdung in Höhe von
100.000,01 Euro bis 200.000,00 Euro war eine Einzelstrafe von jeweils 2 Jahren und
bei einer Gefährdung von mehr als 200.000 Euro war eine Einzelstrafe von 2 Jahren
und 6 Monaten Freiheitsstrafe tat- und schuldangemessen. Die weiteren Einzelheiten
lassen sich der nachfolgenden Tabelle entnehmen:
57
Tat - Nummer:
Gefährdung:
Einzel- / Freiheitsstrafe:
1.
450.000 Euro
2 Jahre und 6 Monate
2.
150.000 Euro
2 Jahre
3.
400.000 Euro
2 Jahre und 6 Monate
4.
168.638,29 Euro
2 Jahre
5.
174.000 Euro
2 Jahre
6.
72.261,04 Euro
1 Jahr 6 Monate
7.
300.000 Euro
2 Jahre und 6 Monate
8.
5.190 Euro
1 Jahr und 6 Monate
9.
240.000 Euro
2 Jahre und 6 Monate
10.
150.000 Euro
2 Jahre
11.
83.520 Euro
1 Jahr und 6 Monate
12.
121.599,88 Euro
2 Jahre
13.
154.086,92 Euro
2 Jahre
14.
292.586,80 Euro
2 Jahre und 6 Monate
15.
194.190,33 Euro
2 Jahre
16.
279.217,80 Euro
2 Jahre und 6 Monate
17.
98.858,38 Euro
1 Jahr und 6 Monate
18.
100.000 Euro
1 Jahr und 6 Monate
19.
160.000 Euro
2 Jahre
20.
100.000 Euro
1 Jahr und 6 Monate
58
21.
130.093,97 Euro
2 Jahre
22.
100.156,29 Euro
2 Jahre
23.
200.139,42 Euro
2 Jahre und 6 Monate
24.
150.000 Euro
2 Jahre
25.
350.000 Euro
2 Jahre und 6 Monate
26.
180.000 Euro
2 Jahre
27.
330.000 Euro
2 Jahre und 6 Monate
28.
550.000 Euro
2 Jahre und 6 Monate
29.
60.000 Euro
1 Jahr und 6 Monate
30.
201.643,90 Euro
2 Jahre und 6 Monate
31.
148.763,70 Euro
2 Jahre
32.
252.115,30 Euro
2 Jahre und 6 Monate
33.
241.277,28 Euro
2 Jahre und 6 Monate
34.
174.385,19 Euro
2 Jahre
35.
38.614,81 Euro
1 Jahr und 6 Monate
36.
102.734,68 Euro
2 Jahre
37.
350.000 Euro
2 Jahre und 6 Monate
38.
249.388,50 Euro
2 Jahre und 6 Monate
39.
370.000 Euro
2 Jahre und 6 Monate
40.
200.000 Euro
2 Jahre
41.
200.000 Euro
2 Jahre
42.
150.000 Euro
2 Jahre
43.
82.000 Euro
1 Jahr und 6 Monate
44.
350.000 Euro
2 Jahre und 6 Monate
45.
350.000 Euro
2 Jahre und 6 Monate
46.
100.000 Euro
1 Jahr und 6 Monate
47.
120.000 Euro
2 Jahre
48.
207.530,73 Euro
2 Jahre und 6 Monate
49.
400.000 Euro
2 Jahre und 6 Monate
50.
355.000 Euro
2 Jahre und 6 Monate
51.
150.000 Euro
2 Jahre
52.
150.000 Euro
2 Jahre
53.
300.000 Euro
2 Jahre und 6 Monate
54.
100.000 Euro
1 Jahr und 6 Monate
55.
250.000 Euro
2 Jahr und 6 Monate
56.
200.199,52 Euro
2 Jahre und 6 Monate
57.
139.800,48 Euro
2 Jahre
58.
150.008,92 Euro
2 Jahre
59.
150.009,30 Euro
2 Jahre
60.
105.720,36 Euro
2 Jahre
61.>
94.279,64 Euro
1 Jahr 6 Monate
62.
50.192,83 Euro
1 Jahr und 6 Monate
63.
80.122,52 Euro
1 Jahr und 6 Monate
64.
55.092,38 Euro
1 Jahr und 6 Monate
65. ("REWE")
10.900.000 Euro
3 Jahre und 6 Monate (Einsatzstrafe)
Die Kammer hat unter erneuter zusammenfassender Würdigung aller
Strafzumessungskriterien gem. §§53; 54 StGB für jeden Angeklagten eine
Gesamtfreiheitsstrafe von
59
5 Jahren und 9 Monaten
60
gebildet, wobei letztlich einerseits der vollumfänglich geständigen Einlassung der
Angeklagten und andererseits der Höhe der verursachten Vermögensgefährdung ein
erhebliches Gewicht beizumessen war.
61
G. Kostenentscheidung:
62
Die Kostenentscheidung beruht auf §§464 I; 465 I StPO.
63