Urteil des LG Düsseldorf vom 28.10.2003
LG Düsseldorf: stand der technik, patentanspruch, eigenes verschulden, erfindung, begriff, hersteller, rechnungslegung, injektion, inhaber, aktivlegitimation
Landgericht Düsseldorf, 4a O 311/02
Datum:
28.10.2003
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4a. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4a O 311/02
Tenor:
I.
Die Beklagte wird verurteilt,
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzuset-
zenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- Euro, ersatzweise Ord-
nungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im
Wiederholungsfalle bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,
Dilatationskatheter mit einem aufweitbaren Ballon, durch den sich ein
auf einem Führungselement gehaltener Schlauchabschnitt erstreckt, der
mit dem distalen Ende des Ballons abgedichtet verbunden ist, während
das proximale Ende des Ballons mit dem Inflationstubus ab-gedichtet
verbunden ist, und mit einem gegenüber dem Schlauchab-schnitt seitlich
versetzt ins Balloninnere mündenden Inflationstubus, der den
Schlauchabschnitt koaxial umgibt und aus dem Führungs-element am
proximalen Ende des Schlauchabschnitts herausgeführt ist,
anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den
genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, bei denen
der Schlauchabschnitt auf dem als flexiblen Führungsdraht
ausgebildeten Führungselement frei verschiebbar geführt ist und der
Inflati-onstubus durch eine sich in dessen Längsrichtung erstreckende
Stabi-lisierung derart verstärkt ist, dass durch ein Vorschieben oder ein
Zu-rückziehen des Inflationstubus ein Verschieben des Schlauchab-
schnittes mit dem daran befestigten Ballon in beiden Richtungen auf
dem Führungsdraht ermöglicht ist.
II.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Be-
klagte die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 5.4.1987 be-
gangen hat, und zwar unter Vorlage eines chronologisch geordneten
Verzeichnisses sowie unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -
zeiten, -preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen
Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -
zeiten und -preisen,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, der
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Geste-
hungskosten und des erzielten Gewinns.
III.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin al-len
Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter I. bezeichneten, seit dem
5.4.1987 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch ent-stehen
wird.
IV.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000.000,-- Euro
vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, Sicherheit auch durch die unbedingte
und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik
Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Spar-
kasse zu erbringen.
Tatbestand
1
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Patents ####
(Klagepatent) auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz in Anspruch.
2
Aus dem Handelsregister des Kantons Zürich - Firmennummer #### - geht hervor, dass
die in Zürich ansässige Klägerin - die #### GmbH - auf dem Wege der Umwandlung
aus der #### AG in Bülach hervorgegangen ist. Als alleinige Gesellschafterin der
Klägerin ist die # eingetragen.
3
Das Klagepatent wurde am 23.11.1984 angemeldet, die Anmeldung am 5.6.1986
offengelegt und die Erteilung des Klagepatents am 5.3.1987 veröffentlicht.
Eingetragener Inhaber des Klagepatents ist Herr Dr. ####. Mit Urteil vom 19.5.1998 hat
der Bundesgerichtshof das Klagepatent teilweise dadurch für nichtig erklärt, dass in den
Patentansprüchen 1 bis 4 das Wort "Dilatationskatheter" durch das Wort
"Herkranzgefäß-Dilatationskatheter" ersetzt wird. In der danach gültigen Fassung hat
der hier allein interessierende Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut:
4
"Herkranzgefäß-Dilatationskatheter mit einem aufweitbaren Ballon, durch den sich
ein auf einem Führungselement gehaltener Schlauchabschnitt erstreckt, der mit den
Enden des Ballons abgedichtet verbunden ist, und mit einem gegenüber dem
Schlauchabschnitt
5
seitlich versetzt ins Balloninnere mündenden Inflationstubus, dadurch
gekennzeichnet, dass der Schlauchabschnitt (7) auf dem als flexiblen
Führungsdraht (1) ausgebildeten Führungselement frei verschiebbar geführt ist und
der Inflationstubus (3) durch eine sich in dessen Längsrichtung erstreckende
Stabilisierung (4) derart verstärkt ist, dass durch ein Vorschieben oder ein
Zurückziehen des Inflationstubus (3) ein Verschieben des Schlauchabschnittes (7)
mit dem daran befestigten Ballon (2) in beiden Richtungen auf dem Führungsdraht
(1) ermöglicht ist."
6
Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus der Klagepatentschrift
und zeigen in Figur 1 den vorderen Teil eines erfindungsgemäßen Dilatationskatheters
mit dem in den Ballon einmündenden Tubus, in Figur 2 einen Querschnitt durch den
Dilatationskatheter im Bereich des neben dem Führungsdraht verlaufenden Tubus und
in Figur 3 einen Querschnitt durch den Dilationskatheter im Bereich eines Goldmarkers
im Ballon.
7
Die eingetragene Inhaber des Klagepatents und die #### AG schlossen am 10.11.1995
eine schriftliche Vereinbarung ("Agreement V"), in der der Klägerin eine ausschließliche
Lizenz an dem Klagepatent - aufgeführt in der Anlage ("Schedule I") - eingeräumt wurde.
Der weitere Inhalt der Vereinbarung ergibt sich aus der Anlage K 18.
8
Die Beklagte, ein in Israel ansässiges Unternehmen, stellt her und vertreibt Stents und
Stentzuführungssysteme unter der Bezeichnung "####" und "####". Betreffend dieses
Stentzuführungssystem hat die Klägerin als Anlage K 14 eine englischsprachige sowie
als Anlage K 21 den deutschsprachigen Teil einer mehrsprachigen
Gebrauchsanweisung der Beklagten vorgelegt. Auf der ersten Seite der letztgenannten
Anlage findet sich ein die Beklagte benennender Herstellervermerk sowie ein Hinweis
auf die #### GmbH aus Münster als "bevollmächtigtem Vertreter" ("authorized
Representative"). Aus dem von der Klägerin in Ablichtung als Anlage K 20 vorgelegten
Postversendungsvermerk ist gleichfalls die #### GmbH als "Authorized European
Representative" erwähnt. Die Klägerin hat außerdem als Anlage K 15 einen Auszug aus
dem Internetauftritt der Beklagten betreffend das in Rede stehende
Stentzuführungssystem sowie als Anlagen K #### Fotografien und als Anlage K 17
9
einen von E erstellten Konstruktionsplan der angegriffenen Ausführungsform
eingereicht. Der letztgenannte Konstruktionsplan wird zur Veranschaulichung
nachfolgend wiedergegeben:
Die Klägerin sieht in dem Stentzuführungssystem "####" eine Verwirklichung von
Patentanspruch 1 des Klagepatents teils mit wortlautgemäßen und teils mit äquivalenten
Mitteln.
10
Sie beantragt,
11
sinngemäß wie zuerkannt.
12
Die Beklagte beantragt,
13
die Klage abzuweisen.
14
Sie bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Zudem fehle es an der
Passivlegitimation; sie habe im Inland keine Benutzungshandlungen begangen. Die
beanstandete Ausführungsform falle auch nicht unter die Lehre aus Anspruch 1 des
Klagepatents. Zudem könnten aus dem deutschen Klagepatent keine Rechte mehr
hergeleitet werden, nachdem der Klägerin das europäische Patent #### mit Wirkung
auch für Deutschland erteilt worden sei, Art. II § 8 IntPatÜG (Doppelschutzverbot).
15
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
16
Entscheidungsgründe
17
Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
18
Der Klägerin stehen die gegenüber der Beklagten geltend gemachten Ansprüche auf
Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz wegen Verletzung des
Klagepatents zu, §§ 139 Abs. 1 und 2, 140 b PatG, 242, 259 BGB. Die angegriffene
Ausführungsform verwirklicht die in Anspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellte
Lehre. Die Klägerin ist befugt, die Rechte aus dem Klagepatent geltend zu machen. Die
Beklagte ist für die von der Klägerin beanstandeten Verletzungshandlungen
verantwortlich. Das Klagepatent entfaltet seine Wirkungen auch im Hinblick auf das in
Art. II § 8 IntPatÜG normierte Doppelschutzverbot.
19
I.
20
Bei der Ballondilatation von Koronarstenosen wird über eine arterielle Punktion im
Leisten- oder im Ellbogenbereich ein Plastikschlauch, der Führungskatheter, in das
arterielle Gefäßsystem eingeführt und mit seiner Spitze im Ursprung der Koronararterie
aus der Hauptschlagader unmittelbar oberhalb des Herzens plaziert. Durch diesen
Führungskatheter hindurch wird dann ein Ballonkatheter, ebenfalls ein - jetzt aber
dünner - Plastikschlauch, in die Koronararterie und in die verengte Stelle hineingeführt.
Der Ballonkatheter trägt an seiner Spitze einen entfaltbaren, kaum dehnbaren Ballon,
der eine Maximaldimension nicht überschreitet. Durch Entfaltung des Ballons wird das
verengte Arteriensegment geweitet (vgl. BGH, Urteil vom 19.5.1998, Seite 5 f., Anlage K
2).
21
In der Klagepatentschrift wird einleitend auf Katheter für gastroskopische und
gynäkologische Zwecke (deutsche Offenlegungsschrift #### und US-Patentschrift ####)
und zwei Dilatationsvorrichtungen mit einem fest am Ende eines Führungselements
angebrachten Ballon (deutsche Offenlegungsschrift #### und US-Patentschrift ####)
hingewiesen.
22
Als nächster Stand der Technik wird in der Klagepatentschrift ein Beitrag in ####, Vol.
49, April 1, 1982, Seiten 1216 bis 1222 erwähnt. Darin sei ein Dilatationskatheter
(nachfolgend auch Simpson-Katheter genannt) beschrieben, der zur Aufweitung von
Verengungen in Koronararterien einsetzbar sei. Bei diesem Dilatationskatheter sei ein
sehr langer Tubus vorgesehen, der am vorderen Ende in den weitbaren Ballon
übergehe. Durch das Balloninnere und den Tubus erstrecke sich ein Schlauch, der über
das vordere Ende des Ballons vorstehe und mit dem vorderen Ende des Ballons
abgedichtet verbunden sei. Durch das Innere des Schlauches sei ein Führungsdraht
geführt, der während der Operation gegenüber dem Ballon verschoben werden könne,
so dass es möglich sei, den Dilatationskatheter entlang dem Führungsdraht vor- und
zurückzuziehen, wenn an dem sehr langen und einen verhältnismäßig großen
Querschnitt aufweisenden Tubus gezogen oder gedrückt werde. Neben dem Schlauch
erstrecke sich durch den Tubus ein Inflationstubus.
23
In der Klagepatentschrift wird an dem vorgenannten Stand der Technik zum einen
kritisiert, dass es beim Auswechseln eines Dilatationskatheters gegen einen solchen
anderer Größe erforderlich sei, dass der Führungsdraht um eine Länge aus dem Körper
des Patienten herausrage, die größer als die Länge des Dilatationskatheters mit seinem
Tubus sei. Zum anderen wird an dem Simpson-Katheter als nachteilhaft angesehen,
dass der Führungsdraht auf ganzer Länge von dem Schlauch umgeben werde, wodurch
eine erheblich Reibung entstehe. Beide Umstände erschwerten die Handhabung des
Katheters. Wie der gerichtliche Sachverständige in dem vor dem Landgericht Düsseldorf
unter dem Az. 4 O #### geführten Rechtsstreit - ausweislich des von der Klägerin als
Anlage K 19 vorgelegten landgerichtlichen Urteil vom 11.6.2002, Umdruck, Seite 13 -
darüber hinausgehend ausgeführt hat, war sich der Durchschnittsfachmann - bei dem es
sich um einen technisch kundigen oder erfahrenen Kardiologen oder Radiologen mit
einer nach dem Studium mindestens sechs- bis achtjährigen praktischen
Berufserfahrung, der insbesondere mit dem Einsatz von Dilatationskathetern vertraut ist
und sich des Rates und der Mitarbeit eines allgemein mit Kathetern vertrauten
Technikers bedient (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.5.1998, Umdruck, Seite
9, Anlage K 2) - auch ohne dass dies in der Klagepatentschrift besonders erwähnt wird,
darüber im klaren, dass der Simpson-Katheter auch insoweit nachteilhaft war, als der
Dilatationskatheter einen beträchtlichen Querschnitt aufwies, was zur Folge hatte, dass
im Führungskatheter für die Injektion von Kontrastmittel lediglich noch ein geringes
Lumen zur Verfügung stand.
24
Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung das Problem ("die Aufgabe") zugrunde,
einen Dilatationskatheter zu schaffen,
25
- der entlang dem Führungsdraht leicht verschoben werden kann,
26
- der einfach gegen einen anderen Dilatationskatheter ausgewechselt werden kann
27
- und bei dem die Verabreichung von Kontrastmitteln über den Führungskatheter
28
verbessert ist.
Das soll durch folgende Vorrichtung erreicht werden:
29
(1) Herzkranzgefäß-Dilatationskatheter
30
a) mit einem aufweitbaren Ballon (2)
31
b) mit einem der Führung dienenden Schlauchabschnitt (7)
32
c) und mit einem Inflationstubus (3)
33
(2) Der Schlauchabschnitt (7)
34
a) erstreckt sich durch den Ballon (2),
35
b) ist mit den Enden des Ballons abgedichtet verbunden,
36
c) ist auf einem Führungselement gehalten
37
d) und auf diesem frei geführt.
38
(3) Das Führungselement ist als flexibler Führungsdraht (1) ausgebildet.
39
(4) Der Inflationstubus (3)
40
a) mündet ins Balloninnere,
41
b) ist gegenüber dem Schlauchabschnitt (7) seitlich versetzt
42
c) und ist durch eine Stabilisierung (4) verstärkt.
43
aa) Die Stabilisierung erstreckt sich in Längsrichtung des Tubus.
44
bb) Sie ist so beschaffen, dass durch ein Verschieben oder Zurücksetzen
des Inflationstubus (3) ein Verschieben des Schlauchabschnitts (7) mit dem
daran befindlichen Ballon (2) in beiden Richtungen auf dem Führungsdraht
(1) ermöglicht ist.
45
Im Gegensatz zum Stand der Technik wird der Dilatationskatheter nicht mehr über einen
die gesamte Länge des Katheters ausmachenden Schlauch, sondern lediglich über
einen im Bereich des Ballons angeordneten Schlauchabschnitt geführt. Um den
Schlauchabschnitt mit dem daran befestigten Ballon auf dem Führungsdraht bewegen
zu können, ist der Inflationstubus - über die ihm ohnehin zukommende Funktion, den
Ballon inflatieren und deflatieren zu können hinaus - in besonderer Weise so stabilisiert,
dass durch ein Vorschieben oder Zurückziehen des Inflationstubus eine entsprechende
Bewegung des Schlauchabschnitts mit seinem Ballon möglich ist. Die Reduzierung der
Führung auf einen Schlauchabschnitt bewirkt zugleich, dass über den weitaus größeren
Verlauf des Dilatationskatheters lediglich der (klein dimensionierte) Inflationstubus
neben dem Führungsdraht frei im Führungskatheter liegt. Ein erheblicher Teil im
Querschnitt des Führungskatheters bleibt infolgedessen frei, was die Injektion von
46
Kontrastmitteln während der Dilatation verbessert.
II.
47
Die angegriffene Ausführungsform - die unter der Bezeichnung "####" und "####"
vertriebenen Stents und Stentzuführungssysteme - verwirklichen die in Patentanspruch
1 des Klagepatents unter Schutz gestellte Lehre.
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1. Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich - wie in Merkmal 1
vorgesehen - um einen Herzkranzgefäß-Dilatationskatheter.
49
Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass damit nur solche Katheter gemeint seien, bei
denen die Dilatation der Herzkranzgefäße durch einen unmittelbar an der Gefäßwand
anliegenden Ballon herbeigeführt werde. Ausgeschlossen seien damit alle sonstigen
Katheter, bei denen die Gefäßverengungen mit Hilfe besonderer Stützelemente beseitigt
würden, so wie dies auch bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall sei.
50
Dem Vorbringen der Beklagten kann nicht gefolgt werden. Der erfindungsgemäße
Begriff des Dilatationskatheters - der durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom
11.6.2002 auf Herzkranzgefäß-Dilatationskatheter in Abgrenzung etwa zu Kathetern für
gastroskopische oder gynäkologische Zwecke beschränkt worden ist (vgl. Umdruck,
Anlage K 19) - wird durch die übrigen Merkmale von Patentanspruch 1 weiter bestimmt.
Nach den Merkmalen 1 und 3 weist der erfindungsgemäße Herzkranzgefäß-
Dilatationskatheter insbesondere einen aufweitbaren Ballon, einen der Führung
dienenden Schlauchabschnitt, einen Inflationstubus und ein Führungselement auf. Die
nähere Ausgestaltung des Schlauchabschnitts ist in Merkmal 2 beschrieben, die nähere
Ausgestaltung des Führungselements wird in Merkmal 3 festgelegt und Merkmal 4
bestimmt die Einzelheiten des Inflationstubus. Dem Patentanspruch 1 ist hingegen kein
Anhalt dafür zu entnehmen, dass es zur Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre
darüber hinaus erforderlich sein soll, dass der Ballon bei der Dilatation des
Herzkranzgefäßes unmittelbar an der Gefäßwand anliegen muss. Auch in der
Beschreibung oder in den Zeichnungen des Klagepatents, die zur Bestimmung des
Schutzbereiches mit heranzuziehen sind, § 14 PatG, findet sich kein entsprechender
Hinweis.
51
Dem steht nicht entgegen, dass es - worauf die Beklagte hinweist - unzulässig ist, den in
der Patentschrift verwendeten Ausdrücken und Begriffen einen Sinn zu geben, den sie
erst nachträglich durch die Weiterentwicklung der Technik erhalten haben können.
Denn die vorstehend vertretene Auslegung des erfindungsgemäßen Begriffs eines
Herzkranzgefäß-Dilatationskatheters beinhaltet keine Neuinterpretation im Lichte des
technischen Fortschritts nach Priorität des Klagepatents. Vielmehr ist der technischen
Lehre des Klagepatents eine Beschränkung auf Dilatations-Katheter, bei denen sich der
Ballon bei der Dilatation unmittelbar an der Gefäßwand anlegt, bereits zum für die
Auslegung des Klagepatents entscheidenden Prioritätszeitpunkt nicht zu entnehmen
gewesen.
52
Demnach ist es für die Verwirklichung des Merkmal 1 unerheblich, dass die
Gefäßverengung bei dem Stentzuführungssystems der Beklagten dadurch aufgeweitet
wird, dass zwischen Ballon und Gefäßwand ein Stent angeordnet ist, der im Gefäß
verbleibt. Die angegriffene Ausführungsform weist zudem - unstreitig - einen
aufweitbaren Ballon sowie einen Inflationstubus auf.
53
2. Zudem verfügt der beanstandete Herzkranzgefäß-Dilatationskatheter - wie in den
Merkmalen 1 a) und 2 a) vorgesehen - über einen der Führung dienenden
Schlauchabschnitt, der sich durch den Ballon erstreckt. Wie bereits die 4. Zivilkammer
des Landgerichts Düsseldorf in ihrem Urteil vom 11. Juni 2002, Umdruck, Seite 16,
überzeugend ausgeführt hat, ist dem Begriff "Schlauchabschnitt" lediglich zu
entnehmen, dass die Führung des Dilatationskatheters - im Gegensatz zum
vorbekannten Simpson-Katheter, bei dem der gesamte, der Länge des Katheters
entsprechende Schlauch zur Führung herangezogen wird - nunmehr allein noch über
einen Teil des gesamten Schlauches, eben einen Schlauchabschnitt erfolgen soll, der
sich über einen Teil des Katheters erstreckt - erfolgen soll. Bezugsmaßstab für den
Begriff "Abschnitt" ist folglich der Katheter und dessen Länge und nicht der Ballon.
Entsprechend wird in der allgemeinen Beschreibung des Klagepatents auf die
verhältnismäßig kurze Bemessung des erfindungsgemäßen Schlauchabschnitts im
Vergleich mit u.a. dem Simpson-Katheter zur Aufweitung der von Verengungen von
Coronararterien hingewiesen (vgl. Anlage K 1, Sp. 2, Z. 61 ff. sowie die weiteren
Ausführungen im Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 11.6.2003,
a.a.O. Seite 16 bis 18).
54
Dieses Verständnis steht in Einklang mit der Auslegung des Merkmals durch den
Bundesgerichtshof im Urteil vom 19.5.1998, das in dem Nichtigkeitsberufungsverfahren
betreffend das Klagepatent ergangen ist. Denn auch der Bundesgerichtshof führt aus,
dass der Fachmann den Begriff des "Abschnitts" entsprechend dem allgemeinen
Sprachgebrauch als Teil eines Ganzen verstehen wird, als einen Teil, der jedenfalls
kürzer als das Ganze ist (Umdruck, Anlage K2, Seite 14). Mit dem "Ganzen" kann nur
der aus dem Stand der Technik bekannte Schlauch gemeint sein, der sich - wie etwa
beim "Simpson"-Katheter - über die gesamte Länge des Katheters erstreckt hat. Wenn
der Bundesgerichtshof darüber hinaus ausführt, dass der Fachmann ausgehend von
dem Gedanken des Klagepatents ("Streitpatent"), zur Vermeidung von störenden
Reibungskräften den Führungsschlauch zu kürzen, zunächst einen Schlauchabschnitt
mit der Mindestlänge des Ballons einsetzen wird, weil dieser die geringste
Reibungsfläche besitzt, und er zudem der Beschreibung entnehmen kann, dass die
Steuerbarkeit des Dilatationkatheters sich wesentlich verbessert, wenn der
Führungsdraht möglichst weit frei läuft (a.a.O., Seite 14 f.), so steht auch dies der hier
vertretenen Auslegung nicht entgegen. Denn den Darlegungen des Bundesgerichtshofs
ist darüber hinaus zu entnehmen, dass der Fachmann, für den Fall, dass ein solcher
Abschnitt zu einer sicheren Führung des Ballons auf dem Führungsdraht nicht ausreicht,
den Abschnitt solange verlängern wird, bis Führung und Steuerbarkeit in bestmöglichem
Verhältnis stehen (a.a.O., Seite 15). Zur Verringerung der Reibungsfläche bei
bestmöglicher Führung und Steuerbarkeit wird also der aus dem Stand der Technik
bekannte, sich über die gesamte Länge des Katheters erstreckende Schlauch auf eine
Teillänge - den Schlauchabschnitt - reduziert. Bezugsmaßstab für den Begriff
"Abschnitt" ist damit auch nach der vom Bundesgerichtshof vertretenen Auslegung der
Katheter. Die Länge des Ballons ist lediglich insofern maßgeblich, als dadurch
(notwendigerweise) die Mindestlänge des Schlauchabschnitts bestimmt wird.
55
Danach verfügt auch die angegriffene Ausführungsform über einen erfindungsgemäßen
Schlauchabschnitt. Nach den Angaben der Beklagten in der letzten mündlichen
Verhandlung ist deren Schlauchabschnitt etwa achtmal so lang wie der Ballon. Zudem
ist der Tubus etwa fünfmal so lang wie der Schlauchabschnitt. Gegenüber der Länge
des Katheters erweist sich die Länge des Schlauchabschnitts demnach als relativ kurz.
56
Denn im Gegensatz zu den aus dem Stand der Technik bekannten Kathetern erstreckt
sich der Schlauchabschnitt nur über 1/5 der Länge des Katheters. Dass durch diese
Maßnahme die Reibung zwischen Führungdraht und Schlauchabschnitt nicht
wesentlich geringer ist als diese bei einem Schlauch wäre, der über die gesamte Länge
des Katheters erstreckt, hat die Beklagte nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht
ersichtlich. Zudem ist nicht dargetan, dass der Schlauchabschnitt keine günstige
Führung und Steuerbarkeit des Ballons auf dem Führungsdraht ermöglicht.
3. Der Schlauchabschnitt verwirklicht überdies das Merkmal 2 b). Danach soll der
Schlauchabschnitt mit den Enden des Ballons abgedichtet verbunden sein. Der
Fachmann erkennt aufgrund seines Fachwissens, dass die abgedichtete Verbindung
zwischen Schlauchabschnitt und Ballon dazu dient, ein Austreten des
Inflationsmediums aus dem Ballon zu verhindern (vgl. auch Urteil der 4. Zivilkammer
des Landgerichts Düsseldorf vom 11.6.2002, a.a.O. Seite 17, Absatz 2, letzter
vollständiger Satz). Wie aus der als Anlage K 17 vorgelegten und oben
wiedergegebenen Zeichnung hervorgeht, ist der Ballon 26 der angegriffenen
Ausführungsform an seinem proximalen Ende nicht mit dem Schlauchabschnitt 52,
sondern mit dem Inflationstubus 22 abgedichtet verbunden. Es kann dahinstehen, ob
darin bereits eine wortlautgemäße Verwirklichung des Merkmals 2 b) gesehen werden
kann, weil dieses Merkmal jedenfalls mit äquivalenten Mitteln verwirklicht ist.
57
Die am proximalen Ende bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandene
abgedichtete Verbindung zwischen Ballon 26 und Inflationstubus 22 erfüllt
gleichermaßen den Zweck, ein Austreten des Inflationsmediums aus dem Ballon zu
verhindern, wie die wortlautgemäß vorgesehene abgedichtete Verbindung zwischen
Ballon und Schlauchabschnitt, so dass Gleichwirkung gegeben ist. Ein solches
alternative Lösungsmittel war für den Fachmann auch ohne weiteres aufgrund von am
Sinngehalt der in Patentanspruch 1 geschützten Erfindung ausgerichteter Gedanken
auffindbar (vgl. etwa: BGH, GRUR 2002, 519, 521 - Schneidmesser II). Denn aufgrund
seines Fachwissens konnte er erkennen, dass es für die Erfindung entscheidend darauf
ankommt, dass ein Austreten des Inflationsmediums aus dem Ballon durch eine
abgedichtete Verbindung verhindert wird. Ob diese Verbindung zwischen Ballon und
Schlauchabschnitt oder zwischen Ballon und Inflationstubus ist demgegenüber
unerheblich. Einen Hinweis die abgedichtete Verbindung am proximalen Ende gerade
zwischen Ballon und Inflationstubus vorzusehen, erhält der Fachmann durch das in
Figur 1 des Klagepatents gezeigte Ausführungsbeispiel, bei dem - wie auch in der
Beschreibung in Spalte 3, Zeilen 64 ff. erläutert - die Ballonhülle 6 am proximalen Ende
in ein Schlauchsegment 11 ausläuft, das zwar einerseits mit dem proximalen Ende des
Schlauchabschnittes 7 abgedichtet andererseits aber auch mit dem Tubus 3 abgedichtet
verbunden ist.
58
4. Nach den Merkmalen 2 c), 2 d) und 3 ist der Schlauchabschnitt auf einem
Führungselement gehalten und auf diesem frei verschiebbar geführt, wobei das
Führungselement als flexibler Führungsdraht ausgebildet ist. Der Führungsdraht hat -
wie bereits begrifflich zum Ausdruck kommt - die Funktion, den Schlauchabschnitt mit
dem daran befestigten Ballon zu führen. Dafür ist der Führungsdraht nach Merkmal B 4
im Schlauchabschnitt angeordnet, so dass der Ballon entlang dem Führungsdraht
vorgeschoben oder zurückgezogen werden kann (vgl. Sp. 2, Z. 46 ff., 57 ff.; Sp. 4, Z. 28
ff.).
59
Die Beklagte bestreitet, dass die angegriffene Ausführungsform einen Führungsdraht
60
aufweist. Ihr Vorbringen ist jedoch bereits insoweit widersprüchlich, als sie gleichfalls
vorträgt, dass der Führungsdraht bei der angegriffenen Ausführungsform koaxial in dem
Schlauchabschnitt und dem Inflationstubus geführt werde. Darüber hinaus hat die
Klägerin vorgetragen, dass der Katheter auch bei einem "Über-den-Draht-Katheter", wie
er in der angegriffenen Ausführungsform realisiert sei, auf einem Führungselement
gehalten sein müsse, weil er anderenfalls nicht gelegt und die Stenose nicht erreicht
werden könne. Der Führungsdraht werde benutzt, um dem Katheter den Weg durch das
Gefäßsystem hindurch vorzugeben. Nach diesem nachvollziehbaren und plausiblen
Vorbringen der Klägerin kann sich die Beklagte nicht auf ein einfaches Bestreiten, dass
die angegriffene Ausführungsform keinen Führungsdraht aufweise, zurückziehen.
Vielmehr muss sie dartun, wie der Schlauchabschnitt bei der angegriffenen
Ausführungsform geführt wird, wenn es sich dabei nicht um einen Führungsdraht
handeln soll. Die Beklagte hat jedoch - auch nach einem entsprechenden richterlichen
Hinweis in der letzten mündlichen Verhandlung - ihr Bestreiten nicht weiter substantiiert.
Es ist daher davon von dem Vorbringen der Klägerin auszugehen, so dass die
angegriffene Ausführungsform auch über ein Führungselement in Gestalt eines flexiblen
Führungsdrahtes verfügt, auf dem der Schlauchabschnitt gehalten und auf dem dieser
frei verschiebbar geführt wird.
5. Merkmal 4 b) schreibt vor, dass der Inflationstubus, der in das Balloninnere mündet,
gegenüber dem Schlauchabschnitt seitlich versetzt ist.
61
Wie aus der Anlage K 17 ersehen werden kann und zwischen den Parteien unstreitig
ist, mündet der Inflationstubus 22, 24 bei der angegriffenen Ausführungsform nicht
gegenüber dem Schlauchabschnitt 52 seitlich versetzt in das Balloninnere, sondern ist
in etwa koaxial zu diesem angeordnet. Eine wortlautgemäße Verwirklichung des
Merkmals scheidet daher aus. Es liegen jedoch die Voraussetzungen patentrechtlicher
Äquivalenz vor.
62
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt Äquivalenz voraus, dass der
Fachmann aufgrund von Überlegungen, die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen
unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform
eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung
des der Erfindung zugrunde liegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte. Dabei
müssen die Überlegungen des Fachmanns derart am Sinngehalt der im Patentanspruch
unter Schutz gestellten technischen Lehre ausgerichtet sein, dass der Fachmann die
abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen
gleichwertige Lösung in Betracht zieht (BGH, GRUR 2002, 519, 521 - Schneidmesser
II).
63
Die - in Anlage K 17 dargestellte - koaxiale Anordnung von Schlauchabschnitt 52 und
Inflationstubus 22, 24 und das seitliche Herausführen des flexiblen Führungsdrahtes an
der Stelle 22' aus dem Inflationtubus schaffen einen Dilatationskatheter, der dieselben
erfindungsgemäß angestrebten Wirkungen hat, wie ein im Wortsinn des
Patentanspruchs liegender Katheter. Wie bereits im Urteil der 4. Zivilkammer vom
11.6.2002 nach Einholung des Gutachtens eines gerichtlichen Sachverständigen
zutreffend festgestellt wurde, sind die Reibungskräfte zwischen Führungsdraht und
Schlauchabschnitt auch bei einer koaxialen Anordnung von Schlauchabschnitt und
Inflationstubus gering, wenn der Führungsdraht - wie auch bei der hiesigen
Ausführungsform verwirklicht - unter einem außerordentlich flachen Winkel seitlich aus
dem Inflationstubus herausgeführt wird. Durch eine solche Anordnung wird - von der
64
Beklagten unwidersprochen - weder die Handhabung des Dilatationskatheters als
solche noch ein Ballonwechsel nennenswert erschwert. Zudem ist der koaxial zum
Schlauchabschnitt angeordnete Inflationstubus unstreitig geeignet, den Ballon mit der
für eine Dilatation erforderlichen Geschwindigkeit zu inflatieren oder deflatieren.
Der Einwand der Beklagten, die koaxiale Anordnung von Schlauchabschnitt und
Inflationstubus ergebe einen verhältnismäßig großen Querschnitt, der erfindungsgemäß
unerwünscht sei, stellt die Gleichwirkung von wortlautgemäßem und bei der
angegriffenen Ausführungsform realisiertem alternativen Lösungsmittel nicht in Frage. In
der Beschreibung des Klagepatents wird im Hinblick auf das Simpson-Patent
ausgeführt, dass "der Dilatationskatheter entlang dem Führungsdraht vorgeschoben und
zurückgezogen werden kann, wenn an dem sehr langen und einen verhältnismäßig
großen Querschnitt aufweisenden Tubus gezogen und gedrückt wird". Der Grund für die
"verhältnismäßige" Größe des Querschnitts des in dem Simpson-Patent offenbarten
Dilatationskatethers liegt darin, dass dieser den Führungsdraht, den Inflationstubus und
den zusätzlichen Schlauch aufnehmen muss. Demgegenüber liegen der Inflationstubus
und der Führungsdraht nicht nur bei dem wortlautgemäßen Dilatationskatheter sondern
auch bei der angegriffenen Ausführungsform über die wesentliche Länge des Katheters
ohne einen zusätzlichen Schlauch (Sp. 2, Z. 65 ff.). Beide Lösungen weisen damit
gleichermaßen den Vorteil auf, dass aufgrund der weniger beengten Raumverhältnisse
ein Dilatationskatheter leichter durch einen anderen ausgewechselt werden kann und
für die Injektion von Kontrastmittel ein größeres Lumen zur Verfügung steht.
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Zudem konnte der Fachmann die koaxiale Anordnung von Inflationstubus und
Schlauchabschnitt aufgrund von am Sinngehalt der wortlautgemäßen Lehre des
Klagepatents ausgerichteten Gedanken unter Zuhilfenahme seines Fachwissens
auffinden. Wie in dem Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf nach
Einholung des Gutachtens eines gerichtlichen Sachverständigen überzeugend
ausgeführt wird, waren dem Fachmann zum Prioritätszeitpunkt aufgrund seines
Fachwissens nicht nur die exzentrische Anordnung, sondern auch - als Alternative
hierzu - die koaxiale Anordnung zweier Lumen geläufig. Zudem war er sich ohne
weiteres bewusst, dass die koaxiale Lage von Schlauchabschnitt und Inflationstubus zur
Konsequenz hatte, dass sich der Führungsdraht nach dem Ende des
Schlauchabschnitts immer noch in einem ihn umgebenden Schlauch, nämlich dem
Inflationstubus befindet, was mit den von der Erfindung am vorbekannten Stand der
Technik kritisierten Handhabungsnachteilen verbunden ist. Im Lichte der Lehre des
Klagepatents konnte der Fachmann zudem erkennen, dass die mit der Erfindung
verbundenen Vorteile auch bei einer solchen Ausführungsform dadurch erreichbar
waren, dass der Führungsdraht nach dem Schlauchabschnitt seitlich aus dem
Inflationstubus herausführt und den Inflationtubus auf einen angesichts seiner Funktion
allein noch erforderlichen kleinen Querschnitt verringert.
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6. Die Merkmale 1 c), 4 a) und c) aa) und bb) sind bei der angegriffenen
Ausführungsform unstreitig gegeben, so dass sich dazu weitere Ausführungen
erübrigen.
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III.
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1. Die Beklagte ist gegenüber der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, § 139 Abs. 1
PatG.
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Als ausschließliche Lizenznehmerin ist die Klägerin zur Geltendmachung der
streitgegenständlichen Ansprüche aus dem Klagepatent berechtigt (Aktivlegitimation).
Dass die Klägerin ausschließliche Lizenznehmerin an dem Klagepatent ist, hat die
Beklagte nach auszugsweiser Vorlage einer Ablichtung des Lizenzvertrages
("Agreement (V)", Anlage K 18) zwischen dem eingetragenen Inhaber des Klagepatents,
Dr. ####, und der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der #### AG, nicht mehr bestritten,
so dass dieser Umstand als zugestanden angesehen werden kann, § 138 Abs. 3 ZPO.
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Die Beklagte ist zudem für die von #### Inc. in Deutschland begangenen Verletzungen
des Klagepatents mitverantwortlich. Als Verletzer verantwortlich ("passivlegitimiert") ist
nicht nur derjenige, der die geschützte Erfindung rechtswidrig benutzt, sondern auch
derjenige, der sich - sei es als Mittäter, Anstifter oder Gehilfe - an den
Verletzungshandlungen beteiligt (Benkard/Rogge, PatG, 9. Aufl., § 139 Rn. 21). In
grenzüberschreitenden Fällen ist daher auch ein im Ausland ansässiger Lieferanter für
die Verletzung inländischer Patentrechte mitverantwortlich, wenn er die
patentverletzenden Vorrichtungen in Kenntnis des Klagepatents und in Kenntnis des
Bestimmungslandes liefert und damit den inländischen Vertrieb bewusst und willentlich
mitverursacht (BGH, Mitt. 2002, 416 - Funkuhr). Entsprechend trifft den ausländischen
Hersteller patentverletzender Vorrichtungen eine Mitverantwortung, wenn er seine
Erzeugnisse an einen inländischen Abnehmer liefert, von dem er weiß, dass dieser die
Ware bestimmungsgemäß im Bundesgebiet weiter vertreibt (LG Düsseldorf, InstGE 1,
154, 155 - Rohrverzweigung). Nichts anderes kann aber für den ausländischen
Hersteller gelten, der an einen gleichfalls im Ausland ansässigen Abnehmer liefert, von
dem er weiß, dass dieser die patentverletzenden Vorrichtungen im Bundesgebiet
anbietet und zum Vertriebszwecken in die Bundesrepublik Deutschland einführt. Denn
auch in diesem Fall hat der ausländische Hersteller die das inländische Schutzrecht
verletzenden Vertriebshandlungen bewusst und willentlich mitverursacht. Dass nicht nur
der Hersteller, sondern auch das Vertriebsunternehmen im Ausland ansässig ist, ist
insofern unerheblich. Entscheidend ist, dass die Verletzungshandlungen mit Kenntnis
des Herstellers im räumlichen Geltungsbereich des Klagepatents erfolgen.
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Nach diesen Grundsätzen ist die Beklagte passivlegitimiert. Unstreitig bietet die in den
U.S.A. ansässige #### Inc. im Internet den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform
auch in die Bundesrepublik Deutschland an. Auf den als Anlage K 22 vorgelegten
screen-shot von der Internet-Präsentation des amerikanischen Unternehmens wird
verwiesen. Die Beklagte hat selbst darauf hingewiesen, dass in der Anlage K 20 die
#### Inc. als Vertreiberin der angegriffenen Ausführungsform aufgeführt ist. Die ####
Inc. berühmt sich - wie sich aus deren Internetpräsentation ergibt und in der
Verhandlung unbestritten geblieben ist - exklusiver Vertreiber der angegriffenen
Ausführungsform zu sein. Die Beklagte gibt zudem eine deutschsprachige
Bedienungsanleitung heraus, die die Klägerin in Ablichtung als Anlage K 21 vorgelegt
hat. Nach alledem hat die Beklagte davon Kenntnis, dass die #### Inc. die angegriffene
Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland anbietet und dorthin vertreibt. Sie
ist daher für die insoweit von der #### Inc. begangenen Verletzungen des Klagepatents
mitverantwortlich.
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Hingegen lässt sich aufgrund des Vorbringens der Klägerin nicht feststellen, dass die
Beklagte selbst Verletzungshandlungen im räumlichen Geltungsbereich des
Klagepatents begangen hat. Allein der Umstand, dass sich die Beklagte in dem als
Anlage K 15 vorgelegten Prospekt berühmt, ein weltweit führendes Unternehmen auf
dem Gebiet des Managements von Gefäßkrankheiten zu sein, belegt noch keine
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Vertriebshandlungen betreffend die angegriffene Ausführungsform durch die Klägerin im
Inland.
Zudem lässt sich - entgegen dem schriftsätzlichen Vorbringen der Klägerin - aus der
Angabe der #### GmbH aus Münster als "bevollmächtigter Vertreterin" in der als Anlage
K 21 vorgelegten Bedienungsanleitung, die u.a. auch in Deutsch abgefasst ist, nicht
schließen, dass der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform über diese in
Deutschland ansässige Gesellschaft erfolgt. Die Beklagte hat insoweit auf Art. 14 Abs. 2
der Richtlinie #### des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte hingewiesen,
wonach ein Hersteller der Produkte gemäß Absatz 1 in Verkehr bringt und - wie die
Beklagte - keinen Firmensitz in einem Mitgliedstaat hat, eine in der Gemeinschaft
niedergelassene für das Inverkehrbringen verantwortliche Person benennen muss, und
vorgetragen, dass es sich bei der #### GmbH allein um ihren diesbezüglichen Vertreter
handele, ihre Produkte aber in Deutschland nicht über #### vertrieben würden. Dem hat
die Klägerin in der letzten mündlichen Verhandlung nicht widersprochen.
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2. Außerdem kann die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz verlangen, § 139
Abs. 2 PatG. Denn als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bei
Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen
können, § 276 BGB. Da es überdies hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin
durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist,
der von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der
rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen
kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der
Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.
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3. Damit die Klägerin den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern kann, ist
die Beklagte ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Denn
die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes
Verschulden nicht verfügt und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte
nicht unzumutbar belastet.
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4. Die Beklagte hat schließlich über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden
Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, § 140 b PatG. Die danach geschuldeten Angaben
sind in der Urteilsformel zu I. 2. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke
der Rechnungslegung vorzunehmen sind.
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5. Die Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadensersatz sind auch nicht für die Zeit
nach der bestandskräftigen Erteilung des prioritätsgleichen europäischen Patents ####
entfallen, Artikel II § 8 IntPatÜG. Das Klagepatent hat seine Wirkung nicht verloren, weil
der Schutz des Klagepatents nicht mit dem des genannten europäischen Patents in der
B2-Fassung, die es nach Durchführung des Einspruchsverfahrens erhalten hat,
übereinstimmt, sondern über diesen hinausgeht. Denn Patentanspruch 1 des genannten
europäischen Patents sieht - im Gegensatz zu Patentanspruch 1 des Klagepatents - vor,
dass der Schlauchabschnitt "etwa die Länge des Ballons aufweist".
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Dem stehen auch nicht - worauf die Beklagte in der letzten mündlichen Verhandlung
hingewiesen hat - die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in dem Urteil vom
19.5.1998 zur Frage der unzulässigen Erweiterung des Klagepatents entgegen (vgl.
Urteilsumdruck, Anlage K 2, Seite 13 ff.). Selbst wenn danach angenommen wird, dass
in der Angabe der Beschreibung in der erteilten Fassung, dass der auf dem
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Führungsdraht gleitende Schlauchabschnitt verhältnismäßig kurz ist, gegenüber der
Beschreibung in den ursprünglichen Unterlagen, dass der mit der Oberfläche des
Führungsdrahtes in Berührung kommende Schlauchabschnitt lediglich etwa die Länge
des Ballons aufweist und der Tubus nicht mehr den Führungsdraht und den diesen
umgebenden Führungsschlauch umgibt, keine unzulässige Erweiterung liegt, folgt
daraus nicht, dass der Schutzumfang von Patentanspruch 1 des Klagepatents nicht über
den Schutzumfang von Patentanspruch 1 des europäischen Patents hinausgeht. Denn
die Ausführungen des Bundesgerichtshofs betreffen die Beschreibung, die lediglich zur
Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen ist, während der Inhalt des in
Patentanspruch 1 des europäischen Patents enthaltenen zusätzlichen Merkmals, dass
der Schlauchabschnitt "etwa die Länge des Ballons aufweist", Teil des Patentanspruchs
ist, der den Schutzbereich des Patents unmittelbar bestimmt, Art. 69 EPÜ, § 14 PatG.
Vielmehr schließt auch hier bereits die Aufnahme eines zusätzlichen Merkmals in den
Patentanspruch des europäischen Patents im Vergleich zum deutschen Patent die
Anwendung von Art. II § 8 PatÜG aus (vgl. dazu allgemein: Kühnen, Die Reichweite des
Doppelschutzverbotes, Festschrift für Reimar König, 2003, Seite 309, 313 ff.).
III.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 108, 709 Satz 1
ZPO.
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Streitwert: 3.000.000,-- Euro.
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