Urteil des LG Bochum vom 05.04.2006
LG Bochum: firma, geschäftsführer, kaufpreis, stammkapital, versicherung, verwertung, gewinnausschüttung, verlustvortrag, steuerberater, gesellschaftsanteil
Landgericht Bochum, 10 Kls 35 Js 129/04 -Teil 1-
Datum:
05.04.2006
Gericht:
Landgericht Bochum
Spruchkörper:
10. Strafkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 Kls 35 Js 129/04 -Teil 1-
Tenor:
Der Angeklagte wird wegen versuchter Steuerhinterziehung in 10
Fällen, Untreue und falscher Versicherung an Eides Statt zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt.
Er trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.
Die in diesem Verfahren erlittenen Freiheitsentziehungen werden
insgesamt im Ver-hältnis 1:1 angerechnet.
- § 370 Abs. 1 und 2 AO, §§ 47 ff KStG, §§ 36, 51 EStG, §§ 2, 3 SolZG,
§§ 156, 266, 22, 23, 25 Abs. 1 Alt. 2, 51 Abs. 1 und 4, 53, 54 StGB -
G r ü n d e :
1
(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
2
I. Prozessgegenstand
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Ursprünglich führte die Staatsanwaltschaft Bochum das Ermittlungsverfahren gegen den
Angeklagten und andere Beschuldigte unter dem Aktenzeichen 35 Js 59/03. Nachdem
der Angeklagte sich Ende 2003 in die Schweiz abgesetzt hatte, wurde das Verfahren
bezüglich der übrigen Beschuldigten abgetrennt, fortan unter dem Aktenzeichen 35 Js
129/04 geführt und nach Anklageerhebung vor der Kammer eröffnet.
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Nach Auslieferung des Angeklagten und Verzicht auf den Spezialitätsvorbehalt erhob
die Staatsanwaltschaft Bochum unter dem Aktenzeichen 35 Js 96/05 weitere Anklage.
Die Verfahren 35 Js 59/03 und 35 Js 96/05 wurden zu dem führenden Verfahren 35 Js
129/04 verbunden. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens und Beginn der
Hauptverhandlung bestritt der Angeklagte entgegen vorheriger Ankündigung die
Tatvorwürfe. Daraufhin trennte die Kammer das Verfahren gegen ihn ab. Die übrigen
Angeklagten wurden unter dem Aktenzeichen 35 Js 129/04 verurteilt.
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Die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten wurde am 08. Februar 2006 unter dem
Aktenzeichen 35 Js 129/04 – Teil 1 – neu begonnen. Verfahrensgegenstand waren die
Tatvorwürfe aus den Anklagen 35 Js 59/03 und 35 Js 96/05. In der Sitzung vom 04. April
2006 hat die Kammer das Verfahren hinsichtlich der Tatvorwürfe aus der Anklage 35 Js
96/05 abgetrennt. Insoweit wird das Verfahren künftig unter dem Aktenzeichen 35 Js
129/04 – Teil 2 – geführt.
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II. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen
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Der jetzt 54-jährige Angeklagte trat nach Erwerb des Fachabiturs für Wirtschaft am 01.
August 1972 in die Landesfinanzverwaltung ein und begann eine Ausbildung zum
Finanzanwärter im gehobenen Dienst, die er 1975 mit der Prüfung zum Steuerinspektor
erfolgreich abschloss. Bis 1984 arbeitete er bei der Finanzverwaltung Nordrhein-
Westfalen als Betriebsprüfer. Wegen persönlicher Differenzen mit seinen Vorgesetzten
schied er zum 01. Mai 1984 aus der Finanzverwaltung aus, legte nach Besuch
entsprechender Fortbildungen im Jahre 1985 die Steuerberaterprüfung ab und ließ sich
als Steuerberater in S nieder. Die dortige Kanzlei führte er bis zu seiner Flucht in die
Schweiz Ende des Jahres 2003.
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1990 eröffnete er ein weiteres Steuerberaterbüro in H, das er bis zur Gründung der
Firma T GmbH im Jahre 1999 betrieb. Nach deren Insolvenz übte er seine
Steuerberatertätigkeit im Rahmen der Firmen T1, G GmbH und T2 GmbH aus. Am 11.
Juli 2004 gab er seine Zulassung als Steuerberater durch Erklärung gegenüber der
Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe zurück.
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In der Schweiz, wo der Angeklagte sich seit Ende 2003 aufhielt, gründete er die Firma U
AG mit Hauptsitz an seinem Wohnort in H1 und einer Nebenstelle in A und betrieb diese
Firma, bis dass er im Mai 2005 in Auslieferungshaft genommen wurde.
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Der Angeklagte ist seit 1972 in erster Ehe verheiratet. Aus dieser Verbindung sind seine
drei Töchter, geboren in den Jahren 1972, 1985 und 1988, hervorgegangen.
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Die Ehefrau und die jüngste Tochter folgten dem Angeklagten Mitte des Jahres 2004 in
die Schweiz, kehrten jedoch im Juni 2005 – vor dem Hintergrund seiner Festnahme –
nach Deutschland zurück. Das persönliche Verhältnis des Angeklagten zu seiner
Ehefrau und seinen Kindern ist durch das vorliegende Strafverfahren stark belastet.
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Nach finanziellen Engpässen zu Beginn der Ehe kam der Angeklagte in den folgenden
Jahren durch geschäftliche Erfolge zu Wohlstand. Im Jahre 1985 errichtete er – teilweise
fremdfinanziert – für seine Familie in S ein Wohnhaus zum Preis von 1,4 Millionen DM.
Er war zeitweise wirtschaftlich in der Lage, feste Verbindlichkeiten in Höhe von
monatlich 40.000,- DM zu tragen. Spätestens gegen Ende der 90er Jahre verlief die
Geschäftsentwicklung jedoch negativ, so dass der Angeklagte am 14. April 2003 vor
dem Amtsgericht in S die eidesstattliche Versicherung abgab. Verbliebene
Vermögenswerte stehen im Eigentum der Ehefrau. Bezüglich des Hausgrundstücks ist
auf Betreiben der finanzierenden Bank die Zwangsversteigerung anhängig.
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Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.
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In dieser Sache befand er sich vom 15. bis 30. Januar 2002 erstmals in
Untersuchungshaft. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft wurde gegen
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Sicherheitsleistung in Höhe von 750.000,- DM – die von den Schwiegereltern des
Angeklagten aufgebracht wurde – ausgesetzt. Infolge der Flucht des Angeklagten in die
Schweiz ist die Kaution rechtskräftig für verfallen erklärt worden. Aufgrund
internationalen Haftbefehls nahmen die Schweizer Behörden den Angeklagten am 09.
Mai 2005 in Auslieferungshaft und überstellten ihn am 26. August 2005 an die
deutschen Behörden. Er saß zunächst in der Justizvollzugsanstalt Lörrach ein, seit dem
01. September 2005 bis zur Außervollzugsetzung der Haftbefehle am Tag der
Urteilsverkündung wurde die Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Bochum
vollstreckt.
Der Angeklagte leidet seit seiner Festnahme in der Schweiz unter einer
Anpassungsstörung mit länger dauernder depressiver Reaktion (ICD-10 F 43.21). Seine
Willensfreiheit wird hierdurch nicht beeinträchtigt. Bestehenden zeitlichen
Einschränkungen seiner Belastbarkeit bzw. Konzentrationsfähigkeit wurde durch
regelmäßige kurzzeitige Unterbrechungen der Hauptverhandlung Rechnung getragen.
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III. Feststellungen zur Sache
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a) Tatgeschehen
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1.) Versuchte Steuerhinterziehung in 10 Fällen
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(Vorwürfe 1 bis 10 der Anklage 35 Js 59/03):
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aa) Überblick
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Vor dem Hintergrund eigener finanzieller Schwierigkeiten entschloss sich der
Angeklagte im Laufe des Jahres 1999, im Rahmen des damals geltenden körperschaft-
steuerrechtlichen Anrechnungsverfahrens nicht gerechtfertigte Steuererstattungen in
Millionenhöhe zu erschleichen.
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Hierzu ist erläuternd folgendes vorauszuschicken:
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Das in §§ 27 ff. KStG der zur Tatzeit geltenden Fassung geregelte – seit Anfang 2001
durch das Halbeinkünfteverfahren ersetzte – Anrechnungsverfahren war durch den
gesetzgeberischen Zweck bestimmt, eine als unbillig angesehene Doppelbesteuerung
der Gewinnausschüttung von Kapitalgesellschaften zu vermeiden. Denn steuerrechtlich
unterliegen die Gewinne einer Kapitalgesellschaft vor Ausschüttung als Erträge dieser
Gesellschaft der Körperschaft- und Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag, nach
Ausschüttung unterfallen sie als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Einkommen- bzw.
Körperschaftsteuer nebst Solidaritätszuschlag der privaten oder körperschaftlich
verfassten Gesellschafter. § 27 KStG der alten Fassung sah daher die Anrechnung der
bei der ausschüttenden Gesellschaft erhobenen Steuern (sog. Ausschüttungsbelastung)
auf die von den Gesellschaftern bzw. Ausschüttungsempfängern zu entrichtenden
Steuern vor. Entfiel die Anrechnungsmöglichkeit im Einzelfall, etwa weil sich infolge
entsprechend hoher Verlustvorträge eines Ausschüttungsempfänger für diesen selbst
unter Berücksichtigung der Ausschüttung kein steuerbares (positives) Einkommen
ergab, so war die zur Anrechnung stehende Ausschüttungsbelastung dem jeweiligen
Gesellschafter voll zu erstatten, da die Ausschüttung dann tatsächlich nur seinen Verlust
minderte.
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Zum Verständnis des Tatplans des Angeklagten ist ferner vorauszuschicken, das nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes ausgeschüttete Gewinne, nachdem
sie den Gesellschaftern tatsächlich zugeflossen bzw. zu deren Disposition gelangt sind,
der ausschüttenden Gesellschaft wieder zur Verfügung gestellt werden können.
Wirksamkeitsvoraussetzung dieses sogenannten Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahrens ist
allerdings, dass sowohl die Gewinnausschüttung als auch die Rücküberlassung den
gesellschaftsrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen genügen und echte, das heißt
über die Steuererstattung hinausgehende wirtschaftliche Zwecke verfolgen.
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Der Angeklagte entschloss sich, diesen steuerrechtlichen Hintergrund zur
Erschleichung von Steuererstattungen in der Weise auszunutzen, dass er sowohl die
Ausschüttung von Gewinnen durch eine Kapitalgesellschaft als auch die Entrichtung der
Ausschüttungsbelastung fingierte und sodann durch verlustvortragende, faktisch von
ihm beherrschte Ausschüttungsempfänger im Rahmen ihrer Körperschaft- bzw.
Einkommensteuererklärungen die Erstattung der Ausschüttungsbelastung beantragen
ließ. Er ging aufgrund seines Wissens um die Verfahrensabläufe der Finanzverwaltung
davon aus, dass die Steuererstattungen erfolgen würden, bevor die Uneinbringlichkeit
der Ausschüttungsbelastung festgestellt werde – zumal verschiedene Finanzämter
zuständig waren – so dass er sich mit dem Erstattungsguthaben hätte absetzen können.
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Zur Verwirklichung dieses Tatplans benötigte der Angeklagte eine angeblich gewinn-
ausschüttende Kapitalgesellschaft, ferner verlustvortragende Ausschüttungsempfänger
sowie Strohleute, deren Beteiligung die beherrschende Stellung des Angeklagten auf
Ausschüttungs- wie auf Empfangsseite gleichermaßen verschleiern und gewährleisten
sollte.
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Der Angeklagte ging im wesentlichen wie folgt vor:
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Durch notariellen Vertrag vom 11.11.1999 erwarb er gemeinsam mit dem gesondert
verurteilten O zu gleichen Teilen die Gesellschaftsanteile der S1 GmbH.
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Die Firma S1 GmbH mit Sitz in ##### S, I-straße ###, wurde durch Gesellschaftsvertrag
vom 14.01.1977 mit einem Stammkapital von 60.000,- DM gegründet und unter HRB
### beim Amtsgericht Recklinghausen zunächst unter der Firma S2 GmbH eingetragen.
Gegenstand des Unternehmens war der Innenausbau u.a.. Durch Vertrag vom
25.06.1996 verschmolzen die S3 GmbH und die S4 Gesellschaft m.b.H. in Brandenburg
auf die S1 GmbH. Zur Durchführung der Verschmelzung wurde das Stammkapital auf
160.000,- DM erhöht. Es wurde dann gehalten von S5 in Höhe von 138.500,- DM =
86,5625 %, seiner Ehefrau S6 in Höhe von 9.000,- DM = 5,625 % und seinem Sohn S7
in Höhe von 12.500,- DM = 7,8215 %. Geschäftsführer war zunächst S5 und der nicht an
der Gesellschaft beteiligte I2.
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Den ehemals Mitbeschuldigten S5 lernte der Angeklagte noch während seiner Zeit als
Finanzbeamter Anfang der 80er Jahre kennen, als er in der Firma eine Betriebsprüfung
durchführte. Der Angeklagte kündete dem Zeugen seinerzeit an, dass er sich
selbständig machen werde. Nachdem dies erfolgt war, übertrug ihm der Zeuge S5 1984
das steuerliche Mandat. Seitdem war der Anklagte durchgehend als Steuerberater für
den Zeugen und die S1 GmbH tätig. Im Laufe des Jahres 1999 teilte der Angeklagte
dem Zeugen mit, dass auf die Firma im Zuge bevorstehender gesetzlicher Änderungen
erhebliche Steuernachforderungen zukämen, die zum finanziellen Ruin der GmbH
führen würden. Es sei daher besser, wenn der Zeuge die GmbH an den Angeklagten
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veräußere, selbst eine neue Firma gründe und seine Geschäftstätigkeit unter dieser
neuen Firma fortsetze.
Der Zeuge S5 ging auf diese Anregung ein, zumal der Angeklagte zusagte, sämtliche
Außenstände und liquiden Mittel der Gesellschaft verdeckt an den Zeugen
auszukehren.
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Den O lernte der Angeklagte etwa 1993 kennen. Der Zeuge hatte bis zum Jahre 1975
als Schlosser und anschließend als sog. Schadenverhüter für die D Versicherung
gearbeitet. Sein Aufgabenbereich bestand in der sicherheitstechnischen Beratung von
Einbruchopfern. Anfang der 90er Jahre wurde der Zeuge als Bürge für erhebliche
Geschäftsschulden seiner Ehefrau in Anspruch genommen. Etwa 1993 musste er die
eidesstattliche Versicherung vor dem Amtsgericht Iserlohn abgeben. Dort lernte er einen
"gut gelaunten" anderen Schuldner kennen, der ihm erklärte, ihm könne durch die
eidesstattliche Versicherung nichts passieren, da er einen guten Steuerberater habe
und empfahl dem Zeugen die Dienste des Angeklagten. Der Zeuge nahm Kontakt zu
dem Angeklagten auf, der ihm Hilfe zusagte. Der Angeklagte erstellte daraufhin mit
Datum vom 28.12.1990 einen fingierten Darlehensvertrag zwischen seiner Ehefrau, der
Zeugin N, und dem Zeugen als Darlehensnehmer. Absprachegemäß erwirkte er
aufgrund der Darlehensschuld einen Vollstreckungsbescheid gegen den Zeugen über
eine Hauptforderung in Höhe von 350.000,- DM zuzüglich Kosten und 12% Zinsen, dem
der Zeuge absprachegemäß nicht entgegentrat. Daraufhin veranlasste der Angeklagte,
dass aufgrund dieses Titels in das Gehalt des Zeugen bei der D Versicherung
gepfändet wurde. Die infolge der Pfändung überwiesenen Lohnanteile ließ der
Angeklagte über das Konto einer Bekannten des Zeugen, der Zeugin E in L, an den
Zeugen zurückfließen. Vor diesem Hintergrund fand sich O bereit, als Strohmann des
Angeklagten im Rahmen der hier in Rede stehenden Geschäfte aufzutreten.
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O wurde im Zuge der Gesellschaftsübernahme zum Geschäftsführer bestellt, die
bisherigen Geschäftsführer S5 und I2 wurden abberufen. Der Sitz der Gesellschaft
wurde nach N in die Wohnung des O verlegt. Diese Änderungen wurden am 23.11.1999
beim Amtsgericht Recklinghausen unter HRB ### eingetragen. In der Folgezeit wurden
folgende weitere Geschäftsführerwechsel beim Amtsgericht Menden unter HRB ###
eingetragen: am 14.02.2000 Abberufung des O und Bestellung des russischen
Staatsangehörigen Q mit Wohnsitz N1 zum alleinigen Geschäftsführer; am 24.07. 2000
Bestellung des O zum weiteren Geschäftsführer; am 01.02.2001 Abberufung des O mit
Wirkung zum 10.01.2001. Q ist ein Geschäftsfreund des Angeklagten, den er als
Geschäftsführer der S1 GmbH mit dem ausdrücklichen Hinweis angeworben hatte, dass
er eine Person benötige, die für den deutschen Fiskus unerreichbar sei.
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Spätestens ab Anteilsübertragung auf die branchenfremden neuen Gesellschafter ruhte
der Geschäftsbetrieb der S1 GmbH. In engem zeitlichen Zusammenhang mit der
Anteilsveräußerung gründeten die Altgesellschafter die Firmen S8 GmbH und S9
GmbH. Diese neuen Gesellschaften übernahmen die Produktionsmittel sowie die
Arbeitsnehmer der S1 GmbH und führten deren Geschäftstätigkeit fort. Ab Dezember
1999 wurden für die S1 GmbH keine Umsätze vorangemeldet. Bis November 1999
wurden EDV-Buchführungen Typ DATEV geführt. Spätestens ab dem 18.11.1999
wurden laufende Buchungen nicht mehr vorgenommen. Nach der Anteilsübertragung
auf den Angeklagten und den Zeugen O wurden bereits erbrachte Arbeiten im Umfang
von rund 2 Millionen DM abgerechnet und entsprechende Zahlungseingänge zunächst
über betriebliche, später über außerbetriebliche Konten vereinnahmt. Aufgrund der vor
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Gesellschaftsübernahme getroffenen Abrede kehrte der Angeklagte in der Folgezeit
sämtliche liquiden Mittel der GmbH, insgesamt rund 2,3 Millionen DM, darunter die
eingezogenen Forderungsbeträge und das Stammkapital in Höhe von 160.000,- DM, an
S5 aus und verwandte rund 200.000,- DM für eigene geschäftliche Zwecke, unter
anderem für die im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Straftaten anfallenden
Notarkosten.
Die letzte Bilanz der S1 GmbH liegt dem Finanzamt J zum 31.12.1998 vor. Das
Eigenkapital war dort mit 630.658,51 DM einschließlich 160.000,- DM Stammkapital
ausgewiesen. Bei Übernahme der Gesellschaftsanteile durch den Angeklagten und O
hielten sich Aktiva und Passiva in etwa die Waage. Der vereinbarte Kaufpreis von
insgesamt 50.000,- DM wurde im Einvernehmen mit den veräußernden Gesellschaftern
tatsächlich nicht gezahlt.
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Im Laufe der zweiten Jahreshälfte 2000 veräußerte der Angeklagte seinerseits
Geschäftsanteile der Firma S1 an insgesamt 10 verlustvortragende
Kapitalgesellschaften und natürliche Personen, nämlich an D1 GmbH, B GmbH, V
GmbH, N2 GmbH, S8 GmbH, G GmbH, G1 GmbH, N3, N4 und O1. Mit den Erwerbern
bzw. ihren Vertretern vereinbarte der Angeklagte jeweils, dass die erstrebten
Steuererstattungen vollständig ihm selbst zufließen sollten. Den Anteilserwerbern bzw.
den für sie auftretenden Vertretern sollte nach erfolgter Steuererstattung lediglich das
vereinbarte Entgelt für die Überlassung des Verlustvortrags zur steuerlichen Verwertung
zukommen. Insbesondere bestand Einigkeit dahingehend, dass die Anteilserwerber die
Gewinnausschüttungen zu keinem Zeitpunkt zu eigener Verfügung bzw. Disposition
erhalten sollten. Ebenso wenig sollte ein echte darlehensweise Rücküberlassung der
Ausschüttungsbeträge an die S1 GmbH mit der Folge eines später zu realisierenden
Rückzahlungsanspruchs der Anteilserwerber begründet werden.
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Zwischen dem 21. und 28.12.2000 fingierte der Angeklagte inkongruente, nach der
Höhe der jeweiligen Verlustvorträge bemessene Gewinnausschüttungen der Firma S an
die Anteilserwerber. Hierzu wies er von Firmenkonten der S1 GmbH, die tatsächlich
kein Guthaben aufwiesen, im Wege der Kontoüberziehung Beträge auf bei denselben
Bankinstituten für die Anteilserwerber eingerichtete Konten an, für die er sich vorab
Kontovollmacht hatte einräumen lassen. Die Eingänge wurden sodann auf
Veranlassung des Angeklagten entweder am selben Geschäftstag oder innerhalb
weniger Geschäftstage rücküberwiesen oder von dem Angeklagten bar entnommen.
Tatsächlich verfügte die Firma S weder über Vermögen noch über Rücklagen, um die
Ausschüttungen oder auch nur die Ausschüttungsbelastung tatsächlich zu bewirken.
Dies beabsichtigte der Angeklagte auch zu keiner Zeit.
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Gleichwohl meldete O als Geschäftsführer der Firma S1 GmbH unter dem 30.12.2000
auf Veranlassung des Angeklagten gegenüber dem für den Firmensitz N örtlich
zuständigen Finanzamt J die Ausschüttungsbelastung in Höhe von 5.710.250,- DM
Kapitalertragssteuer nebst 314.063,75 DM Solidaritätszuschlag an; die zudem
geschuldete Körperschaftssteuer wurde erst später fällig.
39
Gemäß der bei Anteilserwerb getroffenen Absprache mit dem Angeklagten machten die
Anteilserwerber in der Zeit zwischen dem 11.01.2001 und dem 15.06.2001 im Rahmen
ihrer Körperschaftssteuer- bzw. Einkommensteuererklärungen die Erstattung der
Ausschüttungsbelastung geltend. Der Angeklagte erwartete durch die genannten
Vorgänge Steuererstattungen in Höhe von insgesamt
6.533.407,- DM
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Steuerfestsetzung der Anteilserwerber zuständigen Finanzämter lehnten die
angemeldete Steuererstattung bzw. die Berücksichtigung der Ausschüttungsbelastung
in allen Fällen letztlich bestandskräftig ab, so dass der erstrebte Taterfolg ausblieb.
Steuerliche Selbstanzeigen hat der Angeklagte nicht abgegeben.
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Ihm war bewusst, dass die angeblich ausgeschütteten Gewinne im Vermögen der S1
GmbH tatsächlich weder als Eigen- noch als Fremdkapital vorhanden waren. Ferner war
ihm klar, dass die Gewinnausschüttungen, soweit sie aufgrund nicht weiter aufgeklärter
Absprachen mit den beteiligten Bankinstituten innerhalb eines Geschäftstages oder
weniger Geschäftstage angewiesen und rücküberwiesen oder anderweitig zugunsten
der Anteilserwerber bzw. angeblichen Ausschüttungsempfänger verbucht wurden,
wirtschaftlich zu keinem Zeitpunkt zu deren Disposition standen. Der Angeklagte
erkannte auch, dass den zeitnahen Rücküberweisungen der Ausschüttungsbeträge
keine eigenen (darlehensweisen) Verfügungen der Anteilserwerber zugrunde lagen und
dass kein Anspruch der Anteilserwerber auf Rückzahlung begründet werden sollte. Er
wusste und wollte, dass der finanzielle Vorteil der Anteilserwerber bzw. ihrer Vertreter
einzig in dem Entgelt für die Überlassung ihrer Verlustvorteile bestand. Hingegen sollten
die steuerlichen Vorteile der fingierten Gewinnausschüttung allein ihm selbst
zukommen. Die angemeldete Ausschüttungsbelastung wollte er zu keinem Zeitpunkt
entrichten. Deren zwangsweiser Beitreibung beugte er bewusst und gewollt durch die
wirtschaftliche Aushöhlung der S GmbH und durch die Bestellung eines für den
deutschen Fiskus bzw. die Justiz praktisch nicht greifbaren russischen Geschäftsführers
vor.
42
Über das Wissen und Wollen der rechtserheblichen Tatsachen hinaus war dem
Angeklagten das Unrecht seines Tuns bewusst, namentlich die Unvereinbarkeit des von
ihm kreierten Modells der fingierten Gewinnausschüttungen mit den für die Annahme
eines legalen Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahrens geltenden gesetzlichen und
höchstrichterlichen Voraussetzungen.
43
Die sonstigen Tatbeteiligten O, T3, L, T4, L1, O1, B1, T, W, C, G2, N3, N4 und O1
wussten, dass sie persönlich bzw. die von ihnen vertretenen Kapitalgesellschaften im
Ergebnis keine Gewinnausschüttung der S1 GmbH erhalten, geschweige denn frei
darüber verfügen können. Ihnen war ferner klar, dass den Finanzbehörden wesentliche
Umstände für die Entscheidung über die beantragten Steuererstattungen, nämlich die
wirtschaftliche Nutzung der Verlustvorträge allein durch den Angeklagten, vorenthalten
wurden. Auch sie kannten also die rechtserheblichen Tatsachen und handelten mithin
vorsätzlich.
44
Hingegen fehlte ihnen infolge der durch den Angeklagten vermittelten vermeintlichen
Rechtmäßigkeit des Steuermodells die Einsicht, Unrecht zu tun. Dieser Verbotsirrtum
war indes vermeidbar, da es sich auch für diese Tatbeteiligten aufgrund der auffälligen
äußeren Umständen (Einsatz von Strohleuten, einvernehmliche Nichtzahlung
vereinbarter Kaufpreise, Anweisung und Rücküberweisung angeblicher
Ausschüttungen) aufdrängte, unabhängigen steuerlichen Rechtsrat einzuholen.
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bb) Zu den Tathandlungen im einzelnen:
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1.) D1 GmbH
47
Die Firma D1 GmbH wurde durch Vertrag vom 28.10.1986 gegründet und am
21.11.1986 beim Amtsgericht Heidelberg unter HRB ### eingetragen. Gegenstand des
Unternehmens sind die Produktion und der Vertrieb von biologischen, insbesondere auf
der Basis von Milch hergestellten Naturkosmetika und Körperpflegemitteln. Die
Gesellschaft wird beim Finanzamt Heidelberg unter der Steuernummer #### steuerlich
geführt. Sie erwirtschaftete erhebliche Verluste. Die ausgewiesenen Verlustvorträge
beliefen sich zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme mit dem Angeklagten auf insgesamt
1.006.411,-DM. Die GmbH war bilanziell überschuldet.
48
Auf ein Inserat des Angeklagten in der überregionalen Tageszeitung "E", in der er den
Ankauf von Kapitalgesellschaften mit Verlustvortrag anbot, meldeten sich im Sommer
2000 die Gesellschafter L1 und O1 der D1 GmbH und einigten sich mit dem
Angeklagten über dessen steuerliche Verwertung des Verlustvortrags gegen Entgelt.
49
Zur Verschleierung dieses alleinigen Zweckes veräußerten die Altgesellschafter L1 und
O1 durch notariellen Vertrag vom 20.11.2000 die Gesellschaftsanteile der D1 GmbH
zum Schein für 200.000,- DM an T3 – einen Strohmann des Angeklagten – der auch
zum neuen alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt wurde.
50
T3 ist niedergelassener Radiologe in I3. Er betrieb dort zunächst eine
Gemeinschaftspraxis mit seinem Kollegen T4, der von dem Angeklagten steuerberatend
betreut wurden. Nach dem Tod des T4 nahm der Zeuge T3 die Dienste des
Angeklagten hinsichtlich der mit der Praxisfortführung zusammenhängenden
geschäftlichen und steuerlichen Fragen in Anspruch. Der Angeklagte erledigte diesen
Auftrag zur vollen Zufriedenheit des Zeugen. In der Folgezeit bat der Angeklagte den
Zeugen, ob er nicht im Rahmen "absolut sauberer" geschäftlicher Aktivitäten des
Angeklagten als Geschäftsführer für mehrere GmbHs tätig werden könne, da dies dem
Angeklagten als Steuerberater aus standesrechtlichen Gründen verwehrt sei. Der nach
eigener Einschätzung geschäftlich unerfahrene und "blauäugige" Zeuge kam dieser
Bitte aus Gefälligkeit mit Rücksicht auf die vorangegangenen Dienste des Angeklagten
nach. So auch im Fall der Firma D1.
51
Gesellschaftsanteile der Firma D1 im Nennwert von 170.000,- DM wurden sofort
übertragen. Die restlichen Anteile sollten – zwecks Umgehung der
körperschaftsteuerrechtlichen Mantelkaufregelung – Zug um Zug nach Zahlung der
Kaufpreises abgetreten werden. Tatsächlich zahlte der Angeklagte an die
Altgesellschafter L1 und O1 auf den beurkundeten Kaufpreis von 200.000,- DM
absprachegemäß nur insgesamt 20.000,- DM, das tatsächlich vereinbarte Entgelt für die
Verwertung des Verlustvortrags.
52
Durch notariellen Vertag vom 20.11.2000 erwarb die D1 GmbH, vertreten durch T3, von
O einen Gesellschaftsanteil an der S1 GmbH in Höhe von 5.000,- DM bzw. 3,125 % des
Stammkapitals zum Kaufpreis von 1.000,- DM. Der Kaufpreis wurde absprachegemäß
nicht bezahlt.
53
Am 29.11.2000 richtete T3 zugunsten der D1 GmbH bei der Stadtsparkasse T das
Girokonto Nr. ###### ein. Zeichnungs- bzw. Verfügungsbefugnis wurde neben T3 auch
dem Angeklagten und seiner Ehefrau N eingeräumt.
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Diesem Konto wurde auf Veranlassung des Angeklagten am 21.12.2000 von dem Konto
##### eine angebliche Gewinnausschüttung der S1 GmbH in Höhe von netto 513.375,-
55
DM (entspricht brutto 1.000.000,- DM) gutgeschrieben.
Am 22.12.2000 wurden 400.000,- DM und am 28.12.2000 86.350,- DM auf das Konto
##### als "Darlehen, Zinsen S GmbH" rücküberwiesen. Weitere 29.000,- DM wurden
am 22.12.2000 aufgrund eines von dem Angeklagten unterschriebenen Barschecks
abgehoben.
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Am 16.01.2001 unterschrieb T3 die von dem Angeklagten gefertigte
Körperschaftsteuererklärung der D1 GmbH für das Jahr 2000, die am 19.01.2001 bei
dem Finanzamt Heidelberg einging.
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Erklärt wurde darin ein körperschaftssteuerliches Einkommen in Höhe von 989.157,-
DM, das unter Berücksichtigung der Verlustvorträge der Vorjahre keine Steuerzahllast
ergab. Anrechenbare Steuern – die somit zu einer vollständigen Erstattung geführt
hätten – wurden in Höhe von 300.000,- DM Körperschaftsteuer, 175.000,- DM
Kapitalertragsteuer und 9.625,- DM Solidaritätszuschlag –
insgesamt 484.625,- DM
geltend gemacht und mit einer von O unterschriebenen Steuerbescheinigung der S1
GmbH belegt.
58
Die erwarteten Steuererstattungsansprüche wurden zugleich mit der Steuererklärung
gemäß der ursprünglichen Vereinbarung mit den Altgesellschaftern an die
Stadtsparkasse T auf das dort für die Firma D1 eingerichtete Konto sicherungsweise
abgetreten, obwohl entsprechende Schulden der Gesellschaft nicht bestanden. Auf
diese Weise sicherte sich der Angeklagte den Zugriff auf die Steuererstattung.
59
Durch Bescheid vom 11.04.2001 setzte das Finanzamt Heidelberg die
Körperschaftsteuer ohne Berücksichtigung der angeblichen Ausschüttung und der
anrechenbaren Steuerbeträge fest.
60
2.) B GmbH
61
Die Firma B GmbH entstand durch Umwandlung des Einzelunternehmens B2 gemäß
notariellem Vertrag vom 23.06.1994. Das Stammkapital in Höhe von 160.000,- DM
übernahm B1, der auch Geschäftsführer der Gesellschaft wurde. Die Gesellschaft wurde
beim Amtsgericht Kleve unter HRB ### eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist
Groß- und Einzelhandel mit Anhängern, Stalleinrichtungen und Stahlhallen in
Fertigbauweise sowie die Übernahme von Handelsvertretungen auf diesen Gebieten.
Die Gesellschaft wird beim Finanzamt Kleve unter der Steuernummer ##### steuerlich
geführt. Die Gesellschaft erwirtschaftete erhebliche Verluste. Der ausgewiesene
Verlustvortrag belief zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme mit dem Angeklagten sich auf
insgesamt 877.712,- DM. Die GmbH war bilanziell überschuldet.
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Auf eine entsprechende Zeitungsanzeige des Angeklagten verständigten sich dieser mit
dem Altgesellschafter B1 im Sommer 2000 über die Verwertung des Verlustvortrags
durch den Angeklagten gegen Entgelt.
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Zur Verschleierung dieser Absicht veräußerte B1 mit notariellem Vertrag vom
26.06.2000 die Geschäftsanteile zum Kaufpreis von 100.000,- DM an T3 – den bereits
erwähnten Strohmann des Angeklagten – der auch zum Geschäftsführer bestellt wurde.
Der Angeklagte zahlte den Kaufpreis in voller Höhe.
64
Zur Umgehung der gesetzlichen Mantelkaufregelung wurde vereinbart, dass
Gesellschaftsanteile in Höhe von 144.000,- DM erst zwei Jahre nach Beurkundung
übergehen. Allerdings standen alle Gewinne bereits dem Käufer zu. Durch notariell
beurkundete Gesellschafterversammlung vom selben Tag wurde T3 abweichend von
den bereits übertragenen Gesellschaftsanteilen eine Stimmenmehrheit von 51% in der
Gesellschafterversammlung zugestanden.
65
Durch notariellen Vertrag vom 26.06.2000 erwarb die B GmbH, vertreten durch T3, von
O einen Gesellschaftsanteil an der Firma S1 GmbH in Höhe von 5.000,- DM bzw.
3,125% des Stammkapitals zum Kaufpreis von 1.000,- DM.
66
Am 14.08.2000 wurde als weiterer Geschäftsführer der B GmbH T4, ebenfalls ein
Strohmann des Angeklagten, bestellt.
67
Den T4 lernte der Angeklagte im Zuge seiner steuerberatenden Tätigkeit für die Firma
S1 GmbH kennen. Der Zeuge ist gelernter Tischler und war in der Folge als Schreiner
tätig, zunächst angestellt und ab 1982 selbständig. Wegen Überschuldung seiner Firma
stellte er den Geschäftsbetrieb Mitte 1999 ein und meldete Konkurs an. Zuvor war er als
Subunternehmer für die Firma S1 GmbH tätig gewesen. Der seinerzeitige
Geschäftsführer der Firma S1, der Zeuge I2, der um die wirtschaftlichen Schwierigkeiten
des Zeugen T4 wusste, empfahl ihm die Dienste des Angeklagten. Dieser riet dem
Zeugen in der Folge, zur Verminderung seines Haftungsrisikos und seiner Steuerlast
eine verlustvortragende GmbH zu erwerben; für die Gründung einer neuen GmbH fehlte
dem Zeugen das erforderliche Stammkapital. Vor diesem Hintergrund fand sich T4
bereit, als Strohmann für den Angeklagten aufzutreten.
68
T4 richtete am 13.11.2000 bei der Stadtsparkasse S zugunsten der B GmbH das
Girokonto Nr. #### ein. Zeichnungsberechtigt waren auch der Angeklagte und seine
Ehefrau N.
69
Diesem Konto wurde am 21.12.2000 auf Veranlassung des Angeklagten durch
Überweisung vom Konto ##### eine angebliche Gewinnausschüttung der S1 GmbH in
Höhe von netto 515.375,- DM (entsprechend 1.000.000,- DM brutto) gutgeschrieben. Am
22.12.2000 wurden 400.000,- DM und am 28.12.2000 86.350,- DM als angebliches
Darlehen rücküberwiesen. Weitere 29.000,- DM wurden am 22.12.2000 bar abgehoben.
70
Mit Datum vom 31.01.2000 unterschrieb T4 die von dem Angeklagten erstellte
Körperschaftsteuererklärung der B GmbH für das Jahr 2000, die am 30.01.2001 bei dem
Finanzamt Kleve einging.
71
Erklärt wurde ein körperschaftsteuerliches Einkommen in Höhe von 919.958,- DM, aus
dem sich unter Berücksichtigung der Verlustvorträge der Vorjahre eine
Körperschaftsteuer in Höhe von 16.898,- DM und ein Solidaritätszuschlag in Höhe von
929,39 DM ergaben. Anrechenbare Steuern wurden in Höhe von 300.000,- DM
Körperschaftsteuer, 175.000, DM Kapitalertragsteuer und 9.625,- DM
Solidaritätszuschlag geltend gemacht und mit einer von O unterschriebenen
Steuerbescheinigung der S1 GmbH belegt. Es errechnet sich mithin ein erwarteter
Erstattungsanspruch in Höhe von
insgesamt 466.797,61 DM
72
Der erwartete Erstattungsanspruch war zur Sicherheit an die Stadtsparkasse S zu dem
Girokonto der B GmbH abgetreten, obwohl entsprechende Schulden der Gesellschaft
73
nicht bestanden. Der Angeklagte sicherte sich dadurch den Zugriff auf die erstrebte
Steuererstattung.
Mit Bescheid vom 18.05.2001 setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer ohne
Berücksichtigung anrechenbarer Steuern fest.
74
3.) V GmbH
75
Die Firma V GmbH wurde durch Vertrag vom 02.07.1990 gegründet und zunächst beim
Kreisgericht Rostock-Stadt unter HRB ### am 28.12.1990 mit einem Stammkapital in
Höhe von 50.000,- DM eingetragen. Später wurde die GmbH handelsrechtlich beim
Amtsgericht Stralsund unter der HRB #### geführt. Gegenstand des Unternehmens ist
der Betrieb einer Bäckerei, der Verkauf von Backerzeugnissen aller Art und alle damit
im Zusammenhang stehenden Geschäfte. Die Gesellschaft wurde zunächst beim
Finanzamt Wolgast unter der Steuernummer #####, später beim Finanzamt Bochum-
Süd unter der Steuernummer ##### steuerlich geführt. Zumindest ab 1996 tätigt die
Gesellschaft keine Umsätze mehr. Sachanlagevermögen ist nicht mehr vorhanden. Zur
Zeit der Kontaktaufnahme mit dem Angeklagten belief sich der ausgewiesene
Verlustvortrag der GmbH auf insgesamt 86.741,- DM.
76
Auf ein entsprechendes Inserat des Angeklagten in der überregionalen Sonntagszeitung
"X" vom 21.05.2000 einigten sich der Angeklagte und der Alleingesellschafter N5 auf
die Verwertung des Verlustvortrags der V GmbH durch den Angeklagten gegen Entgelt.
Den vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 8.500,- DM entrichtete der Angeklagte
vollständig.
77
Zur Verschleierung dieses Zweckes veräußerte der Altgesellschafter mit notariellem
Vertrag vom 24.08.2000 die Gesellschaftsanteile der V GmbH zum Preis von 8.500,- DM
an T3, der wiederum als Strohmann für den Angeklagten auftrat und zum neuen
Geschäftsführer der GmbH bestellt wurde.
78
Zwecks Umgehung der gesetzlichen Mantelkaufregelung war vereinbart, dass
Gesellschaftsanteile im Nennwert von 10.000,- DM sofort und die übrigen Anteile erst
nach zwei Jahren abgetreten werden. Gleichwohl wurde T3 durch
Gesellschafterbeschluss vom 24.08.2000 eine Stimmenmehrheit von 51% in der
Gesellschafterversammlung eingeräumt.
79
Durch notariellen Vertrag vom 30.11.2000 erwarb die V Gmbh, vertreten durch T3, von O
einen Gesellschaftsanteil an der S1 GmbH in Höhe von 5.000,- DM bzw. 3,125% des
Stammkapitals. Der Kaufpreis wurde vereinbarungsgemäß nicht bezahlt.
80
T3 richtete bei der Stadtsparkasse S am 30.11.2000 zugunsten der V GmbH das
Girokonto Nr. ##### ein. Zeichnungsberechtigt waren auch der Angeklagte und seine
Ehefrau.
81
Am 22.12.2000 wurden diesem Girokonto durch Überweisung von dem Konto Nr. #####
auf Veranlassung des Angeklagten eine angebliche Gewinnausschüttung der S1 GmbH
in Höhe von netto 46.383,75 DM (entsprechend 90.000,- DM brutto ) gutgeschrieben.
Noch am selben Tag wurden 29.000,- DM aufgrund eines von dem Angeklagten
unterzeichneten Barschecks abgehoben. Weitere 17.350,- DM wurden am 28.12.2000
rücküberwiesen.
82
Mit Datum vom 11.01.2001 unterschrieb T3 die von dem Angeklagten erstellte
Körperschaftsteuererklärung der V GmbH für das Jahr 2000, die am 18.01.2001 bei dem
Finanzamt Wolgast einging.
83
Erklärt wurde darin ein körperschaftsteuerliches Einkommen in Höhe von 86.302,- DM,
das unter Berücksichtigung der Verlustvorträge keine Steuerzahllast ergab.
Anrechenbare Steuern, die somit zu einer vollständigen Erstattung geführt hätten,
wurden in Höhe von 27.000,- DM Körperschaftsteuer, 15.750,- DM Kapitalertragsteuer
und 867,- DM Solidaritätszuschlag –
insgesamt 43.617,- DM
einer von O unterschriebenen Steuerbescheinigung der S1 GmbH belegt.
84
Durch Bescheid vom 27.06.2002 setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer ohne die
erstrebten Steuervorteile festgesetzt.
85
4.) N2 GmbH
86
Die Firma N2 GmbH wurde durch Vertrag vom 06.05.1991 gegründet und am
25.06.1991 beim Amtsgericht Lüdenscheid unter der HRB #### eingetragen. Das
Stammkapital betrug zunächst 50.000,- DM und wurde später in zwei Teilschritten auf
200.000,- DM erhöht. Gegenstand des Unternehmens ist die Durchführung von
Transporten aller Art. Die Gesellschaft wird beim Finanzamt Hagen unter der
Steuernummer ##### steuerlich geführt. Bis 1997 erzielte sie erheblich Umsätze aus
ihrer Geschäftstätigkeit, erwirtschaftete jedoch hohe Verluste. Das letzte
Sachanlagevermögen wurde 1997 veräußert, ab Juli 1997 ruhte der Gewerbebetrieb.
Zur Zeit der Kontaktaufnahme mit dem Angeklagten belief sich der ausgewiesene
Verlustvortrag der GmbH auf insgesamt 865.906,- DM.
87
Durch Vermittlung des B3 aus C, der als Vermittler für steuerliche Verlustvorträge auftritt,
einigten sich die Alleingesellschafterin W und der Angeklagte über die Verwertung des
Verlustvortrags zum Preis von 5% des Verlustvortrags bzw. 43.295,30 DM. Dem
Vermittler B3 sagte der Angeklagte eine Provision in Höhe von 10% des Verlustvortrags
zu.
88
Durch notariellen Vertrag vom 21.12.2000 erwarb die N2 GmbH, vertreten durch den
Geschäftsführer W2, von O Gesellschaftsanteile an der S1 GmbH in Höhe von 5.000,-
DM bzw. 3,125% des Stammkapitals zum Kaufpreis von 1.000,- DM.
89
Zwecks Umgehung der gesetzlichen Mantelkaufregelung wurde zunächst ein
Gesellschaftsanteil in Höhe von 25.000,- DM übertragen, der Restbetrag sollte Zug um
Zug gegen Zahlung des Kaufpreises erfolgen.
90
Zur Verschleierung der ausschließlich bezweckten steuerlichen Verwertung des
fremden Verlustvortrags veräußerte die Alleingesellschafterin W durch notariellen
Vertrag vom 21.12.2000 die Gesellschaftsanteile an der N2 GmbH zum Preis von
43.295,- DM an L – einen weiteren Strohmann des Angeklagten – der zugleich zum
neuen Geschäftsführer der GmbH bestellt wurde.
91
L ist Versicherungskaufmann. Ihn lernte der Angeklagte über den Zeugen O kennen. L
und O wollten gemeinsam ein Versicherungsgeschäft aufbauen. Dieses sollte unter der
Firma T5 erfolgen, deren Alleingesellschafter der Angeklagte war. Ferner sagte der
92
Angeklagte den Zeugen beratende und finanzielle Unterstützung zu. Vor diesem
Hintergrund fand sich L bereit, als Strohmann für den Angeklagten aufzutreten.
L richtete noch am selben Tag bei der Volksbank N3 e.G. zugunsten der N2 GmbH das
Girokonto Nr. ##### ein. Verfügungsbefugnis wurde auch dem Angeklagten eingeräumt.
93
Diesem Girokonto sollte nachfolgend eine angebliche Gewinnausschüttung der S1
GmbH in Höhe von netto 453.530,- DM (entsprechend 880.000,- DM brutto)
gutgeschrieben werden. Die Volksbank führte jedoch einen entsprechenden
Überweisungsauftrag des Angeklagten nicht aus.
94
Am 11.01.2001 unterschrieb L die von dem Angeklagten erstellte
Körperschaftsteuererklärung der N2 GmbH für das Jahr 2000, die bei dem Finanzamt
Hagen am 12.01.2001 einging.
95
Erklärt wurde darin ein körperschaftsteuerliches Einkommen in Höhe von 864.129,- DM,
das unter Berücksichtigung der Verlustvorträge keine Steuerzahllast ergab.
Anrechenbare Steuern, die somit zu einer vollständigen Erstattung geführt hätten,
wurden in Höhe von 264.000,- DM Körperschaftsteuer, 154.000,- DM Kapitalertragsteuer
und 8.470,- DM Solidaritätszuschlag –
insgesamt 426.470,- DM
mit einer von O unterschriebenen Steuerbescheinigung der S1 GmbH belegt.
96
Durch Bescheid vom 08.07.2002 hat das Finanzamt die Körperschaftsteuer ohne
Berücksichtigung der erklärten anrechenbaren Steuern festgesetzt.
97
5.) S8 GmbH
98
Die Firma
S8 GmbH
Amtsgericht Mainz unter der HRB ### mit einem Stammkapital von 20.000,- DM
eingetragen. Nach zwei Kapitalerhöhungen beträgt das Stammkapital nunmehr
250.000,- DM. Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb einer Buchbinderei. Die
Gesellschaft wird beim Finanzamt Mainz-Mitte unter der Steuernummer ##### steuerlich
geführt. In der notariell beurkundeten Gesellschafterversammlung vom 04.11.1997
wurde die Liquidation der Gesellschaft zum 31.10.1997 beschlossen. Der bisherige
Geschäftsbetrieb wurde eingestellt, das Gewerbe am 07.11.1997 bei der
Stadtverwaltung Nieder-Olm abgemeldet. Bis 1997 erzielte die GmbH erhebliche
Umsätze aus ihrer Geschäftstätigkeit, erwirtschaftete jedoch hohe Verluste. Das letzte
Sachanlagevermögen wurde 1997 veräußert. Zur Zeit der Kontaktaufnahme mit dem
Angeklagten belief sich der ausgewiesene Verlustvortrag der GmbH auf insgesamt
1.212.849,- DM.
99
Auf Vermittlung des B gegen Provisionszusage in Höhe von 8,75% des vermittelten
Verlustvortrags einigten sich der Angeklagte und der Alleingesellschafter T5 am
21.12.2000 über die steuerliche Verwertung des Verlustvortrags der S8 GmbH zum
Preis von 7,5% des Verlustvortrags bzw. 90.963,68 DM.
100
Zur Verschleierung dieses Geschäftszwecks veräußerte T5 durch notariellen Vertrag
vom 21.12.2000 die Gesellschaftsanteile der S8 GmbH zum Preis von 90.963,68 DM an
L – den bereits erwähnten Strohmann des Angeklagten – der zugleich zum neuen
Geschäftsführer bestellt wurde.
101
Zwecks Umgehung der gesetzlichen Mantelkaufregelung wurden Gesellschaftsanteile
in Höhe von 20.000,- DM sofort übertragen, die restlichen Anteile sollten Zug um Zug
gegen Zahlung des Kaufpreises abgetreten werden.
102
Durch notariellen Vertrag vom 21.12.2000 erwarb die S8 GmbH, vertreten durch L, von
O einen Gesellschaftsanteil an der S1 GmbH in Höhe von 5.000,- DM bzw. 3,125% vom
Stammkapital zum Kaufpreis von 1.000, -DM.
103
Am selben Tag richtete L bei der Volksbank N3 e.G. das Girokonto Nr. ##### zugunsten
der S8 GmbH ein. Zeichnungsberechtigt war neben L auch der Angeklagte.
104
Diesem Konto sollte nachfolgend eine angebliche Gewinnausschüttung der S1 GmbH
in Höhe von netto 618.450,- DM (entsprechend 1.200.000,- DM brutto) gutgeschrieben
werden. Die Volksbank führte indes einen entsprechenden Überweisungsauftrag des
Angeklagten nicht aus.
105
Am 11.01.2001 unterschrieb L die von dem Angeklagten gefertigte
Körperschaftsteuererklärung der S8 GmbH für das Jahr 2000, die bei dem Finanzamt
Mainz-Mitte am 12.01.2000 einging.
106
Erklärt wurde darin ein körperschaftsteuerliches Einkommen in Höhe von 1.190.560,-
DM, das unter Berücksichtigung der Verlustvorträge keine Steuerzahllast ergab.
Anrechenbare Steuern, die somit zu einer vollständigen Steuererstattung geführt hätten,
wurden in Höhe von 360.000,- DM Körperschaftsteuer, 210.000,- DM Kapitalertragsteuer
und 11.550,- DM Solidaritätszuschlag –
insgesamt 581.550,- DM
und durch eine von O unterschriebene Steuerbescheinigung der S1 GmbH belegt.
107
Durch Bescheid vom 08.12.2003 hat das Finanzamt die Körperschaftsteuer ohne die
erklärten anrechenbaren Steuern festgesetzt.
108
6.) G GmbH
109
Die Firma
G GmbH
Amtsgericht Recklinghausen unter der HRB ### mit einem Stammkapital von 50.000,
DM eingetragen. Gegenstand des Unternehmens sind das Ausbeinen und Zerlegen von
Fleisch, damit zusammenhängende Geschäfte und die Beteiligung an Gesellschaften.
Die Gesellschaft wird beim Finanzamt Recklinghausen unter der Steuernummer #####
steuerlich geführt. Bis Juli 2000 erzielte die Gesellschaft erhebliche Umsätze aus ihrer
Geschäftstätigkeit, erwirtschaftete jedoch hohe Verluste. Zur Zeit der nachfolgend
dargelegten Vereinbarungen mit dem Angeklagten belief sich der ausgewiesene
Verlustvortrag auf insgesamt 521.550,- DM.
110
Der Angeklagte war seit 1999 Steuerberater der G-Firmengruppe. Wegen der
genannten wirtschaftlichen Schwierigkeiten vereinbarte der Angeklagte mit den
Gesellschaftern G2 und C, dass der Angeklagte die Verlustvorträge der Gesellschaften
nutzen und als Gegenleistung eine Gesellschaft zur Weiterführung des
Fleischzerlegungsgewerbes zur Verfügung stellen sollte. Dementsprechend überließ
der Angeklagte an G2 und C seine Firma B1 GmbH.
111
Durch notariellen Vertrag vom 16.06.2000 veräußerten die Altgesellschafter C und G2
112
die Gesellschaftsanteile der G GmbH zum Kaufpreis von 1.000,- DM an die Firma T5 in
N5, deren Alleingesellschafter der Angeklagte war. Der Kaufpreis wurde
vereinbarungsgemäß nicht gezahlt.
Durch notariell beurkundeten Gesellschafterbeschluss vom selben Tag wurde O zum
neuen Geschäftsführer bestellt.
113
Durch weiteren notariellen Vertrag vom 21.12.2000 erwarb die G GmbH, vertreten durch
O, von ihm selbst einen Gesellschaftsanteil an der S1 GmbH in Höhe von 5.000,- DM
bzw. 3,125% vom Stammkapital zum Kaufpreis von 1.000,- DM, der
vereinbarungsgemäß nicht gezahlt wurde.
114
Noch am selben Tag richteten der Angeklagte und L bei der Volksbank N3 e.G. das
Girokonto ##### zugunsten der S8 GmbH ein. Zeichnungsberechtigt war neben L auch
der Angeklagte.
115
Diesem Konto sollte in der Folgezeit eine angebliche Gewinnausschüttung der S1
GmbH in Höhe von netto 164.920,- DM (entsprechend 320.000,- DM brutto)
gutgeschrieben werden. Die Volksbank führte indes einen entsprechenden
Überweisungsauftrag des Angeklagten nicht aus.
116
Am 29.06.2001 ging beim Finanzamt Recklinghausen die von O unterschriebene, von
dem Angeklagten erstellte Körperschaftsteuererklärung der G GmbH für das Jahr 2000
ein.
117
Erklärt wurde darin ein körperschaftsteuerliches Einkommen in Höhe von 534.919, -DM,
das unter Berücksichtigung geltend gemachter Verlustvorträge in Höhe von 521.550,-
DM zu einer Körperschaftsteuer in Höhe von 5.347,- DM zuzüglich Solidaritätszuschlag
in Höhe von 294,08 DM führte. Angeblich anrechenbare Steuern wurden in Höhe von
96.000,- DM Körperschaftsteuer, 56.000,- DM Kapitalertragsteuer und 3.080, DM
Solidaritätszuschlag –
insgesamt 149.438,- DM
unterschriebenen Steuerbestätigung der S1 GmbH belegt.
118
Ein Steuerbescheid ist wegen des anhängigen Insolvenzverfahrens nicht mehr
ergangen.
119
7.) G1 GmbH
120
Die Firma
G1 GmbH
Amtsgericht Herne-Wanne unter HRB ### mit einem Stammkapital in Höhe von 50.000,-
DM eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist die Fleischzerlegung. Sie wird
beim Finanzamt Herne-West unter der Steuernummer ##### steuerlich geführt. Bis
1999 erzielte die Gesellschaft erhebliche Umsätze aus ihrer Geschäftstätigkeit,
erwirtschaftete jedoch hohe Verluste. Zur Zeit der Vereinbarung mit dem Angeklagten
belief sich der ausgewiesene Verlustvortrag der GmbH auf insgesamt 1.939.781,- DM.
121
Auch insoweit vereinbarten die Altgesellschafter C und G2 mit dem als Steuerberater für
die G-Firmengruppe tätigen Angeklagten, dass dieser gegen Überlassung einer
anderen GmbH die Altgesellschaft zwecks Verwertung der Verlustvorträge übernimmt.
Der Angeklagte überließ den Altgesellschaftern, wie bereits erwähnt, die Firma B1
GmbH.
122
GmbH.
Durch notariellen Vertrag vom 16.06.2000 veräußerten die Altgesellschafter die
Geschäftsanteile der G1 GmbH zum Kaufpreis von 1.000,- DM an die Firma T5 des
Angeklagten. Der Kaufpreis wurde absprachegemäß nicht bezahlt.
123
Durch notariell beurkundeten Gesellschafterbeschluss vom selben Tag wurde O zum
neuen Geschäftsführer bestellt.
124
Durch notariellen Vertrag vom 21.12.2000 erwarb die G1 GmbH, vertreten durch O, von
ihm selbst einen Gesellschaftsanteil an der S1 GmbH in Höhe von 5.000,- DM bzw.
3,125% vom Stammkapital zum Kaufpreis von 1.000,- DM.
125
Am selben Tag richteten der Angeklagte sowie O und L bei der Volksbank N3 e.G. das
Girokonto Nr. ##### zugunsten der G1 GmbH ein. Zeichnungsbefugnis erhielten L, O
und der Angeklagte.
126
Am 28.12.2000 wurde diesem Konto auf Veranlassung des Angeklagten eine
angebliche Gewinnausschüttung der S1 GmbH von deren Konto Nr. ##### in Höhe von
netto 1.133.825,- DM (entsprechend 2.200.000,- DM brutto) gutgeschrieben. Unmittelbar
darauf wurde der vollständige Betrag als angebliches Darlehen rücküberwiesen. Beide
Überweisungsbelege hatte der Angeklagte unterzeichnet.
127
Am 21.02.2001 ging beim Finanzamt Herne-West die von dem Angeklagte erstellte und
unterschriebene Körperschaftsteuererklärung der G1 GmbH für das Jahr 2000 ein. Da
zwischenzeitlich über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden
war, wurde auf Anforderung des Finanzamtes am 14.09.2001 eine von dem
Insolvenzverwalter unterschriebene Steuererklärung gleichen Inhalts eingereicht. Der
Insolvenzverwalter wies ausdrücklich darauf hin, über die Hintergründe der
Ausschüttung und der Darlehensgewährung keine Auskünfte erteilen zu können.
128
Erklärt wurde ein körperschaftsteuerliches Einkommen in Höhe von 1.889.489,- DM, das
unter Berücksichtigung der geltend gemachten höheren Verlustvorträge keine
Steuerzahllast ergab. Anrechenbare Steuern wurden in Höhe von 660.000,- DM
Körperschaftsteuer, 385.000,- DM Kapitalertragsteuer und 21.175,- DM
Solidaritätszuschlag,
insgesamt 1.066.175,- DM
O unterschriebene Steuerbescheinigung der S1 GmbH belegt.
129
Ein Steuerbescheid ist wegen des anhängigen Insolvenzverfahrens nicht mehr
ergangen.
130
8.) N3
131
Der ehemals mitbeschuldigte N3 ist Handelsvertreter. In früheren Jahren erwirtschaftete
er erhebliche Verluste, die zum 31.12.1999 zu einem festgestellten Verlustvortrag in
Höhe von 408.914,- DM führten. Diesen Verlustvortrag bot er ab Mai 2000 durch
überregionale Zeitungsinserate zur Verwertung an.
132
Auf Vermittlung des bereits genannten B3 einigten sich N3 und der Angeklagte im
November 2000 über die steuerliche Verwertung des Verlustvortrags in Höhe von
400.000,- DM durch den Angeklagten zum Kaufpreis von 7% des Verlustvortrags bzw.
28.000,- DM.
133
Durch notariellen Vertrag vom 30.11.2000 erwarb N3 von O einen Gesellschaftsanteil
an der S1 GmbH in Höhe von 5.000,- DM bzw. 3,125% des Stammkapitals zum Preis
von 1.000,- DM.
134
Tags zuvor richtete N3 bei der Stadtsparkasse S auf seinen Namen das Girokonto Nr.
#### und das Geldmarktkonto Nr. #### ein. Für das Girokonto waren neben N3 auch
der Angeklagte und seine Ehefrau verfügungsberechtigt.
135
Dem Geldmarktkonto wurde am 05.12.2000 der vereinbarte Kaufpreis von 28.000,- DM
für die Verwertung des Verlustvortrags gutgeschrieben. Gemäß Vereinbarung mit dem
Angeklagten sollte N3 erst nach erfolgter Steuererstattung über das Guthaben verfügen
dürfen.
136
Dem Girokonto wurde auf Veranlassung des Angeklagten am 21.12.2000 eine bar
eingezahlte angebliche Gewinnausschüttung der S1 GmbH in Höhe von netto 206.150,-
DM (entsprechend 400.000,- DM brutto) gutgeschrieben. Dieser Betrag war zuvor von
dem Konto Nr. #### der S1 GmbH abgehoben worden. Am folgenden Tag wurde der
vollständige Betrag aufgrund eines von dem Angeklagten unterzeichneten
Überweisungsbelegs rücküberwiesen.
137
Am 31.01.2001 reichte N3 gemeinsam mit seiner Ehefrau bei dem Finanzamt Singen
seine von dem Angeklagten gefertigte Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000
ein.
138
Darin erklärte N3 aus der Beteiligung an der S1 GmbH den angeblichen Zufluss von
Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 400.000,- DM, die unter Berücksichtigung
seines Verlustvortrags zu keiner Steuerzahllast führten. Anrechenbare Steuern machte
er in Höhe von 120.000,- DM Körperschaftsteuer, 70.000,- DM Kapitalertragsteuer und
3.750,- DM Solidaritätszuschlag –
insgesamt 193.750,- DM
durch eine von O unterschriebene Steuerbestätigung der S1 GmbH.
139
Die begehrten Steuererstattungen waren als Sicherheit an die Stadtsparkasse S
zugunsten des Girokontos abgetreten, obwohl N3 keine entsprechenden
Verbindlichkeiten hatte. Durch dieses abgesprochene Vorgehen sicherte sich der
Angeklagte den Zugriff auf die erwartete Steuererstattung.
140
Durch Bescheid vom 05.04.2001 veranlagte das Finanzamt die Einkommensteuer ohne
Berücksichtigung der begehrten Steuervorteile.
141
9.) N4
142
Der ehemals mitbeschuldigte N4 ist Rentner. In früheren Jahren erwirtschaftete er
erhebliche Verluste aus Grundstückshandel, die zum 31.12. 1999 zu einem
festgestellten einkommensteuerlichen Verlustvortrag in Höhe von 431.129,- DM führten.
143
Auf ein entsprechendes überörtliches Kaufangebot des Angeklagten in der "G3" vom
22.11.2000 einigten sich N4 und der Angeklagte am selben Tag auf die steuerliche
Verwertung des Verlustvortrags durch den Angeklagten zum Preis von 15% des
Verlustvortrags.
144
Durch notariellen Vertrag vom 27.12.2000 erwarb N4 von O einen Gesellschaftsanteil
der S1 GmbH in Höhe von 5.000,- DM bzw. 3,125% des Stammkapitals zum Kaufpreis
von 1.000,- DM.
145
Am selben Tag richtete N4 auf seinen Namen bei der Volksbank N3 e.G. das Girokonto
Nr. #### ein. Zeichnungsberechtigt für das Konto waren N4 und der Angeklagte.
146
Diesem Konto wurde auf Veranlassung des Angeklagten am 28.12.2000 eine
angebliche Gewinnausschüttung der S1 GmbH in Höhe von netto 221.611,25 DM
(entsprechend 440.000,- DM brutto) gutgeschrieben. Der Betrag wurde noch am selben
Tag als angebliches Darlehen vollständig rücküberwiesen. Beide Überweisungsträger
hatte der Angeklagte unterschrieben. Der Überweisungsträger für das Darlehen war
auch von N4 unterzeichnet.
147
Am 11.01.2001 ging bei dem Finanzamt Frankfurt I die von N4 unterzeichnete, von dem
Angeklagten erstellte Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 ein.
148
Darin erklärte N4 aus der Beteiligung an der S1 GmbH angebliche Ausschüttungen in
Höhe von insgesamt 440.000,- DM, die unter Berücksichtigung der Verlustvorträge nicht
zu einer Steuerzahllast führten. Anrechenbare Steuern wurden in Höhe von 132.000,-
DM Körperschaftsteuer, 77.000,- DM Kapitalertragsteuer und 4.235,- DM
Solidaritätszuschlag –
insgesamt 213.235,- DM
unterzeichnete Steuerbescheinigung der S1 GmbH belegt.
149
Durch Bescheid vom 17.05.2001 veranlagte das Finanzamt die Einkommensteuer ohne
Berücksichtigung der begehrten Steuervorteile.
150
10.) O1
151
Der gesondert verfolgte
O1
mittelständischen Bauunternehmen, den Firmen O2 GmbH und M GmbH. Darüber
hinaus war er persönlich mit einem gewerblichen Grundstückshandel und der
Vermietung von Grundstücken gewerblich tätig. Daraus resultierten erhebliche
steuerliche Verlustvorträge, die er ab März 1998 durch überregionale Zeitungsinserate
zur Verwertung anbot. Zur Zeit der Kontaktaufnahme mit dem Angeklagten belief sich
der private Verlustvortrag des O1 auf insgesamt 10.151.363,- DM.
152
Auf Vermittlung des B3 einigten sich O1 und der Angeklagte im Oktober 2000 unter
anderem über die steuerliche Verwertung der Verlustvorträge durch den Angeklagten
zum Preis von 15% des Verlustvortrags.
153
Durch notariellen Vertrag vom 27.12.2000 erwarb O1 von O einen Gesellschaftsanteil
der S1 GmbH in Höhe von 10.000,- DM bzw. 6,25% des Stammkapitals zum Kaufpreis
von 2.000,- DM.
154
Am selben Tag richtete O1 auf seinen Namen bei der Volksbank N3 e.G. das Girokonto
#### ein. Verfügungsberechtigt war neben O1 auch der Angeklagte.
155
Diesem Konto sollte am 28.12.2000 eine angebliche Gewinnausschüttung der S1
GmbH in Höhe von netto 4.200.000,- DM (entsprechend 6.000.000,- DM brutto)
zufließen. Den entsprechenden Überweisungsauftrag des Angeklagten bezogen auf
156
das Konto Nr. #### der S1 GmbH wie auch den vom Angeklagten gleichzeitig erteilten
Auftrag zur Rücküberweisung führte die Volksbank nicht aus.
Am 27.06.2001 ging bei dem Finanzamt Frankfurt I die von O1 unterzeichnete, von dem
Angeklagten erstellte Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 ein.
157
Darin wurden angebliche Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 4.200.000,- DM aus
der Beteiligung an der S1 GmbH erklärt, die unter Berücksichtigung des Verlustvortrags
nicht zu einer Steuerzahllast führten. Anrechenbare Steuern wurden in Höhe von
1.800.000,- DM Körperschaftsteuer, 1.050.000,- DM Kapitalertragsteuer und 57.750,-
DM Solidaritätszuschlag –
insgesamt 2.907.750,- DM
O unterzeichnete Steuerbescheinigung der S1 GmbH belegt.
158
Durch Bescheid vom 15.09.2003 veranlagte das Finanzamt die Einkommensteuer ohne
Berücksichtigung der Ausschüttung und der anrechenbaren Steuern.
159
cc) Zusammengefasst ergeben sich danach bei angeblichen Gewinnausschüttungen
von insgesamt 13.530.000,- DM brutto folgende erstrebte Steuererstattungsbeträge
(abgerundet):
160
1. D1 GmbH
484.625,- DM
2. B GmbH
466.797,- DM
3. V GmbH
43.617,- DM
4. N2 GmbH
426.470,- DM
5. S8 GmbH
581.550,- DM
6. G GmbH
149.438,- DM
7. G1 GmbH
1.066.175,- DM
8. N3
193.750,- DM
9. N4
213.235,- DM
10. O1
2.907.750,- DM
Summe
6.533.407,- DM
161
2.) Untreue (Vorwürfe 11 bis 25 der Anklage):
162
Der Angeklagte bestimmte nach Übernahme der S1 GmbH durch ihn und O die
gesellschaftlichen Belange der GmbH jedenfalls faktisch.
163
Gemäß der vor Geschäftsübernahme mit S5 getroffenen – auch dem Mitgesellschafter O
bekannten – Absprache kehrte der Angeklagte in der Folge sämtliche flüssigen Mittel
der GmbH an S5 aus. So wandte er ihm in der Zeit vom 11.11.1999 bis zum 15.01.2001
in Teilbeträgen Summen von 1.681.320,- DM und zumindest 750.000,- DM zu. Weitere
rund 200.000,- DM setzte er für eigene geschäftliche Zwecke ein.
164
Die vorgenannten Auszahlungen erfolgten zum einen von dem Geschäftskonto der S1
165
GmbH bei der Kreissparkasse S Nr. ####, zum anderen von zu Geschäftszwecken
genutzten Privatkonten des Angeklagten und seiner Ehefrau bei der Stadtsparkasse S
Kontonummer #### und der Deutschen Bank 24 Kontonummer ####.
In Höhe von rund 2 Millionen DM stammten diese Gelder aus vor Geschäftsübernahme
durch den Angeklagten und O begründeten Forderungen der S1 GmbH, die der
Angeklagte zunächst über das Konto der S1 GmbH bei der Kreissparkasse S und ab
dem 27.1.2000 über Konten des Angeklagten und seiner Ehefrau N bei der
Stadtsparkasse und der Kreissparkasse S, der Deutschen Bank 24 und der Citybank
einzog. Der Angeklagte stellte für den Zeugen S5 Barschecks aus, die der Zeuge O als
Geschäftsführer der Firma S1 jeweils unterzeichnete und die der Zeuge S5 entweder
selbst oder durch seinen Sohn, den Zeugen S7, einlöste. In einzelnen Fällen zahlte der
Angeklagte Beträge bar an den Zeugen S5 aus.
166
Die den Betrag der eingezogenen Forderungen übersteigenden ausgekehrten Gelder
entstammten den sonstigen flüssigen Mitteln der Gesellschaft, unter anderem der
eingezahlten Stammeinlage in Höhe von 160.000,- DM.
167
Nach Abschluss dieser Transaktionen verfügte die – bislang nicht aufgelöste – GmbH
über keinerlei flüssige Mittel mehr. Die bis dahin fällig gewordenen Verbindlichkeiten
wurden jedoch mit einer Ausnahme – Forderung der S10 GmbH in Höhe von rund
10.000,- DM – beglichen.
168
Dem Angeklagten war bewusst und er nahm im Interesse der weiteren Verfolgung
seines körperschaftsteuerlichen Anrechnungsmodells billigend in Kauf, dass der S1
GmbH im Zuge der genannten Auskehrungen entgegen den zwingenden Vorgaben des
GmbH-Gesetzes das Stammkapital vollständig entzogen wurde.
169
3.) Falsche Versicherung an Eides Statt (Vorwurf 26 der Anklage):
170
Der Angeklagte gab am 14. April 2003 vor dem Amtsgericht Recklinghausen in dem
Verfahren 21 M 1196/03 die eidesstattliche Versicherung über sein Vermögen ab. Unter
Punkt 11 und 12 des Vermögensverzeichnisses erklärte er, über kein Arbeitseinkommen
und über keine Ansprüche aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu verfügen und von
seiner Ehefrau unterhalten zu werden. Tatsächlich erzielte er im Jahre 2003 erhebliche
Einnahmen aus seiner Tätigkeit als Steuerberater. So erklärte er in seiner
Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2003 vom 04. Juni 2004 einen Jahresumsatz
in Höhe von 300.000,- Euro.
171
Der Angeklagte hatte diese Einnahmen vor Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in
Verschleierungsabsicht treuhänderisch an seine Ehefrau abgetreten. Wirtschaftlich
waren sie mithin nach wie vor dem Angeklagten zurechenbar und standen zu seiner
Disposition. Das war ihm auch bewusst. Von daher sah er es zumindest als möglich an
und nahm billigend in Kauf, dass die Einkünfte unbeschadet der Abtretung
offenbarungspflichtig waren. Gleichwohl gab er sie nicht an, um sie dem Zugriff seiner
Gläubiger zu entziehen.
172
dd) Bei sämtlichen Tathandlungen war die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht der
Taten einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln weder aufgehoben noch
vermindert.
173
b) Verhalten nach der Tat
174
Nach der Flucht des Angeklagten in die Schweiz Ende des Jahres 2003 wurde die
Sicherheitsleistung in Höhe von 750.000,- DM rechtskräftig für verfallen erklärt. Da die
Sicherheit aus dem Vermögen der Schwiegereltern des Angeklagten gestellt worden
war, hat der Verfall zu einem familiären Zerwürfnis zwischen dem Angeklagten und
seinen Schwiegereltern und zu einer erheblichen Belastung seiner Ehe geführt. Die
Ehefrau des Angeklagten, die ihm Anfang 2004 in die Schweiz gefolgt war, hat nach der
dortigen erneuten Inhaftierung des Angeklagten und anfänglichen vereinzelten
Besuchen von weiteren persönlichen Kontakten Abstand genommen, weil sie – wie der
Kammer aus im Rahmen der Briefkontrolle zur Kenntnis gelangten und durch Verlesung
in die Hauptverhandlung eingeführten Schreiben bekannt ist – die Situation psychisch
nur schwer verkraftet.
175
Nach seiner Auslieferung aus der Schweiz Ende August 2005 wurde der Angeklagte
nach vorheriger Vorführung bei dem Amtsgericht Lörrach auf seinen Antrag dem
zuständigen Ermittlungsrichter bei dem Amtsgericht Bochum, dem Zeugen H, erstmals
am 06. und 15. September 2005 vorgeführt. Nach Belehrung verzichtete der Angeklagte
hinsichtlich der in die nachfolgend erhobene zweite Anklage (35 Js 96/05 StA Bochum)
aufgenommenen Tatvorwürfe auf den sog. Spezialitätsvorbehalt.
176
c) Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der geständigen Einlassung des
Angeklagten, soweit ihr gefolgt werden konnte, und im Übrigen auf den weiteren nach
Maßgabe der Sitzungsniederschrift in die Hauptverhandlung eingeführten persönlichen
und sachlichen Beweismitteln.
177
IV. Rechtliche Würdigung
178
Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte wie folgt strafbar gemacht:
179
1.) Er hat eine versuchte Steuerhinterziehung in mittelbarer Täterschaft gemäß § 370
AO, §§ 22, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB in 10 Fällen begangen, indem er kraft überlegenen
Wissens die 10 im (vermeidbaren) Verbotsirrtum handelnden Anteilserwerber veranlasst
hat, nicht gerechtfertigte Steuererstattungen zu beantragen, die wirtschaftlich dem
Angeklagten zufließen sollten.
180
Der Qualifikationstatbestand des § 370a AO ist nicht erfüllt, da der Angeklagte weder
gewerbsmäßig im Sinne des Gesetzes noch als Mitglied einer Bande gehandelt hat. Die
Annahme einer Gewerbsmäßigkeit im Rechtssinne scheitert daran, dass die
Tatbegehung schon wegen der erwarteten alsbaldigen Aufdeckung nach Feststellung
der Uneinbringlichkeit der Ausschüttungsbelastung nicht auf Dauer angelegt war.
181
2.) Ferner hat sich der Angeklagte als faktischer Gesellschafter der S1 GmbH der
Untreue zum Nachteil der Gesellschaft in Form des Treubruchtatbestandes gemäß §
266 Abs. 1 Alt. 2 StGB schuldig gemacht, indem er im Zuge der Auskehrung sämtlicher
liquiden Betriebsmittel auch das Stammkapital in Höhe von 160.000,- DM vorsätzlich
aufgelöst hat.
182
Die festgestellten Auszahlungen stellen materiell-rechtlich eine Tat dar. Denn erst durch
die Gesamtheit der Auszahlungen ist das Stammkapital beeinträchtigt worden.
Hingegen kann nicht individuell bestimmt werden, welche einzelnen Auszahlungen aus
183
eingezogenen Forderungen und welche aus dem Stammkapital erfolgten. Eine solche
individuelle Zuordnung ist auch entbehrlich, da es letztlich Zufall war, in welchen
Teilbeträgen die liquiden Mittel ausgekehrt wurden. Entscheidend ist vielmehr, dass
zwischen dem Angeklagten und S5 von vornherein verabredet war, dass neben der
Übertragung der personellen und sachlichen Betriebsmittel auf die neu gegründeten
Gesellschaften S8 GmbH und S9 GmbH sämtliche liquiden Mittel – mithin auch das
eingezahlte Stammkapital – an S5 ausgekehrt werden, wohingegen dem Angeklagten
zur Verfolgung seines "Ausschüttungsmodells" nur der GmbH-Mantel verbleiben sollte.
3.) Schließlich hat der Angeklagte eine falsche Versicherung an Eides Statt gemäß §
156 StGB begangen, indem er bei der eidesstattlichen Versicherung seiner
Vermögensverhältnisse vor dem Amtsgericht Recklinghausen am 14. April 2003
vorsätzlich Umsätze aus seiner Steuerberatertätigkeit in Höhe von rund 300.000,- DM
verschwiegen hat.
184
V. Strafzumessung
185
1. Strafrahmen
186
a) Hinsichtlich der versuchten Steuerhinterziehung ist der Strafrahmen dem
Grundtatbestand des § 370 Abs. 1 AO zu entnehmen. Dies ergibt sich aus folgenden
Überlegungen:
187
Zwar ist in allen 10 Fällen vom Vorliegen eines besonderes schweren Falles der
Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 3 AO auszugehen. So greift jedenfalls im
Falle O1 mit einer erstrebten Steuererstattung von rund 2,9 Millionen DM das
Regelbeispiel der Steuerhinterziehung aus grobem Eigennutz und in großem Ausmaß
ein. Aber auch die übrigen Fälle sind – unbeschadet der mitunter vergleichsweise
geringen Hinterziehungsbeträge – in Anbetracht der aufwändigen und professionellen
Tatstruktur zumindest als unbenannte besonders schwere Fälle einzustufen.
188
Das strafschärfende Gewicht der genannten Umstände wird jedoch durch den vertypten
Milderungsgrund der fehlenden Tatvollendung (§ 23 Abs. 1 StGB) und die vorliegenden
allgemeinen Strafmilderungsgründe so weit kompensiert, dass im Ergebnis ein
besonders schwerer Fall zu verneinen ist.
189
So kommt der im wesentlichen geständigen Einlassung des Angeklagten angesichts
der erheblichen prozessverkürzenden Wirkung ein überdurchschnittliches
strafmilderndes Gewicht zu. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der nicht vorbestrafte
Angeklagte in dieser Sache rund ein Jahr Untersuchungs- bzw. Auslieferungshaft
verbüßt hat, die von ihm hinterlegte und aus Familienvermögen finanzierte
Sicherheitsleistung in Höhe von 750.000,- DM verfallen ist und die berufliche Existenz
des Angeklagten infolge der vorliegenden Verurteilung praktisch vernichtet ist.
190
Eine über die Kompensation des besonders schweren Falles hinausgehende bzw.
zusätzliche Strafrahmenmilderung wegen fehlender Tatvollendung ist hingegen
abzulehnen, da der Strafmilderungsgrund der §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB hier durch
die Ablehnung des besonders schweren Falles verbraucht ist. Denn die sonstigen
Strafmilderungsgründe hätten, für sich genommen, die Verneinung eines besonders
schweren Falles nicht gerechtfertigt.
191
Mithin standen für jeden der festgestellten Fälle der Steuerhinterziehung gemäß § 370
Abs. 1 AO Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zur Verfügung.
192
b) Auch im Fall der Untreue sieht das Gesetz Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf
Jahren vor. Ein besonders schwerer Fall im Sinne von § 266 Abs. 2 StGB kam hier nicht
in Betracht.
193
c) Die falsche Versicherung an Eides Statt ist mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren bedroht.
194
2. Strafzumessung im engeren Sinne
195
a) Einzelstrafen
196
aa) Hinsichtlich der versuchten Steuerhinterziehung waren folgende Umstände
strafmildernd zu berücksichtigen: Die Taten liegen rund fünf Jahre zurück. Der
Angeklagte hat die Tatvorwürfe in der Hauptverhandlung im wesentlichen eingeräumt
und dadurch die Verfahrensdauer erheblich verkürzt. Überdies hat er nach Auslieferung
durch seinen Verzicht auf den Spezialitätsvorbehalt den Weg für die strafrechtliche
Verfolgung der weiteren (aus diesem Verfahren abgetrennten) Tatvorwürfe frei gemacht
und dadurch – wie auch durch sein Geständnis – gezeigt, dass er sich seiner
strafrechtlichen Verantwortung insgesamt stellen will. Er ist nicht vorbestraft. Als
Erstverbüßer hat er insgesamt rund ein Jahr Untersuchungs- und Auslieferungshaft
hinnehmen müssen. Der Tatentschluss wurde vor dem Hintergrund eigener finanzieller
Schwierigkeiten gefasst. Die von dem Angeklagten aus Familienvermögen gestellte
Sicherheitsleistung in Höhe von 750.000,- DM ist für verfallen erklärt worden;
wenngleich er dies durch seine Flucht selbst zu vertreten hat, so hat doch der Verfall zu
familiären Zerwürfnissen und mithin persönlichen Belastungen geführt, die über die
gesetzlich gewollte Sanktionswirkung hinausgehen. Aufgrund der vorliegenden
Verurteilung wird der 54-jährige Angeklagte nicht mehr als Steuerberater zugelassen
werden. Seine berufliche Existenz ist damit zerstört. Auch der persönliche Ruf des bis
zum Beginn des Strafverfahrens auf lokaler Ebene bekannten und als erfolgreicher
Steuerberater geachteten Angeklagten ist ruiniert.
197
Demgegenüber haben sich folgende Umstände strafschärfend ausgewirkt: Der
Angeklagte hat mit erkennbar hoher krimineller Energie ein intelligent und raffiniert
gestricktes Steuerhinterziehungsmodell entworfen, das hinsichtlich der angeklagten
Fälle auf die überdurchschnittliche Hinterziehungssumme von rund 6,5 Millionen DM
ausgerichtet war. Unter Berücksichtigung weiterer im Vorbereitungsstadium
verbliebener Fälle hätte sich die Gesamterstattungssumme auf rund 15 Millionen DM
belaufen. Der Angeklagte hat durch bewusst unzutreffende Angaben über die
angebliche Unbedenklichkeit seines Steuermodells, teils auch unter Ausnutzung
wirtschaftlicher Abhängigkeiten oder erkannter geschäftlicher Unbedarftheit Dritte in die
Tatbeteiligung verstrickt.
198
Gestaffelt nach der Höhe der jeweils erstrebten Steuererstattung hat die Kammer daher
für die angeklagten zehn Fälle der versuchten Steuerhinterziehung auf folgende
Einzelstrafen erkannt:
199
1. D1 GmbH (484.625,- DM)
1 Jahr
200
2. B GmbH (466.797,- DM)
1 Jahr
3. V GmbH (43.617,- DM)
3 Monate
4. N2 GmbH (426.470,- DM)
1 Jahr
5. S8 GmbH (581.550,- DM)
1 Jahr
6. G GmbH (149.438,- DM)
10 Monate
7. G1 GmbH (1.066.175,- DM)
1 Jahr 8 Monate
8. N3 (193.750,- DM)
10 Monate
9. N4 (213.235,- DM)
10 Monate
10. O1 (2.907.750,- DM)
2 Jahre 9 Monate (Einsatzstrafe)
bb) Hinsichtlich der Untreue und der falschen Versicherung an Eides Statt greifen
strafmildernd die bei der versuchten Steuerhinterziehung aufgeführten Umstände
gleichermaßen ein.
201
Strafschärfend fiel bei der Untreue ins Gewicht, dass der Angeklagte über die Auflösung
des Stammkapitals hinaus die Gesellschaft bewusst wirtschaftlich ausgehöhlt hat.
202
Bezüglich der falschen Versicherung an Eides Statt war strafschärfend zu
berücksichtigen, dass die Einkünfte nicht nur verschwiegen, sondern zum Gegenstand
fingierter treuhänderischer Abtretungen – unter Verstrickung der Ehefrau des
Angeklagten – gemacht wurden.
203
Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte waren Geldstrafen nicht ausreichend, vielmehr
hat die Kammer für die Untreue auf eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten und für die
falsche Versicherung an Eides Statt auf eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten erkannt. Die
Verhängung der letztgenannten kurzzeitigen Freiheitsstrafe war mit Rücksicht auf die
insgesamt erkennbar gewordene erhebliche kriminelle Energie es Angeklagten zur
Einwirkung auf ihn erforderlich.
204
b) Gesamtstrafe
205
Im Rahmen der Gesamtstrafenbildung hat die Kammer den Unrechts- und Schuldgehalt
der Taten in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der bereits genannten
strafmildernden und strafschärfenden Gesichtspunkte erneut abgewogen.
206
Strafmildernd fiel dabei zusätzlich die Gleichförmigkeit und die damit einhergehende
Herabsetzung der Hemmschwelle bezüglich der versuchten Steuerhinterziehungen ins
Gewicht.
207
Strafschärfend war andererseits die Vielzahl bzw. die hohe Frequenz der
Tathandlungen zu berücksichtigen wie auch der Umstand, dass der Tagesablauf des
Angeklagten im Tatzeitraum ersichtlich durch die Förderung seiner mannigfaltigen mit
der Umsetzung des Tatplans einhergehenden kriminellen Aktivitäten geprägt war.
208
Unter Abwägung dieser wie auch der allgemeinen in § 46 StGB aufgeführten
209
Strafzumessungsgesichtspunkte hat die Kammer unter maßvoller Erhöhung der
Einsatzstrafe auf eine
Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren
210
erkannt, die ausreichend und erforderlich ist, um sämtlichen Strafzwecken zu genügen.
211
VI. Nebenentscheidungen
212
Von der Verhängung eines Berufsverbots gemäß § 70 StGB hat die Kammer
abgesehen, da bei Rechtskraft der vorliegenden Verurteilung auszuschließen ist, dass
dem Angeklagten erneut die Zulassung als Steuerberater erteilt wird.
213
Die während des Ermittlungs- und Strafverfahrens erlittene Freiheitsentziehung ist
gemäß § 51 Abs. 1 StGB auf die erkannte Freiheitsstrafe anzurechnen.
214
Soweit die Freiheitsentziehung als Auslieferungshaft in der Schweiz vollzogen wurde,
ist die Haftdauer gemäß § 51 Abs. 4 S. 2 StGB wegen der dortigen, den inländischen
Haftverhältnissen gleichwertigen Haftumstände im Maßstab 1 zu 1 anzurechnen.
215
VII. Kosten
216
Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 StPO.
217