Urteil des LG Bochum vom 30.12.2002
LG Bochum: wiedereinsetzung in den vorigen stand, stundung, erstellung, verfahrenskosten, vertretung, rechtsmittelbelehrung, strafverfahren, beratung, fürsorgepflicht, handbuch
Landgericht Bochum, 10 T 64/02
Datum:
30.12.2002
Gericht:
Landgericht Bochum
Spruchkörper:
10. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
10 T 64/02
Vorinstanz:
Amtsgericht Bochum, 80 IN 606/01
Tenor:
Die Beschwerde vom 06.08./07.08.2002 wird zurückgewiesen. Die
Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Schuldner.
Der Antrag des Schuldners vom 18.03.2002 wird zurückgewiesen.
Insoweit ergeht die Entscheidung gerichtsgebührenfrei;
außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 300,00 EUR
festgesetzt.
Gründe:
1
I.
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Der Schuldner beantragte unter dem 27.11.2001, eingegangen bei Gericht am
03.12.2001, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen, die
Gewährung der Restschuldbefreiung, die Stundung der Verfahrens kosten, die
Beiordnung von Rechtsanwalt C und die Durchführung des Verfahrens im Rahmen der
Eigenverwaltung. Die Anzahl seiner Gläubiger gab er mit 95 an, die Gesamtforderungen
in Höhe von mehr als 3,7 Millionen DM gegen ihn geltend machen. Von 1991 bis 1997
betrieb der Schuldner in Bochum ein Unternehmen im Bereich Im- und Export von
Werbe- und Geschenkartikeln. Das Amtsgericht Bochum lehnte mit Beschluss vom
06.12.1997 - 48 a N 273/97 - die Eröffnung eines Konkursverfahrens über sein
Vermögen mangels Masse ab. Seitdem ist der Schuldner arbeitslos und bezieht
Sozialhilfe.
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Zur Begründung des Beiordnungsantrags führte der Schuldner aus, wegen der nicht
unerheblichen Zahl rechtsanwaltlich vertretener Gläubiger sei es notwendig, ihm einen
Rechtsanwalt beizuordnen. Außerdem plane er, einen Insolvenzplan aufzustellen, der
rechtlich kompliziert sei. Im Hinblick auf die Forderung der Dresdner Bank sei "mit der
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Auseinandersetzung" zu rechnen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den
Antragsschriftsatz vom 27.11.2001 mit Anlagen Bezug genommen.
Das Amtsgericht stundete dem Schuldner mit Beschluss vom 01.03.2002 die
Verfahrenskosten für das Eröffnungsverfahren und das Hauptverfahren. Den Antrag auf
Beiordnung eines Rechtsanwalts wies es zurück. Zur Begründung führte das Gericht
aus, der Schuldner sei selbst in der Lage, seine Rechte wahrzunehmen. Die Sach- und
Rechtslage sei im vorliegenden Verfahren nicht kompliziert. Auch wenn eine Forderung
streitig sei - was der Schuldner nicht ausreichend dargelegt habe - rechtfertige dies nicht
eine Anwaltsbeiordnung. Den Antrag auf Eigenverwaltung werde es zurückweisen, weil
der Schuldner nicht mehr selbständig sei. Die beabsichtigte Erstellung des
Insolvenzplans rechtfertige ebenfalls nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Angesichts der Vermögensverhältnisse des Schuldners seien die Erfolgsaussichten
eines solchen Plans nicht ersichtlich. Im Übrigen könne der Schuldner einen
Insolvenzplan auch mit Hilfe des Insolvenzverwalters vorlegen. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 01.03.2002 Bezug genommen.
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Dieser Beschluss wurde dem Schuldner am 14.03.2002 zugestellt. Mit Schriftsatz vom
18.03.2002, eingegangen bei Gericht am 26.03.2002, hat der Schuldner die Beiordnung
von Rechtsanwalt C für das Beschwerdeverfahren gegen diesen Beschluss beantragt
und "anschließend" gegen den Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt. Zur
Begründung hat er ausgeführt. die Beiordnung eines Rechtsanwalts für das
Beschwerdeverfahren sei schon wegen der unterlassenen Rechtsmittelbelehrung durch
das Amtsgericht erforderlich. Zudem habe der Verfahrensbevollmächtigte von seiner
Beiordnung ausgehen können, weil das Gericht ihn wiederholt zu "rechtlichen und
tatsächlichen Handlungen" aufgefordert habe. Ferner sei die Beiordnung im Hin- blick
auf die von dem Schuldner beabsichtigte Erstellung eines Insolvenzplans erforderlich,
für die er die Hilfe eines Rechtsanwalts benötige.
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Mit Beschluss vom 04.04.2002 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren wegen
Zahlungsunfähigkeit eröffnet und zum Insolvenzverwalter Rechtsanwalt Moritz Hans-
berg bestellt. Durch weiteren Beschluss vom 04.04.2002 hat das Amtsgericht der
Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss vom 01.03.2002 nicht abgeholfen
und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
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Der Schuldner beantragte mit Schriftsatz vom 10.07.2002 die Beiordnung von
Rechtsanwalt C für die Erstellung des Insolvenzplans, der solle vorsehen, dass an alle
Gläubiger und für die Gerichtskosten monatlich ein Betrag von 100,00 EUR gezahlt
werde und damit die Angelegenheit nach 6 Jahren erledigt sein könne. Zur Vorbereitung
eines solchen Plans benötige er die Hilfe eines Rechtsanwalts.
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Das Amtsgericht Bochum - Rechtspfleger - wies durch Beschluss vom 17.07.2002
diesen Antrag zurück. Zur Begründung führte es aus, die Beiordnung eines
Rechtsanwalts für einen derartigen Plan komme nicht in Betracht, weil dieser Plan den
Gläubigern keine Quote in Aussicht stelle, so dass er aussichtslos sei. Außerdem sei
der erneute Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts unzulässig, weil über die
Beiordnung für das Eröffnungsverfahren und das Hauptverfahren bereits entschieden
worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 17.07.2002
Bezug genommen.
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Gegen diesen, dem Schuldner am 25.07.2002 zugestellten Beschluss, hat er mit
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Schriftsatz vom 06.08.2002, bei Gericht eingegangen am 07.08.2002, sofortige
Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, es sei nicht von der Vorlage
eines reinen Null-Plans auszugehen. Voraussetzung für die Beiordnung eines
Rechtsanwalts sei nicht die Vorlage eines komplett ausgearbeiteten Insolvenzplans.
Mit weiterem Schriftsatz vom 07.08.2002, eingegangen bei Gericht an demselben Tag,
hat der Schuldner erneut sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 17.07.2002
eingelegt.
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Das Amtsgericht hat der Beschwerde gegen den Beschluss vom 17.07.2002 mit
Beschluss vom 08.08.2002 nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur
Entscheidung vorgelegt.
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Mit Schriftsatz vom 27.08.2002 hat der Schuldner die Zulassung der Rechtsbeschwerde
beantragt.
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II.
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Der Antrag des Schuldners vom 18.03.2002 sowie seine Beschwerden vom 06.08.2002
und 07.08.2002 sind unbegründet.
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Der mit Schriftsatz vom 18.03.2002 gestellte Antrag ist dahingehend zu verstehen, dass
der Schuldner zunächst nur einen Antrag auf Beiordnung von Rechtsanwalt C im
Beschwerdeverfahren bezüglich einer Beschwerde gegen den Beschluss vom
01.03.2002 stellt und die Einlegung der Beschwerde entsprechend dem Wortlaut erst
"anschließend" und damit abhängig von der Beiordnung im Beschwerdeverfahren
erfolgen soll. Eine derartige durch die Beiordnung bedingte Prozesshandlung ist
grundsätzlich zulässig.
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Der Antrag des Schuldners auf Beiordnung von Rechtsanwalt C für das
Beschwerdeverfahren ist unbegründet.
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Die Voraussetzungen der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Beschwerdeverfahren
richten sich nach § 4 a Abs. 2 InsO. Eine Anwaltsbeiordnung nach den Grundsätzen der
Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nach §§ 114 f. ZPO kommt nicht in
Betracht, weil die §§ 4 a - 4 d InsO als gesetzliche Sonderregelung die Anwendbarkeit
der Vorschriften über die Prozesskostenhilfe ausschließen (vgl. Kübler/Prütting-Wenzel,
Kommentar zur Insolvenzordnung, Stand: 11/02, § 4 Rdnr. 14 b, § 4 a Rdnr. 2;
Pape/Uhlenbruck, Insolvenzrecht, 2002, Rdnr. 367; Zöller-Philippi, ZPO, 23. Aufl. 2002,
114 Rdnr. 58). Der Gesetzgeber hat sich mit der Einführung der §§ 4 a - 4 d InsO
bewusst gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugunsten des Schuldners für
das Insolvenzverfahren entschieden. Das Beschwerdeverfahren bildet nur einen
gesonderten Verfahrensabschnitt im Sinne des § 4 a Abs. 3 InsO (Kübler/Prütting,
a.a.O.; § 4 a Rdnr. 22 m.w.N.; MünchKomm-Ganter, InsO, 2001, § 4 a Rdnr. 13), für den
damit auch eine Stundung der Verfahrenskosten und die Beiordnung eines
Rechtsanwalts gemäß § 4 a Abs. 2 InsO erfolgen kann.
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Für die Geltung der Vorschrift des § 4 a Abs. 2 InsO im insolvenzrechtlichen
Beschwerdeverfahren spricht darüber hinaus, dass sich die Stundung, die
Voraussetzung für die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 4 a Abs. 2 InsO ist, auf
die "Kosten des Insolvenzverfahrens" im Sinne des § 54 InsO erstreckt (Kübler/Prütting-
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Pape, a.a.O., § 4 a Rdnr. 28). Dazu gehören die im Gerichtskostengesetz geregelten
Gerichtsgebühren und die Auslagen des Gerichts. Das Kostenverzeichnis des GKG
enthält in Teil 5 I 3 unter Nr. 5130 bis 5132 eine ausdrückliche Gebührenregelung für die
Beschwerden in Insolvenzverfahren. Diese Gebühren stellen im Falle des Erfolgs der
Beschwerde des Schuldners Kosten im Sinne des § 54 InsO dar (MünchKomm-
Hefermehl, a.a.O.; § 54 Rdnr. 26; Hartmann, Kostengesetze, 31. Auf!. 2002, GKG KV
5132 Rdnr. 3, KV 5135 Rdnr. 3). Der Gesetzgeber wollte damit für die Stundung im
Beschwerdever- fahren eine gesonderte, mit der Gebührenregelung fOr
Prozesskostenhilfe vergleichbare Normierung schaffen (vgl. Br -Drucks. 14/5680, S. 34).
Darüber hinaus spricht die Vorschrift des § 309 Abs. 2 S. 4 InsO für eine Anwendbarkeit
der Sonderregelung des § 4 a Abs. 2 InsO im Beschwerdeverfahren. Nach dieser Norm
gilt im Beschwerdeverfahren betreffend die Ersetzung der Zustimmung eines Gläubigers
zum Schuldenbereinigungsplanverfahren § 4 a Abs. 2 InsO entsprechend. Diese
Regelung war - ausweislich der Gesetzesbegründung (BT -Drucks. 14/5680, S. 32) -
notwendig, weil im Schuldenbereinigungsplanverfahren eine Entscheidung über die
Stundung noch nicht erfolgt, Voraussetzung für die Beiordnung eines Rechtsanwalts
jedoch die Stundung der Verfahrenskosten ist. Aus dieser gesonderten Regelung lässt
sich herleiten, dass sich die Beiordnung eines Rechtsanwalts für Beschwerden im
Insolvenzverfahren nach § 4 a Abs. 2 InsO und nicht nach den Vorschriften über die
Prozesskostenhilfe richten soll. Ansonsten wäre das Zustimmungsersetzungsverfahren
das einzige Beschwerdeverfahren der Insolvenzordnung, in dem sich die Beiordnung
eines Rechtsanwalts nach § 4 a Abs. 2 InsO richtet. Für eine solche Differenzierung gibt
es jedoch keinen sachlichen Grund.
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs
vom 4.7.2002 (NJW 2002, 2793 ff.). Zwar hat der Bundesgerichtshof in diesem
Beschluss ausgeführt, dass die Vorschriften der § 114 ff. ZPO bei im Insolvenzverfahren
ergriffenen Rechtsmitteln Anwendung finden. Jedoch hat er im Rahmen dieser
Rechtsbeschwerde nicht zum Verhältnis der Stundungsregelungen im Verfahren der
sofortigen Beschwerde in Insolvenzsachen zu den Prozesskostenhilfevorschriften
Stellung bezogen. Vielmehr hat er in dem Beschluss lediglich eine Entscheidung zu den
im Rechtsbeschwerdeverfahren geltenden Vorschriften getroffen.
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Der Antrag des Schuldners auf Beiordnung von Rechtsanwalt C für das
Insolvenzverfahren ist unbegründet.
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Zwar kommt bei einer wie hier erfolgten Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens
gemäß § 4 a Abs. 2 InsO die Beiordnung eines Rechtsanwalts in Betracht. Dies setzt
jedoch gemäß § 4 a Abs. 2 InsO voraus, dass die Vertretung durch einen Rechtsan- walt
trotz der dem Gericht obliegenden Fürsorge erforderlich erscheint.
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Der Gesetzgeber ging bei der Schaffung der Neuregelung des § 4 a InsO davon aus,
dass der Schuldner im Insolvenzverfahren regelmäßig selbst seine Rechte wahrnehmen
kann. Dem Gericht obliegt ihm gegenüber eine Fürsorgepflicht, die auch eine ein-
gehende Beratung erforderlich machen kann. Vor diesem Hintergrund soll die
Beiordnung eines Rechtsanwalts nur dann zulässig sein, wenn dies, etwa nach der
Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage, erforderlich erscheint (vgl. BT -Drucks.
14/5680, S. 21). Der Gesetzgeber hat dementsprechend die Voraussetzungen einer
Beiordnung in § 4 a Abs. 2 InsO bewusst enger gefasst, als dies im Rahmen der nicht
anwendbaren
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n Regelung der Prozesskostenhilfe gemäß § 121 ZPO erfolgt ist. Nach diesen
Grundsätzen ist vorliegend eine Beiordnung im Insolvenzverfahren nicht erforderlich.
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Eine besondere Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage ergibt sich nicht allein aus der
Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Forderungen und der Anzahl der
Gläubiger. Hierdurch hebt sich dieses Insolvenzverfahren noch nicht von einem
gewöhnlichen Insolvenzverfahren ab. Dass sich hinsichtlich der Forderungen
besondere Schwierigkeiten ergeben, hat der Schuldner nicht dargelegt. Dies lässt sich
auch nicht daraus entnehmen, dass die Forderung der Dresdner Bank streitig ist, denn
auch dies ent- spricht einem typischen Insolvenzverfahren.
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Dass eine große Anzahl von Gläubigerin durch Rechtsanwälte vertreten wird, reicht
ebenfalls zur Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht aus. Die Vorschrift des § 4 a Abs. 2
S. 2 InsO verweist gerade nicht auf § 121 Abs. 2 ZPO, der die Beiordnung eines
Rechtsanwalts im Falle der anwaltlichen Vertretung des Gegners vorsieht. Von einer
entsprechenden Regelung für das Stundungsverfahren hat der Gesetzgeber aus
Kostengründen bewusst abgesehen (vgl. BT -Drucks. 14/5680, S. 21). Allein die
Einschaltung eines Rechtsanwalts auf Gläubigerseite rechtfertigt danach die
Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht (Graf-Schlicker in Kraemer, Handbuch zur
Insolvenz, Fach 2, Kapitel 21, Rdnr. 23; Kübler/Prütting-Wenzel, a.a.O., § 4 a Rdnr. 47).
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Die Notwendigkeit einer Anwaltsbeiordnung ergibt sich auch nicht daraus, dass mit der
Beschwerde eine gerichtliche Entscheidung angegriffen werden soll, der eine
Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt war, so dass der Schuldner nicht gesondert und
in un- mittelbarem Zusammenhang mit der Entscheidung, gegen die er sich wenden will,
eine Belehrung darüber erfahren hat, ob, wie und ggfls. innerhalb welcher Frist ein
Rechts- mittel eingelegt werden kann. Denn die Selbst-Information über die Möglichkeit
eines Rechtsmittels ist jedem Schuldner grundsätzlich zuzumuten. Ihm steht es
insbesondere frei, sich selbst unmittelbar bei dem Amtsgericht darüber zu erkundigen,
ob und ggfls. welches Rechtsmittel er einlegen kann. Anders als im Bereich der
freiwilligen Gerichtsbarkeit oder in Strafsachen, wo die Verpflichtung zur
Rechtsmittelbelehrung für bestimmte Entscheidungen ausdrücklich angeordnet ist (vgl.
etwa §§ 70f Abs. 1 Nr. 4 FGG, 35a StPO), hat der Gesetzgeber eine solche
Verpflichtung des Gerichts für das Verfahren nach der InsO und für den gesamten
Bereich der Zivilprozessordnung, die nach § 4 InsO für das Insolvenzverfahren gilt,
soweit die InsO nichts anderes bestimmt, gerade nicht angeordnet.
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Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist auch nicht deshalb erforderlich, weil der
Schuldner die Vorlage eines Insolvenzplans gemäß § 218 Abs. 1 InsO beabsichtigt. Für
die Frage der Beiordnung im Beschwerdeverfahren ist dies ohnehin nicht relevant. Der
Vortrag rechtfertigt aber auch im Übrigen nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Zwar ist der Schuldner gemäß § 218 Abs. 1 InsO im Regelinsolvenzverfahren zur
Vorlage eines Insolvenzplans an das Insolvenzgericht befugt. Die Vorlage des
Insolvenzplans stellt jedoch ein Recht des Schuldners dar, keine Verpflichtung. Die
Beiordnung eines Rechtsanwalts ist nur dann erforderlich, wenn der Schuldner
Pflichtaufgaben im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu erfüllen hat, die er sonst nicht
wahrnehmen kann. Das bloße Recht des Schuldners zur Erstellung eines
Insolvenzplans reicht insoweit nicht aus. Kann er dieses Recht nicht selbst
wahrnehmen, so steht ihm ein Anspruch auf Beiordnung eines Anwalts und damit auf
staatliche Vorfinanzierung seiner finanziellen Aufwendungen für die Kosten der
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Insolvenzplanersteilung nicht zu (vgl. Kübler/Prütting-Otte, a.a.O., § 218 Rdnr. 62;
Frankfurter Kommentar-Jaffé, 3. Aufl. 2001, § 218 Rdnr. 37 ff.).
Auch der durch den Schuldner gestellte Antrag auf Durchführung des Verfahrens im
Rahmen der Eigenverwaltung begründet nicht die Notwendigkeit der Beiordnung eines
Rechtsanwalts. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist die Eigenverwaltung zwar
nicht grundsätzlich für ehemals Selbständige ausgeschlossen. § 312 Abs. 3 InsO nimmt
die Vorschriften der Eigenverwaltung lediglich bei Verfahren aus, die unter den
Anwendungsbereich des § 304 InsO fallen. Der Schuldner hat jedoch aus seiner
ehemaligen Selbständigkeit Forderungen aus Arbeitsverhältnissen, so dass die
Sondervorschriften des 9. Teils der Insolvenzordnung hier keine Anwendung finden.
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Die Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung liegen jedoch nicht vor.
Die Eigenverwaltung gemäß § 270 InsO setzt voraus, dass der Schuldner unter der
Aufsicht eines Sachwalters selbst zur Verwaltung der Insolvenzmasse in der Lage ist.
Seine besonderen Fachkenntnisse und Fähigkeiten sollen dazu beitragen, dass die
Ziele des Insolvenzverfahrens (§ 1 InsO) besser erfüllt werden können. Verfügt der
Schuldner nicht selbst über die Fähigkeit zur Eigenverwaltung, hat der
Insolvenzverwalter, nicht aber ein außenstehender Dritter, z. B. ein beigeordneter
Anwalt die im Insolvenzverfahren notwendigen Maßnahmen zu treffen (vgl. Frankfurter
Kommentar-Foltis, a.a.O., § 270 Rdnr. 6). Eine Eigenverwaltung durch einen Dritten
unter der Aufsicht eines Sachwalters würde gegen den Sinn und Zweck der
Eigenverwaltung verstoßen.
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Rechtsanwalt C ist auch nicht dadurch beigeordnet worden, dass das Amtsgericht
Bochum ihn verschiedentlich angeschrieben und Auflagen gemacht hat. Die Grundsätze
für eine stillschweigende Pflichtverteidigerbestellung im Strafverfahren sind hier nicht
entsprechend anwendbar. Im Gegensatz zum Strafverfahren (§ 140 f. StPO) ist das
Gericht nicht zur Bestellung eines Rechtsanwalts verpflichtet. Ein rechtlich zwingendes
Erfordernis für eine anwaltliche Vertretung des Schuldners besteht nicht. Die
Beteiligung von Rechtsanwalts C durch das Amtsgericht erfolgte ersichtlich als
Verfahrensbevollmächtigter des Schuldners.
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Soweit danach ein fristgerecht eingelegtes Rechtsmittel nicht gegeben ist, bleibt es dem
Schuldner unbenommen, ggfls. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die
Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde zu beantragen und die
sofortige Beschwerde einzulegen. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass eine
sofortige Beschwerde nach dem jetzigen Aktenstand unbegründet wäre, da die
Voraussetzungen einer Beiordnung, wie ausgeführt, nicht vorliegen.
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III.
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Die als einheitlich anzusehende Beschwerde des Schuldners vom 06.08.2002 und
07.08.2002 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 17.07.2002 ist unbegründet.
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Der Antrag des Schuldners vom 10.07.2002 auf Beiordnung von Rechtsanwalt C für die
Insolvenzplanersteilung ist unzulässig. Denn der Schuldner hat mit Schriftsatz vom
27.11.2001 bereits einen Antrag auf Stundung und Beiordnung gestellt. Aufgrund dieses
Antrags wurden ihm mit Beschluss vom 01.03.2002 die Verfahrenskosten für das
Eröffnungsverfahren und das Hauptverfahren gestundet und der Antrag auf Beiordnung
eines Rechtsanwalts zurückgewiesen. Die Zurückweisung des Beiordnungsantrags
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umfasst danach dieselben Verfahrens abschnitte des Eröffnungsverfahrens und des
Hauptverfahrens. Das Amtsgericht hat in seinem Beschluss vom 01.03.2002 auch auf
die vom Schuldner beabsichtigte Insolvenzplanersteilung Bezug genommen und hierin
gerade keinen Beiordnungsgrund gesehen.
Die Stundung erfolgt gemäß § 4 a Abs. 3 S. 2 InsO für jeden Verfahrensabschnitt be-
sonders. Dementsprechend richtet sich auch die Beiordnung, die gemäß § 4 a Abs. 2
InsO die Stundung voraussetzt, nach den entsprechenden Verfahrensabschnitten. Der
Insolvenzplan kann gemäß § 218 Abs. 1 InsO mit dem Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens verbunden oder bis zum Schlusstermin beim Gericht eingereicht
wer- den. Die Aufstellung des Insolvenzplans stellt keinen eigenen Verfahrensabschnitt
dar, vielmehr ist der Insolvenzplan im Rahmen des Eröffnungs- bzw. Hauptverfahrens
vor- zulegen, welches einen Verfahrensabschnitt im Sinne des § 4 a InsO darstellt (vgl.
Kübler/Prütting, a.a.O., § 4 a Rdnr. 22). Von der Antragsteilung auf Beiordnung eines
Rechtsanwalts im Eröffnungs- und Hauptverfahren ist somit auch die Beiordnung eines
Rechtsanwalts für eine etwaige Insolvenzplanersteilung erfasst. Darüber hat das
Amtsgericht bereits durch Beschluss vom 01.03.2002 entschieden hat. Eine erneute
Antragsteilung auf gesonderte Beiordnung für die Insolvenzplanaufstellung kommt nicht
in Betracht.
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Davon abgesehen liegen die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts
gemäß § 4 a Abs. 2 InsO aufgrund der beabsichtigten Aufstellung eines Insolvenzplans
durch den Schuldner, wie oben ausgeführt, ohnehin nicht vor.
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IV.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO, 1 Abs. 1 GKG.
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Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus §§ 14 GKG, 3 ZPO.
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Einer Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde bedurfte es nicht, da
diese gemäß § 7 InsO statthaft ist.
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