Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 13.12.2004
LArbG Mainz: ordentliche kündigung, arbeitsgericht, zustellung, quelle, klageerweiterung, datum, gebühr
LAG
Mainz
13.12.2004
2 Ta 251/04
Gegenstandswert bei mehreren Kündigungen
Aktenzeichen:
2 Ta 251/04
11 Ca 1815/04
ArbG Koblenz
- AK Neuwied -
Verkündet am: 10.12.2004
Tenor:
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige
Kammern Neuwied - vom 25.10.2004, Az: 11 Ca 1815/04, wird bei einem Verfahrenswert von 259,-- Euro
auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer ist der Prozessbevollmächtigte der Beklagten. Er wendet sich im eigenen Interesse
gegen einen Gegenstandswertbeschluss. Dieser erging in einem Kündigungsschutzverfahren.
Dort hatte der Kläger zunächst beantragt, 1.) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den
Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung vom 28.07.2004 aufgelöst wurde, 2.) die Beklagte zu
verurteilen, ihm ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen sowie - hilfsweise zu 2.) für den Fall des
Unterliegens mit Antrag 1.): 3.) die Beklagte zu verurteilen, ihm ein qualifiziertes Endzeugnis zu erteilen.
Die streitgegenständliche Kündigung vom 28.07.2004 hat die Beklagte im Kündigungsschreiben auf
betriebliche Erfordernisse nach § 1 II Satz 1 KSchG gestützt. Außerdem hat sie den Kläger darin mit
sofortiger Wirkung bis zu seinem letzten Arbeitstag - dies ist der 31.08.2004 - von der Arbeit freigestellt.
Nachdem die Beklagte unter dem 20.08.2004 eine weitere Kündigung ausgesprochen hatte, hat der
Kläger auch diese per Klageerweiterung im gleichen Verfahren angegriffen. Die Kündigung vom
20.08.2004 wurde von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten - dem Beschwerdeführer -
ausgesprochen. Ein Kündigungsgrund ist darin nicht angegeben.
Die Parteien schlossen im Gütetermin einen sog. Abfindungsvergleich, wobei sie u.a. vereinbart haben,
dass das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2004 aufgrund ordentlicher, betriebsbedingter
Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat.
Danach setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert des Verfahrens durch Beschluss vom 25.10.2004
auf 7.700,-- Euro fest, wobei es drei Bruttomonatsgehälter von je 2.200,-- Euro für die
Kündigungsschutzklage ansetzte und ein halbes Bruttomonatsgehalt für den Zeugnisantrag.
Der Beschwerdeführer hat gegen diesen Beschluss, der ihm am 27.10.2004 zugestellt wurde, mit einem
am 03.11.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz
Beschwerde
am 03.11.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz
Beschwerde
Arbeitsgericht habe zu Unrecht den weiteren Antrag des Klägers gegen die Kündigung vom 20.08.2004 in
der Gegenstandswertbemessung unberücksichtigt gelassen. Er begehrt deshalb eine Erhöhung der
Wertfestsetzung um die Höhe des Bruttoentgelts "entsprechend der folgenden Zeitdifferenz", also der Zeit
zwischen dem 31.08.2004 und dem 30.09.2004 (was ein Monatsgehalt á 2.200,-- Euro ausmacht).
Zur Begründung führt er aus, es habe sich bei der Kündigung vom 20.08.2004 um eine Kündigung aus
verhaltensbedingten Gründen gehandelt.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.
1.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft nach § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG. Der Beschwerdeführer ist als
Antragsberechtigter beschwerdebefugt, da die Gegenstandswertbemessung für seine gesetzlichen
Honoraransprüche maßgeblich ist (§ 33 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 RVG). Der Mindestbeschwerdewert von
200,-- Euro ist gegeben. Die Gebührendifferenz beläuft sich bei einem Gegenstandswert von 9.900,-- Euro
gegenüber einem solchen von 7.700,-- Euro auf eine Summe von 259,-- Euro (3,5-fache Gebühr von 74,--
Euro entspr. Nr. 3100, 3104 und 1003 der Anlage 1 zum RVG). Auch ist die Beschwerde fristgerecht
erhoben worden, da zwischen der Zustellung des Beschlusses und dem Eingang der Beschwerde bei
Gericht weniger als zwei Wochen lagen (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG).
2.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Gegen-standswert zu Recht auf
7.700,-- Euro festgesetzt. Eine höhere Bemessung ist weder aufgrund des Vortrags des
Beschwerdeführers noch im Hinblick auf die von ihm angeführte Judikatur geboten.
a)
Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses
höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend.
Inwieweit eine Anhebung des Vierteljahresverdienstes bei Angriffen gegen mehrere Kündigungen in
einem einheitlichen Verfahren geboten ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt
(eingehend hierzu etwa: Schwab/Weth-Vollstädt, ArbGG (2004), § 12 Rz. 244 ff.).
b)
Entscheidung der 1. Kammer vom 18.04.1986 (LAGE § 12 ArbGG 1979 Nr. 59 Streitwert) auf eine
Auslegung dahin gehend verständigt, dass mehrere, in einem Verfahren angegriffene Kündigungen
einheitlich mit dem Höchstsatz des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG (ehemals: § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG), das heißt
mit einem Vierjahresverdienst zu bemessen sind, wenn sie im Wesentlichen auf einem Lebenssachverhalt
beruhen (vgl. zuletzt etwa: LAG Rheinland-Pfalz 4 Ta 600/01, n.v.; 2 Ta 619/01, MDR 2001, 1174 f.;
ebenso BAG NZA 1985, 296; LAG München NZA-RR 2000, 661; LAG Nürnberg NZA 1992, 617).
Maßgeblich für diese Auslegungsweise sind dabei der Wortlaut des Gesetzes, der die Frage des
"Bestehens" oder "Nichtbestehens" des Arbeitsverhältnisses in den Mittelpunkt der Regelung stellt, wie
auch eine zweckbezogene, wirtschaftliche Betrachtungsweise, die insbesondere auch das Kostenrisiko
des Arbeitnehmers in Betracht zieht (vgl. Arbeitsrechtslexikon/Schwab (Stand: 10/04),
Streitwert/Gegenstandswert, unter II.2).
c)
angeführten Rechtsprechung Abstand zu nehmen. Die streitgegenständlichen Kündigungen stehen in
einem einheitlichen Lebenssachverhalt. Die Kündigung vom 20.08.2004 hat gegenüber der Kündigung
vom 28.07.2004 lediglich den Charakter einer nachgeschobenen vorsorglichen Kündigung. Dies ergibt
sich sowohl aus dem Wortlaut des Kündigungsschreibens vom 20.08.2004, das keine weiteren
Kündigungsgründe mehr anführt, wie auch aus dem abgeschlossenen Beendigungsvergleich, der
lediglich die Kündigung vom 28.07.2004 in Bezug nahm. Dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner
Beschwerdebegründung anführt, die Kündigung vom 20.08.2004 habe verhaltensbedingte Gründe
gehabt, ist aufgrund der Freistellung des Klägers seit dem 28.07.2004 ohne nähere Darlegungen nicht
ohne weiteres ersichtlich, so dass sie auch die erste Kündigung hätte stützen können.
d)
Beschwerde insgesamt zurückzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.