Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 13.08.2009
LArbG Mainz: krasses missverhältnis, vergütung, arbeitsgericht, vieh, arbeitsbedingungen, belastung, beschränkung, senkung, akkordlohn, rechtfertigung
LAG
Mainz
13.08.2009
2 Sa 278/09
Fleischbeschauer
Aktenzeichen:
2 Sa 278/09
4 Ca 1220/08
ArbG Trier
Urteil vom 13.08.2009
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 04.03.2009 - 4 Ca 1220/08 -
wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Rechtfertigung einer personenbedingt ausgesprochenen
Änderungskündigung.
Seit März 1998 ist der 51-jährige Kläger im Schlachthof der Beklagten beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom
20.02.1998 beschreibt seine Tätigkeit als Kopfschlächter. Nach dem Vertrag ist der Kläger dazu
verpflichtet, alle übertragenden Arbeiten sorgfältig und gewissenhaft auszuführen und bei Bedarf auch
andere als die bezeichneten Arbeiten im Rahmen des Zumutbaren zu übernehmen sowie sich auch in
andere Betriebsabteilungen versetzen zu lassen. Die Vergütung erfolgt nach § 4 Nr. 1 ausschließlich nach
geleisteten Schlachteinheiten, welcher unterschiedliche Beträge für die Art der Schlachteinheiten
(Schweine, Großvieh, Sauen, etc.) vorsieht. Weiter ist ausgeführt, dass alle anderen Arbeiten, für die es
keine Stückvergütung gibt, wenn diese angeordnet sind mit 27,00 DM je Stunde vergütet werden.
Der Arbeitseinsatz des Klägers erfolgt im sogenannten Schlachtband, welches 20 einzelne
Arbeitspositionen umfasst. Einige der dort verrichteten Arbeiten sind körperlich leichter zu bewältigen,
andere körperlich deutlich schwerer. Die Kopfschlächter rotieren an den einzelnen Arbeitspositionen.
Nachdem der Kläger im Jahre 2006 am Knie operiert wurde und längere Zeit arbeitsunfähig war, durchlief
er im Betrieb eine stufenweise Wiedereingliederung. Seit 2006 wird er nur noch in leichteren Funktionen
eingesetzt und nimmt an der vollständigen Rotation sämtlicher Kopfschlächter nicht mehr teil. Am
Schlachtband ist der Kläger eingesetzt an den Arbeitspositionen Bedienung von Betäubungsanlagen und
Stechen von Schweinen. Dies folgt auch seiner eigenen Aufforderung an die Beklagte im Schreiben
seiner Prozessbevollmächtigten vom 16. Mai 2008. Diese Beschränkung des Einsatzes bezieht sich auf
die Schweineschlachtung, bei allen anderen Schlachtungen, die bei der Beklagten, wenn auch im
verringertem Maße vorkommen, wird der Kläger mit sämtlichen Tätigkeiten eingesetzt.
Vor Ausspruch der streitbefangenen Änderungskündigung fanden zwischen den Parteien Verhandlungen
statt, die der verminderten Einsatzmöglichkeit des Klägers Rechnung tragen sollten. Die Beklagte bot dem
Kläger für die Tätigkeiten Schweineschlachtung eine Stückvergütung von 5,3 Cent pro
Schweineschlachteinheit an. Der Kläger wurde auch arbeitsmedizinisch untersucht. In der Untersuchung
vom 24.07.2008 wurden "derzeit nur teilweise sitzende Tätigkeiten an der Tötungsmaschine oder beim
Stechen" gutgeheißen, nicht aber ein universeller Einsatz. Weiter heißt es in der Stellungnahme des TÜV
Rheinlandes wörtlich:
"Ziel eine bessere Einsetzbarkeit, Ernährungsberatung, flexiblere insatzfähigkeit."
Der Kläger hat mittlerweile eine Reha-Maßnahme durchlaufen, die mit einer Gewichtsreduzierung endete.
Der Kläger leidet nach Angaben in der mündlichen Verhandlung immer noch an gesundheitlichen
Einschränkungen und ist nach eigener Angabe mittlerweile als schwerbehinderter Mensch mit einem
Grad vom 80 anerkannt.
Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 18.09.2008 das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31.01.2009
und bot dem Kläger zugleich an, ihn ab 01.02.2009 unter den geänderten Bedingungen weiter zu
beschäftigen, dass er ab 01.02.2009 in der Schweineschlachtung nur noch an den leichteren
Arbeitspositionen Betäubungsanlagen bedienen und Schweine stechen eingesetzt wird. Es handle sich
hierbei um eine teilweise sitzende Tätigkeit. Für diese Tätigkeit solle der Kläger einen Stundenlohn in
Höhe von 13,80 Euro erhalten.
Der Kläger hat die Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen und Kündigungsschutzklage mit
am 24.09.2008 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz eingereicht.
Er hat vorgetragen, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei sozial nicht gerechtfertigt. Es gebe keine
gesundheitlichen Gründe, aus denen heraus er nicht in der Lage sei, seine Arbeitsleistung als
Kopfschlächter in vollem Umfang zu erbringen. Er sei weiterhin, auch wenn er nur teilweise
Arbeitspositionen ausfülle, als Kopfschlächter eingesetzt. Die Rehabilitationskur sei angetreten und werde
ein positives Ergebnis erbringen. Unabhängig davon sei er beim Einsatz an der Tötungsmaschine
weiterhin am Schlachtband tätig und müsse an dessen Akkordergebnis teilnehmen. Die mit der
Änderungskündigung zugewiesenen Arbeiten seien deshalb auch keine anderen Tätigkeiten, für die nur
ein vertraglicher Stundenlohn in Frage komme.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass die Änderungskündigung vom 18.09.2008 zum 31.01.2009 sozial ungerechtfertigt ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, entgegen vorheriger Erwartungen habe sich der Gesundheitszustand des Klägers
nicht gebessert. Er verhalte sich genesungswidrig, nachdem er an Gewicht zugelegt habe und eine Reha-
Maßnahme im Oktober 2008 nicht angetreten habe. Er sei nunmehr nicht mehr universell einsetzbar und
könne dauerhaft nicht mehr an sämtlichen Arbeitseinheiten des Schlachtbandes eingesetzt werden. Dies
führe zu sozialem Unfrieden. Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag sei so zu verstehen,
dass nur für universelle Tätigkeiten als Kopfschlächter der Akkordlohn auf Basis der Schlachteinheiten
bezahlt würde. Dieser Akkordlohn belaufe sich aktuell auf ca. 17,00 Euro bis 18,00 Euro pro Stunde brutto.
Weil der Kläger nur noch leichteren Einsatz bringen könne, könne er nicht mehr den vollen Akkord
verlangen, sondern nur noch den Ausgangslohn. Bei der Zuordnung handele es sich um keine
Entgeltsenkung sondern lediglich um Festschreibung der vom Kläger noch erarbeiteten Lohnhöhe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitenstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand
des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 04.03.2009 verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Im Wesentlichen hat es ausgeführt, die
Änderungskündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Gründe, die zur sozialen Rechtfertigung der Änderung
hinreichten, müssten den Inhalt der Änderung rechtfertigen können.
Dies könne aus personen- , verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen der Fall sein. Voraussetzung sei
bei einer Änderungskündigung, die mehrere Änderungen umfasse, dass jede einzelne Änderung auch
unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips dem Gekündigten zumutbar und angemessen
erscheine. Bei einer personenbedingten Änderungskündigung sei erforderlich, dass der Arbeitnehmer die
vertraglich geschuldete Arbeitsleitung auf seinem bisherigen Arbeitsplatz infolge eines in seiner Person
liegenden Grundes nicht mehr erbringen könne, er jedoch für einen anderen Arbeitsplatz weiterhin
geeignet sei. Hierzu bedürfe es einer Negativprognose. Auch müsse die Interessenabwägung zugunsten
des Kündigenden ausfallen.
Die von der Beklagten gewünschte Änderung des Tätigkeitsfeldes lasse sich nicht aus
personenbedingten Gründen rechtfertigen. Soweit die Beklagte zur Negativprognose vortrage, der Kläger
sei den Einsatz auf 18 Stationen des Schlachtbandes körperlich nicht mehr gewachsen, seien zwar einige
Anknüpfungstatsachen für die dauerhafte Einsatzbeschränkung benannt. Nicht dargelegt und auch nicht
weiter ersichtlich sei indes die Beschränkung der angedachten Änderungen allein auf den Bereich der
Schweineschlachtung. Alle anderen Schlachtungen sollte der Kläger an allen Stellen und mit allen
Belastungen ausführen können. Warum das aber sein sollte, der Kläger also an Tagen, an denen
Großvieh geschlachtet werde, keinerlei gesundheitliche Einschränkungen besitzen solle, während ihm
beim Schweineschlachten das Meiste zu anstrengend sei, sei allenfalls im Hinblick auf häufigere Wechsel
zwischen stehender und sitzender Tätigkeit oder ähnlichem denkbar, allerdings in keiner Weise näher
dargetan. Des weiteren unbelegt blieben die betrieblichen Interessenstörungen der Beklagten. Zwar habe
diese vorgetragen, es gebe kollegiale oder soziale Spannungen, wenn der Kläger seinen alten
Arbeitsvertrag behalte, aber nur noch an der Betäubungsanlage und beim Schweinestechen eingesetzt
werden könne. Was das im Einzelnen bedeute, sei nicht näher belegt.
Soweit die Beklagte schließlich die künftige Vergütung für Schweineschlachtungen auf 13,80 EUR brutto
je Stunde beschränke, sei dies auch nicht eigenständig betriebsbedingt sozial gerechtfertigt. Dass es sich
um eine ändernde Maßnahme handele, ergäbe sich dabei schon daraus, dass der Kläger künftig immer
nur noch mit zwei Stationen im Schlachtband bleibe, aber aus der angestammten Vergütung als
Kopfschlächter herausfiel. Nach der schon dem Wortlauf nach unmissverständlichen Regelung des
Arbeitsvertrages habe der Kopfschlächter Anspruch auf eine Vergütung ausschließlich nach
Schlachteinheiten. Auch bei künftig verbliebenen zwei Stationen im Schlachtband sei er weiter
Kopfschlächter und als solcher zu bezahlen. Die nur für andere Arbeiten vereinbarte Auffangvergütung
von 13,80 EUR brutto komme nicht zu tragen. Für die Wirksamkeit der Änderung komme es auf die
Herstellung eines angemessenen Äquivalenzverhältnisses an, das bei einer Senkung auf 13,80 EUR
brutto nicht vorliege. Die Beklagte müsse sich auf Änderungen beschränken, die dem Kläger zumutbar
waren. Zumutbar heiße im mindesten, dass die künftige Vergütung nach den Maßstäben des alten
Gefüges noch ein gerechtes Abbild des künftig veränderten Arbeitseinsatzes enthalten müsse. Der Kläger
verliere annähernd 5,00 EUR brutto pro Stunde. Da seine Arbeit nicht nur körperliche sondern auch
geistige Leistungen enthielte, indem sie auf Erfahrung, Beobachtung, Einschätzung und Umsetzung aller
Umgebungsfaktoren abstelle, konnte die Beklagte nicht allein aus den geringeren Rotationsmöglichkeiten
und der verringerten Kraftanstrengung schon auf diese drastische Lohnkürzung schließen. Auch die vom
Vertrag ohnehin nur für andere als Schlachtarbeiten vorgesehenen 13,80 EUR brutto ergaben noch nicht
von selbst das notwendige Äquivalenzmaß. Es hätte zumindest andeutungsweise arbeitswertmäßig
dargestellt werden müssen, dass und warum die Ausführungen an zwei von 20 Stationen künftig soviel
weniger Wert waren, um die bald 5,00 EUR Lohnabschlag zu senken. Hierzu sei weder etwas gesagt
noch zu erkennen gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung
verwiesen.
Das Urteil wurde der Beklagten am 22.04.2009 zugestellt. Die Beklagte hat hiergegen am 06. Mai 2009
Berufung eingelegt und ihre Berufung mit am 16. Juni 2009 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Sie vertritt die Auffassung, das Leistungsvermögen und die Einsatzfähigkeit des Klägers unterschreite die
berechtigte Gleichwertigkeitserwartung der Beklagten in einem Maße, dass ihr ein Festhalten an dem
unveränderten Arbeitsvertrag unzumutbar sei. Der Kläger sei als Kopfschlächter eingestellt worden.
Aufgrund seines Gesundheitszustandes sei er nicht mehr in der Lage, im Rotationssystem zu arbeiten.
Daher liege es schon neben der Sache, wenn das Arbeitsgericht in den Urteilsgründen ausführe, es seien
"zwar einige Anknüpfungstatsachen" für die dauerhafte Einsatzbeschränkung benannt. Der Kläger könne
nur noch auf den leichten Arbeitspositionen sogar auf eigenen Wunsch eingesetzt werden, weil er sich
nicht mehr imstande sehe, im normalen Rotationssystem zu arbeiten. Dies werde er auch in Zukunft nicht
mehr können. Das Äquivalenzverhältnis sei aufgrund dieser geringen Einsatzmöglichkeit und der
Leistungsminderung erheblich gestört. Die Arbeitsposition Betäubungsanlage bzw. Töteanlage bedienen
stelle die leichteste Tätigkeit dar. Auch die vom Kläger noch teilweise verrichtete Tätigkeit des
Schweineentblutens stelle eine leichtere Arbeitsposition dar.
Hierzu legt die Beklagte vor die Bewertung der Arbeitsschritte in der Schweineschlachtung durch den
TÜV-Rheinland gemäß der Lastenhandhabungsverordnung mit der Leitmerkmalmethode. Die
Arbeitsposition Töteanlage bedienen werde im Risikobereich eins eingeordnet mit einer Beschreibung:
geringe Belastung, Gesundheitsgefährdung durch körperliche Überbeanspruchung ist unwahrscheinlich.
Auch die Arbeitsposition Schweineentbluten mit dem Risikobereich zwei sei eine leichtere Tätigkeit, die
beschreiben werde mit: erhöhte Belastung, eine körperliche Überbeanspruchung sei bei vermindert
belastbaren Personen möglich. Für diesen Personenkreis seien Gestaltungsmaßnahmen sinnvoll.
Der Kläger sei an der Arbeitsposition Töteanlage bedienen zu 75 % eingesetzt, lediglich zu 25 % sei
seine Arbeitszeit an der Arbeitsposition Schweineentbluten. Der Durchschnittswert der Belastung der
übrigen Mitarbeiter liege bei einem Einsatz im Rotationssystem an den 19 Arbeitspositionen bei 43,97
Punkten, während beim Kläger ein Durchschnittswert von 12 Punkten erreicht werde. Somit stehe fest,
dass der Kläger nicht einmal zu 1/3 die Leistungen erbringe, die die anderen Mitarbeiter zu erbringen
hätten, er sei auch kaum Belastungen ausgesetzt. Die Beklagte verweist auch auf die
Änderungsvereinbarung vom 23.05.2005, wonach ausdrücklich vereinbart sei, dass Grundlage für die
Stückvergütung die Schlachtgeschwindigkeit am Schlachtband sei. Die Arbeiten an der Töteanlage
gehörten jedoch nicht zu den Tätigkeiten am Schlachtband. Dies bestehe aus einer Förderkette, die mit
Mitnehmern bestückt sei. Diese Mitnehmer förderten die Schweineschlachteinheiten in festen Abständen.
Hierdurch entstehe eine feste Arbeitszeittaktung. Beginn und Ende des jeweiligen Arbeitsplatzes seien
baulich vorgegeben. Bei einer Schlachtgeschwindigkeit von 280 Schlachtschweinen pro Stunde blieben
dem Mitarbeiter am Schlachtband 12,86 Sekunden für die einzelne Bearbeitung. Bei der Töteanlage
hingegen sei kein fester Takt für die Bearbeitung vorgegeben. Der Kläger könne den Zeitablauf bezüglich
des Eintreibens der Schweine in die Betäubungsgondel selbst beeinflussen. Schließlich weist die
Beklagte noch darauf hin, dass es den Arbeitsgang an der Töteanlage bei Abschluss des Arbeitsvertrages
im Jahre 1998 noch nicht gegeben habe, diese Anlage sei erst im September 2001 in Betrieb genommen.
Da der Arbeitsgang wegen der Rotationen nur mit einem Bruchteil von max. vier bis fünf Prozent zu
bewerten sei, sei er aus Vereinfachungsgründen als Stückvergütung mit entlohnt worden.
Angesichts des Umstandes, dass der Kläger inzwischen den Großteil seiner Arbeitszeit an der Töteanlage
verbringe, sei eine Stückvergütung weder angemessen noch vertragsgemäß. Es läge ein krasses
Missverhältnis zwischen der Arbeitsleistung und der Vergütung vor.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 04.03.2009, zugestellt am 22.04.2009, 4 Ca 1220/08, abzuändern
und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Zunächst beanstandet der Kläger, dass die Berufung nicht ordnungsgemäß begründet sei. Die Beklagte
habe sich nicht mit sämtlichen tragenden Erwägungen des angefochtenen Urteils auseinandergesetzt,
insbesondere nicht mit der Erwägung, alle anderen Schlachtungen, die bei der Beklagten vorkämen,
insbesondere Schlachtung von Großvieh, solle der Kläger ausführen können. Darüber hinaus erfolge die
Darstellung der arbeitswertmäßigen Bewertung der Tötungsmaschine erstmals in der
Berufungsbegründung.
Berufungsbegründung.
Die Behauptung, der Kläger arbeite nicht am Schlachtband sei unbeachtlich. Erstinstanzlich habe die
Beklagte vorgetragen, es handele sich bei der vom Kläger verrichteten Tätigkeit um eine Arbeit am
Schlachtband.
Er könne weiterhin als Kopfschlächter unter Berücksichtigung seiner bestehenden gesundheitlichen
Einschränkungen tätig sein.
Ein krasses Missverhältnis zwischen der Arbeitsleistung und der Vergütung liege nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den
vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren,
verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 13.08.2009.
Entscheidungsgründe:
I.
(§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 519 ZPO).
Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
II.
entsprochen und festgestellt, dass die ausgesprochene Änderung der Arbeitsbedingungen im
Zusammenhang mit der Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt ist.
Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Tatsachen aufgetreten, die eine Abweichung
von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten.
Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei kurz auf folgendes hinzuweisen:
Zutreffend ist zwar der Ansatz, dass es etwas unverständlich erscheint, wenn das Arbeitsgericht feststellt,
krankheitsbedingte Einschränkungen seien lediglich angedeutet worden.
Hier ist festzuhalten, dass unstreitig der Kläger, jedenfalls im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung,
wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht an sämtlichen Arbeitspositionen in der
Schweineschlachtung eingesetzt werden kann. Lediglich Andeutungen liegen also ersichtlich nicht vor.
Vielmehr bestehen doch gravierende gesundheitliche Einschränkungen des Klägers, die schließlich auch
zur Feststellungen der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch geführt haben.
Diese Einschränkungen liegen auch dann vor, wenn der Kläger bei der Schlachtung von Großvieh an
verschiedenen, auch schwereren Arbeitspositionen eingesetzt wird, was zwischen den Parteien unstreitig
ist. Der Kläger hat aber einen beschränkten Einsatz an Positionen außerhalb der Schweineschlachtung
vorprozessual nicht gefordert. Die Beklagte ist lediglich der Aufforderung des Klägers nachgekommen, ihn
lediglich an zwei Arbeitspositionen im Bereich der Schweineschlachtung einzusetzen.
Da sich die Beklagte allerdings mit der Behauptung des Arbeitsgerichts, eine gesundheitliche
Beeinträchtigung sei nur angedeutet, in zureichender Weise auseinandergesetzt hat und hier eine
Begründung geliefert hat, weswegen diese Entscheidung fehlerhaft sein soll, ist die Berufung zwar
zulässig, im Ergebnis aber nicht begründet.
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts ist allein schon deswegen richtig, weil eine Störung des
Äquivalenzprinzipes nicht festgestellt werden kann. Im Berufungsverfahren hat sich die Beklagte mit
neuem Sachvortrag damit auseinandergesetzt, dass die vom Kläger ausübbare Tätigkeit von der
Wertigkeit her nicht mehr die ursprünglich vereinbare Arbeitsvergütung rechtfertigt.
Es kann offen bleiben, ob diese Auffassung zutreffend ist, jedenfalls kann die Kammer auch im
Berufungsverfahren nicht feststellen, dass allein mit einer Darlegung, dass die Risikostufe, welche den
einzelnen Arbeitsschritten zugeordnet ist, die deutliche Minderleistung indiziert. Hierzu ist lediglich
anzuführen, dass das Arbeitsgericht in seinem Urteil auch auf den zutreffenden Gesichtspunkt
hingewiesen hat, dass auch die Bearbeitung von leichteren Arbeitsschritten hinsichtlich der Wertigkeit der
Leistung für den Arbeitgeber maßgebend auch damit beeinflusst wird, wie diese Arbeit ausgeführt wird,
also Erfahrungen, Beobachtungen, Einschätzungen und Umsetzung aller Umgebungsfaktoren mit zu
berücksichtigen sind.
Die Qualität der Arbeitsleistung des Klägers oder seiner Kollegen in der Tätigkeit als Kopfschlächter wird
eben nicht ausschließlich dadurch beeinflusst, dass und ggf. welche schwierigen körperlichen Leistungen
zu erbringen sind. Auch die vorbezeichneten Faktoren bilden Qualitätsmerkmale der Arbeit und fließen als
wirtschaftliches Gegengewicht zu der vereinbarten Lohnfindung in ein Gleichwertigkeitsverhältnis mit ein.
Des weiteren ist festzustellen, dass der Kläger nach wie vor als Kopfschlächter am Schlachtband arbeitet,
auch wenn er nur mit zwei Positionen in der Rotation eingesetzt wird und zwar aufgrund eigenen
Wunsches. Für die Tätigkeit als Kopfschlächter ist eine Stückvergütung vereinbart, die sich im sog.
Gruppenakkord nach den Schlachteinheiten richtet.
Es ist nicht dargestellt, aus welchen Gründen es erforderlich ist, weil der Kläger nur noch an zwei
Positionen eingesetzt werden kann, die - hierzu braucht ein Sachverständigengutachten nicht erhoben
werden -, körperlich deutlich weniger anstrengend sind als die anderen Tätigkeiten mit einem Lohn
vorlieb nehmen muss, der sich zum einen nicht mal mehr an der Stückvergütung orientiert, zum anderen
auch zu einem realen Einkommensverlust von ca. 5,00 EUR pro Stunde führen wird.
Die Änderung der Arbeitsbedingungen muss in jedem Falle durch die Änderung des arbeitsvertraglichen
Umfeldes auch gedeckt sein und dem entsprechen. Dass dies bei dem Angebot einer reinen
Stundenvergütung für Tätigkeiten, die vertragsgemäß grundsätzlich in Stückvergütung zu begleichen sind,
nicht der Fall ist, ergibt sich schon allein daraus, dass es der Beklagten zumutbar war, den Kläger
weiterhin in Stückvergütung zu vergüten, sie dem Kläger ja auch vorprozessual ein Angebot gemacht hat,
die lediglich einer Senkung der Stückvergütung zum Gegenstand hatte.
Ob eine derartige Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt wäre, war nicht Gegenstand des
vorliegenden Rechtsstreits.
Nach allem erweist sich die angefochtene Entscheidung als zutreffend, die hiergegen gerichtete Berufung
der Beklagten musste mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO der Zurückweisung unterliegen.
Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.