Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 30.09.2004
LArbG Mainz: innere medizin, treu und glauben, unwirksamkeit der kündigung, kündigungsfrist, anhörung, begründung der kündigung, chirurgie, ordentliche kündigung, gesellschaft, anstellungsverhältnis
LAG
Mainz
30.09.2004
4 Sa 414/04
Beabsichtigte Betriebsstillegung; Änderung der tasächlichen Grundlage der Prognose;
Wiedereinstellungsanspruch
Aktenzeichen:
4 Sa 414/04
3 Ca 1564/03
ArbG Trier
Entscheidung vom 30.09.2004
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 06.04.2003 - 3 Ca 1564/03 -
unter Aufrechterhaltung im Übrigen teilweise abgeändert:
1. Die Klage des Klägers wird insgesamt abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Berechtigung dreier seitens des Beklagten ausgesprochener
betriebsbedingter Kündigungen gegenüber dem Kläger.
Der Beklagte betrieb in O ein Krankenhaus. Er ist Rechtsträger mehrerer Krankenhäuser und betreuender
Einrichtungen an verschiedenen Standorten in Deutschland. Im Krankenhaus in O war der Kläger seit
01.07.1994 zunächst als Krankenpfleger, zuletzt als stellvertretender Stationsleiter in der Abteilung
Rheumatologie beschäftigt. Er ist am 15.07.1972 geboren, ledig, ohne Unterhaltsverpflichtung und
verdiente zuletzt 2.310,95 € brutto monatlich. Ende Juli 2003 beschäftigte der Beklagte im Krankenhaus O
etwa 250 Mitarbeiter in Vollzeit und Teilzeit auf etwa 160 Vollkräftestellen. Im Krankenhaus war eine
Mitarbeitervertretung unter der Geltung der Ordnung für Mitarbeitervertretungen im Bistum T (MAVO)
gewählt worden. Der Beklagte hatte das Brüderhaus St. J in O ab 01.03.2001 von der katholischen
Kirchengemeinde St. N in O übernommen. In der Folgezeit verschlechterte sich die wirtschaftliche
Situation des Krankenhauses mit Verlusten von 751.800,00 € im Jahre 2001, in Höhe von 523.000,00 € im
Jahre 2002 und einer Prognose für das Jahr 2003 mit 689.000,00 €.
Die Beklagte hatte daher den Entschluss gefasst, die Trägerschaft des B-krankenhauses zum 31.12.2003
vollständig aufzugeben und dies in einem ersten Gespräch im Gesundheitsministerium N-W am
11.12.2002 signalisiert.
Als die J-gesellschaft K als Träger der E-Klinik im Nachbarortsteil B von dieser Absicht erfuhr, zeigte sie
Interesse daran, einen Teil des Krankenhauses O zu übernehmen. In mehreren Gesprächen wurde ein
auch von den Krankenkassen und der Landesregierung N-W getragenes Übernahmekonzept entwickelt,
demzufolge die Bereiche Rheumatologie und Unfallchirurgie auf die E-Klinik übergehen sollten. Die J-
gesellschaft wollte die Innere Medizin und die Abteilung Allgemeine Chirurgie (mit Ausnahme der
Unfallchirurgie) nicht übernehmen. Bis zum Sommer des Jahres 2003 fand sich auch kein anderer
Übernehmer für diese Abteilungen. Durch die Teilbetriebsschließung ergab sich ein verminderter
Personalbedarf. Mit Schreiben vom 17.07.2003, am gleichen Tag übergeben, hörte der Beklagte die
Mitarbeitervertretung zu 79 beabsichtigten Kündigungen, darunter auch zur Kündigung des Klägers an.
Das Schreiben wurde am Nachmittag des 17.07.2003 dem Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung
übergeben. Wegen der Einzelheiten des Anhörungsverfahrens wird auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils, hier insbesondere S. 3 ff. verwiesen. Zur Vergleichsgruppe des Klägers
stellvertretende Stationsleitung im Pflegedienst ist ausgeführt, dass der Arbeitsplatz der Mitarbeiterin C
unmittelbar mit der Schließung wegfällt, die Tätigkeit des Mitarbeiters A. zukünftig von der sozial
schutzbedürftigeren Frau S H mit übernommen wird, deren Aufgaben in der zentralen Aufnahme zu 60 %
entfallen. Die Tätigkeit von Frau B vermindere sich um 55 % und werde zukünftig von der sozial
schutzbedürftigeren Mitarbeiterin D mit übernommen, die ihrerseits um 50 % entlastet werde.
Aus der Anlage des der Mitarbeitervertretung übergebenen Anhörungsschreiben sind die Sozialdaten des
Klägers ersichtlich, insbesondere sein Geburtsdatum, sein Alter, sein Familienstand, sein
Beschäftigungsbeginn, die Kündigungsfrist mit vier Monaten und seine Tätigkeit als Krankenpfleger,
stellvertretende Stationsleitung. Zur Begründung der Kündigung führte der Beklagte die dargestellte
Absicht an, den Bereich Innere Medizin und Allgemeine Chirurgie, ausgenommen die Unfallchirurgie zum
31.12.2003 zu schließen.
Mit Schreiben der Mitarbeitervertretung vom 25.07.2003, zugegangen am selben Tag, nahm die
Mitarbeitervertretung Stellung, in dem sie im Wesentlichen die Rechtsauffassung vertrat, die beabsichtigte
Kündigung erfolge wegen eines bevorstehenden Betriebsübergangs. Der Beklagte kündigte sodann das
Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 29.07.2003 sowie erklärte weitere 77 der beabsichtigten
79 Kündigungen. Die Kündigung ging dem Kläger am 30.07.2003 zu. Er hat mit am 19.08.2003 beim
Arbeitsgericht Trier eingegangener Klage Kündigungsschutzklage eingereicht.
Die Mitarbeitervertretung leitete anschließend bei der Schlichtungsstelle für das Bistum T ein
Schlichtungsverfahren ein. In seiner Sitzung am 1. Oktober 2003 fasste der Schlichtungsausschuss den
Beschluss, dass der Beklagte gegen die Anhörung und Mitberatung bei ordentlicher Kündigung nach
Ablauf der Probezeit verstoßen und die Mitarbeitervertretung damit in ihren Rechten aus § 34 MAVO für
das Bistum T verletzt habe. Zur Begründung wurde angegeben, das Anhörungsverfahren sei durch
Wiedergabe des Anhörungsschreibens vom 17.07.2003 nicht ordnungsgemäß in Gang gesetzt worden.
Die Liste der zu Kündigenden seien in dem Gespräch vom 17.07.03 als vorläufig und provisorisch
bezeichnet worden. Der Mitarbeiter des Beklagten Herr K habe die Mitarbeitervertretung gebeten, bei der
Verbesserung der fehlerhaften Liste mitzuwirken und nach seiner eigenen Aussage um strikte
Vertraulichkeit gebeten, damit im Hause keine unnötige Unruhe aufkomme. Die Einleitung des
Anhörungs- und Mitberatungsverfahrens lasse nicht erkennen, wer zu welchem Zeitpunkt entlassen
werden solle. Mit der Formulierung "Mitarbeiter, die zum 31.12.2003 oder bei längerer Kündigungsfrist
zum 31.03.2004 eine betriebsbedingte Kündigung erhalten sollten" sei für die Mitarbeitervertretung nicht
erkennbar, zu welchem Zeitpunkt genau dem einzelnen kündigungsbedrohten Mitarbeiter tatsächlich
gekündigt werden sollte. Die Einwendungen aus dem Schreiben vom 25.07.2003 seien daher nicht
verspätet.
Nach erneuter Anhörung der Mitarbeitervertretung hat der Beklagte dem Kläger wegen der geplanten
Teilbetriebsschließung eine zweite Kündigung unter dem 22.10.2003 zum 31.03.2003 ausgesprochen.
Auch gegen diese Kündigung hat der Kläger fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben.
Am 07.03.2003 entschied das Gesundheitsministerium N-W, der von der J-gesellschaft betriebenen E-
Klinik in B statt der Unfallchirurgie den Bereich Innere Medizin zuzuweisen. Aufgrund dieser veränderten
Umstände fand die ursprünglich geplante Schließung der Abteilung Innere Medizin nicht statt, vielmehr
wurde die gesamte Abteilung Allgemeine Chirurgie inklusive der Unfallchirurgie zum 31.12.2003
geschlossen. Auf die J-gesellschaft als Betreiber der E-Klinik gingen daher ab 01.01.2004 über die
Abteilung Rheumatologie und die Abteilung Innere Medizin. Unter dem 18.12.2003 kündigte der Beklagte
das Arbeitsverhältnis des Klägers erneut zum 30.06.2003 rein vorsorglich und begründete dies mit dem
Überhang von Arbeitskräften aufgrund weiterhin durchzuführender Teilbetriebsschließung. Gegen diese
Kündigung hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben. Der Beklagte und die Mitarbeitervertretung
des Brüderkrankenhauses O vereinbarten am 23.09.2003 einen Sozialplan, der eine Abfindung für den
Kläger vorsieht.
Infolge der ursprünglich beabsichtigten Schließung der Bereiche Innere Medizin und Allgemeine
Chirurgie wären im Bereich der stellvertretenden Stationsleitungen 2,65 Vollkräftestelle entfallen und zwar
in der Inneren Medizin eine Vollkräftestelle, in der Zentralen Aufnahme 0,6 Vollkräftestelle, in der Station
Privatpatienten 0,55 Vollkräftestellen und im OP-Bereich 0,5 Vollkräftestellen. Die später beschlossene
Schließung der Allgemeinen Unfallchirurgie, also des gesamten chirurgischen Bereiches führt in der
Vergleichsgruppe stellvertretende Stationsleitung zum Wegfall von insgesamt drei Vollkräftestellen,
nämlich zwei im Bereich Operation und Anästhesie (Chirurgie, 0,28 auf der Station Privatpatienten 0,38 im
Bereich der Zentralen Aufnahme und 0,32 im Bereich der Intensivpflege).
Der Kläger hat geltend gemacht, die Anhörung der Mitarbeitervertretung sei nicht ordnungsgemäß. Die
vorzunehmende Sozialauswahl müsse trägerweit über sämtliche Einrichtungen der Beklagten zu
erstrecken sein. Außerdem sei die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt, sie sei rechtsmissbräuchlich unter
Verwendung des Institutes einer Betriebsübernahme erfolgt. Kündigungsschutz könne dadurch nicht
unterlaufen werden, dass man sich entschließe, die Innere und die Allgemeine Chirurgie-Abteilung zum
31.12.2003 zu schließen und eine juristische Sekunde später den Restbetrieb auf einen andere
Rechtsträger zu übertragen.
Der Kläger hat beantragt,
(3 Ca 1565/03)
1.
es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des
Beklagten vom 29.07.2003 - zugestellt am 30.07.2003 - nicht zum 31.12.2003 aufgelöst wird.
2.
Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien über den 31.12.2003 hinaus
ungekündigt fortbesteht.
3.
Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
(3 Ca 2297/03)
1.
Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des
Beklagten vom 22.10.2003 - zugestellt am 25.10.2003 - nicht zum 31.03.2004 aufgelöst wird.
2.
Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien über den 31.03.2004 hinaus
ungekündigt fortbesteht.
(3 Ca 49/04)
1.
Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des
Beklagten vom 18.12.2003 - zugestellt am 23.12.2003 - nicht zum 30.06.2004 aufgelöst wird.
2.
Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien über den 30.06.2004 hinaus
ungekündigt fortbesteht.
3.
Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 30.05.2004 hinaus zu unveränderten
Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, dringende betriebliche Erfordernisse, welcher einer Weiterbeschäftigung des Klägers
im Betrieb entgegenstünden, lägen vor. Zu der Bildung von Vergleichsgruppen und der Sozialauswahl hat
er detailliert unter Darlegung des vorgenommenen Punkteschemas vorgetragen. Bei der ersten
Kündigung habe er in seiner Vergleichsgruppe der stellvertretenden Stationsleitung 40 Sozialpunkte
erreicht, nämlich 9 für die Dauer der Betriebszugehörigkeit und 31 für sein Lebensalter. Damit habe er in
seiner Vergleichsgruppe ausweislich der überreichten Liste den zweiten Rang eingenommen. Die sich in
der Mitarbeiterliste vor ihm befindliche Mitarbeiterin sei ebenfalls gekündigt worden.
Auf der Basis der Mitarbeiterliste vom 21.10.2003 habe er dann eine weitere Sozialauswahl durchgeführt.
Auch hier habe der Kläger mit 40 Sozialpunkten den zweiten Rang eingenommen. Die Mitarbeiterin mit
weniger Sozialpunkten als der Kläger sei zum 31.12.2003 gekündigt worden und ausgeschieden. Mit 53
Sozialpunkten sei Frau H die sozial schutzwürdigste Mitarbeiterin innerhalb dieser Vergleichsgruppe, die
im Dezember 2003 eine Kündigung erhalten habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Umfangreichen Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den
Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 06.04.2004, welches auch auf die im Verfahren
eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen hat, Bezug genommen. Das Urteil hat als Teil-Urteil
den Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers ausgenommen. Dieser Klageantrag ist mittlerweile
zurückgenommen.
Das Arbeitsgericht hat die Kündigungen vom 29.07. und vom 22.10.2003 für rechtsunwirksam gehalten.
Der Beklagte könne sich auf die Schließung des Bereichs Unfallchirurgie und auf die Sozialauswahl die in
Bezug auf die Schließung dieses Bereichs durchgeführt worden sind, zur Begründung der benannten
Kündigung nicht berufen, da die Mitarbeitervertretung weder zu dieser Schließung noch zu den
entsprechenden Sozialauswahlkriterien angehört worden seien. Insoweit bestehe ein Verwertungsverbot.
Mitgeteilt seien der Mitarbeitervertretung vor Ausspruch der Kündigungen die Schließung des Bereichs
Innere Medizin und der Allgemeinen Chirurgie, nicht jedoch die Schließung des Bereichs Unfallchirurgie.
Die unzutreffende Mitteilung führe dazu, dass die mitgeteilten Kündigungsgründe im
Kündigungsschutzprozess nicht verwertet werden dürften. Der Beklagte habe die mitgeteilten
Kündigungsgründe auch nicht nachschieben können, weil er den Entschluss, den Bereich Unfallchirurgie
zu schließen erst nach Zugang der streitbefangenen Kündigung gefasst habe. Er könne sich auch nicht
mit Erfolg auf die zunächst beabsichtigte Schließung des Bereichs Innere Medizin berufen. Zwar habe er
ursprünglich unstreitig die Schließung des Bereichs Innere Medizin neben dem Bereich Allgemeiner
Chirurgie beschlossen und hierauf die Kündigungen gestützt. Diese Prognose habe sich jedoch noch vor
Ablauf der laufenden Kündigungsfrist als unzutreffend herausgestellt mit der Folge, dass dem Kläger ein
Fortsetzungsanspruch zustehe, der der Wirksamkeit der Kündigungen vom 29.07. und 22.10.2002 nach
Treu und Glauben entgegen stehe. Zwar könne grundsätzlich die Wirksamkeit einer Kündigung nur nach
objektiven Verhältnissen zum Zeitpunkt des Kündigungszuganges beurteilt werden. Später eintretende
Veränderungen berührten die Wirksamkeit der Kündigung in der Regel nicht. Beruhe jedoch die
Kündigung auf einer Zukunftsprognose, der Arbeitnehmer könne wegen der Schließung einer Abteilung
nicht weiterbeschäftigt werden und erweise sich die Prognose als falsch, weil die Abteilung nicht
geschlossen werde, so sei der Arbeitgeber gem. § 242 BGB nach Treu und Glauben gehindert sich auf
diesen Kündigungsgrund zu berufen und verpflichtet, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Dem stehe nicht
entgegen, dass der Beklagte gleichzeitig mit dem Entschluss, den Bereich Innere Medizin nicht zu
schließen, den weiteren Entschluss gefasst habe, den Bereich Unfallchirurgie zu schließen mit dem sich
daraus ergebenden Wegfall von Arbeitsplätzen. Diese Tatsache sei nicht zu berücksichtigen, weil sich der
Beklagte wegen der fehlenden Anhörung der Mitarbeitervertretung hierauf nicht berufen könne.
Die Kündigung vom 29.07.2003 sei auch rechtsunwirksam nach § 34 Abs. 5 MAVO in Verbindung mit dem
Beschluss der Schlichtungsstelle für das Bistum T vom 01.10.2003. In diesem Beschluss habe die
Schlichtungsstelle festgestellt, dass der Beklagte gegen die Anhörung und Mitberatung bei ordentlicher
Kündigung verstoßen habe und die Mitarbeitervertretung damit in ihren Rechten verletzt habe. Ein
derartiger Verstoß führe bei einer ordentlichen Kündigung zur Unwirksamkeit der davon betroffenen
Kündigung. Die Schlichtungsstelle sei für die Entscheidung zuständig, im Ergebnis könne offen bleiben,
ob der Spruch der Schlichtungsstelle richtig sei denn nach § 46 Abs. 2 MAVO bindet der Beschluss die
Beteiligten, ohne dass es auf die inhaltliche Richtigkeit ankomme.
Dagegen sei die Kündigung vom 18.12.2003 rechtswirksam. Sie sei durch dringende betriebliche
Erfordernisse bedingt. Darauf, dass der Bereich Rheumatologie in dem der Kläger zuletzt beschäftigt war,
nicht geschlossen werde, sondern auf den Rechtsnachfolger übergegangen sei, könne der Kläger sich
nicht berufen, weil der Beklagte die Sozialauswahl nicht auf die Bereiche Allgemeine Chirurgie und
Unfallchirurgie beschränken durfte, sondern verpflichtet war, die Sozialauswahl betriebsbezogen
durchzuführen. Die Kündigung sei auch nicht unwirksam nach § 1 Abs. 3 KSchG. Der Beklagte habe nach
Rüge des Klägers die Sozialauswahlkriterien vorgetragen, die Richtigkeit dieses Vorbringens habe der
Kläger nicht bestritten. Die Sozialauswahl sei nicht trägerweit auf sämtliche Einrichtungen des Beklagten
zu erstrecken.
Das Krankenhaus St. J in O habe eine eigene organisatorische Einheit, in der selbständig Personal
verwaltet und über Einstellungs- und Entlassungsfragen entschieden werde. Es sei daher selbständiger
Betrieb i. S. d. § 1 KSchG. Die Kündigung sei auch nicht rechtsunwirksam nach § 613 a Abs. 4 BGB. Die
Schließung der Bereiche Allgemeine Chirurgie und Unfallchirurgie seien Kündigungsgrund gewesen. Der
Kläger habe keine Tatsachen vorgetragen, die abweichende Beurteilungen zuließen. Die Tatsache, dass
er im Bereich Rheumatologie gearbeitet habe, sei jedenfalls keine solche Tatsache, weil der Beklagte
aufgrund der ihm obliegenden betriebsbezogenen Sozialauswahl verpflichtet war, den Kläger in diese
einzubeziehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung des
Arbeitsgerichts Trier verwiesen. Das Urteil wurde dem Kläger am 03.05.2004, dem Beklagten am
30.04.2004 zugestellt. Der Kläger hat gegen das Urteil am 31.05.2004 Berufung eingelegt, der Beklagte
hat gegen das Urteil am 01.06.2004 (Dienstag nach Pfingsten) Berufung eingelegt.
Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, die Kündigung vom 18.12.2003 sei rechtsunwirksam. Die
Sozialauswahl sei fehlerhaft, insbesondere weil in der Anhörung zur Mitarbeitervertretung die Rede war,
dass die Tätigkeit des Klägers von Frau S H mit übernommen werde. Frau H sei aber durch gerichtlichen
Vergleich vom 06.04.2004 zum 31.03.2004 ausgeschieden, weswegen der Kläger weiter zu beschäftigen
sei.
Im Übrigen vertritt der Kläger die Auffassung, die Ausführungen des Arbeitsgerichts hielten einer
rechtlichen Überprüfung nicht stand. Er wiederholt hierbei wortwörtlich seine rechtlichen Ausführungen in
der Klageschrift, insbesondere wonach die unternehmerische Entscheidung des Beklagten
rechtsmissbräuchlich und willkürlich sei. Der Kläger habe also Tatsachen vorgetragen und unter
Beweisangebot gestellt das nach allgemeinen Beweislastregeln der Darlegungs- und Beweislast die
Kündigung des Klägers unter Verstoß gegen § 613 a Abs. 4 BGB wegen des Teilbetriebs übergegangen
ist auf die J-gesellschaft erfolgt sei.
Der Beklagte wiederum hat mit seiner am 11.08.2004 eingegangenen Berufungsbegründung die
Fehlerhaftigkeit des Urteils hinsichtlich der Rechtswirksamkeit der Kündigungen vom 29.07.2003 und
22.10.2003 gerügt. Es komme auf die maßgebenden Verhältnisse im Zeitpunkt des
Kündigungsausspruchs an. Unter Beachtung dieser Verhältnisse sei die Kündigung nicht sozial
ungerechtfertigt. Im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs am 29.07.2003 sei die Schließung der
Abteilung Innere Medizin beschlossene Sache gewesen mit den entsprechenden
Personalbedarfsrechnungen. Aufgrund der Schließung sei ein Beschäftigungsbedarf für den Kläger mit
der Prognose zum 31.12.2003 entfallen. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, wenn sich diese Prognose
später als nicht zutreffend erweise, führe der Grundsatz von Treu und Glauben unmittelbar zur
Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung, sei nicht von der bundesarbeitsgerichtlichen
Rechtsprechung gedeckt. Allenfalls gäbe es einen Wiedereinstellungsanspruch, wenn im Laufe der
Kündigungsfrist sich die maßgebenden Umstände, die zur Begründung der Prognose geführt haben sich
veränderten. Zur Begründung des Wiedereinstellungsanspruchs müsste aber feststehen, dass ein freier
Arbeitsplatz vorhanden ist, auf dem der Arbeitnehmer weiter beschäftigt werden könne. Der
Wiedereinstellungsanspruch könne auch nur auf einen Geschehensablauf gestützt werden, der innerhalb
der Kündigungsfrist liege. Auch müsse der Arbeitnehmer den Wiedereinstellungsanspruch innerhalb einer
Frist von 3 Wochen nach Kenntniserlangung der maßgeblichen tatsächlichen Umstände geltend machen.
Zwar sei der Bereich Innere Medizin entgegen der ursprünglichen Prognose nicht stillgelegt sondern
übertragen worden. Hierzu sei jedoch kein neuer Arbeitsplatz entstanden, der dem Kläger hätte
angeboten werden können, weil mit der Übertragung des Bereichs Innere Medizin die Schließung des
Bereichs Unfallchirurgie beschlossen worden war. Im Ergebnis bliebe es beim Wegfall des Arbeitsplatzes
des Klägers.
Die Mitarbeitervertretung sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Das Schreiben vom 17.07.2003 sei an
diesem Tag durch Herrn K übergeben worden. Die Wochenäußerungsfrist sei daher am 24.07.2003
abgelaufen.
Der von Herrn K geäußerte Wunsch, die Mitarbeitervertretung möchte die voraussichtlich betroffenen
Mitarbeiter noch nicht ansprechen, sei eine bloße Bitte. Es habe allein der Mitarbeitervertretung oblegen,
ob sie den Namen preisgebe. Sie hätte auch im letzteren Fall keine Sanktionen erwarten können. Im
Übrigen sei die Mitarbeitervertretung der Bitte des Herrn K nicht nachgekommen und habe stattdessen
betroffene Mitarbeiter angeschrieben, um sich nach sozialen Härten zu erkundigen. Er habe auch nicht
geäußert, die Mitarbeiterliste sei nicht vollständig. Tatsächlich sei die Mitarbeitervertretung auf einer
Nachfrage hinsichtlich der Bereiche Küche und Verwaltung mitgeteilt worden, dass hierüber noch nicht
entschieden sei. Tatsächlich sei die Mitarbeitervertretung dann zu Kündigungen in Bereichen Küche,
Cafeteria, Diätassistenz und Bettenzentrale gesondert angehört worden. Richtig sei, dass er bei der
Übergabe erklärt habe, sicherlich könnten bei der ein oder anderen Sozialangabe Fehler enthalten sein.
Dies sei bei rund 250 Mitarbeitern nicht auszuschließen. Sollte die Mitarbeitervertretung einen solchen
Fehler entdecken, möge sie ihn kurzfristig unterrichten. Es komme auf die mündlichen Erklärungen nicht
an, weil die Anhörung ausdrücklich schriftlich durchzuführen sei. Der Mitarbeitervertretung sei erkennbar
gewesen, zu wann jeder einzelne Mitarbeiter gekündigt werden solle. Die Kündigungen sollten einheitlich
zum 31.12.2003 und bei individuell längerer Kündigungsfrist zum 31.03.2004 ausgesprochen werden. Da
in der Mitarbeiterliste die Kündigungsfristen angegeben seien, sei ohne Weiteres erkennbar, wann die
Kündigungsfrist eines jeden Mitarbeiters abliefe.
Eine Bindung an den fehlerhaften Beschluss der Schlichtungsstelle bestehe nicht. Nach § 46 Abs. 2
MAVO Trier bindet der Beschluss lediglich die Beteiligten. Der Dienstgeber könne auch nur insofern
gebunden werden, als für die Maßnahmen finanzielle Deckung in seinen Haushalts-, Wirtschafts- und
Finanzierungsplänen ausgewiesen sei.
Im Übrigen seien auch die Kündigungen vom 22.10.2003 und vom 18.12.2003 sozial gerechtfertigt und
hinsichtlich der Beteiligten der Mitarbeitervertretung formell ordnungsgemäß abgelaufen.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 06.04.2004 - 3 Ca 1564/03 - abzuändern und festzustellen,
dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung des Beklagten vom
18.12.2003 aufgelöst worden ist.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Beklagte beantragt,
das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 06.04.2004 - 3 Ca 1564/03 - insoweit abzuändern, als
festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen des Beklagten vom
29.07.2003 und vom 22.10.2003 nicht beendet worden ist und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Er beantragt weiter,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den
vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren,
verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 30.09.2004.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufungen des Klägers und des Beklagten sind beide zulässig, sie sind insbesondere form- und
fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO).
Erfolg hat allerdings lediglich die Berufung des Beklagten. Sofern das Arbeitsgericht in dem
angefochtenen Urteil festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des
Beklagten vom 29.07.2003 nicht aufgelöst wurde, wird diese Entscheidung von der Berufungskammer
nicht geteilt. Auf die Berufung des Beklagten war die entsprechende Feststellung des Arbeitsgerichts
aufzuheben und die Klage abzuweisen. Mit der Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die
ordentliche Kündigung vom 29.07.2003 sein Ende gefunden hat, erweisen sich die vorsorglich
ausgesprochenen Kündigungen des Beklagten als ins Leere gehend. Die hiergegen gerichtete Klage des
Klägers musste ebenfalls erfolglos bleiben.
Die Kündigung vom 29.07.2003 ist durch dringende betriebliche Erfordernisse, welche einer
Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb entgegenstehen, bedingt, damit nicht sozial ungerechtfertigt.
Der Beklagte hat eine zutreffende Sozialauswahl getroffen. Die Kündigung ist nicht deswegen unwirksam,
weil der Beklagte die Mitarbeitervertretung nicht ordnungsgemäß vor der Kündigung beteiligt hätte. Die
Änderung der Sachlage zwischen Kündigungsausspruch und Ende des Arbeitsverhältnisses führten nicht
dazu, dass sich der Kläger auf die Unwirksamkeit der Kündigung wegen nachträglicher Veränderung der
Umstände berufen kann.
II.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
Unstreitig ist das Vorbringen des Beklagten, er gebe die Trägerschaft des Krankenhauses zum
31.12.2003 auf. Dies ist vom Kläger im gesamten Verfahren substantiiert nicht bestritten worden. Der
ernsthafte und endgültige Stilllegungsbeschluss wurde vor der streitbefangenen Kündigung vom
29.07.2003 gefasst. Der Beschluss, wie er sich zu diesem Zeitpunkt darstellte, umfasste die Entscheidung,
die Trägerschaft für das B-krankenhaus zum 31.12.2003 ganz aufzugeben, einen Teil der Einrichtungen
auf die J-gesellschaft zu übertragen und für die Bereiche, für die kein Betriebserwerber gefunden wurde,
eine Schließung vorzunehmen.
Da die J-gesellschaft in B zum Zeitpunkt des Ausspruchs der ersten Kündigung nur ein Interesse an der
Übernahme der Rheumatologie und der Unfallchirurgie hatte, sollten die Bereiche Innere Medizin und
Allgemeine Chirurgie sowie weitere nicht medizinische Bereiche geschlossen werden. Die geplante
Stilllegung eines Betriebes kann eine Kündigung sozial rechtfertigen. Die Betriebsstilllegung ist die
Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und
Produktionsgemeinschaft, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet,
dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung mit der ernstlichen Absicht einstellt, die
Weiterverfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauerhaft aufzugeben.
Unter diesen Voraussetzungen muss der Arbeitgeber mit der Kündigung nicht bis zur Durchführung der
Stilllegung warten. Vielmehr kommt eine Kündigung schon bei beabsichtigter Stilllegung in Betracht.
Voraussetzung ist, dass die Betriebsstilllegung greifbare Formen angenommen hat und eine vernünftige
und betriebswirtschaftliche Betrachtung die Prognose ergibt, dass bis zum Ablauf der Kündigungsfrist die
Maßnahme durchgeführt ist und der Arbeitnehmer entbehrt werden kann. Im Zeitraum Ende Juli stand aus
Sicht des Beklagten fest, dass nur die Bereiche Unfallchirurgie und Rheumatologie zum 01.01.2004 auf
die E-Klinik übergehen wird. Der Beklagte war sich mit der E-Klinik einig, das Gesundheitsministerium N-
W und die Krankenkassen hatten ihr Einverständnis erklärt. Der Beklagte hat dann tatsächlich zum
31.12.2003 die Trägerschaft des B-krankenhauses St. J in O aufgegeben. Der Beklagte war endgültig
entschlossen den Betrieb stillzulegen. Er war nicht gehalten eine Kündigung erst nach Durchführung der
Stilllegung auszusprechen. Auch kann eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht
kommen. Die Kündigung kann dann auf künftige Entwicklungen der betrieblichen Verhältnisse gestützt
werden, wenn die betrieblichen Umstände greifbare Formen angenommen hat. Das ist dann der Fall,
wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung aufgrund einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen
Betrachtung davon auszugehen ist, zum Zeitpunkt des Kündigungstermins sei mit einiger Sicherheit der
Eintritt eines die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes gegeben (ständige
Rechtsprechung vgl. BAG Urt. v. 28.04.1988 AP Nr. 74 zu § 613 a BGB). Der Beklagte war ernsthaft zur
endgültigen Betriebsstilllegung der Betriebsteile, die nicht übernommen wurden, entschlossen. Diese
endgültige Stilllegungsabsicht hinsichtlich der nicht übernommenen Betriebsteile hat der Kläger auch
nicht substantiiert bestritten.
Wenn der Kläger geltend macht, die Kündigung sei in diesem Zusammenhang wegen Betriebsübernahme
erfolgt, verkennt er, dass Auslöser für die betriebsbedingte Kündigung ein Arbeitskräfteüberhang war.
Dieser Arbeitskräfteüberhang entstand nicht infolge Betriebsübergang sondern aufgrund des Umstandes,
dass nicht der gesamte Betrieb des Krankenhauses, wie er von dem Beklagten geführt wurde, auf einen
Erwerber übertragen wurde, sondern ausdrücklich mit zwischen dem Beklagten und der J-gesellschaft
vereinbart wurde, dass nur ein Teil der betrieblichen Einheit übertragen werden sollte. Damit erweisen
sich die Ausführungen des Klägers zur Umgehung und zur Treuwidrigkeit der Kündigung als nicht
einschlägig. Der Beklagte wollte eine Betriebsveräußerung nicht dazu nutzen, sich ohne Beachtung von
Kündigungsschutz von Arbeitnehmern zu trennen. Er hat sich vielmehr entschlossen, einen Teil seines
Betriebes zum 31.12.2003 stillzulegen und nur den Restteil auf einen Erwerber zu übertragen.
Damit steht das Zwischenergebnis fest, dass die Kündigung vom 29.07.2003, wegen beabsichtigter
Teilbetriebsschließung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt war. Der Kläger hat nicht
bestritten, dass im Zuge der Teilbetriebsschließung 2,86 Arbeitsstellen im Bereich der stellvertretenden
Pflegeleitung weggefallen sind. Dies begründet die Feststellung, dass eine berechtigte Prognose des
Beklagten vorlag, bei Ablauf der Kündigungsfrist (31.12.2003), könne er den Kläger nicht mehr
weiterbeschäftigen.
Die vom Beklagten vorgenommene Sozialauswahl ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Kläger hat
hinsichtlich der Kündigung vom 29.07.2003 zwar in der Klageschrift eine fehlerhafte Sozialauswahl
gerügt, dies jedoch im Wesentlichen damit begründet, der Beklagte habe die Sozialauswahl bundesweit
auf alle Träger erstrecken müssen. Nachdem der Beklagte die Gründe, die zur sozialen Auswahl des
Klägers geführt haben dargelegt hat und weiter dargelegt hat, dass bei 2,86 wegfallenden
Vollzeitkräftestellen der Kläger an 2. Stelle lag, der Kläger weiter die Richtigkeit des Vorbringens nicht
bestritten hat, er weiter auch nicht erklärt hat, welche Arbeitnehmer statt seiner hätten entlassen werden
müssen, ist die vom Beklagten vorgenommene Sozialauswahl nicht fehlerhaft. Die Auffassung, die
Sozialauswahl sei trägerweit auf sämtliche Einrichtungen des Beklagten zu erstrecken ist nicht zutreffend.
Die Parteien haben in erster Instanz klargestellt, dass das Krankenhaus St. J in O eine eigene
organisatorische Einheit bildet, in der selbständig das Personal verwaltet und über Einstellungs- und
Entlassungsfragen entschieden wird. Unter diesen Umständen ist das Krankenhaus als selbständiger
Betrieb i. S. des § 1 KSchG anzusehen. Die Sozialauswahl ist lediglich betriebsweit vorzunehmen,
Umstände, die ausnahmsweise eine unternehmens- oder konzernweite Sozialauswahl vorschreiben
würden, sind nicht ersichtlich.
Die Kündigung ist damit nicht nach den Bestimmungen des § 1 KSchG rechtsunwirksam.
Die Auffassung des Arbeitsgerichts, der Beklagte könne sich auf die geplante Betriebsschließung nicht
berufen, weil sich zwischen Ausspruch der Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist der Sachverhalt
nachhaltig geändert habe, ist nicht zutreffend. Das Bundesarbeitsgericht geht in ständiger
Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, davon aus, dass die Wirksamkeit einer Kündigung nur
nach den objektiven Verhältnissen zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs beurteilt werden kann. Später
eintretende Veränderungen bezüglich der Kündigungsgründe können die Wirksamkeit einer Kündigung
nicht hindern (vgl. BAG Urt. v. 19.05.1988, AP Nr. 75 zu § 613 a BGB). Diese Auffassung wird im Schrifttum
nahezu ausnahmslos geteilt. In dem Zeitpunkt ihres Ausspruchs wirksame Kündigung kann nicht
nachträglich wegen Veränderung der Umstände, also z. B. wegen Veränderung eines bei Ausspruch der
Kündigung vorliegenden Kündigungsgrundes unwirksam werden. So verhält es sich hier. Der Umstand,
dass die ursprünglich geplante Betriebsschließung der Abteilung Innere Medizin nicht realisiert wurde, im
Austausch statt dessen aufgrund Vorgaben des Gesundheitsministeriums die Abteilung Unfallchirurgie
nicht überging, vielmehr geschlossen wurde und der Bereich Innere Medizin überging wurde, ereignete
sich weit nach Ausspruch der streitbefangenen Kündigung, wenn auch noch innerhalb der laufenden
Kündigungsfrist.
Im Ergebnis kann die Kammer es offen lassen, ob aus diesem Umstand der Kläger sich auf die
Unwirksamkeit der Kündigung berufen kann. Immerhin hat das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom
27.02.1997, AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 "Wiedereinstellung" klar gestellt, dass sich an der Wirksamkeit
der ausgesprochenen Kündigung nichts ändert. Die Klage des Klägers auf Feststellung der
Unwirksamkeit wäre damit auch nicht begründet. Die Kammer hat erwogen, ob in dem geltend gemachten
Weiterbeschäftigungsantrag der Kläger eine Wiedereinstellung begehrt hat.
Ohne abschließend auf die Frage eingehen zu müssen, ob dies innerhalb einer Frist ausdrücklich hätte
erfolgen müssen oder ob der Kläger einen Feststellungsantrag gegen den Betriebserwerber hätte führen
müssen, kann die Rechtsfolge im Ergebnis offen bleiben, weil auch den Kläger wegen der Veränderung
der Umstände ein Wiedereinstellungsanspruch nicht zustand.
Der Kläger hat jedenfalls keinen Anspruch auf Wiederbegründung der vertraglichen Hauptpflichten.
Beruht eine betriebsbedingte Kündigung auf der Prognose des Arbeitgebers, bei Ablauf der
Kündigungsfrist könne er den Arbeitnehmer nicht mehr weiter beschäftigen und erweist sich die Prognose
noch während des Laufs der Kündigungsfrist als falsch, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, wenn der Arbeitgeber mit Rücksicht auf die Wirksamkeit der
Kündigung noch keine Disposition getroffen hat und ihn die unveränderte Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses zumutbar ist (vgl. BAG Urt. v. 27.02.1997 a. a. O.). Ein solcher
Wiedereinstellungsanspruch stellt ein notwendiges Korrektiv dafür dar, dass die Rechtsprechung allein
aus Gründen der Rechtssicherheit Verlässlichkeit und Klarheit bei der Prüfung des Kündigungsgrundes
auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs abstellt und schon eine Kündigung aufgrund einer
Prognoseentscheidung (wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung) zulässt, obwohl der Verlust des
Arbeitsplatzes erst mit der Entlassung, also dem Ablauf der Kündigungsfrist eintritt. Würde man den
Arbeitgeber in derartigen Fällen nicht im Sinne einer Geschäftsgrundlage daran festhalten, dass er wegen
beabsichtigter Betriebsstilllegung gekündigt hat, könnte er sich nach Wegfall des eigentlichen
Kündigungsgrundes ungebunden durch die Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis überlegen,
ob er z. B. die Weiterbeschäftigung eines gekündigten Arbeitnehmers für ihn vorteilhaft ist, ob er nicht den
gesamten Vertrag reut und er deshalb besser bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die
inzwischen grundlos gewordene Kündigung verbleibt. Der Arbeitgeber verhält sich rechtsmissbräuchlich,
wenn er bei Wegfall des betriebsbedingten Kündigungsgrundes noch während der Kündigungsfrist den
veränderten Umständen nicht Rechnung trägt und dem Arbeitnehmer nicht die Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses über den Kündigungszeitpunkt anbietet bzw. sich mit einem regelmäßig in der
Wiedereinstellungsklage liegenden entsprechenden Vertragsangebot des Arbeitnehmers einverstanden
erklärt. Voraussetzung dieses Wiedereinstellungsanspruches ist es aber trotz allem, dass sich die
Prognose noch während des Laufs der Kündigungsfrist als falsch herausstellt.
Die Prognose, die der Beklagte getroffen hat war, dass der Kläger nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht
mehr beschäftigt werden konnte.
An dieser Prognose hat sich durch die veränderte Strukturierung der Betriebsschließung nichts geändert.
Unstreitig zwischen den Parteien ist, dass durch die Schließung des Bereichs Unfallchirurgie, der
entgegen ursprünglicher Planungen nun doch nicht übergehen sollte, insgesamt 3 Stellen im Bereich der
stellvertretenden Stationsleitungen in Wegfall geraten sind. Damit hat sich zwar die Tatsache geändert,
auf die die Prognose gestützt wurde, nicht allerdings das Ergebnis. Nach wie vor war die Beklagte
entschlossen eine Betriebsschließung vorzunehmen, nach wie vor führt diese schließlich durchgeführte
Betriebsschließung dazu, dass hinsichtlich des Beschäftigungsbedarfs des Klägers ein
Arbeitskräfteüberhang bestand. Ein Wiedereinstellungsanspruch des Klägers aus den aus Treu und
Glauben hergeleiteten Grundsätzen kann daher nach allem nicht begründet werden, unabhängig von der
Rechtsfrage, ob der Kläger ihn im laufenden Verfahren überhaupt zutreffend eingebracht hat.
Die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung vom 29.07.2003 wird dadurch nicht berührt.
III.
Der Kläger kann schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, die Mitarbeitervertretung sei vor Ausspruch
der Kündigung nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Nach § 34 der Mitarbeitervertretungsordnung T ist
der Mitarbeitervertretung vor jeder ordentlichen Kündigung nach Ablauf der Probezeit durch den
Dienstgeber schriftlich die Absicht der Kündigung und die Gründe hierfür mitzuteilen. Dies ist mit der
Übergabe des Schreibens vom 17.07.2003 durch Herrn K an den Vorsitzenden S geschehen. Die
schriftliche Anhörung enthält bezüglich der beabsichtigten Kündigung des Klägers die Angabe, dass dem
Kläger zum 31.12.2003 gekündigt werden sollte, ersichtlich für die Mitarbeitervertretung war, dass der
Kläger, bei dem eine Kündigungsfrist von 4 Monaten angegeben wurde, zu diesem Termin gekündigt
werden sollte, weil der Beklagte ausdrücklich erklärt hat, nur Mitarbeiter, die eine längere Kündigungsfrist
haben, könnten zu einem späteren Kündigungstermin gekündigt werden. Der Mitarbeitervertretung waren
die Personalien des Klägers, seine Sozialdaten, insbesondere sein Alter, seine Beschäftigungszeit, seine
Stellung, seine Kündigungsfrist bekannt. Der Dienstgeber hat den Personalrat darüber informiert, dass er
beabsichtigte den Kläger zu kündigen. Ob und inwieweit hinsichtlich sonstiger Mitarbeiter es der
Mitarbeitervertretung unklar war, ob hier eine Kündigungsabsicht vorlag, ist für den Rechtsstreit nicht
entscheidungserheblich. Jedenfalls hinsichtlich der Person des Klägers und seiner sozialen Auswahl
bestanden keine Unklarheiten darüber, dass dem Kläger gekündigt werden sollte. Fehlerhafte Angaben
etwa im Verhältnis zu anderen Mitarbeitern, die ebenfalls in der Anhörung bezeichnet wurden, ändern an
der ordnungsgemäßen Anhörung im Einzelfall des Klägers nichts.
Die vom Kläger behauptete Erklärung, der Mitarbeiter K habe darauf hingewiesen, dass möglicher Weise
einige Sozialdaten falsch sind, führt ebenfalls nicht zur Unwirksamkeit der Anhörung. Bei der Anhörung
sowohl des Betriebsrates als auch entsprechender Mitarbeitervertretung hat nach den Grundsätzen über
die Anhörungslast nach der subjektiven Determinierung der Arbeitgeber alle Tatsachen mitzuteilen, die
seines Erachtens für den Kündigungsentschluss maßgebend sind. Wenn er aufgrund einer Aufstellung die
Tatsachen der einzelnen Sozialdaten der Mitarbeitervertretung zur Kenntnis gibt, bringt er damit zum
Ausdruck, dass er auf diese Sozialdaten eine Kündigung stützen will. Eine Erklärung, bei möglichen
Fehlern werde eine Überprüfung vorgenommen, stellt nichts anderes dar, als die Aufforderung an die
Mitarbeitervertretung Bedenken und Anregungen gegen die beabsichtigte Kündigung vorzubringen um
diese bei der endgültigen Entscheidung mit zu berücksichtigen. Dies ist gerade Zweck eines
Anhörungsverfahrens der Mitarbeitervertretung vor der Kündigung, nämlich Bedenken und Anregungen
der Mitarbeitervertretung zur Kenntnis zu nehmen und angesichts dieser den Kündigungsentschluss
nochmals zu überdenken.
Der unstreitig gegebene Hinweis, die Absicht der Kündigung, also insbesondere die
Auswahlentscheidung sollte zunächst vertraulich behandelt werden, berührt nicht die Wirksamkeit der
Anhörung der Mitarbeitervertretung. Zum einen hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass die
Anhörung schriftlich zu erfolgen hat, in der schriftlichen Anhörung findet sich eine entsprechende Bitte
nicht. Zum anderen ist, hierauf weist der Beklagte ebenfalls zutreffend hin, die Mitarbeitervertretung hieran
nicht gebunden. Es steht ihr frei, und mit welchen Mitteln und Wegen sie eigene Nachforschungen
anstellen will, insbesondere auch, ob sie entgegen der geäußerten Bitte mit den einzelnen Mitarbeitern
Kontakt aufnimmt und ihnen auch erklärt, der Arbeitgeber beabsichtige, dem Mitarbeiter eine Kündigung
auszusprechen. Die Wirksamkeit des Anhörungsverfahrens wird dadurch nicht beeinträchtigt.
Insbesondere weil der Mitarbeitervertretung die Absicht, den entsprechenden Mitarbeiter zu kündigen, zur
Kenntnis gebracht wurde.
Angesichts dessen war durch die Übergabe des Anhörungsschreibens am 17.07.2004 jedenfalls
bezüglich des Klägers die Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens ordnungsgemäß erfolgt. Der
Personalrat hätte einen Widerspruch nur bis zum 24.07.2004 dem Arbeitgeber zuleiten können. Dies ist
fristgerecht nicht erfolgt.
An der Rechtsfolge, dass die Mitarbeitervertretung ordnungsgemäß beteiligt war, insbesondere deswegen
die Kündigung nicht unwirksam ist, ändert nichts am Ergebnis des Schlichtungsverfahrens. Zwar war die
Schlichtungsstelle für die Entscheidung über Verstöße des Dienstgebers zuständig, sie hat auch einen für
die Beteiligten bindenden Spruch erlassen. An dem Schlichtungsverfahren war allerdings lediglich der
Beklagte und die Mitarbeitervertretung beteiligt, nicht jedoch der Kläger. Die Vorschrift, dass der
Beschluss die Beteiligten binde, findet also von ihrem Anwendungsbereich her bereits keine Anwendung
auf die Rechtsfrage, ob sich auch der Kläger im anhängigen Prozess auf die Rechtsunwirksamkeit der
Kündigung infolge fehlerhafter Beteiligung der Mitarbeitervertretung berufen kann.
Ebenso wenig wie der Kläger gehindert wäre, einen Schlichtungsspruch dahin gehend, dass die
Mitarbeitervertretung ordnungsgemäß beteiligt war, dadurch zu negieren, dass er im arbeitsgerichtlichen
Verfahren diese Rechtsfrage wiederum zur gerichtlichen Überprüfung stellt, hindert die Bindungswirkung
des Beschlusses nicht, dass sich der Beklagte darauf beruft, in Wirklichkeit sei eine fehlerhafte Beteiligung
nicht vorgefallen.
Ob darüber hinaus infolge des Beschlusses zu treffende Maßnahmen finanziell im Haushalts-, Wirtschafts-
und Finanzierungsplan des Dienstgebers gedeckt sind und schon deswegen nach § 46 Abs. 2 Satz 2
MAVO T eine Bindungswirkung nicht eintrat, kann an dieser Stelle offen bleiben. Es spricht viel dafür, dass
durch eine etwaige notwendige Verlängerung der Arbeitsverhältnisse, die ursprünglich in den
Finanzierungsplänen nicht vorgesehen waren, der Beschluss der Schlichtungsstelle ohnehin eine
Bindung nach § 46 Abs. 2 Satz 2 MAVO T nicht hätte herbeiführen können.
IV.
Somit bleibt festzuhalten, dass die Kündigung vom 29.07.2003, weil sie durch dringende betriebliche
Erfordernisse gedeckt war, die einer Weiterbeschäftigung des Betriebs entgegen standen (beabsichtigte
Betriebsschließung), nicht wegen bevorstehender Betriebsveräußerung ausgesprochen wurde, die
Sozialauswahl zutreffend war, Mängel im Beteiligungsverfahren der Mitarbeitervertretung nicht vorliegen.
Die gegen die Kündigung gerichtete Klage des Klägers konnte nicht erfolgreich sein. Auf die Berufung des
Beklagten musste daher das Urteil des Arbeitsgerichts Trier, das Gegenteiliges festgestellt hat,
abgeändert werden und die Klage des Klägers insgesamt der Abweisung unterliegen. Damit war
gleichzeitig die Berufung des Klägers gegen das arbeitsgerichtliche Urteil erfolglos. Ein Anspruch auf
Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die nachfolgenden Kündigungen nicht
beendet wurde, besteht für den Kläger nicht.
Die Kostenentscheidung folgt § 91 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2
ArbGG nicht.