Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 29.05.2006
LArbG Mainz: arbeitsgericht, einwendung, schlechterfüllung, wiedergabe, luft, beschwerdekammer, gehalt, quelle, abrechnung, weisung
LAG
Mainz
29.05.2006
4 Ta 95/06
Festsetzung gegen die eigene Partei
Aktenzeichen:
4 Ta 95/06
3 Ca 2281/04
ArbG Trier
Entscheidung vom 29.05.2006
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom
09.05.2006 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe:
Im Ausgangsverfahren vertrat die Beschwerdeführerin den Kläger und erhob vor dem Arbeitsgericht Trier
Ende Dezember 2004 eine Klage wegen Erteilung eines Buchauszuges zur Abrechnung von
Handelsvertreterprovision und Ausgleichsanspruch. Die Beschwerdeführerin legte im November 2005
das Mandat nieder und beantragte nach Festsetzung des Gegenstandswertes auf 12.000 € unter dem
07.12.2005 die Festsetzung der Kosten gegen den Kläger gem. § 11 RVG. Nach Anhörung setzte das
Arbeitsgericht Trier durch Beschluss vom 20.03.2006 die zu erstattende Vergütung auf 816,41 € nebst
Zinsen fest. Der Beschluss wurde am 19.04.2006 zugestellt. Mit an diesem Tag eingegangenem
Schriftsatz hat der Kläger gegen den erhaltenen Kostenfestsetzungsbescheid Rechtsmittel eingelegt. Er
hat geltend gemacht, die Kanzlei sei nicht beauftragt worden beim Arbeitsgericht Trier die besprochene
Klage einzureichen.
Die Antragstellerin hat im Erinnerungsverfahren geltend gemacht, das Vorbringen sei auf bloße
Rechtsbehauptungen reduziert und lasse einen sachlichen Kern nicht erkennen.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Arbeitsgericht den Kostenfestsetzungsbeschluss vom
20.03.2006 aufgehoben und den Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen. Es hat im Wesentlichen
ausgeführt, die Festsetzung sei nach § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG abzulehnen. Mit am 15.05.2006
eingegangenem Schriftsatz hat die Beschwerdeführerin Erinnerung gegen den
Kostenfestsetzungsbeschluss eingelegt. Das Arbeitsgericht hat die Erinnerung in eine sofortige
Beschwerde umgedeutet und die Sache aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses
mit Nichtabhilfeentscheidung vom 19.05.2006 dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug
genommen.
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt
worden. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
Die beantragte Vergütungsfestsetzung wurde zu Recht gem. § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG abgelehnt.
Danach ist die Festsetzung abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt,
die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Der Beklagte hat Schlechterfüllung des Mandatsvertrages
geltend gemacht, in dem gegen eine ausdrückliche Weisung verstoßen worden sein soll, die Klage beim
Arbeitsgericht in Koblenz und nicht in Trier einzureichen. Dies ist eine Einwendung, die nicht im
Gebührenrecht ihren Ursprung hat.
Der Auffassung der Antragstellerin, diese Einwendung sei mangels Substantiierung nicht zu
berücksichtigen, kann sich die Beschwerdekammer nicht anschließen. Zwar verlangt § 11 Abs. 5 Satz 1
RVG nicht, dass Einwendungen näher substantiiert werden müssten, um beachtlich zu sein. Auch ist
einem Vorbringen, welches auf bloße Rechtsbehauptung reduziert ist und einen sachlichen Kern nicht zu
erkennen gibt, nicht Rechnung zu tragen, weil damit ein Rechtschutzinteresse für eine Prüfung in einem
besonderen Rechtsstreit nicht im Raum steht. Eine offensichtlich aus der Luft gegriffene Einwendung nicht
gebührenrechtlicher Art lässt das Recht und die Pflicht des Rechtspflegers zur Festsetzung im Verfahren
nach § 11 RVG ausnahmsweise bestehen.
Allerdings darf die Prüfung dem Prozessgericht nicht vorgreifen. Ein Fall des Missbrauchs liegt nur dann
vor, wenn die Einwendung wirklich unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt Bestand haben kann. Eine
floskelhafte Wiedergabe des Gesetzestextes oder die bloße Bemerkung, man mache eine
Schlechterfüllung geltend, können unzureichend sein. Ein schlüssiger Vortrag der Einwendung ist aber
nicht erforderlich. Ein zum sachlich-rechtlichen Einwand im Kern ausreichender Tatsachenvortrag genügt.
Die Einwendung des Klägers hat sich nicht lediglich auf die Wiedergabe des Gesetzestextes und die
bloße Bemerkung, es läge Schlechterfüllung vor, beschränkt. Der Kläger hat vielmehr präzise dargelegt,
dass er nicht den Auftrag erteilt habe, die Klage beim Arbeitsgericht in Trier einzureichen. Ob diese
Behauptung den Tatsachen entspricht, kann im Kostenfestsetzungsverfahren nicht nachgeprüft werden.
Jedenfalls haben die Behauptungen einen tatsächlichen Kern, nämlich die Aussage, dass der Auftrag zur
Klageerhebung mit einem bestimmten Gericht verknüpft war.
Da des Weiteren bei der Prüfung der Frage, ob es sich um einen offensichtlich aus der Luft gegriffenen
Einwand handelt, Zurückhaltung angebracht ist, konnte den Einwendungen des Klägers tatsächlicher
Gehalt nicht abgesprochen werden. Die Prüfung der Frage, ob die Einwendungen zutreffend sind und den
Gebührenanspruch zu Fall bringen können, ist einem ordentlichen Erkenntnisverfahren vorbehalten.
Nach allem musste die Beschwerde der Beschwerdeführerin erfolglos bleiben. Sie war mit der
Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde
liegen nicht vor. Die Entscheidung ist daher nicht anfechtbar.