Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 09.10.2003
LArbG Mainz: schuldübernahme, genehmigung, firma, arbeitsgericht, aufrechnung, rückzahlung, bilanz, stadt, entlassung, kündigung
LAG
Mainz
09.10.2003
4 Sa 785/03
Aktenzeichen:
4 Sa 785/03
3 Ca 1974/02 TR
ArbG Trier
Verkündet am: 09.10.2003
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 01.04.2003 - 3 Ca 1974/02 - wird
auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Rückzahlung einer Darlehensforderung in Höhe von 6.646,79 €
(entspricht 13.000,-- DM). Diesen Betrag gab er im Jahre 1993 dem Großvater des Beklagten.
Dieser war Inhaber einer Firma, die firmierte als u., Baustoffe, Erdarbeiten, Transporte, C-Straße, 55421
C-Stadt. Dieses Darlehen wurde zunächst in der Fa. u. als "Darlehen A." gebucht. Am 31.12.1996
schlossen der Beklagte und sein Großvater einen Unternehmenskaufvertrag. Wegen der Einzelheiten wird
auf die in den Gerichtsakten befindliche Ablichtung (Bl. 44 ff.) verwiesen. In § 1 Abs. 1 ist wörtlich
bestimmt:
"Der Verkäufer verkauft und überträgt an den Käufer nach Maßgabe dieses Vertrages seinen
Geschäftsbetrieb mit dem Recht, die Firma mit oder ohne Nachfolge-Zusatz fortzuführen."
Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 770.000,-- DM vereinbart. In der Anlage 3 zu § 3, 4 des
Unternehmenskaufvertrages ist wörtlich vereinbart:
"Am 01.01.1997 sind folgende Beträge fällig:
241.540,49 DM T.
241.540,49 DM T.
(Ablösung Girokonto)
70.000,-- DM T.
(Ablösung Sondergiro)
96.731,86 DM T.
(Ablösung Darlehen)
Der Restkaufpreis in Höhe von 361.727,65 DM wird durch die Übernahme aller Forderungen und
Verbindlichkeiten, sowie bestehender Leasingverträge einschließlich weiterer Darlehen aufgerechnet. Die
verschiedenen Fälligkeitstermine sind einzuhalten.
Ausgenommen sind die Darlehen mit der Nr. 1711 + 1712 + 1714 + 1715 lt. Bilanz.
Nach Aufrechnung aller Forderungen und Verbindlichkeiten verbleibt ein Herauszahlungsbetrag in Höhe
von 3.000,-- DM (Dreitausend).
Dieser Betrag ist am 30.04.1997 fällig, und auf mein Konto bei der T. zu überweisen."
Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde gekündigt, er arbeitete später im Betrieb des Beklagten weiter.
Dieser firmierte nach 1996 unter der Bezeichnung S., C-Straße, C-Stadt, verwendete für die Briefköpfe
aber identische Logos wie früher sein Großvater. Unter dem 24.02.1997 unterzeichnete der Kläger eine
Erklärung, dass er keine weiteren Forderungen gegenüber der Fa. Baustoff u. mehr hat.
Nachdem der Kläger unter dem 28.01.2002 das Darlehen gekündigt hatte, verfolgt er mit der vorliegenden
Klage gegenüber dem Beklagten die Rückzahlung.
Er hat vorgetragen, im Rahmen des Unternehmenskaufvertrages habe der Beklagte sämtliche
Forderungen und Verbindlichkeiten der gesamten Firma u. übernommen und die Geschäfte unter
Übernahme sämtlicher Aktiva und Passiva weitergeführt.
Das Darlehen sei auch nicht durch Aufrechnung erloschen, weil keine aufrechenbaren Gegenansprüche
bestünden.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.646,79 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01.05.2002
zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, er habe das Darlehen nicht übernommen. Die Fa. u. sei zum 31.12.1996 geschlossen
worden, er habe eine neue Firma im Wege einer Neugründung eröffnet. In dem Vertrag sei geregelt,
welche Darlehen er im Einzelnen aus der Fa. u. übernehme, dabei sei das nicht in der Bilanz vom
31.12.1996 aufgeführte Darlehen des Klägers nicht enthalten.
Im Jahre 1996 habe Herr Hans-Jürgen S. dem Kläger erklärt, wegen der Schadenersatzansprüche aus
der Angelegenheit z. werde die Aufrechnung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des
Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 01.04.2003 verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, aus den vorliegenden
Unterlagen ergebe sich nicht, dass der Beklagte in sämtliche Verträge des Großvaters u. zum 01.01.1997
eintrete. Der Unternehmenskaufvertrag beinhalte eine derartige Abrede nicht. Eine Schuldübernahme
nach § 419 BGB a. F. scheide aus. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass der Beklagte das gesamte
Vermögen seines Großvaters übernommen habe. Im Übrigen sei ein möglicher Anspruch erloschen durch
Erklärung vom 24.02.1997.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung
verwiesen.
Gegen das dem Kläger am 16.05.2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 10.06.2003 eingegangene
Berufung. Der Kläger hat mit am 15.07.2003 eingegangenem Schriftsatz seine Berufung begründet. Er
bezieht sich auf die Anlage 3 zum Unternehmenskaufvertrag, wonach der Restkaufpreis durch
Übernahme aller Forderungen und Verbindlichkeiten geleistet werde. Der Zusatz, dass die Darlehen mit
den Nummern 1711, 1712, 1714 und 1715 nicht übernommen wurden, sei unschädlich, weil das
Darlehen des Klägers unter der Nummer 1716 gebucht sei. Der Beklagte habe darüber hinaus die
Geschäfte seines Großvaters unter der Bezeichnung Baustoffe S. fortgeführt, so dass von einer Haftung
gem. § 25 Abs. 2 HGB auszugehen sei. Der Anspruch sei auch nicht durch Verzicht erloschen. Es habe
keinen Grund gegeben, am 24.02.1997 auf eine Darlehensrückzahlung zu verzichten, zumal der
Rückzahlungsanspruch mangels Kündigung des Darlehens noch gar nicht fällig gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
nach den erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den
vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren,
verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 09.10.2003.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet
worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 520 ZPO). Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch
keinen Erfolg.
II.
Im Ergebnis und in der Begründung zutreffend hat das Arbeitsgericht Trier mit dem angefochtenen Urteil
die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte
aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen
könnten. Auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird daher Bezug genommen (§ 69 ArbGG).
Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei der Kläger kurz auf Folgendes hinzuweisen:
Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt lässt sich feststellen, dass der Beklagte Schuldner eines etwa
noch bestehenden Anspruchs auf Rückzahlung eines Darlehensbetrages (§ 607 BGB) ist. Der
Darlehensvertrag wurde nicht mit dem Beklagten, sondern mit seinem Großvater abgeschlossen.
Tatbestandliche Voraussetzungen einer Übertragung der Schuldnerstellung liegen nicht vor.
Eine Haftung wegen Vermögensübernahme (§ 419 a. F. BGB) scheidet aus. Dies hat das Arbeitsgericht
zutreffend festgestellt. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass der Beklagte das gesamte Vermögen seines
Großvaters übernommen habe. Eine Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB scheidet ebenfalls aus. Nach dieser
Bestimmung haftet für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers,
wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma mit oder ohne
Beifügung eines das Nachfolgeverhältnisses andeutenden Zusatzes fortführt.
Tatbestandliche Voraussetzung ist also die Firmenfortführung.
In der zum maßgeblichen Zeitpunkt (behauptete Firmenfortführung) geltenden Fassung des HGB war
bestimmt, dass ein Kaufmann seinen Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen
als Firma zu führen hatte (§ 18 HGB, gültig bis 30.06.1998).
Eine Firmenfortführung wäre daher nur in Frage gekommen, wenn der Beklagte, der zwar durch den
Unternehmenskaufvertrag das Recht hierzu erworben hat, das Unternehmen unter der Bezeichnung u.
Baustoffe pp. oder u. Baustoffe pp. Nachfolger S. fortgeführt hätte. Dies ist aber nach eigenem Vortrag des
Klägers nicht der Fall. Der Umstand, dass gleiche Logos verwendet wurden, lässt sich zwanglos aus der
Namensidentität von Großvater und Enkel herleiten. Eine Firmenidentität nach der Verkehrsanschauung
lässt sich bei Firmen u. und S. allein schon wegen der Unterschiedlichkeit der Vornamen daher nicht
herleiten.
Der Beklagte ist auch nicht Schuldner der Darlehensforderung durch vertragliche Schuldübernahme
geworden. Nach § 414 BGB kann eine Schuld von einem Dritten durch Vertrag mit dem Gläubiger
übernommen werden, dass der Dritte anstelle des bisherigen Schuldners tritt. Eine Vereinbarung
zwischen dem Beklagten (Dritter i. S. des Gesetzes) und dem Kläger (Gläubiger) ist nicht geschlossen
worden. Möglich ist eine Schuldübernahme durch Vereinbarung von dem Dritten mit dem Schuldner hier
also vom Beklagten mit seinem Großvater. Dabei hängt die Wirksamkeit von der Genehmigung des
Gläubigers ab. Die Genehmigung kann erst erfolgen, wenn der Schuldner oder der Dritte dem Gläubiger
die Schuldübernahme mitgeteilt hat (§ 415 Abs. 1 BGB). Die tatbestandlichen Voraussetzungen
vorbezeichneter Bestimmung lassen sich nicht feststellen. Erstens fehlt es an einer zweifelsfrei
festzustellenden Schuldübernahme hinsichtlich des streitbefangenen Darlehens. Dieses Darlehen ist in
keiner Urkunde erwähnt. Zwar enthält der Unternehmenskaufvertrag in seiner Anlage eine Vereinbarung,
wie die Kaufpreisforderung getilgt wird, nämlich durch Übernahme von allen Verpflichtungen. Ersichtlich
sind aber mit der Übernahme dieser Verpflichtungen nur diejenigen Verbindlichkeiten des Herrn u.
gemeint, die bei Unternehmenskaufvertrag auch dokumentiert waren, d. h. in der Bilanz aufgetaucht sind.
Ansonsten wäre eine hinlänglich sichere Vereinbarung über die Höhe des zu leistenden Kaufpreises für
den Beklagten gar nicht darstellbar gewesen, wenn mit der Übernahme der Verbindlichkeiten auch
diejenigen Verbindlichkeiten gemeint sein sollten, die zum Zeitpunkt des Unternehmenskaufs unbekannt
waren.
Die Anwendung der Bestimmung scheitert aber auch daran, dass eine Genehmigung der
Schuldübernahme, die ja immerhin damit verbunden ist, dass dann anstelle eines alten ein neuer
Schuldner tritt, seitens des Klägers nicht festgestellt werden kann. Diese Genehmigung kann zwar auch
konkludent erfolgen. Möglich wäre es hier daran zu denken, dass mit der Kündigung des Darlehens und
der Klageerhebung eine konkludente Genehmigung erfolgt sein könnte. Die Genehmigung setzt aber
voraus, dass das Verhalten des Gläubigers unzweideutig als Zustimmung zur Entlassung des Schuldners
aus der Haftung zu erkennen ist (vgl. BGH WM 1978 352). Eine derartige unzweifelhafte Entlassung aus
der Schuld gegenüber dem ursprünglichen Darlehensnehmer u. ist nicht ersichtlich, insbesondere da der
Kläger auch in der letzten mündlichen Verhandlung noch erklärt hat, er werde die Forderung dann
gegenüber dem Großvater des Beklagten geltend machen. Im Übrigen bestehen erhebliche Zweifel
daran, dass überhaupt eine Genehmigung erfolgen kann, da dem Kläger weder vom Schuldner noch von
dem Dritten eine Schuldübernahme mitgeteilt wurde.
Lässt sich daher nicht feststellen, dass auf Seiten des Darlehensnehmers ein Wechsel der
Schuldnerstellung eingetreten ist, kann die gegenüber dem Beklagten gerichtete Rückzahlungsklage, wie
vom Arbeitsgericht zutreffend entschieden, nicht erfolgreich sein.
Die Berufung des Klägers war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.