Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 08.12.2005

LArbG Mainz: arbeitsgericht, vergleich, unterliegen, quelle, form, zustandekommen, klageerweiterung, datum, verfügung

LAG
Mainz
08.12.2005
5 Ta 280/05
Begründung von Wertfestsetzungsbeschlüssen
Aktenzeichen:
5 Ta 280/05
6 Ca 1236/04
ArbG Koblenz
- AK Neuwied -
Entscheidung vom 08.12.2005
Tenor:
1. Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten wird der Beschluss des
Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 17.11.2005 - 6 Ca 1236/04 - aufgehoben.
2. Dem Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - wird aufgegeben, den
Gegenstandswertfestsetzungsantrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten - unter Beachtung der in
den nachfolgenden Beschlussgründen dargelegten Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts - erneut
zu bescheiden.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Dieser Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer vertrat die Beklagte in dem erstinstanzlichen Erkenntnisverfahren - 6 Ca 1236/04 -
als Prozessbevollmächtigter. Im erstinstanzlichen Kammertermin vom 31.08.2005 - 6 Ca 1236/04 -
verhandelten die Parteien streitig über folgende Anträge des Klägers:
1. den Klageantrag aus der Klageschrift (= Kündigungsschutzantrag Bl. 2 d.A.),
2. den Klageantrag aus der Klageerweiterung vom 02.08.2004 zu Ziff. 2. mit der Maßgabe, den Kläger
vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen (Bl.
18 d.A.),
den Klageanträgen aus dem Schriftsatz vom 12.10.2004 zu den Ziffern 3. bis 5. (Bl. 43-44 d.A.),
3. den Anträgen aus dem Schriftsatz vom 28.12.2004 zu Ziff. 6. a) aa) bis dd) (Bl. 69 d.A.),
4. den Anträgen zu Ziff. 7. bis 14. aus dem Schriftsatz vom 28.02.2005 (Bl. 105 bis 107 d.A.) entsprechend
der Maßgabe, aus Bl. 134 d.A. sowie
5. den Anträgen zu Ziff. 15. bis 22. aus dem Schriftsatz vom 26.07.2005 (Bl. 132 bis 134 d.A.).
Neben dem Klageabweisungsantrag stellte die Beklagte wiederholend den Auflösungsantrag aus der
mündlichen Verhandlung vom 01.12.2004 (Bl. 62 d.A.), - wohingegen der Kläger beantragte, den
Auflösungsantrag abzuweisen (s. zur Antragsstellung im Einzelnen die Seiten 2 f. der
Sitzungsniederschrift vom 31.08.2005 - 6 Ca 1236/04 - = Bl. 161 f. d.A.).
Das erstinstanzliche Erkenntnisverfahren endete durch gerichtlichen Vergleich. Das Arbeitsgericht stellte
das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs durch den Beschluss vom 17.10.2005 - 6 Ca
1236/04 - fest. Der Vergleich enthält insgesamt elf Regelungspunkte, - wobei sich der Regelungspunkt 3.
in zehn weitere Punkte untergliedert (Ziff. 3. a) bis j) = Bl. 182 f. d.A.).
Auf den auf den "14.04.2005" datierten Antrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten teilte das
Arbeitsgericht der Beklagten und dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit dem Schreiben vom
02.11.2005 (Bl. 187 d.A.) mit, dass beabsichtigt sei, den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf
38.574,05 Euro festzusetzen.
Der auf den 14.04.2005 datierte Wertfestsetzungsantrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten war
am 17.10.2005 bei dem Arbeitsgericht eingegangen (s. Bl. 178 d.A.). Am 02.11.2005 ging ein weiterer -
auf den 14.04.2005 datierter - Wertfestsetzungsantrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten bei
dem Arbeitsgericht ein. Mit einem erneut auf den "14.04.2005" datierten Schriftsatz, der am 15.11.2005 bei
dem Arbeitsgericht eingegangen ist, machte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten nach näherer
Maßgabe seiner schriftsätzlichen Ausführungen geltend, dass der gerichtlich vorgeschlagene
Gegenstandswert in Höhe in Höhe von 38.574,05 Euro zu niedrig angesetzt sei, - vielmehr ergebe sich
ein Gegenstandswert in Höhe von 66.396,97 Euro.
Mit dem Beschluss vom 17.11.2005 - 6 Ca 1236/04 - setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert der
anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf 38.574,05 Euro fest. Gegen den
ihm am 21.11.2005 zugestellten Beschluss vom 17.11.2005 - 6 Ca 1236/04 - legte der
Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit dem Schriftsatz vom 22.11.2005 am 24.11.2005
Beschwerde
ein und begründete die Beschwerde zugleich.
Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom
22.11.2005 (Bl. 198 f. d.A.) verwiesen.
Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten beantragt,
den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit auf 66.396,97 Euro festzusetzen.
Mit der Verfügung bzw. dem Vermerk vom 25.11.2005 hat das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht
abgeholfen (s. Bl. 202 d.A.) und die Sache dem Beschwerdegericht mit der Bitte um Entscheidung
vorgelegt.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf weiteren Akteninhalt Bezug
genommen.
II.
Die Beschwerde ist begründet i. S. d. § 572 Abs 3 ZPO.
Die Beschwerde ist begründet i. S. d. § 572 Abs 3 ZPO.
1.
Die Auslegung des Beschwerdevorbringens ergibt, dass Beschwerdeführer nicht etwa die Beklagte ist,
sondern der Prozessbevollmächtigte der Beklagten. Die Beschwerde ist an sich statthaft sowie form- und
fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Beschwerde hat nach näherer
Maßgabe der folgenden Ausführungen Erfolg. Die Beschwerde führt zur Aufhebung des mit ihr
angefochtenen Beschlusses vom 17.11.2005 - 6 Ca 1236/04 - sowie zu der Anordnung, dass das
Arbeitsgericht erneut über den Gegenstandswertfestsetzungsantrag des Prozessbevollmächtigten der
Beklagten zu entscheiden hat.
2.
Der Beschluss des Arbeitsgerichts unterliegt deswegen der Aufhebung, weil das Arbeitsgericht ihn nicht
mit Gründen versehen hat. Weder aus dem gerichtlichen Anhörungsschreiben vom 02.11.2005, noch aus
dem angefochtenen Beschluss vom 17.11.2005 - 6 Ca 1236/04 - noch aus der Nichtabhilfeentscheidung
vom 25.11.2005 ergibt sich, wie das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, den Gegenstandswert der
anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf 38.574,05 Euro festzusetzen.
Beschlüsse, die einem Rechtsmittel unterliegen, müssen grundsätzlich begründet werden (§ 313 Abs 1
Nr. 6 ZPO analog). Dies ist anerkanntes Recht (vgl. Zöller/Vollkommer 25. Aufl. ZPO § 329 Rz. 24). Der
Begründungszwang ist auch bei gerichtlichen Wertfestsetzungsentscheidungen gemäß § 33 RVG und §
63 Abs. 2 GKG zu beachten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die vom Arbeitsgericht
vorgenommene Wertfestsetzung nicht ohne weiteres verständlich ist (- mag sie auch möglicherweise im
Ergebnis letztendlich zutreffend sein). In einem Fall der vorliegenden Art ist die Begründung der
Wertfestsetzungsentscheidung zwingend geboten. Einer der Sonderfälle, in denen ausnahmensweise
einmal von einer Begründung abgesehen werden kann, ist vorliegend nicht gegeben. Angesichts der
Vielzahl und der Art der Anträge, mit denen die Parteien erstinstanzlich verhandelt haben, erschließt sich
nicht auf den ersten Blick, dass der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit - wie vom Arbeitsgericht
angenommen - 38.574,05 Euro beträgt. Die - somit hier nicht entbehrliche - Begründung soll die am
Wertfestsetzungsverfahren Beteiligten in die Lage versetzen, in Kenntnis der tragenden Gründe des
Gerichts ihre Rechte wirksam wahrzunehmen, die vorgenommene Festsetzung, d. h. die entsprechenden
richterlichen Erwägungen nachzuvollziehen und die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs oder
Rechtsmittels abzuschätzen. Weil es vorliegend an einer Darstellung mangelt, auf denen die
arbeitsgerichtliche Wertfestsetzungsentscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht, fehlt es
im Rechtsmittelverfahren an der notwendigen Grundlage der Nachprüfbarkeit des arbeitsgerichtlichen
Beschlusses. Da das Arbeitsgericht - was wohl möglich gewesen wäre - die gebotene Begründung (auch)
nicht im Rahmen der Nichtabhilfeentscheidung nachgeholt hat, ist der Beschluss des Arbeitsgerichts
aufzuheben. In Anwendung des § 572 Abs. 3 ZPO ist das Wertfestsetzungsverfahren zur erneuten Prüfung
und Entscheidung, d.h. insbesondere zur Nachholung der gebotenen Begründung, an das Arbeitsgericht
zurückzuverweisen (vgl. Thüringer OLG, Beschluss vom 27.03.2000 - 1 WF 56/00 -; ähnlich OLG
Nürnberg, Beschluss vom 25.01.2001 - 4 W 4558/00 -). Mit Rücksicht auf den umfangreichen
erstinstanzlichen Verfahrensstoff, den es zu bewerten gilt, ist die Zurückverweisung hier (auch)
zweckmäßig (vgl. OLG Nürnberg - wie eben zitiert).
3.
Da die Beschwerde Erfolg hat und Kosten nicht erstattet werden, bedarf es keiner Kostenentscheidung.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.